Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

155. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 22. Juni 2006

 

 


Stenographisches Protokoll

155. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode               Donnerstag, 22. Juni 2006

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 22. Juni 2006: 9.00 – 20.19 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 683/A (E) der Abgeordneten Silvia Fuhrmann, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Initiative für bundeseinheitliche Bestimmungen auf dem Gebiet des Jugendschutzes

2. Punkt: Bericht über den Antrag 688/A (E) der Abgeordneten Mag. Elisabeth Gross­mann, Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Initiative für bundesein­heitliche Bestimmungen auf dem Gebiet des Jugendschutzes

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz geän­dert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geän­dert wird

5. Punkt: Europäisches Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Ge­walttaten samt Vorbehalt und Erklärung der Republik Österreich

6. Punkt: Bericht über den Antrag 776/A (E) der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Maximilian Walch, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesellschaftliche Anerkennung der Tätigkeit von Freiwilligen im allgemeinen gesellschaftlichen Interesse

7. Punkt: Bundesgesetz über die Standesbezeichnung „Ingenieur“ (Ingenieurge­setz 2006 – IngG 2006)

8. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung des Großherzogtums Luxemburg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich samt Durchführungsbestimmungen

9. Punkt: Bericht über den Antrag 760/A der Abgeordneten Walter Murauer, Dr. Rein­hard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärbefugnisgesetz geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 828/A der Abgeordneten Walter Murauer, Markus Fauland, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehr­gesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeich­nungsgesetz 2002 und das Heeresversorgungsgesetz geändert werden (Wehrrechts­änderungsgesetz 2006 – WRÄG 2006)


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155. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bericht über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungs­hofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der Gebarung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer Aufsichtsrechte und -pflichten in Bezug auf die Versorgung mit Arzneimitteln unter be­sonderer Berücksichtigung von Arzneimittelkosten, des Umgangs mit der Gewährung von so genannten „Naturalrabatten“, der Zurverfügungstellung von neuesten, hoch in­novativen Arzneimittelspezialitäten für die gesamte Bevölkerung, sowie des Vollzuges des Arzneimittelgesetzes

12. Punkt: Bericht über den Antrag 822/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird

13. Punkt: Bericht über die Petition (66/PET) betreffend „Verbot des direkten Verkaufs von Frettchen in Tierhandlungen“, überreicht von den Abgeordneten Klaus Wittauer und Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer

14. Punkt: Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta)

15. Punkt: Bericht über den Antrag 825/A (E) der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Manfred Lackner, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der ambulanten Neuro-Rehabilitation“ und über den

Antrag 706/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Ausbau der ambulanten Neuro-Rehabilitation

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­haltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Richterdienstgesetz geändert werden

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 12

Ordnungsruf ................................................................................................................. 139

Geschäftsbehandlung

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend „nicht der Würde des Hau­ses entsprechende Bemerkungen“:

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 31

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 31

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 32

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 32

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 36

Wortmeldung des Abgeordneten Dieter Brosz betreffend die Abwesenheit des Bundesministers Günther Platter zu Beginn der gemeinsamen Debatte über die Tagesordnungspunkte 9 und 10                  95


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155. Sitzung / Seite 3

Mitteilung des Präsidenten Dr. Andreas Khol betreffend Zwischenrufe wäh­rend der Fragestunde dieser Sitzung .......................................................................................................................... 122

Fragestunde (19.)

Finanzen ........................................................................................................................ 12

Dr. Christoph Matznetter (153/M); Jakob Auer, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Mag. Werner Kogler

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (156/M); Markus Fauland, Mag. Werner Kogler, Dr. Günther Kräuter

Mag. Werner Kogler (159/M); Marianne Hagenhofer, Gabriele Tamandl, Maxi­milian Walch

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (161/M); Mag. Werner Kogler, Mag. Kurt Gaßner, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

Mag. Johann Moser (154/M); Jakob Auer, Josef Bucher, Karl Öllinger

Werner Amon, MBA (157/M); Markus Fauland, Karl Öllinger, Dkfm. Dr. Hannes Bauer

Mag. Werner Kogler (160/M); Doris Bures, Walter Murauer, Detlev Neudeck

Detlev Neudeck (162/M); Mag. Werner Kogler, Stefan Prähauser, Mag. Hans Langreiter

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 34

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Stimmenfang durch Menschenhetze (4404/J) ............................... 122

Begründung: Dr. Alexander Van der Bellen .............................................................. 126

Bundesministerin Liese Prokop ............................................................................... 130

Debatte:

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 134

Dr. Michael Spindelegger .......................................................................................... 137

Mag. Norbert Darabos ............................................................................................... 140

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 143

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 145

Günter Kößl ................................................................................................................ 148

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................................... 149

Markus Fauland .......................................................................................................... 150

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 152

Christoph Kainz .......................................................................................................... 154

Bundesministerin Liese Prokop ............................................................................... 156

Otto Pendl ................................................................................................................... 158

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 159

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 160


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155. Sitzung / Seite 4

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 162

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 163

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Norbert Darabos, Kolleginnen und Kollegen betreffend umgehende Einrichtung eines Asylgerichtshofes – Ab­lehnung ..........................  142, 165

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 683/A (E) der Abge­ordneten Silvia Fuhrmann, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Initiative für bundeseinheitliche Bestimmungen auf dem Gebiet des Jugendschutzes (1492 d.B.) ................................ 36

2. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 688/A (E) der Abge­ordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Initiative für bundeseinheitliche Bestimmungen auf dem Gebiet des Jugendschutzes (1493 d.B.) ................................ 36

Redner/Rednerinnen:

Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 36

Silvia Fuhrmann ........................................................................................................... 37

Sabine Mandak ............................................................................................................. 39

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 41

Mag. Andrea Kuntzl ..................................................................................................... 43

Nikolaus Prinz ............................................................................................................... 44

Karl Öllinger .................................................................................................................. 46

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 48

Mag. Ruth Becher ........................................................................................................ 49

Bundesministerin Ursula Haubner ............................................................................ 50

Mag. Hans Langreiter .................................................................................................. 51

Gabriele Binder-Maier ................................................................................................. 52

Marialuise Mittermüller ............................................................................................... 53

Mag. Melitta Trunk ....................................................................................................... 54

Carina Felzmann .......................................................................................................... 55

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 56

Jochen Pack .................................................................................................................. 58

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1492 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Initiative für bundeseinheitliche Bestimmungen auf dem Gebiet des Jugendschutzes (E 196)                     58

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1493 d.B. ..................................................... 58

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (1364 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das EU-Beamten-Sozialversiche­rungsgesetz geändert wird (1480 d.B.)           ............................................................................................................................... 59

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (1392 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergän­zungsgesetz geändert wird (1481 d.B.)             ............................................................................................................................... 59

Redner/Rednerinnen:

Erwin Spindelberger .................................................................................................... 59

Maximilian Walch ......................................................................................................... 60


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155. Sitzung / Seite 5

Karl Öllinger .................................................................................................................. 61

Karl Dobnigg ................................................................................................................. 62

Bundesministerin Ursula Haubner ............................................................................ 63

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1480 und 1481 d.B. ....................................... 63

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (1445 d.B.): Europäisches Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten samt Vorbehalt und Erklärung der Republik Österreich (1478 d.B.) .............................................................. 64

Redner/Rednerinnen:

Barbara Riener ............................................................................................................. 64

Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................................................. 65

Marialuise Mittermüller ............................................................................................... 67

Karl Öllinger .................................................................................................................. 67

Walter Schopf ............................................................................................................... 68

Bundesministerin Ursula Haubner ............................................................................ 68

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................... 69

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG ............................................. 70

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 776/A (E) der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Maximilian Walch, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend gesellschaftliche Anerkennung der Tätigkeit von Freiwilligen im allgemeinen gesellschaftlichen Interesse (1484 d.B.)                    70

Redner/Rednerinnen:

Dr. Werner Fasslabend ................................................................................................ 70

Heidrun Silhavy ............................................................................................................ 71

Maximilian Walch ......................................................................................................... 74

Karl Öllinger .................................................................................................................. 74

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 75

Astrid Stadler ................................................................................................................ 76

Dr. Richard Leutner ..................................................................................................... 77

Marialuise Mittermüller ............................................................................................... 78

Theresia Haidlmayr ...................................................................................................... 79

Ridi Steibl ...................................................................................................................... 80

Ulrike Königsberger-Ludwig ...................................................................................... 81

Bundesministerin Ursula Haubner ............................................................................ 82

August Wöginger ......................................................................................................... 83

Manfred Lackner .......................................................................................................... 84

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 85

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dienstfreistellung für freiwillige HelferInnen bei Katastrophen und Ausgleich für DienstgeberInnen von freiwilligen KatastrophenhelferInnen – Ablehnung ...................................................  73, 86

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1484 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend gesellschaftliche Anerkennung der Tätigkeit von Freiwilli­gen im allgemeinen gesellschaftlichen Interesse (E 197) ............................................................................................................................ 86

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1431 d.B.): Bundesgesetz über die Standesbezeichnung „Ingenieur“ (Ingenieur­gesetz 2006 – IngG 2006) (1454 d.B.)                    86


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155. Sitzung / Seite 6

8. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1390 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich samt Durchführungsbestimmungen (1455 d.B.)                            86

Redner/Rednerinnen:

Ridi Steibl ...................................................................................................................... 87

Mag. Johann Moser ..................................................................................................... 87

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 89

Michaela Sburny ........................................................................................................... 89

Dr. Ferdinand Maier ..................................................................................................... 90

Ing. Kurt Gartlehner ..................................................................................................... 91

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 91

Herbert Scheibner (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 92

Herta Mikesch ............................................................................................................... 92

Erika Scharer ................................................................................................................ 93

Johannes Zweytick ...................................................................................................... 93

Annahme des Gesetzentwurfes in 1454 d.B. ................................................................ 94

Genehmigung des Staatsvertrages in 1455 d.B. ........................................................... 94

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 760/A der Abgeordneten Walter Murauer, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärbefugnisgesetz geändert wird (1552 d.B.) ............................................................ 94

10. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 828/A der Abgeordneten Walter Murauer, Markus Fauland, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdis­ziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzge­setz 2001, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Heeresversorgungsgesetz geändert werden (Wehrrechtsänderungsge­setz 2006 – WRÄG 2006) (1553 d.B.) ............................................................................................................................... 94

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Pilz ........................................................................................................  95, 112

Walter Murauer ............................................................................................................. 96

Anton Gaál .................................................................................................................... 97

Markus Fauland ............................................................................................................ 99

Bundesminister Günther Platter .............................................................................. 103

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 106

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 107

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 108

Astrid Stadler .............................................................................................................. 109

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ..................................................................................... 109

Karl Freund ................................................................................................................. 110

Beate Schasching ...................................................................................................... 111

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 112

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 113

Christine Marek .......................................................................................................... 114

Katharina Pfeffer ........................................................................................................ 116

Dr. Vincenz Liechtenstein ......................................................................................... 116

Manfred Lackner ........................................................................................................ 117

Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 118

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 119


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155. Sitzung / Seite 7

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 119

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 120

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Mag. Walter Tan­csits, Maximilian Walch, Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Harmonisierung des Sozialentschädigungsrechts – Annahme (E 198) .................................................................................................................  115, 121

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Harmonisierung des Sozialentschädigungsrechts – Ableh­nung ........................  118, 122

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1552 und 1553 d.B. ..................................... 120

11. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Dr. Jo­sef Cap, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der Gebarung der Bundesminis­terin für Gesundheit und Frauen hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer Aufsichts­rechte und -pflichten in Bezug auf die Versorgung mit Arzneimitteln unter beson­derer Berücksichtigung von Arzneimittelkosten, des Umgangs mit der Gewährung von so genannten „Naturalrabatten“, der Zurverfügungstellung von neuesten, hoch innovativen Arzneimittelspezialitäten für die gesamte Bevölkerung, sowie des Vollzuges des Arzneimittelgesetzes (1544 d.B.) .................................................................................................................... 165

Redner/Rednerinnen:

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 166

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................. 167

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 168

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 170

Christian Faul ............................................................................................................. 172

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...........................................................  172, 181

Erwin Hornek .............................................................................................................. 173

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 174

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 175

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 176

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 176

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 177

Hermann Gahr ............................................................................................................ 178

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 179

Manfred Lackner ........................................................................................................ 179

Kenntnisnahme des Berichtes des Ständigen Unterausschusses des Rechnungs­hofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG in 1544 d.B. .................................................................................... 181

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1544 d.B. ................................................... 181

12. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 822/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (1545 d.B.) ......................................................... 181

Redner/Rednerinnen:

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 182

Manfred Lackner ........................................................................................................ 183

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 184

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 185

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 185

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 186


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155. Sitzung / Seite 8

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 187

Anna Höllerer .............................................................................................................. 188

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 188

Franz Eßl ..................................................................................................................... 189

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 190

13. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Petition (66/PET) be­treffend „Verbot des direkten Verkaufs von Frettchen in Tierhandlungen“, über­reicht von den Abgeordneten Klaus Wittauer und Dr. Ulrike Baumgartner-Gabit­zer (1546 d.B.) ............................................................................... 190

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 190

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 191

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 192

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 192

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 194

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 195

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Kai Jan Krainer, Klaus Wittauer, Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung des österreichischen Verbots der Wildtier­haltung in Zirkussen – Annahme (E 199)  194, 196

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 196

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1329 d.B.): Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patienten­charta) (1547 d.B.) .............................. 196

15. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 825/A (E) der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Manfred Lackner, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der ambulan­ten Neuro-Rehabilitation“ und über den

Antrag 706/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Ausbau der ambulanten Neuro-Rehabilitation (1548 d.B.) .............................................................. 196

Redner/Rednerinnen:

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 197

Erika Scharer .............................................................................................................. 198

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 198

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 199

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 200

Karl Donabauer .......................................................................................................... 201

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 202

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 203

Ingrid Turkovic-Wendl ............................................................................................... 204

Beate Schasching ...................................................................................................... 205

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 206

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 206

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 207

Christine Marek .......................................................................................................... 208

Maria Grander ............................................................................................................. 209


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155. Sitzung / Seite 9

Genehmigung der Vereinbarung in 1547 d.B. .............................................................. 209

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1548 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Ausbau der ambulanten Neuro-Rehabilitation“ (E 200) ............................................................. 209

16. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1417 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Richterdienstgesetz geändert werden (1550 d.B.) .................................................................................................................... 210

Redner/Rednerinnen:

Fritz Neugebauer ........................................................................................................ 210

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 210

Markus Fauland .......................................................................................................... 212

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 212

Barbara Riener ........................................................................................................... 213

Otto Pendl ................................................................................................................... 213

Anna Franz .................................................................................................................. 214

Michael Praßl .............................................................................................................. 214

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 215

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage ...................................................................................................... 34

1566: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Re­publik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuer­umgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

Anträge der Abgeordneten

Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G) geändert wird (841/A)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Verkehrs­sicherheit durch wirksamere Sanktionen im LKW-Bereich (842/A) (E)

Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau von Parkplätzen an Autobahnauffahrten (Initiative Park & Drive) (843/A) (E)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird (844/A)

Peter Haubner, Mag. Johann Maier, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Ermächtigung der Bundesregierung zur Übernahme von Haftungen des Bundes anlässlich der Durch­führung der Olympischen Winterspiele 2014 (Olympia 2014-Ermächtigungsgesetz) erlassen wird (845/A)

Dr. Reinhold Mitterlehner, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Wirtschaftstreuhandbe-


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155. Sitzung / Seite 10

rufsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz – BibuG) geschaffen wird (846/A)

Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Flughafen-Bodenabferti­gungsgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (847/A)

Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksgruppengesetz geändert wird (848/A)

Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksgruppengesetz geändert wird (849/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Stimmenfang durch Menschenhetze (4404/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend SBT-Südtrasse und „Infrastrukturkompetenz des Bundes“ (4405/J)

Dr. h.c. Peter Schieder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend den EU-USA-Gipfel (4406/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Flughafen Wien (4407/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verlängerung Rückzahlaktion für „Kühlgerätepickerl“ (4408/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Aufgabe der Landwirtschaft in der Justizanstalt Asten bei Linz“ (4409/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Un­terstützung der Trab-EM 2007 in Salzburg“ (4410/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Versteigerung von Prostituierten in London (4411/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Illegales Glückspiel (Glückspielangebote in Österreich) – Vollziehung des Glückspielgesetzes“ (4412/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die steuerliche Behandlung der im ARA-System erzielten Über­schüsse beziehungsweise Gewinne (4413/J)

Peter Marizzi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend „Section Control provoziert mehr Unfälle“ (4414/J)


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Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angele­genheiten betreffend Austrian Development Agency (ADA) (4415/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend entwicklungspolitische Aktivitäten (4416/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend entwicklungspolitische Aktivitäten (4417/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend entwicklungspolitische Aktivitäten (4418/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend entwicklungspolitische Aktivitäten (4419/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend entwicklungspolitische Aktivitäten (4420/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend entwicklungspolitische Aktivitäten (4421/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angele­genheiten betreffend den EU-Lateinamerika-Gipfel (4422/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend den EU-Lateinamerika-Gipfel (4423/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend detaillierte Aufschlüsselung der aktuellen Klassenschülerzahlen (4424/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4108/AB zu 4162/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4109/AB zu 4160/J)

 


09.00.43


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Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich eröffne die 155. Sitzung des Nationalrates.

Ich darf die Damen und Herren bitten, Platz zu nehmen. Die Fragestunde wird, wie Sie wissen, zeitversetzt mittags im Fernsehen übertragen.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek und Dr. Grünewald.

09.01.08Fragestunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Ich darf kurz die Regeln der Fragestunde in Erinnerung rufen: Den Erstanfragesteller bitte ich, die Frage genau so, wie er sie an den Minister schriftlich formuliert hat, auch mündlich vorzutragen. Und die Zusatzfragen sollen, bitte, nicht mit Referaten eingelei­tet werden, sondern direkt gestellt werden.

Bundesministerium für Finanzen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die 1. Anfrage, die ich aufrufe, ist die Anfrage des Abge­ordneten Dr. Matznetter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

153/M

„Mit welchen Maßnahmen wollen Sie im Jahr 2008 das von Ihnen angekündigte Null­defizit erreichen, zu dem Sie sich auch gegenüber der EU im österreichischen Stabili­tätsprogramm verpflichtet haben?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir werden eine Finanz- und Wirtschaftspolitik fortsetzen, die den österreichischen Wirtschaftsstandort betont und dessen Attraktivität steigert. Wir werden versuchen, eine Politik umzuset­zen, die zu mehr Wachstum und zu einer Reduktion der Arbeitslosigkeit führt – ich glaube, das ist eine der vorrangigsten Zielsetzungen, die dieses Haus einen sollte (Bei­fall bei der ÖVP) –, eine Politik, die dazu führt, dass wir die Rekordbeschäftigung, die wir jetzt haben, auch weiter fortführen können. Wir wollen unseren Unternehmern über attraktive Rahmenbedingungen ermöglichen, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen.

Wir werden natürlich restriktive Budgetverhandlungen zu führen haben, werden versu­chen sicherzustellen, dass die Ausgaben langsamer wachsen als die Einnahmen, und damit auch wiederum den Weg fortsetzen, dass die Ausgabenquote reduziert werden kann.


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Wir werden die Verwaltungsreform entsprechend fortsetzen, so wie wir jetzt die Ver­waltungsreform I und II bereits in Umsetzung haben. Und ich hoffe, dass es dem Haus auch gelingt, dazu beizutragen, dass wir eine umfassende Staatsreform umsetzen kön­nen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Bundesminister! Die Oester­reichische Nationalbank hat unter Leitung von Vorstand Christl letzte Woche bekannt gegeben, dass ohne weitere Maßnahmen das Budgetdefizit im Jahr 2008 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, somit fast 3 Milliarden € betragen wird.

Mit welchen Sparpaketen wollen Sie daher dieses Nulldefizit erreichen, Herr Bundes­minister?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Wir haben in der Vergan­genheit gezeigt, Herr Abgeordneter, dass wir wesentlich näher an den Budgetdaten sind, als es Wirtschaftsforschungsinstitute oder die Oesterreichische Nationalbank sind. Ich darf darauf aufmerksam machen und hoffe, dass der Konsens, den wir über viele Verhandlungsrunden und in vielen Stunden der Verhandlungen herbeizuführen versucht haben, was ein neues Haushaltsrecht, eine Globalbudgetierung, eine Wir­kungsorientierung im Haushaltsrecht betrifft, ein weiterer Punkt ist, der uns helfen wird, die Budgets zu konsolidieren.

Ich weise darauf hin, dass die Oesterreichische Nationalbank in ihrer Prognose all die Reformschritte, die ich jetzt entsprechend auszuführen versucht habe – Verwaltungsre­form, Staatsreform, mehr Wachstum, restriktive Budgetverhandlungen –, natürlich nicht berücksichtigen konnte, sodass ich zuversichtlich bin, dass es realistisch ist, dass es zwar ambitioniert ist, aber gelingen kann, im Jahr 2008 wieder zu einem ausgegliche­nen Haushalt zu kommen – als Voraussetzung, um die Steuern weiter zu senken. Das ist ein Weg, zu dem die Bundesregierung steht: weitere Steuersenkungen vor dem Hin­tergrund einer stabilitätsorientierten Finanzpolitik. (Beifall der ÖVP und bei Abgeordne­ten von Freiheitlichen – BZÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeordne­ter Auer zu Wort gemeldet.

 


Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr verehrter Herr Bundesminister! Sie haben einige konkrete Punkte Ihrer sehr erfolgreichen Budget- und Einsparungspolitik darge­stellt.

Meine Frage an Sie: Welche konkreten Maßnahmen erwarten Sie sich aus der laufen­den Verwaltungsreform?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter! Lassen Sie mich hinzufügen, dass wir zwischen 2000 und 2006, also heuer, in Summe in etwa 7,5 Milliarden € an Einsparungen über unsere Verwaltungsreform­maßnahmen erzielt haben werden. Es gibt 150 Projekte, über deren Verwaltungs­reformmaßnahmen in den verschiedenen Ressorts wir im Finanzministerium laufend Bilanz führen. 104 dieser Projekte sind abgeschlossen. Ich darf die Beispiele Finanzre­form und den ELAK, den elektronischen Akt, erwähnen.

Zur Verwaltungsreform II, die Sie angesprochen haben: Da ist es uns gelungen – Staatssekretär Finz, anderen Ministern und meiner Person –, mit Vertretern der Lan­deshauptleute einen Konsens dahin gehend zu erreichen, dass es gemeinsame Ziel-


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setzung ist, das Ausgabenwachstum in den öffentlichen Haushalten einzubremsen, dass wir zum Beispiel 15 000 Vollbeschäftigungsäquivalente im Zeitraum 2006 bis 2010 durch Nichtnachbesetzung in allen Gebietskörperschaften einsparen wollen. Das alleine würde zusätzlich 1,8 Milliarden € an Einsparung erbringen.

Ich denke, Einsparen bei uns selbst, Einsparen in der öffentlichen Verwaltung auf der einen Seite und damit Attraktivierung der Rahmenbedingungen für mehr Wachstum, Beschäftigung und Reduktion der Arbeitslosigkeit auf der anderen Seite, das muss der Weg auch in Zukunft sein. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeordne­ter Dipl.-Ing. Hofmann gemeldet.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Einige Bundesländer haben die auf Bundesebene umgesetzten Strukturmaßnahmen noch nicht in Angriff genommen.

Meine Frage lautet: Wie realistisch ist es, dass die Bundesländer den innerösterreichi­schen Stabilitätspakt einhalten, und bei welchen Bundesländern sehen Sie die Gefahr, dass dies nicht passieren wird?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter! Ich kann Ihnen dazu nur vorläufige Daten nennen. Aus diesen geht hervor, dass, was die Budgetergebnisse 2005 betrifft, die Bundesländer einen Überschuss von etwa 0,2 Prozent erwirtschaftet haben. Zielsetzung – und vereinbart im österreichi­schen Stabilitätspakt – ist, dass 0,6 Prozent Überschuss erreicht werden, der in Zu­kunft sogar auf 0,75 Prozent ansteigen sollte.

Das heißt: Die Bundesländer haben leider Gottes ihre Stabilitätsbeiträge nicht wie ver­einbart und gewünscht erbringen können. Es ist umgekehrt dem Bund, also uns, ge­lungen, deutlich bessere Ergebnisse als erwartet zu erzielen. In Summe haben wir beim Ergebnis der öffentlichen Haushalte im Jahr 2005 nach Maastricht-Rechnung statt 1,9 Prozent 1,5 Prozent Budgetdefizit erreicht, wir haben also wesentlich besser abgeschnitten, als es eigentlich geplant war.

Wir sind hinsichtlich der Verwaltungsreformbestrebung mit den Bundesländern einer Meinung und haben gemeinsam die Zielsetzung festgelegt, 2008 wiederum einen aus­geglichenen Haushalt zu erreichen, damit wir eben mit der Politik, Steuern und Abga­ben zu senken, fortfahren können. Es wird daher auch den Bundesländern ein großes Anliegen sein, ihre vereinbarten Werte, nämlich Überschüsse, im Stabilitätspakt ent­sprechend zu erbringen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister! Wie erklären Sie sich dann den anhaltenden Widerstand einzelner Bundesländer – trotz aller Zielverein­barungen –, einzelnen Reformprojekten zu folgen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich glaube, teilweise gibt es so etwas wie einen natürlichen Interessenkonflikt. Wenn man politisch an Bedeutung verlieren würde, wenn man einige lieb gewonnene Agenden aufgeben müsste, dann ist das immer ein wenig mit einer Überwindung von Grenzen verbunden, die nicht leicht fällt. Ich hoffe, nachdem wir gemeinsam – Länder, Bund, Städte und Gemeinden – schon viel zustande gebracht haben, dass es in der nächsten Periode auch einen


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großen gemeinsamen Akt gibt im Sinne einer Staatsreform, die für uns alle, so glaube ich, ein wichtiger Punkt wäre, um der Bevölkerung zu zeigen, dass die Politik handeln kann, dass die Politik auch alte, historisch herbeigeführte Strukturen grundsätzlich ver­ändern kann im Sinne von sparsamem, wirtschaftlichem und zweckmäßigem Umgang mit den Steuergeldern der Bevölkerung.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit ist der erste Fragenkomplex beantwortet.

Die 2. Anfrage leitet Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll ein. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Bundesminister! Ich habe folgende Frage:

156/M

„Wie hat sich im Lichte des BAWAG-Skandals die Neuorganisation der Bankenaufsicht bewährt?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter! Ich bin der Überzeugung, dass sich die Neuorganisation der Finanzmarktauf­sicht voll bewährt hat. Wenn ich sehe, was jetzt an Überprüfungen in sehr intensiver Art sowohl von der Finanzmarktaufsicht als auch von der Oesterreichischen National­bank vorgenommen werden kann, dann ist das ein Quantensprung in der Finanzmarkt­aufsicht.

Ich füge aber hinzu, dass man einen Kriminalfall wie jenen der BAWAG P.S.K. und des Österreichischen Gewerkschaftsbundes auch durch die beste Aufsicht nicht verhindern kann.

Ich darf als Vergleichsbeispiel anführen: Die SEC als eine der besten Aufsichten welt­weit, die amerikanische Aufsicht, hat zum Beispiel nicht verhindert, dass Refco an die Börse gegangen ist. Refco ist ja sozusagen einer der großen Wertpapierhändler in Amerika, die dann auch in Insolvenz gegangen sind.

Das heißt: Wenn hier kriminelle Energie dabei ist, dann gelingt es leider Gottes nicht, von vornherein alles zu verhindern. Auch die Polizei kann nicht jeden Diebstahl, jedes Verbrechen von vornherein ausschließen. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass wir auch möglichst große Präventivkraft erreichen, und das ist gegeben, wenn man sieht, wel­che großen Fortschritte wir mit dieser neu strukturierten Finanzmarktaufsicht erreichen konnten. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Bundesminister! Der BAWAG-Skandal ist zweifellos der größte wirtschaftliche und politische Skandal in der Geschichte der Zweiten Republik. Warum wurden eigentlich die Verluste der Karibik­geschäfte im vollen Ausmaß so spät entdeckt?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Weil es hier ganz offen­sichtlich dem Management der Bank, dem Aufsichtsratsvorsitzenden und dem Eigen­tümervertreter darum gegangen ist, mehrere Stufen der Aufsicht auszuschalten. Das heißt, wir haben es damit zu tun, dass die interne Revision offensichtlich ausgeschaltet wurde. Wir haben es damit zu tun, dass der Aufsichtsrat mit Ausnahme des Vorsitzen­den offenbar ausgeschaltet wurde. Wir haben es damit zu tun, dass der Wirtschaftsprü­fer offensichtlich mit dazu beigetragen hat, Verschleierungskonstruktionen zu gestal-


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ten, damit dieser Skandal nicht an die Oberfläche kommt, und es liegt eine Irreführung dahin gehend vor, dass falsche Informationen oder gar keine Informationen gegenüber der staatlichen Finanzmarktaufsicht gegeben wurden.

Wir haben gestern darüber diskutiert, dass es zur bewussten Verschleierung dieser Verluste in etwa 60 Sonderkonstruktionen, Stiftungen und Gesellschaften gegeben hat. Hier ist einfach missbräuchlich, leider Gottes, mit sehr viel krimineller Energie vorge­gangen worden, wobei zu prüfen sein wird, gegen welche Gesetze verstoßen wurde. Insofern war es ganz einfach auch bei vehementer, intensiver Prüfung nicht möglich, diese Verluste aus den Karibikgeschäften früher aufzudecken.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Fauland, bitte.

 


Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Guten Morgen, Herr Bundes­minister! „NEWS“ hat ja in seiner gestrigen Ausgabe Ihrem hoch qualifizierten Team, das an die Grenzen seiner Möglichkeiten gestoßen ist, näher gebracht, dass es sich äußerst bewährt hat.

Zur Frage: Ist es möglich, durch Optimierungen im Bereich der Aufsicht präventiv auch solch immensen kriminellen Energien, wie sie sich in diesem Fall darstellen, zu be­gegnen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Wie gesagt, ich glaube, dass die Präventivkraft wichtig ist. Hinsichtlich der Aufsichtsstrukturen ist zu sagen: Bis zum Jahr 1994 wurden zum Beispiel überhaupt keine Vor-Ort-Prüfungen durchgeführt. Erst mit dem Bankwesengesetz 1994 wurde eingeführt, dass der Finanzminister die Notenbank mit Vor-Ort-Prüfungen beauftragen kann. Diese hat es aber nur in sehr reduzierter Form gegeben. Ich meine, dass Prüfungen vor Ort ganz wichtig sind.

Wir haben jetzt die Situation, dass allein im Bereich der Finanzmarktaufsicht 70 Prüfer vorhanden sind, die sich eben der Banken annehmen, die vor Ort hingehen und ver­suchen, Stärken- und Schwächenanalysen, Stresstests zu machen, um zu sehen, wie die substantielle Verfassung ist, wo es Probleme gibt, um dann auch rechtzeitig gegen­steuern zu können. Ich gehe davon aus, dass der Mitarbeiteraufbau, den wir betrieben haben, die Qualifikation dieser wichtigen Institution – die übrigens auf einen gemeinsa­men Gesetzesbeschluss, ein Verfassungsgesetz zurückgeht – einen wirklich wichtigen Fortschritt dargestellt haben – im Sinne von Transparenz, im Sinne von Aufsicht mit Biss und damit auch von Vertrauen internationaler Investoren in den österreichischen Finanzplatz.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Kogler, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister! Bei aller Überein­stimmung, dass das in erster Linie ein Betrugsskandal ist, bleibt doch die Frage offen, die ich an Sie richte:

Warum hat ein von Ihnen in Auftrag gegebener Prüfbericht in dem Punkt, dass Geset­zesverletzungen bei der internen Revision in der BAWAG festgestellt wurden, nicht zu konsequenten Handlungen seitens der Aufsicht in Ihrem Haus geführt?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter! Ich danke nochmals für die Frage, weil es mir ein Anliegen ist, hier darzustellen und klar zurückzuweisen, was zum Beispiel gestern auch Ihr Kollege Öllinger gesagt hat, näm-


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lich dass das Finanzministerium in irgendeiner Form hier nichts getan hätte. Die Situa­tion ist, dass von 1988 bis 1999 de facto nichts passiert ist. Wir haben einen Finanz­staatssekretär und einen Finanzminister, der im Februar 2000, im Monat seiner Ange­lobung zum Finanzminister, eine Anweisung gegeben hat, im eigenen Ressort die Fi­nanzmarktaufsicht grundsätzlich neu zu strukturieren. Mir war bewusst, dass da große Defizite bestehen und dass man in eine ganz andere Dimension der Prüfung, der Kon­trolle gehen muss. Wir haben die Prüfung ganz vehement aufgestockt und verstärkt.

Ich habe eine Prüfung der BAWAG P.S.K. beziehungsweise der BAWAG im Laufe des Jahres 2000 in Auftrag gegeben. Es hat Managementgespräche gegeben. Es hat einen kritischen Bericht der Notenbank gegeben – das ist richtig –, und es hat als Re­aktion der Bank, die den kritischen Bericht ja bekommt, ein Schreiben gegeben, in dem die Bank gemeint hat, wir bedanken uns sehr für die kritischen Bemerkungen und das kritische Aufzeigen von Problembereichen durch die Oesterreichische Nationalbank, wir werden das alles besser machen. Es hat dann ein Schreiben der Oesterreichischen Nationalbank an das Finanzministerium gegeben, in dem es hieß, es gibt daher keine Problemfälle mehr, es ist aus unserer Sicht – das war unsere Interpretation – nichts mehr zu tun.

Es gab Expertenkommissionen zwischen der Oesterreichischer Nationalbank und dem Bundesministerium für Finanzen, in denen auch der Prüfer der BAWAG drinnen geses­sen ist. Und in keiner dieser Expertenkommissionen hat er gesagt, da ist aus seiner Sicht noch etwas zu tun. Gleichzeitig mit dem kritischen Prüfbericht der Notenbank ist ein Bericht des Wirtschaftsprüfers der Bank gekommen, der in höchstem Maße gelobt hat, der gesagt hat, dass alles wunderbar, alles in Ordnung sei und dass man über­haupt nicht besorgt sein müsse.

Ich darf darauf hinweisen, dass ich selbst im Jahr 2005 nach der Refco-Kreditvergabe darum ersucht habe, diesbezüglich eine neuerliche Überprüfung vorzunehmen. Dazwi­schen hat es eine Reihe von Managementgesprächen und weiteren Prüfungshand­lungen gegenüber der BAWAG P.S.K. gegeben, und jedes Mal hat das Management gegenüber der Aufsicht gelogen, verheimlicht, versteckt und verschleiert. Nicht einmal, sondern wiederholt, regelmäßig, systematisch!

Deswegen bitte ich einfach um Verständnis dafür, dass es sich hier in keiner Weise auch nur in irgendeiner Form um ein Versäumnis der Aufsicht handelt. Ich sage das durchaus auch für meine sozialdemokratischen Kollegen, denn es hat vom Jahr 1994 bis zum Jahr 1999, in denen ja wesentliche Verluste in der BAWAG entstanden sind, wenige bis gar keine Prüfungshandlungen gegeben, aber ich glaube, dass man in die­sem Zeitraum auch nicht hätte aufdecken können, weil eben so systematisch verschlei­ernd und kriminell vorgegangen wurde. Daher ist das ein Kriminalfall, ist das die Ver­antwortung des Bankmanagements, des Aufsichtsratsvorsitzenden und des Eigentü­mervertreters Fritz Verzetnitsch im Österreichischen Gewerkschaftsbund.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Finanzminister! Ganz im Gegensatz zu Ihren Ausführungen sagt der renommierte Wirtschaftsjournalist Peter Rabl: Hätte die Finanzmarktaufsicht funktioniert und hätten Sie den Bericht im Jahr 2001 ernst ge­nommen, dann wäre ein Schaden von 1 Milliarde € zu verhindern gewesen.

Was sagen Sie dazu? (Abg. Rädler: Rabl? Wirtschaftsjournalist?)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter, wenn ich jahrelang wie Sie neben dem Präsidenten Verzetnitsch gesessen


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wäre, dann würde ich auch solche Geschichten erzählen, aber die glaubt Ihnen nie­mand mehr. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich darf Herrn Präsidenten Hundstorfer anführen, der bereits gestern zitiert worden ist, den jetzigen Präsidenten des Österreichischen Gewerkschaftsbunds. Er hat auf die Frage, ob nicht auch der Finanzminister und damit diese Regierung mitverantwortlich seien und er diese Ansicht teile, geantwortet:

Diese Ansicht kann ich leider – sagt er – nicht teilen. Verantwortlich sind die ehemali­gen Manager der BAWAG, die es veranlasst haben beziehungsweise die entsprechen­den Anweisungen gegeben haben, hier hochspekulative Geschäfte zu tätigen. (Abg. Dr. Kräuter: Das ist keine Antwort auf meine Frage!) Und das ist geschehen 1997, 1998, 1999, bis zum Jahr 2000. Das hat nichts mit einer Regierung zu tun und hat auch nichts mit dem Finanzminister zu tun, sagt Präsident Hundstorfer. – Ich glaube, das ist sehr deutlich, Herr Abgeordneter. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Dr. Kräuter: Das ist keine Antwort!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit ist die 2. Anfrage beantwortet.

Wir kommen jetzt zum dritten Fragenkomplex, den Herr Abgeordneter Mag. Kogler ein­leitet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister, meine Frage lau­tet:

159/M

„Warum werden so viele MitarbeiterInnen Ihres Kabinetts Staatskommissäre, die im Bankaufsichtswesen eine wichtige Rolle einnehmen sollten, obwohl deren Qualifikation oft nicht belegt ist?“ (Abg. Neudeck: Diese Frage ist eine Unterstellung!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter! Ich darf ausführen, dass lediglich vier in meinem Kabinett tätige Personen die Funktion eines Staatskommissärs beziehungsweise eines Staatskommissär-Stellver­treters ausüben. Diese Personen sind in hohem Maße qualifiziert, diese Verantwortung auszuüben und damit auf einer Stufe innerhalb der Aufsicht auch entsprechend tätig zu sein. Sie wissen, dass es Grundsätze gibt, dass es Richtlinien gibt für die Funktion eines Staatskommissärs. Das sind natürlich die erforderlichen Sachkenntnisse auf Grund der Ausbildung und/oder des beruflichen Werdegangs, das sind eventuell ein­schlägige Erfahrungen in der Ausübung von Aufsichtsfunktionen, das sind das entspre­chende Verantwortungsbewusstsein sowie die Objektivität und die Verpflichtung zur laufenden Fortbildung. Und die Mitglieder meines Kabinetts erfüllen diese Anforderun­gen in hohem Maße.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister! Wenn im Auf­sichtsbereich, wo der Staat zuständig ist, alles immer so gut funktioniert, besteht da nicht der Verdacht, dass genau bei den Wirtschaftsprüfern etwas getan werden müsste und dort endlich die externe Rotation, sprich ein verpflichtender Wechsel der Bankprü­fer stattfinden sollte?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich glaube, sehr geehrter Herr Abgeordneter, dass wir gemeinsam mit dem Beschluss der Finanzmarktaufsicht


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sehr viel erreicht haben in Bezug auf Verbesserung der Qualität der Kontrolle. Ich ste­he aber nicht an zu sagen, wir können natürlich jeden Tag auch dazulernen und besser werden.

Ich habe daher, nachdem ich mit der Vorgangsweise der Wirtschaftsprüfer nicht nur im Falle der BAWAG P.S.K. überhaupt nicht einverstanden war, eine Reihe von Sitzungen mit den Vertretern der Wirtschaftsprüfungseinrichtungen in Österreich durchgeführt und habe ersucht, dass sie aus ihrer Sicht darlegen sollen, welche Versäumnisse, welche Schwächen, welche Problemzonen sie gesetzlich oder praktisch sehen.

Ich habe vor einer Woche, zehn Tagen einen Bericht bekommen durch Präsident Brogyányi und seine Kolleginnen und Kollegen von den großen Wirtschaftsprüfungs­einrichtungen, die einen Vorschlag gemacht haben, was man verbessern kann. Da sind eine ganze Reihe von kurz- und mittelfristigen Maßnahmen, was man aus Sicht der Wirtschaftsprüfungseinrichtungen tun kann, enthalten. Ich werde das selbstver­ständlich auch dem Hohen Haus entsprechend darlegen.

Die Frage der externen Rotation ist eine, die wir oft diskutiert haben. Ich meine, dass sie einen wesentlichen Schritt der Verbesserung bringen könnte, weil sich ein neuer Wirtschaftsprüfer, sagen wir, nach fünf, sechs Jahren durchaus kritisch ansieht, was in der Bilanz enthalten ist, was es an Problemfällen gibt, und damit in einem Fall, wie es die BAWAG P.S.K. war, vielleicht zur Aufklärung und zur früheren Aufdeckung hätte beitragen können. Ob das gelungen wäre, werden wir nie wissen und tatsächlich beur­teilen können, aber ich glaube, dass es ein Schritt wäre, die Kontrolle zu verbessern.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Hagenhofer, bitte.

 


Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Können Sie nähere Auskünfte geben über den Stand der Vorerhebungen der Staatsanwalt­schaft und der Finanzmarktaufsicht gegen den Vorstandsvorsitzenden Kulterer der Hypo Alpe-Adria in Klagenfurt?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Abge­ordnete! Ich bitte um Verständnis, aber: Da ich nicht Justizminister bin, sondern Fi­nanzminister, kann ich auch nichts über den Stand der Erhebungen sagen, was die Staatsanwaltschaft betrifft. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass die unabhängige und weisungsfreie Finanzmarktaufsicht in jedem Fall, völlig ungeachtet der Person und der Einrichtung, gleich strikt und streng vorge­hen wird, weil es ein großes Anliegen ist, die größtmögliche Sicherheit, das größtmög­liche Vertrauen in den österreichischen Finanzplatz zu haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Tamandl, bitte.

 


Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Finanzminister, Sie haben ausgeführt, wie qualifiziert diese Staatskommissäre sein müssen und dass Ihre ehemaligen Mit­arbeiter, die auch Staatskommissäre sind, sehr gut ausgebildet sind. Meine Frage: An welche Vorgaben muss sich ein Staatskommissär bei Erfüllung seiner Tätigkeit halten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Abge­ordnete! Es gibt Richtlinien für die Tätigkeit der Staatskommissäre beziehungsweise


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deren Stellvertreter bei den Kreditinstituten im Sinne des Bankwesengesetzes sowie bei den Pensionskassen.

Im Grundsatz sind die Staatskommissäre und ihre Stellvertreter Organe der Finanz­marktaufsicht. Das heißt, sie sind der Finanzmarktaufsicht berichtspflichtig, sie sind an die Weisungen der Finanzmarktaufsicht gebunden. Sie sind eine ganz wesentliche In­formationsquelle für die laufende operative Aufsicht der Finanzmarktaufsicht.

Sie haben entsprechende Rechte und Pflichten. Es ist so, dass die Finanzmarktauf­sicht über eine Datenbank verfügt, mit der dem Staatskommissär sämtliche Informatio­nen über den aktuellen Umfang der bestehenden Konzessionen der Kreditinstitute zur Verfügung gestellt werden, aktuelle Informationen zur Verfügung gestellt werden. Das heißt, es ist ein Netzwerk, wo auf der einen Seite der Staatskommissär die Finanz­marktaufsicht informiert, auf der anderen Seite nach Prüfungen die Finanzmarktauf­sicht den Staatskommissär informiert, um zu sehen, ob in der Bank dann auch wirklich das behoben wird, was in der Prüfung als Schwachstelle hervorgegangen ist.

Natürlich gibt es entsprechende Vortragsveranstaltungen, natürlich gibt es ein Weiter­bildungsangebot für die Staatskommissäre, damit sie tatsächlich effizienter Bestandteil der Aufsicht sein können. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Walch, bitte.

 


Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Herr Bundesminister! Wie ist die Stellung des Staatskommissärs im Rahmen der Bankenaufsicht? Erhalten Sie von den Staatskommissären regelmäßig Berichte über die Tätigkeit, und haben Sie eine Möglichkeit, auf ihre Tätigkeit mit Weisung einzuwirken?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter! Wie ich gerade ausgeführt habe, sind die Staatskommissäre nicht an die Weisungen des Finanzministeriums, sondern an die Weisungen der unabhängigen, weisungsfreien Finanzmarktaufsicht gebunden. Es hat das Bundesministerium für Fi­nanzen im Sinne der jetzigen gesetzlichen Grundlagen des Bankwesengesetzes kein Aufsichtsrecht über die Kreditinstitute, sondern das liegt bei der Finanzmarktaufsicht. Daher macht es auch Sinn, dass die Staatskommissäre an die Weisungen der Finanz­marktaufsicht gebunden sind.

Ich glaube, nochmals, dass die Bedeutung des Staatskommissärs im System der Ban­kenaufsicht wichtig ist und die Vor-Ort-Tätigkeit wirklich Sinn macht, wenn man bei den Aufsichtsratssitzungen dabei ist, wenn man ein entsprechendes Fragerecht hat, wenn man hinterfragen kann, ob all die Beschlüsse, die dort gefasst werden, gesetzeskon­form sind. Wenn nein, dann kann man natürlich auch einen entsprechenden Einspruch machen. Man kann Einsicht nehmen in die Schriftstücke, in die Datenträger des Kredit­institutes. Ich glaube also, dass hier doch wesentliche Möglichkeiten dem Staatskom­missär an die Hand gegeben sind, sodass die Kette Interne Revision – Aufsichtsrat – Wirtschaftsprüfer – Staatskommissäre – Finanzmarktaufsicht etwas ist, was absolut Sinn macht.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen jetzt zum vierten Fragenkomplex, der durch eine Anfrage des Abgeordneten Dipl.-Ing. Scheuch eingeleitet wird. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Bun­desminister, meine Frage lautet:


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155. Sitzung / Seite 21

161/M

„Unter welchen Voraussetzungen kann der Steuerzahler zu welchem Zeitpunkt aus der Bundeshaftung laut BAWAG P.S.K.-Sicherungsgesetz in Anspruch genommen wer­den?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Es ist die Natur einer Haf­tungsvereinbarung, dass sie natürlich auch in Anspruch genommen werden kann, aber ich habe gestern ausgeführt, ich gehe davon aus, dass es das allergrößte Interesse des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und seiner Mitglieder ist, dass man hier alles tut, um zu vermeiden, dass der Steuerzahler, die Steuerzahlerin mit dieser Haf­tung von maximal 900 Millionen € auch tatsächlich in Anspruch genommen wird.

Was sind theoretisch die Voraussetzungen für eine solche Inanspruchnahme der Haf­tung, wenn es also nicht gelingen sollte, das zu vermeiden? Ich habe es gestern be­reits gesagt: Das Eigenkapitalerfordernis der BAWAG P.S.K. muss unterschritten sein, das heißt, die Eigenkapitalquote nach Bankwesengesetz wird unterschritten. Die Haf­tungsübernahme durch den Eigentümer Österreichischer Gewerkschaftsbund muss im Vorfeld gegeben sein. Die Verpflichtung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes zur Offenlegung seines Vermögensstatus gegenüber der Oesterreichischen National­bank wurde vertraglich entsprechend umgesetzt und in diesem Haus auch gesetzlich beschlossen.

Es muss die erfolglose Haftungsinanspruchnahme des ÖGB betrieben worden sein. Das heißt, zuerst muss der Eigentümer – Gewerkschaftsbund, Teilgewerkschaften – mit seinem Vermögen versuchen, der Bank, seinem Eigentum, soweit es geht, entspre­chend zu helfen, bevor man den Steuerzahler zur Kasse bittet. Und es gibt die Ver­pflichtung zum Verkauf der Anteilsrechte an der BAWAG P.S.K. beziehungsweise an der Anteilsverwaltung BAWAG durch den Österreichischen Gewerkschaftsbund.

Die Haftung des Bundes endet im Falle der Veräußerung der BAWAG, spätestens aber mit dem 1. Juli 2007, wobei eine Verlängerung unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Herr Bundesminister! Momentan gibt es einen kolportierten Gesamtschuldenstand von zirka 3 Milliarden €. Ist aus Ihrer Sicht zu erwarten, dass das der Endschuldenstand ist, oder könnte es sein, dass aus weiteren Karibik-Geschäften und Refco-Verlusten und Finanzspekula­tionen der BAWAG zusätzliche Verluste entstanden sind, die noch nicht bekannt sind?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich musste ja gestern das Hohe Haus darüber informieren, dass nach derzeitigem Stand der Gesamtschaden in etwa bei 3 Milliarden € liegen dürfte. Ich möchte nicht darüber spekulieren, ob er noch höher sein kann. Ich hoffe, dass das nicht der Fall ist. Es finden sehr, sehr intensive Untersuchungen und Überprüfungen statt, und es ist nicht auszuschließen, dass wei­tere Schuldenpositionen zutage treten, aber es könnte auch weitere Aktivpositionen geben. Daher ersuche ich darum, dass man diese Überprüfungen durch die Aufsicht, durch die Notenbank, durch die Staatsanwaltschaft, durch die Kriminalpolizei in diesem sehr komplexen System von 60 Stiftungen, Fonds, sonstigen Firmen und der Bank selbst abwartet. Sobald es schlüssige, nachvollziehbare Ergebnisse gibt, werden wir selbstverständlich um Transparenz und Information bemüht sein.

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Kogler, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister! Wenn wir schon ständig in dieser Sache herumorakeln, heute wie gestern, dann wäre es doch wirklich nützlich, die Dinge auf den Tisch zu legen, die belegt sind – machen wir das!

Ich darf die Frage daran knüpfen, ob jetzt der Fragesteller fehlgegangen ist in seiner Annahme, denn er hat von einem Gesamtschuldenstand gesprochen, nicht einmal dif­ferenziert zwischen BAWAG und ÖGB. (Abg. Scheibner: Ja, tu ein bissel verteidigen!) Nein, ich tu gar nicht verteidigen! Vielleicht könnten Sie einmal aufschlüsseln, wie die Positionen hier sind, weil nämlich offensichtlich in den Reihen der Regierungsparteien da alles durcheinander kommt vor lauter Lust auf Agitation. (Beifall bei den Grünen so­wie bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter! Das, was ich Ihnen aus heutiger Sicht als Information von verschiedenen Prüfungsberichten sagen kann, hat vorläufigen Charakter: Es dürften im Zeitraum 1995 bis 2000 durch Karibikgeschäfte, also hochspekulative Geschäfte, 1,9 Milliarden € ver­lustig gegangen sein. Es gibt den Refco-Kredit aus dem Jahr 2005, den Sie kennen: in Summe 420 Millionen €. Es gibt den Vergleich, der mit dem US-Staatsanwalt durch die Verantwortlichen der BAWAG beziehungsweise des Österreichischen Gewerkschafts­bundes abgeschlossen wurde: weitere etwa 540 Millionen €.

Es gibt so genannte PIPE-Geschäfte, also weitere hochspekulative Geschäfte, wo wei­tere etwa 70 Millionen € verlustig gegangen sein dürften, und es gibt den Komplex Casino Jericho, wo bis jetzt inklusive der Kreditvergaben eine Größenordnung von 130 Millionen € verlustig gegangen ist beziehungsweise abgeschrieben werden muss­te.

Das ist ein Betrag in der Größenordnung, wenn Sie das aufsummieren, von 3 060 000 000 €. Wie gesagt: vorläufiger Charakter. Das ist der Gesamtschaden, den es aus heutiger Sicht gibt, aber nicht zu verwechseln mit den Verbindlichkeiten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Wie hoch diese sind, kann ich natürlich nicht beantworten, das müssen die Organe des ÖGB tun. (Abg. Neudeck: Der ÖGB auch nicht!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Gaß­ner, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Finanzminister, Sie haben in Ihrer jetzi­gen Beantwortung darauf hingewiesen, dass die Karibikgeschäfte in den Prüfberichten erwähnt wurden. Als wir uns über den Prüfbericht 2001 hier unterhalten haben, haben Sie gesagt, da steht nichts von den Karibikgeschäften drinnen. Das war, glaube ich, nicht die Wahrheit.

Sind Sie sich eigentlich bewusst, Herr Finanzminister, dass Sie Schaden im Zusam­menhang mit der BAWAG vermeiden hätten helfen können (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), wenn Sie im Jahr 2001 den Bericht der OeNB nicht schubladisiert hätten, son­dern den alarmierenden Hinweisen der Notenbankprüfer bereits damals nachgegangen wären?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Erstens, Herr Abgeordne­ter, habe ich Ihnen gerade ausgeführt, dass es im Zeitraum 1995 bis zum Jahr 2000 Verluste aus Karibikgeschäften in der Höhe von etwa 1,9 Milliarden € gegeben hat. Ich


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habe an anderer Stelle ausführen dürfen, dass es in diesem Zeitraum verantwortliche Finanzminister gegeben hat, von Minister Staribacher über Minister Klima, Minister Edlinger und andere mehr, die hier keine Prüfungshandlung gesetzt haben.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich lehne es ab, und ich finde es in hohem Maße lächer­lich, dass Sie auch nur im Ansatz versuchen, das, was Bankmanager, Aufsichtsrats­vorsitzende, Gewerkschaftsbundpräsidenten hier an hochspekulativen, hochriskanten Geschäften betrieben haben, die all das gemacht haben, was weder ein Gewerk­schaftsbund noch sonst jemand tun darf und soll, auf die Diskussion zu reduzieren, was ein Finanzminister in dieser Frage hätte verhindern können. Herr Abgeordneter, dann diskutieren wir darüber, ob wir nicht gemeinsam verhindern können, dass es irgendwo einen Einbruch, einen Diebstahl oder sonst etwas gibt! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Herr Abgeordneter Matznetter, ich verstehe das ja: Wenn ich jahrelang im Parlament neben Fritz Verzetnitsch als einem der wesentlichen, federführenden sozialdemokrati­schen Abgeordneten gesessen wäre, dann würde ich auch versuchen, jede erdenk­liche Theorie zu erfinden, wer denn sonst schuld gewesen sein könnte. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Fekter, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Finanzmi­nister! Welche der zahlreichen Stiftungen – es sind ja angeblich schon an die 60 davon bekannt – des ÖGB/BAWAG-Skandal-Netzwerkes sind nach wie vor tätig? Können diese Stiftungsvorstände derzeit noch unbehelligt agieren? Können die Stifter nach wie vor unter Umständen Vermögen weiterverschieben?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Abge­ordnete Fekter, ich kann diese Frage leider nicht beantworten, weil das Geflecht von Firmen, von Stiftungen, von Fonds eben Gegenstand der laufenden Prüfungen der No­tenbank beziehungsweise der Finanzmarktaufsicht, der Organe der Polizei und der Justiz ist und wir noch nicht endgültig wissen, ob wir überhaupt schon alle Stiftungen, alle Konstruktionen hier haben aufdecken können. Man versucht andererseits natürlich auch von Seiten des Gewerkschaftsbundes und der Bank, hier kooperativ zu ordnen, was da an System der Vertuschung und der Verschleierung konstruiert wurde. Ich muss Sie ein bisschen vertrösten auf Erhebungsergebnisse, die noch nicht vorliegen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen zur 5. Anfrage. Sie wird von Herrn Abge­ordnetem Mag. Moser formuliert. – Bitte, Herr Kollege.

 


Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

154/M

„Ist es nicht an der Zeit, Ihrerseits einzugestehen, dass Ihre Steuerreform gemessen an den von Ihnen gesteckten Zielen mehr Wachstum und Beschäftigung gescheitert ist, wenn die jüngsten Wirtschaftsprognosen für nächstes Jahr wieder ein geringeres Wachstum, eine höhere Arbeitslosenquote und weniger Beschäftigungszuwachs im Vergleich zu heuer vorhersehen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter! Es ist an der Zeit anzuerkennen, dass diese Steuerreform zum richtigen Zeit-


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punkt gekommen ist, dass diese Steuerreform wirkt und dass diese Steuerreform zu mehr Wachstum, zu mehr Beschäftigung und auch zu einer Reduktion der Arbeitslosig­keit beiträgt. Und ich bin sehr froh, dass es offensichtlich im Jahr 2006 der Wirtschaft vor dem Hintergrund guter Rahmenbedingungen des Standortes gelungen ist, wirklich zu einer Trendwende am Arbeitsmarkt beizutragen. Das ist das wichtigste Ziel, die Ar­beitslosigkeit zu reduzieren, und das ist sehr, sehr gut gelungen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Finanzminister! Zeugt es von wirt­schaftspolitischer Kompetenz, wenn man bei einer Pro-Kopf-Verschuldung eines jeden Österreichers – der höchsten seit Ende des Zweiten Weltkrieges – in Höhe von 18 400 € die Österreichische Post AG um 2 Milliarden Schilling zu billig verkauft (iro­nische Heiterkeit bei der ÖVP) und diese an ausländische Hedgefonds, Investment­banker verschenkt?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter! Ich bedauere es genauso wie Sie, dass sozialdemokratische Vorgänger Alf­red Finz und mir einen riesigen Schuldenberg überlassen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Wir haben versucht, eine gute, solide Finanzpolitik um­zusetzen, und ich darf Ihnen versichern, dass das jeden Tag besser wird und dass der Schuldenstand gemessen am Bruttoinlandsprodukt deutlich reduziert werden konnte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt, Herr Abgeordneter, was die Österreichische Post AG betrifft: Ich glaube, es ist der eindrücklichste Beweis dafür, dass sowohl Gewerkschaftsbewegungen als auch sozialdemokratische Abgeordnete in dieser Frage falsch gelegen sind, wenn mehr als 50 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Post Aktien gekauft ha­ben, weil sie gesagt haben, wir identifizieren uns mit dem Unternehmen, das ist ein toller Börsengang, das ist eine rot-weiß-rote Lösung.

Wir haben damals gesagt: Liebe Bevölkerung, beteiligt euch an dem Unternehmen! – Alle Aktionäre, die da reingegangen sind, Mitarbeiter, österreichische Steuerzahlerin­nen und Steuerzahler, liegen heute mit 10, 15, 20 Prozent im Plus, was den Börsen­kurs der Post betrifft. Das heißt: ein richtiger Börsengang, eine rot-weiß-rote Lösung, Herr Abgeordneter! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Auer, bitte.

 


Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Bundesminister! In Deutschland versucht jetzt ein SPD-Finanzminister auch, die Unternehmenssteuern zu senken – offensichtlich nach dem positiven Beispiel Österreichs. Ich frage Sie daher: Wie wurde international die Steuerreform 2004/2005 mit einem Volumen von über 3 Milliarden € aufgenom­men?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter Auer! Wir haben großes internationales Interesse auf Österreich lenken kön­nen, was auch damit zusammenhängt, dass wir mit unseren wirtschaftlichen Eckdaten in Österreich sehr gut liegen. Beispiel Wachstum erstes Quartal heuer im Vergleich zum ersten Quartal letztes Jahr: 3 Prozent. Das heißt, wir haben ein wirklich hohes Wachstum, eines, das über dem Durchschnitt der Euro-Zone liegt, über jenem Deutschlands, Italiens, der Schweiz, unserer Nachbarländer – also eine gute Bilanz.


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Wir haben in der Sachgütererzeugung so hohe Auftragsbestände wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Die Inflationsrate ist die drittniedrigste in der Eurozone. Wir ma­chen im Bereich der Beschäftigung sehr gute Fortschritte, wir haben mehr Beschäftigte in unseren Unternehmen. Die Zahl der Arbeitslosen hat sich verringert, geht zurück. Wir haben mit 4,8 Prozent Arbeitslosenrate den fünftniedrigsten Wert in der Europäi­schen Union, innerhalb der 25 Mitgliedsländer.

Und wir haben – um nochmals auf Ihre Frage zu kommen – internationales Feedback, internationales Blitzlicht auf Österreich, positive Medienberichte. Der „Stern“ in Deutschland – Sie wissen das – hat geschrieben: „Warum Österreich Spitze ist“. Der „Focus“ hat geschrieben: „Felix Österreich“, also: Glückliches Österreich. Die „Frank­furter Allgemeine Zeitung“ hat geschrieben: „Österreich, du hast es besser!“ Die „Neue Zürcher Zeitung“ – eine sehr renommierte Schweizer Zeitung – hat geschrieben: „Ös­terreich – ein Erfolgsmodell“.

Das heißt, ich glaube, es ist ganz objektiv gesehen wirklich gelungen, hier Österreich auf einen guten Reformkurs zu bringen. Genauso wollen wir aber weitertun, nicht selbstgefällig werden, nicht zufrieden sein, sondern es ist noch ein gerüttelt Maß an Arbeit notwendig, damit wir die Arbeitslosigkeit weiter reduzieren und allen Menschen in Österreich Beschäftigung geben können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Bucher, bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Herr Bundesminister! Österreich befindet sich weiterhin auf der Überholspur, wie wir aus den internationalen Verglei­chen und auch aus dem Vergleich mit den anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union sehen.

Meine Frage geht in die Richtung: Inwieweit hat sich die größte Entlastung der Zweiten Republik, die größte Steuerreform in der Größenordnung von 3 Milliarden € auf das Wachstum und auf die Beschäftigung ausgewirkt?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter Bucher! Ich habe gerade versucht, einige der Kenndaten anzuführen – ob das Wachstumswerte sind, ob das Beschäftigungswerte sind, ob das ein Rückgang der Ar­beitslosigkeit ist, ob das eine höhere Preisstabilität in der Eurozone ist, ob das Grün­dungsrekorde – im Sinne von immer mehr Unternehmern, die auch bereit sind, Risiko zu tragen und Entscheidungen zu treffen – sind, ob das positive Nachfrageeffekte auch beim privaten Konsum sind. Die Steuerreform hat natürlich auch zu mehr Kaufkraft geführt. Die Menschen geben mehr Geld aus – weil sie auch optimistisch sind, weil sie wissen, eigentlich läuft es ganz gut in Österreich, die weltweite Konjunktur läuft ganz gut, daher gibt man mehr Geld aus –, der Kreislauf dreht sich, die Wirtschaft funktio­niert.

Wir in Österreich sind auch – dazu muss man unseren Betrieben wirklich gratulieren, meine Damen und Herren – die Exporteuropameister! Nicht mehr Deutschland oder andere Länder, sondern wir sind die Exporteuropameister! Das zeigt, wie attraktiv un­ser Standort ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Öllinger, bitte.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Bundesminister! Kollege Auer hat es gera­de für gut befunden, dass auch in anderen Ländern die Körperschaftsteuern, also die


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Gewinnsteuern abgesenkt werden und damit in Europa bald der Zustand erreicht ist, wo keine Gewinnsteuern mehr bezahlt werden müssen.

Daher die Frage an Sie, Herr Bundesminister: Würden Sie das für gut befinden, und welche Maßnahmen setzen Sie, damit dann nicht nur mehr die Arbeit besteuert wird, sondern auch Unternehmen einen Beitrag für den Fiskus und die Gesellschaft leisten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Erstens: Ich würde das nicht für gut befinden. – Zweitens: Wir haben mit unserer Steuerreform gezeigt, dass es uns ein Anliegen ist, mehr als 3 Milliarden € zur Hälfte in Arbeitnehmerentlastung und zur Hälfte in die Attraktivierung des Standortes umzusetzen.

Zweiter Punkt: Ich glaube wirklich, dass jeder seinen Beitrag leisten sollte. Wir haben uns auch in der Präsidentschaft Österreichs in der Europäischen Union dafür einge­setzt, dass es nicht diesen Wettbewerb nach unten gibt, sondern dass es zum Beispiel auch so etwas wie eine Mindestbesteuerung gibt. Ich glaube also, da treffen sich unsere Interessen. Uns ist der soziale Ausgleich, uns ist eine gerechte Verteilung auch der Belastungen ein großes Anliegen, und damit bin ich der Überzeugung: Sowohl die Arbeitnehmer als auch die Wirtschaft sollen entsprechend beitragen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neudeck.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zur 6. Anfrage, die Herr Abge­ordneter Amon, MBA, formuliert. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

157/M

„Wie beurteilen Sie die Aussage von ÖGB-Präsident Hundstorfer, wonach die Möglich­keit besteht, dass die Bundeshaftung in Höhe von 900 Millionen € für die BAWAG schlagend werden könnte?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter Amon! Ich habe bei einer anderen Anfrage heute schon gesagt: Natürlich, theoretisch ist es möglich, dass es schlagend wird! Ich glaube aber – und das möchte ich nochmals betonen –, dass es Aufgabe und Verantwortung des Eigentümers, des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, der Bankmanager ist, alles zu tun, damit der Steuerzahler in diesem Finanzskandal nicht auch noch zur Kasse gebeten wird. Ich gehe davon aus, dass der Österreichische Gewerkschaftsbund das größte Interesse hat, das auch so umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Bundesminister, glauben Sie tatsäch­lich, dass der Eigentümer ÖGB diese Verluste nicht ausgleichen kann? Was ist Ihre Einschätzung aus heutiger Sicht?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Meine Einschätzung ist, dass die Gefahr besteht, dass der Österreichische Gewerkschaftsbund sein gesamtes Vermögen verspekuliert haben könnte. Es gibt, wenn Sie sich den Österreichischen Gewerkschaftsbund und die Geschäftsführung betriebswirtschaftlich ansehen, offen­sichtlich die Situation, dass der ÖGB und die Teilgewerkschaften mehr Geld ausgeben, als sie einnehmen. Das heißt, ich hoffe und denke, dass die neue Gewerkschaftsspitze


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betriebswirtschaftlich sanieren wird müssen, restrukturieren wird müssen, damit man eben nicht in diesem Unternehmen Gewerkschaft mehr Geld ausgibt, als man ein­nimmt. Das ist einmal die Grundvoraussetzung: dass das laufende Geschäft operativ positiv wird.

Auf der anderen Seite glaube ich in Bezug auf Ihre Frage betreffend Haftung der Re­publik: Diese wird in letzter Konsequenz davon abhängen, welchen Kaufpreis der Ös­terreichische Gewerkschaftsbund für die Bank lukrieren kann. Wenn das ein ent­sprechend hoher Kaufpreis ist, dann wird es, so hoffe ich, möglich sein, die Schulden zurückzuzahlen. Wenn das nicht der Fall sein wird, dann könnte es hier, so ist zu be­fürchten, auch eine entsprechende Lücke geben. Hoffen wir das Beste, hoffen wir auf einen erfolgreichen Verkaufsprozess, damit die Bank und ihre Mitarbeiter in einer gesi­cherten Zukunft weiterarbeiten können! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neudeck.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Fau­land. – Bitte, Herr Kollege.

 


Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Herr Bundesminister! Können Sie sicherstellen, wenn der österreichische Steuerzahler und die österreichische Steu­erzahlerin schon für die kriminellen Machenschaften von Teilen der BAWAG und auch des ÖGB zur Kassa gebeten werden, dass vor allem die in die Stiftungen verschobe­nen Gelder des ÖGB dann auch wirklich zur Aushaftung angegriffen werden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter Fauland! Es wurde mit dem Eigentümer der BAWAG, also mit dem Österrei­chischen Gewerkschaftsbund, eine Vereinbarung getroffen, wonach im Haftungsfalle zunächst der Österreichische Gewerkschaftsbund als Eigentümer leistungspflichtig ist. Damit man objektivieren kann: wie viel kann er tatsächlich beitragen, wie viel kann er tatsächlich leisten?, hat der Österreichische Gewerkschaftsbund seinen Vermögens­status offen zu legen. Dieser Vermögensstatus hat auch das Vermögen der Teilge­werkschaften zu umfassen.

Das heißt, es ist uns das größte Anliegen gewesen, in dieser Vereinbarung mit dem ÖGB sicherzustellen, dass zunächst der Eigentümer auch in Verantwortung ist. Gleich­zeitig haben wir aber das größte Interesse gehabt, sicherzustellen, dass der Österrei­chische Gewerkschaftsbund nicht in Verbindung mit dieser Haftung von 900 Millionen € in die Insolvenz gehen kann, weil es uns allen, glaube ich, ein Anliegen ist, dass es eine starke Arbeitnehmervertretung geben soll, weil wir mit der Sozialpartnerschaft in Österreich arbeitgeber- und arbeitnehmerseitig, glaube ich, einen Weg des sozialen Friedens, der Stabilität und der Attraktivität auch des Wirtschaftsstandorts in den letz­ten Jahren erreichen konnten. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Öllin­ger. – Bitte.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Bundesminister! Ihr Ministerium hat zu dem Steuerfall Pensionsabfindung Elsner erklärt, es sei korrekt gewesen, dass Herr Elsner nur so wenig Steuern bezahlt hat.

Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister: Werden Sie aus gegebenem Anlass die Steuerveranlagung des Herrn Elsner neu überprüfen – ja oder nein?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter! Sie können davon ausgehen, dass ich das größte Interesse an Transparenz, an absolut korrekter Vorgangsweise habe, und Sie können davon ausgehen, dass wir


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hier entsprechende Schritte gesetzt haben. Ich glaube aber auch, dass auch der Steu­erpflichtige Elsner das Recht hat – so wie ich es hier im Hohen Haus immer, an jeder Stelle und in jedem Fall gleichermaßen, eingehalten habe –, dass das Abgabenge­heimnis auch für ihn gilt. Daher bitte ich um Verständnis, dass ich die Frage nicht wei­terführend beantworten kann.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Dkfm. Dr. Bauer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Bundesminister! Ist es richtig, dass es für die BAWAG keinen Grund für einen raschen und daher teuren Vergleich im Zusammenhang mit den US-Klagen gegeben hätte, wenn die US-Behörden Kunden­gelder aus dem Zahlungsverkehr eingefroren hätten, was eine unübliche Vorgangs­weise darstellt, aber auch die Repräsentanten Österreichs nicht widersprochen haben?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter!
Wenn das die Frage ist, die wir auch im Ausschuss schon diskutiert haben: Was hat die österreichische Bundesregierung hier getan, damit Vermögenspositionen der BAWAG P.S.K. in den USA nicht eingefroren werden?, dann möchte ich die Gelegen­heit nutzen, um darauf hinzuweisen, dass es sich hier um Handlungen der US-Justiz gehandelt hat, sowohl des Staatsanwaltes als auch offensichtlich von Gerichten.

Ich glaube, es ist ein anerkannter Rechtsgrundsatz auch in Österreich, dass es eine Unabhängigkeit der Justiz gibt, und daher, das darf ich Ihnen versichern, wäre es in hohem Maße nicht nur unüblich, sondern ein völlig verfehltes Signal gewesen, wenn die österreichische Bundesregierung gesagt hätte, wir zweifeln Entscheidungen von amerikanischen Justizbehörden an. Das hat es umgekehrt so noch nicht gegeben, und daher hat es diese Möglichkeit für die österreichische Bundesregierung nicht gegeben.

Ich bitte aber schon, zur Kenntnis zu nehmen, dass die österreichische Bundesregie­rung einen Gesetzesvorschlag hier ins Haus gebracht hat, der in letzter Konsequenz dazu geführt hat, dass wir die BAWAG P.S.K. retten konnten, weil es ein gemeinsames Interesse war, die Bank zu retten, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterhin Ar­beitsplätze zur Verfügung stellen zu können, den Sparerinnen und Sparern Sicherheit zu geben und damit auch die Zukunft des Institutes abzusichern. Das war eine gemein­same Leistung, die wir durch ein gutes, schnelles, richtiges Krisenmanagement errei­chen konnten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit kommen wir zur 7. Anfrage, die von Herrn Abge­ordnetem Mag. Kogler gestellt wird. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister, meine Frage lau­tet:

160/M

„Warum wurde die BAWAG P.S.K. – laut Rechnungshof ohne ausreichende Dokumen­tation – zur Vorfinanzierung der Eurofighter an den Rüstungskonzern vermittelt?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter, weil die BAWAG P.S.K. die günstigste Finanzierungslösung angeboten hat. Wir haben hier die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur und ihre guten Diens­te in Anspruch genommen. Die Bundesfinanzierungsagentur hat vier Banken – zwei ausländische, zwei inländische – eingeladen, hat ersucht, ein Angebot zu legen. Das


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heißt, es war absolut Wettbewerb gegeben, und man hat hier versucht, in einem Zeit­fenster relativ niedriger Zinsen diese auch sicherzustellen und damit die günstigsten Konditionen zu erreichen.

Die Bewertung, dass die BAWAG P.S.K. die Bestbieterin war, was die Finanzierung der Eurofighter betrifft, ist völlig klar und nachvollziehbar, und damit ist es genau vor diesem Hintergrund – Wettbewerb einerseits, Bestbieter, beste Finanzierungskonditio­nen andererseits – zu dieser Vereinbarung gekommen, und zwar zwischen der Euro­fighter Jagdflugzeug GmbH und der BAWAG, dass dieses Finanzierungsgeschäft eben mit dieser Bank gemacht wird.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber der Rechnungshof hat ganz eindeutig darauf hingewiesen, dass die Republik hier als Vermittler für diesen Kredit aufgetreten ist und dass es – was Sie hier als klar und eindeutig bezeichnen – in die­sem Vergabeverfahren nämlich nicht nur keine ausreichenden, sondern überhaupt keine Dokumente gibt. Wie erklären Sie sich das?

 



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Stenographisches Protokoll
155. Sitzung / Seite 30

Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich erkläre mir das ganz einfach, Herr Abgeordneter: Es gibt kein Vertragsverhältnis der Republik Österreich zur BAWAG P.S.K. in dieser Frage. Und es ist ein bisschen schwierig, wenn man keinen Vertrag schließt zur Finanzierung der Eurofighter, des Eurofighter-Ankaufs, dann eine entsprechend ausführliche Dokumentation anzufertigen.

Unter Interesse war, die Zinssätze, die Eurofighter angeboten hat, zu reduzieren. Da haben wir gesagt: Die Bundesfinanzierungsagentur ist ein Profi, die verstehen ihr Ge­schäft. Liebe Eurofighter GmbH, nutzt doch die Dienste der Bundesfinanzierungs­agentur! – Diese haben das gemacht und haben dann einen Vertrag mit der BAWAG P.S.K. abgeschlossen, als Eurofighter und BAWAG P.S.K. – Ich frage Sie da­her: Welche Unterlagen sollten wir dann haben? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten von Freiheitlichen – BZÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Bures, bitte.

 


Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Bevor Sie mir in Ihrer Beantwortung womöglich, wie meinen Kollegen, wieder vorwerfen, dass ich hier im Plenum neben dem ehemaligen ÖGB-Vorsitzenden gesessen bin (Abg. Neu­deck: Sie waren eine Reihe weiter hinten!), möchte ich nur festhalten: Wenn ich so wie Sie jahrelang am Schoß von Jörg Haider gesessen wäre, würde ich den Mund in dieser Frage nicht so voll nehmen! (Ironische Heiterkeit der Abgeordneten Neudeck und Mur­auer. – Abg. Großruck: Hallo, hallo, hallo! – He-Rufe und weitere Zwischenrufe bei Abgeordneten von ÖVP und Freiheitlichen – BZÖ. – Ruf: Wo sitzt du denn jetzt? – Ein so genanntes Schoßhündchen!)

 


Herr Bundesminister, die Zusatzfrage, was die Finanzierung der Eurofighter betrifft: Ab­gesehen davon, dass das ja ursprünglich im Budget nicht wirksam werden hätte sollen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wären Sie auch gerne am Schoß von Jörg Haider geses­sen? – Die Abgeordneten Großruck und Steibl: ... am Schoß von Gusenbauer!), weil es ja eine Wirtschaftsplattform finanziert – heute wissen alle, das war eine der Wahl­kampflügen dieser Bundesregierung –, ist es so, dass auf Grund der Finanzierung der BAWAG P.S.K. die erste Teilzahlung vor den Wahlen nicht im Budget aufscheint. Mir liegen schon Informationen vor (Abg. Steibl: Das ist keine Frage! – Herr Präsident!), wonach die Finanzierung über die Bundesfinanzierungsagentur wesentlich günstiger gewesen wäre und es sich daher bei der BAWAG-P.S.K.-Finanzierung nur um einen Budgettrick Ihrerseits handelt.

Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Abge­ordnete! Wir haben den Zinssatz, der angeboten war, von 7,48 Prozent über die guten Dienste der Bundesfinanzierungsagentur auf 4,4888 Prozent reduzieren können – also um eine Größenordnung von 3 Prozent –, und ich denke daher, dass das ein ganz wesentlicher Beitrag für beste Finanzierungskonditionen und damit ein guter Beitrag für den Steuerzahler/die Steuerzahlerin war. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeordne­ter Murauer zu Wort gemeldet.

 


Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Ich möchte mich jetzt nicht darüber unterhalten, wer auf wessen Schoß im Moment sitzt (lebhafte Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), sondern meine Überlegungen und Ausführun­gen sind dahin gehend, dass die Beschaffung des Eurofighters ein wesentlicher Bei­trag für die Sicherheit unseres Landes ist und dass die Kosten-Nutzen-Rechnung für den Eurofighter das beste Ergebnis gebracht hat. (Abg. Mag. Kogler: Das ist falsch!)

Nun frage ich Sie, Herr Bundesminister: Wie günstig ist nun der dem Geschäft zu­grunde liegende Zinssatz wirklich, wo der Rechnungshof doch festgestellt hat, dass der Zinssatz aus dem Angebot der Eurofighter GmbH mit dem von der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur ausverhandelten Zinssatz nicht so ohne weiteres ver­gleichbar ist?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter, der Zinssatz, der ursprünglich von der Eurofighter GmbH angeboten worden war, lag bei 7,48 Prozent, wie ich gesagt habe. Jetzt konnten wir ihn reduzieren auf 4,48 Prozent.

Jetzt müssen Sie natürlich sehen: Wie hat sich das allgemeine Marktzinsniveau in die­sem Zeitraum bewegt? – Hier hat es eine Reduktion der Marktzinsen um etwa 1,5 Pro­zent gegeben. Das heißt, wenn wir jetzt sagen: von 7,48 auf 4,48 Prozent, also um 3 Prozent runter, während der allgemeine Markt nur um 1,5 Prozent runtergegangen ist, dann würde ich ganz fair und objektiv sagen, dass hier in den Verhandlungen ein Erfolg gelungen ist, nämlich die Finanzierungskonditionen um etwa 1,5 Prozent zu reduzieren. Und ich glaube, das ist ein sehr guter Abschluss, den man hier erreichen konnte. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Neudeck.

 


Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Herr Bundesminister! Da die Frage, auf wessen Schoß die Frau Abgeordnete Kuntzl sitzt, nicht in die Vollziehung Ihres Hauses fällt, folgende Frage (lebhafte Zwischenrufe bei den Grünen – Abg. Mag. Stoisits: Herr Präsident, ...!): Welchen Gewinn wird die BAWAG aus diesen Ge­schäften erwirtschaften? Und: Wird sie wenigstens aus diesem Geschäft einen Gewinn erwirtschaften? (Anhaltende Zwischenrufe bei den Grünen und Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Sburny: Das ist eine sexistische Äußerung! – Abg. Mag. Stoisits: Das geht wirklich zu weit!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter! Ich muss Ihnen sagen, dass ich leider den Gewinn der BAWAG P.S.K. aus diesem Geschäft nicht kenne. Der hängt natürlich davon ab, wie sich die BAWAG am Markt refinanzieren kann. Das können Ihnen nur die Bankmanager beantworten. (Bei­fall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 



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155. Sitzung / Seite 31

Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur 8. Anfrage, die Herr Abge­ordneter Neudeck stellt. – Bitte. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glo­ckenzeichen.)

 


Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

162/M

„Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass die BAWAG ihre 11-prozentige Beteiligung am – im Oktober 2000 geschlossenen – Casino Jericho auf 120 Millionen € aufgewer­tet hat, obwohl die Casinos Austria AG ihren Anteil am Casino Jericho zur Gänze ab­geschrieben hat?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter Neu­deck! Die Beteiligung am Casino Jericho steht mit 120 Millionen € in den Büchern der Bank. (Anhaltende Unruhe im Saal. – Abg. Mag. Wurm: ... Das geht zu weit! So geht das nicht! – Abg. Mag. Stoisits begibt sich zum Präsidium.) Zusätzlich hat es noch einen Kredit von 40,5 Millionen € gegeben, der ausgehaftet ist. Es wurde für die Erstel­lung der Bilanz 2005 eine Wertberichtigung vorgenommen. Es wurde die Beteiligung selbst komplett wertberichtigt – also 120 Millionen abgeschrieben –, und vom Kredit von 40,5 Millionen wurden 10 Millionen € wertberichtigt. Das heißt in Summe: von 160,5 Millionen € wurden 130 Millionen wertberichtigt und etwa 30 Millionen € als wert­haltig angenommen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Danke vielmals. – Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte.

 


9.57.54

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Prä­sident! In diesem Haus gibt es – gerade von Ihnen als Präsident zu Recht initiiert – sehr oft Diskussionen darüber, welche Art der Zwischenrufe und Worte die Würde des Hohen Hauses verletzen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich möchte Sie, Herr Präsident, bitten, sich umgehend das Protokoll holen zu lassen und die Bemerkungen des Abgeordneten Murauer in Bezug auf den Herrn Finanzmi­nister und vor allem die Bemerkung des Abgeordneten Neudeck in Bezug auf die Kollegin Kuntzl prüfen zu lassen, weil ich der Auffassung bin, dass diese Bemerkungen erstens die Würde des Hauses verletzten und zweitens Sexismus sind, den wir weib­liche Abgeordnete nicht dulden – und das erwarte ich auch von Ihnen, Herr Präsident. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

9.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters hat sich Herr Abgeordneter Cap zur Geschäfts­behandlung zu Wort gemeldet.

 


9.58.56

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Also, es hat jeden­falls mehrere Zwischenrufe gegeben – und ich möchte daher auch haben, dass das genau überprüft wird, was Sie hier mitgeschrieben haben –, die eindeutig sexistischen Charakter gehabt haben. Das ist ein Skandal, und ich möchte dagegen schärfstens protestieren! Das haben wir hier nicht zu akzeptieren, diese Art der Zwischenrufe! (Bei­fall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.59



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155. Sitzung / Seite 32

Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters hat sich zur Geschäftsbehandlung Herr Abge­ordneter Dr. Stummvoll zu Wort gemeldet.

 


9.59.23

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich schließe mich dem Ersuchen an, dass Sie, Herr Präsident, sich das Protokoll anschauen. Dann werden wir nämlich feststellen, wer die Debatte auf dieses Niveau gebracht hat. Es war Frau Kollegin Bures, die mit dieser Debatte begonnen hat! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

9.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Scheuch.

 


9.59.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ) (zur Geschäftsbehand­lung): Herr Präsident! Hohes Haus! Es war klar nachvollziehbar, und Kollege Stumm­voll hat es bereits gesagt – was für Frauen gilt, gilt auch für Männer –: Begonnen hat eine Abgeordnete mit dieser Aussage, und das war vorhin Kollegin Bures, die klar ge­sagt hat, dass Herr Grasser am Schoß von Jörg Haider sitzt. Und das ist aufs Schärfs­te zurückzuweisen! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

10.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Es gibt heute um 12 Uhr eine Präsidialkonferenz. Ich wollte die Fragestunde bei der Frage von Frau Abgeordneter Bures nicht unterbrechen – wahrscheinlich hätte ich da bereits eingreifen sollen. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Ich werde mir das Protokoll ansehen und das mit den Klub­obleuten besprechen.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeordneter Neudeck gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Herr Bundesminister! Wie beur­teilen Sie die Tatsache, dass die BAWAG ihren Anteil an der Österreichischen Lotterie­gesellschaft ebenfalls höher bewertet hat als der Miteigentümer Casinos Austria, und wie wurde von der BAWAG und vom ÖGB deren OeNB-Anteil bewertet?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abge­ordneter! Was die Frage der Lotterienanteile betrifft, möchte ich die Frage nicht kom­mentieren, weil ich bezüglich unterschiedlicher Bewertungsansätze nicht darüber spre­chen möchte, welcher gerechtfertigt ist, wo es stille Reserven gibt und wo nicht. Das können nur Bewertungsgutachten beziehungsweise der Markt seriös machen.

Was die OeNB-Anteile betrifft, war es so, dass die BAWAG P.S.K. Anteile an der Oes­terreichischen Nationalbank von 11,7 Prozent gehalten hat, der Österreichische Ge­werkschaftsbund von 8,3 Prozent. Diese standen in den Büchern der BAWAG P.S.K. in der Größenordnung von 19 Millionen € und beim ÖGB deutlich höher in einer Größen­ordnung von 35 Millionen €. Wir haben beim Erwerb der Anteile darauf Wert gelegt, dass es zu keinem bilanziellen Verlust der BAWAG P.S.K. kommt, haben daher den Wertansatz BAWAG P.S.K. der OeNB-Anteile entsprechend akzeptiert und haben ihn dann aliquot umgelegt auf die Anteile des ÖGB. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Kogler, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister! Da die Auskunfts­bereitschaft in den letzten Tagen hinsichtlich der Vorgänge rund um die BAWAG ja


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155. Sitzung / Seite 33

bedeutend zugenommen hat, darf ich auch fragen, ob Sie im Zusammenhang mit dem hier aufgeworfenen Jericho-Komplex ausschließen können, dass die Herren Schlaff, Taus und Wallner in irgendeiner Art und Weise involviert sind, so dass wir wieder hier sitzen müssen und irgendetwas beklagen. (Ruf bei der SPÖ: Das weiß er nicht!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Die Frage ist weder Gegen­stand der Vollziehung (Zwischenrufe bei der SPÖ), noch habe ich aus heutiger Sicht Ansatzpunkte in die eine oder andere Richtung, daher bitte ich um Verständnis, dass die Unschuldsvermutung für alle gilt und die Justiz sich diesen Fragenkomplex genau­so ansehen soll wie alle anderen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Stellen Sie sich nicht so unwissend!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeordne­ter Prähauser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Bundesminister! Präzision zu dieser Frage: Wie beurteilen Sie die Involvierung des Herrn Schlaff und des ehemaligen ÖVP-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten Josef Taus in die Jericho-Geschichte, ins Jeri­cho-Casino?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter, ich kann es nicht beurteilen. Das Management der BAWAG P.S.K. hat offensichtlich mit diesen drei Personen Geschäfte gemacht. Ich gehe davon aus, dass der Aufsichtsrat der Bank davon informiert gewesen sein sollte. Sie wissen, wer im Aufsichtsrat der Bank gesessen ist, nämlich führende Vertreter des Österreichischen Gewerkschafts­bundes (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), Sie wissen, wer Eigentümervertreter war, und ich gehe davon aus, dass man seine Überlegungen dazu gehabt hat.

Wenn es hier Überprüfungswerte und sinnvolle Tatbestände gibt, wo Sie sagen, da müsse man nachschauen, da sei etwas nicht korrekt gelaufen, dann würde ich Sie bitten, diese Information der Kriminalpolizei beziehungsweise der Justiz zur Verfügung zu stellen, damit tatsächlich überprüft werden kann, wo etwas nicht in Ordnung gelau­fen sein soll; aber wenn das der Fall sein sollte, dann ist dies logischerweise in der Verantwortung der Bank beziehungsweise der Eigentümer der Bank, also des Gewerk­schaftsbundes passiert.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die letzte Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Ein guter Tag beginnt mit einer Fragestunde an den Bundesminister für Finanzen, wenngleich die Fragen zu ÖGB, BAWAG und Sozialdemokratie nicht wirklich Anlass zur Freude geben. Casino Jericho ist im Gespräch.

Herr Bundesminister, sind die 120 Millionen € die Obergrenze, die die BAWAG für das Engagement wertberichtigen muss?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter, auf der einen Seite ist die Beteiligung am Casino Jericho mit 120 Millionen € in der Bilanz der BAWAG P.S.K. gestanden, es hat zusätzlich noch den Kredit von 40,5 Millionen € ge­geben. Das heißt, in Summe waren es 160,5 Millionen €. Die Wirtschaftsprüfer haben im Zusammenhang mit dem jetzigen Bankmanagement, was die Bilanz 2005 betrifft,


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155. Sitzung / Seite 34

eine Wertberichtigung vorgenommen, haben deutlich reduziert und haben, wie mir be­kannt gegeben wurde, eine Größenordnung von 130 Millionen € wertberichtigt.

Das heißt, in den Büchern der BAWAG P.S.K. mit der Bilanz 2005 stehen noch 30 Mil­lionen €, die als werthaltig angenommen worden sind, unter anderem deswegen, weil es, wie mir bekannt gegeben wurde, auch ein Hotel in diesem Komplex geben soll und dieses Hotel offensichtlich in Betrieb ist und damit eine Werthaltigkeit repräsentiert.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit sind die 60 Minuten der Fragestunde abgelaufen. Ich danke dem Herrn Bundesminister.

10.05.50Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 4108/AB und 4109/AB.

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsverfassungs­gesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (1559 d.B.),

Antrag 837/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere notwendige Maßnahmen im Zusammenhang mit der Beschlussfas­sung des Bundesbehindertengleichstellungs-Begleitgesetzes,

Antrag 838/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Notariatsaktgesetzes;

Finanzausschuss:

Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Bur­genland aus Anlass der 85-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich (1555 d.B.),

Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD VII) (1556 d.B.),

Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zur außerordentlichen Wiederauffül­lung der Internationalen Entwicklungsorganisation und des Afrikanischen Entwicklungs­fonds (Multilaterale Entschuldungsinitiative – MDRI) (1557 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördenge­setz, das E-Geldgesetz, das Sparkassengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Börsegesetz 1989, das Pensionskassengesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden (1558 d.B.),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (1566 d.B.),


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155. Sitzung / Seite 35

Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über den unabhängigen Finanzsenat, das Norm­verbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung und das Bodenschätzungsge­setz 1970 geändert werden – UFSG-Novelle 2006 (1567 d.B.);

Justizausschuss:

Antrag 836/A der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Dr. Maria Theresia Fek­ter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Zusammenarbeit von Behörden im Verbraucherschutz (Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz – VBKG);

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2006 – MOG 2006) und ein Marktord­nungs-Überleitungsgesetz erlassen werden sowie das AMA-Gesetz 1992 geändert wird (1542 d.B.);

Umweltausschuss:

Antrag 839/A (E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend grenzüberschreitendes UVP-Verfahren AKW Paks;

Verkehrsausschuss:

Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei Luftfahrzeugen aus Drittstaaten (1543 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, das Gelegen­heitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG, das Kraftfahrliniengesetz – KflG und das Führerscheingesetz – FSG geändert wird (1554 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) geändert wird (1564 d.B.),

Antrag 835/A (E) der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verkehrssicherheit in Tunnels und Unterführungen sowie Schaffung einer Eisenbahn­sicherheitsagentur,

Antrag 840/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Kostenwahrheit im Verkehr durch flächendeckende LKW-Maut.

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Klub der Grünen hat gemäß § 93 Abs. 2 der Ge­schäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge­brachte schriftliche Anfrage 4404/J der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Stimmenfang durch Men­schenhetze“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt wer­den.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 3 und 4, 7 und 8, 9 und 10, 14 und 15 der Tagesordnung jeweils zusammenzufas­sen.


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155. Sitzung / Seite 36

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir gehen daher so vor.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestal­tung und Dauer der Debatten erzielt.

Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 140 Minuten, Freiheitlicher Parla­mentsklub – BZÖ 96 Minuten sowie Grüne 104 Minuten.

Darüber entscheidet das Hohe Haus.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu einer Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig beschlossen.

10.07.301. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 683/A (E) der Abgeordneten Silvia Fuhrmann, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Sabine Mandak, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Initiative für bundeseinheitliche Bestimmungen auf dem Gebiet des Jugendschutzes (1492 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 688/A (E) der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Initiative für bundeseinheitliche Bestimmungen auf dem Gebiet des Jugend­schutzes (1493 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu Punkt 1 und 2 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. Freiwillige Redezeitbeschrän­kung: 5 Minuten. – Bitte.

 


10.08.18

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Jugend auf den oberen Rängen! Die Lebensbedingungen junger Menschen haben sich grundlegend geändert. Es ist heute eine Selbstverständlichkeit, dass zu Ausbildungs- und Freizeit­zwecken Landesgrenzen überschritten werden. Dass sich Jugendliche dabei jedes Mal über das jeweils anzuwendende Recht informieren müssen, ist einfach lebensfremd.

Außerdem ist es aus Gerechtigkeits- und Gleichheitserwägungen nicht einsichtig, war­um etwa Jugendliche in Westösterreich abends weniger lang ausgehen dürfen als Gleichaltrige im Osten. Es wird ja niemand ernsthaft behaupten wollen, dass Jugend­liche in Westösterreich unreifer sind oder dass es sich dort gefährlicher lebt als im


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Osten. Deshalb brauchen wir endlich österreichweit einheitliche Bestimmungen auf dem Gebiet des Jugendschutzes.

Das am besten geeignete und logischste Instrument, wenn man etwas bundesweit ein­heitlich gelöst haben will, ist ein Bundesgesetz. Eine Harmonisierung der Landesge­setze im Wege von 15a-Vereinbarungen ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber nur ein sehr kleiner und halbherziger.

Wenn man sich schon mit Ländervereinbarungen zufrieden gibt, dann sollte man die bereits laufenden Arbeitsgruppen der Länder nicht durchkreuzen, indem sich die Minis­terin einmischt und gewissermaßen auf einen fahrenden Zug aufspringt. Bei einer rei­nen Ländervereinbarung soll man die Länder arbeiten lassen. Dazu bedarf es nicht der Intervention der Ministerin, wie es Ihr Antrag vorsieht, den wir aus diesem Grund auch ablehnen.

Wenn sich die Ministerin in dieser Frage nützlich machen will, soll sie gleich in Rich­tung eines Bundesjugendschutzgesetzes verhandeln, wie das eben Inhalt unseres An­trages ist und wie wir das auch im Österreich-Konvent und auch schon lange davor immer wieder vertreten haben.

Ländervereinbarungen sind im Sinne unserer Jugend maximal die zweitbeste Lösung. Das sage ich allen Ländervertretern, auch jenen meiner eigenen Partei, weil sie sicher­lich vorhaben werden, heute auf diesem Klavier zu spielen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Oh!) Aber ich verstehe natürlich die Länder, wenn sie sagen, bei dieser Bundesregie­rung machen wir es lieber gleich selbst, Kollege Scheuch. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber warum – und das möchte ich auch erläutern – sind Ländervereinbarungen in die­ser Frage nicht die Optimallösung? – Man kann sich vorstellen, was das für ein lang­wieriger und komplizierter Prozess ist, wenn sich neun Länder mit neun unterschiedlich zusammengesetzten Landtagen auf eine Formulierung einigen müssen! Es ist zu be­fürchten, dass sich die Länder dann in Einzelfragen bald wieder auseinander entwi­ckeln, wie man das ja auch bei den bereits harmonisierten Ländern Wien, Niederöster­reich und Burgenland beobachten kann.

Es ist auch zu befürchten, wenn die Vereinbarungen eingehalten werden, dass auf Grund der Schwerfälligkeit des Artikel-15a-Prozesses eine Weiterentwicklung des Ju­gendschutzes fast unmöglich wird. (Abg. Schöls: Angst ist ein schlechter Partner!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei diesen Jugendschutzverhandlungen keh­ren die Erfahrungen bei den Verhandlungen zum bundeseinheitlichen Tierschutz wie ein Déjà-vu-Erlebnis wieder: Erst erfolgt eine reflexartige Abwehrreaktion der Länder auf den drohenden Kompetenzverlust, dann wird jahrelang über einheitliche Bestim­mungen gefeilscht. Jedes Land erachtet natürlich das eigene Gesetz als das beste und möchte keinesfalls unter diesen Level gehen. – In diesem Stadium befinden wir uns derzeit.

Beim Tierschutz ist es dann letztendlich doch gelungen, zu einer bundesgesetzlichen Lösung zu kommen. Na, und das müsste beim Jugendschutz wohl auch möglich sein! (Beifall bei der SPÖ.)

10.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fuhrmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


10.12.20

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Ich bin sehr froh, dass es nun endlich gelungen ist, das Thema Vereinheit­lichung der Jugendschutzbestimmungen ins Hohe Haus zu bringen. Es ist ein Thema,


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das von vielen Jugendorganisationen zu Recht immer wieder auf die Tagesordnung gebracht wurde.

Ich finde es eigentlich schade, dass Frau Kollegin Grossmann damals nicht dabei war, als die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und von FPÖ/BZÖ die Richtung vor­geschlagen haben und gesagt haben: Ja, wir wollen uns dafür einsetzen, und zwar indem wir die Frau Bundesministerin auffordern, mit den Ländern in Kontakt zu treten, die politischen Parteien einzubinden und möglichst rasch zu einer Lösung zu kommen. Da haben Sie nicht mitgemacht, da waren Sie nicht dabei. Schade darum! Ich denke, das hätten sich die jungen Menschen verdient.

Sie haben gesagt, Sie machen etwas Eigenes. Sie wollen allein voranschreiten. Ihnen geht es ausschließlich um das Bundesgesetz und nicht darum, möglichst rasch eine Lösung herbeizuführen. Das finde ich persönlich auch im Interesse der Jugendlichen sehr schade.

Es gibt tatsächlich zahlreiche Beispiele, die man nennen kann, die eindeutig belegen, wie unsinnig es ist, neun komplett unterschiedliche Jugendschutzbestimmungen zu haben. Ein Beispiel: Wenn eine Gruppe Jugendlicher im Alter von 16 Jahren meint, Snowboarden gehen zu wollen, wäre es in Niederösterreich möglich, das ohne Begleit­person zu tun. Wenn diese Gruppe dann den Berg auf der anderen Seite verlassen möchte, braucht sie in der Steiermark plötzlich eine Begleitperson. Die jungen Men­schen müssten das als 16-Jährige auch wissen, weil sie sonst nicht ordnungsgemäß handelten.

Es ist auch nicht einzusehen, warum die Ausgehzeiten in Österreich so unterschiedlich sind. Ein burgenländischer Jugendlicher darf bis 1 Uhr ausgehen, in der Steiermark nur bis 23 Uhr, in Kärnten wiederum bis 24 Uhr.

Ich denke, da wäre es sehr sinnvoll, wenn einheitliche Bestimmungen gelten und Rah­menbedingungen gesetzt würden, die dies für Österreich gleich regeln.

Frau Grossmann, Sie haben Ihren wunden Punkt schon angesprochen. Sie bringen zwar hier ein Bundesgesetz ein, sagen bezüglich eines Antrags, der von uns gekom­men ist, Sie machen nicht mit, wobei wir den Weg zum Ziel offen halten, und haben nicht einmal die eigenen Länder unter Kontrolle, geschweige denn, dass eine Ab­sprache stattgefunden hätte.

Der Runde Tisch, der am 15. März 2006 bei der Frau Bundesministerin stattfand, wo die parlamentarischen Jugendsprecher eingeladen worden sind, die Vertreter der Bun­desländer und auch die Bundesjugendvertretung, war meiner Meinung nach sehr kon­struktiv, weil man sich erstens einstimmig darauf geeinigt hat, man möchte die Harmo­nisierung des Jugendschutzgesetzes, und zweitens, man arbeitet daran und überlegt, was die sinnvollsten Maßnahmen sind.

Dazu gibt es ja schon einen Vorschlag der österreichischen Kinder- und Jugendan­wälte, und ich lade Sie ein, Frau Grossmann: Diskutieren wir lieber inhaltlich darum, wie die Jugendschutzbestimmungen aussehen sollen! Da geht es um Weggehzeiten, um Alkoholkonsum, aber auch darum, welche Sanktionen man in Angriff nehmen muss, wenn Erziehungsberechtigte oder auch Gastronomen sich dem widersetzen. – Ich denke, das muss das Ziel sein. Reden Sie inhaltlich mit uns gemeinsam darüber!

Das Bundesgesetz – wie gesagt – müssen Sie zuerst einmal in Ihrer eigenen Partei durchbringen. Das ist halt typisch für die SPÖ: Der eine sagt das, der andere das. Sie sind sich – das hat man ja auch in der gestrigen Debatte gesehen – bei keinem Punkt, auch wenn es ums Jugendschutzgesetz geht, einig. Wir sind das schon. Ich lade Sie


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ein: Machen Sie im Interesse der jungen Menschen mit, damit man rasch zu einer Lö­sung kommt! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

10.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

 


10.16.40

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Kollegin Fuhrmann, der wunde Punkt bei diesen beiden Anträgen, die wir heute vorliegen haben, ist nicht die SPÖ, sondern der wunde Punkt ist, dass im Bereich der Jugendschutzgesetze die Machtansprüche der Länder höher gestellt werden als das Interesse der Jugendlichen. (Abg. Steibl: Das stimmt!) Das ist leider der Punkt, an dem wir stehen, und das ist schade. (Beifall bei den Grü­nen sowie der Abgeordneten Dipl.-Ing. Scheuch und Steibl.) Das betrifft – und das sage ich Ihnen in aller Klarheit – die ÖVP-Landeshauptleute genauso (Abg. Steibl: Wie die der SPÖ!) wie die der Sozialdemokratischen Partei. Das ist in dem Fall ganz gleich. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aber welche Landeshauptleute wa­ren dafür, Frau Kollegin?)

Keines der Länder, das beim Gipfel dabei war, hat gesagt: Ja, natürlich, wir wollen ein einheitliches Bundesjugendschutzgesetz – auch nicht das Land Steiermark, Herr Kol­lege Scheuch. (Abg. Steibl: Klar! SPÖ! Voves!)

Wenn man die beiden Anträge sieht, fragt man sich vielleicht: Warum gibt es überhaupt zwei? – Ich sage ganz klar, es ist eine kuriose Situation, weil wir von den Grünen beide Anträge mit unterzeichnet haben, auf beiden Anträgen als Antragstellende aufschei­nen.

Die für uns bessere Lösung ist ein bundeseinheitliches Jugendschutzgesetz, weil das eine klare Regelung ist – Nägel mit Köpfen, wie man so schön sagt.

Die zweite Regelung, eine Einigung mit den Ländern, ist die zweitbeste Möglichkeit. Wir unterstützen sie trotzdem, weil wir sagen: Im Sinne der Jugendlichen ist es uns lieber, es kommt mit den Ländern zu einer Einigung, als die Situation bleibt so, wie sie bisher ist.

Wie gesagt, es ist sehr schade, dass die Landeshauptleute und die Länder hier so starr sind und einfach keinen ihrer Machtbereiche abgeben wollen. So viele Gesetze werden ja in den Landtagen nicht beschlossen, und jetzt wollen sie das Jugendschutzgesetz nicht auch noch abgeben. Aus meiner Sicht ist das sehr vordergründig, wenn man sagt, es geht darum, die individuellen Lösungen in den Ländern zu erhalten.

Genau das wollen wir nämlich verhindern – das sage ich Ihnen ganz klar. Uns geht es hauptsächlich um drei Dinge: Uns geht es um eine österreichweite Regelung, damit Jugendliche wissen, egal ob sie in Wien oder Vorarlberg sind, dass für sie die gleichen gesetzlichen Bestimmungen gelten. Wir wollen ein Jugendschutzgesetz, das den Rea­litäten der Lebenswirklichkeit der Jugendlichen entspricht. Und wir wollen, dass es Ge­setze sind, die auch in ihrer Umsetzung entsprechend gehandhabt werden.

Ich bringe Ihnen Beispiele für Gesetze, die die Lebenswelt der Jugendlichen berück­sichtigen: Sie können, wenn Sie in Wien, Niederösterreich oder dem Burgenland lebten und 16 Jahre alt wären, wegbleiben, so lange Sie wollen, immer vorausgesetzt, das Einverständnis der Eltern ist gegeben. Das ist bei diesen ganzen Gesetzen ohnehin immer vorausgesetzt.

Wenn Sie aber in Kärnten lebten – Herr Kollege Scheuch, das sollten Sie sich anhören (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Deswegen sitze ich in der ersten Reihe!) – und noch zwi-


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schen 14 und 18 Jahre alt wären (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ist noch gar nicht so lange her!), dann dürften Sie während der Woche nur bis 24 Uhr weggehen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ich weiß das aus eigener Erfahrung!) Das ist, bitte, so jenseits der Rea­lität, dass das unglaublich ist! Schlimmer kann es überhaupt nicht mehr sein! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ich war ja einmal jung!)

Gesetze müssen klar verständlich sein. – Was Alkoholkonsum betrifft, haben wir zum Teil Regelungen, die – ich möchte jetzt nicht nur Kärnten als solches attackieren, aber das sind zwei Punkte, die beide Kärnten treffen – Regelungen vorsehen, bei denen man sich auf den Kopf greift. Ich zitiere das jetzt einmal:

„Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr dürfen alkoholische Getränke mit einem höheren Alkoholgehalt als 12 Volumsprozent sowie Mischgetränke, die gebrann­te alkoholische Getränke ... enthalten, nicht trinken ...“.

Und dann heißt es weiter: Alkoholische Getränke dürfen nur bis zu einer Menge kon­sumiert werden, „dass der Alkoholgehalt des Blutes weniger als ... (0,5 Promille) ... beträgt.“

Wenn irgendjemand von Ihnen hier herinnen der Meinung ist, dass solche Gesetze für Jugendliche sinnvoll sind, dann soll er bitte aufstehen und sich zu Wort melden, denn das würde mich sehr interessieren. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Bayr.)

Ich sehe sehr klar, dass es Schwierigkeiten beim Alkoholkonsum von Jugendlichen gibt, nicht zuletzt allerdings auch deswegen, weil die Erwachsenen ein denkbar schlechtes Beispiel sind. Eines der Probleme ist aber, dass die Abgabe von Alkohol an Jugendliche de facto kaum oder nicht kontrolliert wird, insbesondere im Gastronomie­bereich.

Es gibt immer wieder diese Happy Hours mit 1 € pro Mixgetränk, Cocktail, wo 13-, 14-Jährige Schlange stehen. Schauen Sie, welche Jugendliche dort stehen, an die dann Alkohol ausgegeben wird!

Deswegen sagen wir: klare Gesetze – Wien, Niederösterreich und das Burgenland haben das sehr gut geregelt –, die dann aber auch kontrolliert und eingehalten werden müssen.

Ein letzter Aspekt, den ich gerne ansprechen möchte, ist die Tatsache, dass diese Ju­gendschutzgesetze völlig dem widersprechen, was Sie in anderen Bereichen machen. Auf der einen Seite forciert man es, dass Jugendliche mobil sind, dass sie unterwegs sind, EU-übergreifend reisen, Stipendien bekommen und so weiter, auf der anderen Seite aber muss man sich vorstellen, was Jugendliche theoretisch tun müssten, wenn sie in Österreich verreisen – das ist nämlich wirklich kurios.

Sagen wir, drei Jugendliche im Alter von 15 Jahren wohnen in Wien und möchten ger­ne an einem verlängerten Wochenende campen. Das Wetter ist schön, sie wollen an einem See campen und baden. Wenn sie zum Beispiel an den Neusiedler See fahren, dann ist das in Ordnung. Da können ihnen die Eltern das erlauben, und die fahren und können dort campen. Wenn die gleichen Jugendlichen an den Mondsee fahren wollen, dann müssen sie noch ein Jahr warten, bis sie fahren, denn das dürfen sie erst, wenn sie 16 Jahre alt sind. Und wenn die gleichen Jugendlichen noch ein bisschen weiter weg und zum Beispiel an den Lansersee in Tirol fahren wollen, dann geht das nicht – darauf müssen sie noch drei Jahre warten, denn man muss nämlich 18 Jahre alt sein, um dort allein zu campen.

Wenn Sie sagen: Solche Bestimmungen sind gut, das soll so bleiben, unsere Länder haben die Verantwortung, die machen das gut!, dann – entschuldigen Sie – disqualifi-


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zieren Sie sich selbst. Das kann keine Gesetzgebung für Jugendliche in Österreich sein. (Beifall bei den Grünen.)

Wir werden beiden Anträgen zustimmen. Wie gesagt, unsere Bevorzugung hat eindeu­tig ein bundeseinheitliches Gesetz. Wenn es gelingt, eine gute Lösung mit den Ländern zu vereinbaren, dann soll uns das auch recht sein – im Sinne der Jugendlichen. Und ich hoffe, dass es so sein wird.

Der Runde Tisch, der vorhin schon angesprochen wurde, der bei Frau Ministerin Haub­ner stattgefunden hat, hat mir so drastisch vor Augen geführt, wie wichtig diese Macht­frage und wie hart dieser Machtkampf eigentlich ist. Ich hoffe sehr, dass die Länder über ihren Schatten springen und mitziehen in Richtung einer guten Lösung.

Ich möchte Sie als Kollegen und Kolleginnen bitten, in Ihren Bundesländern wirklich auch Ihren Einfluss geltend zu machen, mit Ihren Kollegen und Kolleginnen zu spre­chen und zu sagen: Bitte, finden wir im Sinne der Jugendlichen in Österreich eine ein­heitliche Lösung! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


10.25.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Frau Kollegin Mandak, du weißt ganz genau, dass ich deine Arbeit gerade im Jugendbereich schätze, weil du wirklich ein faires und offenes Verhältnis mit allen Vertretern aller Par­teien suchst. Eines habe ich heute jedoch vermisst, als du kritisiertest, dass Bundes­länder ihre Machtkompetenz erhalten möchten und den Föderalismus nicht aufgeben wollen – du hast nach links und nach rechts negative Stellungnahmen abgegeben –: Ich habe vermisst, dass du das eine Bundesland erwähnst, das für ein bundeseinheit­liches Jugendschutzgesetz auftritt. (Abg. Mag. Posch: Welches kann das wohl sein?)

Herr Kollege Öllinger! Es gibt ein Bundesland, das massiv für dieses bundeseinheit­liche Jugendschutzgesetz und nicht für die Harmonisierung und nicht für die Artikel-15a-Vereinbarung eintritt – das ist Kärnten, das sind der Kärntner Landeshauptmann und die rote Soziallandesrätin Gaby Schaunig. Das heißt, es gibt ein klares Bekenntnis des Bundeslandes Kärnten. Und deswegen fasziniert es mich besonders, dass du hier darüber philosophierst, was momentan in Kärntner Landesgesetzen steht. Aber ich hoffe (Zwischenruf der Abg. Mandak) – jetzt kommst du zum Lachen, pass auf! –, du hast dir auch die oberösterreichischen Landesgesetze angesehen; dort sind die Grü­nen mit in der Regierung. Dort formuliert man auch ganz faszinierend, ich habe mir das gerade herausgesucht, während ich dir zugehört habe.

In Oberösterreich heißt es: „... bis zum vollendeten 16. Lebensjahr ist der Erwerb und der Konsum ... von alkoholischen Getränken verboten.“

Und jetzt wird es interessant – die Kärntner haben sich wenigstens bemüht, irgendwel­che Grenzen einzuführen, mit Volumsprozent und dergleichen mehr, die Oberöster­reicher aber schreiben das ganz anders –: „Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Le­bensjahr ist der übermäßige Alkoholkonsum ... verboten.“ – Was ist „übermäßig“, Frau Kollegin Mandak? Ist das ein bisschen rauschig? Ist das ein Bier, sind das drei Bier, sind das fünf Bier, sind das zwei Gin Tonic? Was ist „übermäßig“?

Der Versuch, in einem Gesetz mit Volumsprozenten und mit Promille eine Regelung zu finden, scheint besser zu sein, als „übermäßig“ zu schreiben. Also bitte schnell einen Brief der Grünen an den Kollegen Anschober, oder Kollege Pirklhuber, der gerade nicht im Saal ist, fährt das nächste Mal persönlich hin – er ist ja Oberösterreicher – und


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versucht, in Oberösterreich, dem einzigen Bundesland, in dem die Grünen in Verant­wortung stehen, dieses Problem zu lösen.

Zurück zum jetzigen Antrag – und das wissen alle hier herinnen ganz genau –: Wir, unsere Fraktion, BZÖ – die Freiheitlichen hier im Parlament, sind die einzige Fraktion, die diesbezüglich eine klare Position einnehmen. Wir wollen ein bundeseinheitliches Jugendschutzgesetz. Wir wollen keine Halblösungen. Wir sprechen uns gegen eine Harmonisierung und auch gegen Artikel-15a-Vereinbarungen aus.

Das, was vorhin gesagt wurde, stimmt: Die Länder mit ihrem Föderalismus bremsen. Das gilt für Rot genauso wie für Schwarz.

Frau Kollegin Grossmann! Es ist schon rührig, wenn Sie hier sagen, dass Sie auch Ihre Länder auffordern – aber das nützt hier überhaupt nichts. Sie müssen einmal mit an Bord. Gabi Burgstaller, die kommende Frau der SPÖ, sollte endlich mit an Bord gehen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Grossmann.) – Ich komme ja schon dazu! – Franz Voves sollte endlich mit an Bord gehen. (Abg. Mag. Trunk: Gaby Schaunig ist an Bord!) Gaby Schaunig ist an Bord, Kärnten ist eben anders. Da sind wir uns wenigstens einmal einig, Frau Kollegin Trunk, dass wir hier Visionär in die richtige Richtung sind. (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Posch.)

Aber es ist nicht einzusehen, dass sich eine Bundespolitikerin hier herausstellt und sagt: Ja, ich bin dafür, aber ich weiß, meine eigenen Kolleginnen und Kollegen sind da­gegen! – Wie wollen Sie sich bei den anderen durchsetzen, Frau Grossmann, wenn Sie in den eigenen Reihen scheitern?

Das heißt, Sie müssen wirklich einmal dafür sorgen, dass die Länder Wien, Burgen­land, Steiermark, Salzburg – es sind ja mittlerweile vier Bundesländer – endlich aktiv werden – Sie kennen die negativen Stellungnahmen –, und dann dafür sorgen, dass es funktioniert. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.)

Auf der anderen Seite, auf Seiten der ÖVP, ist es natürlich auch so, dass hier dieses Bekenntnis zur Harmonisierung zwar besteht, aber auch das geht uns zuwenig weit. Wir brauchen ein bundeseinheitliches Jugendschutzgesetz. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.) Wir kennen diese Blockade der ÖVP im Zusammenhang mit dem Tierschutzgesetz. Auch da hat es sehr lange gedauert, es hat aber am Ende des Tages ein Ergebnis gegeben. (Abg. Steibl: Das ist in Ordnung! Das ist gut!) Das ist in Ordnung, am Ende des Tages hat es ein Ergebnis gegeben, das war sehr gut. Und das brauchen wir jetzt wieder. So, wie beim Tierschutzgesetz Herbert Haupt – auch einer von uns – am Ende des Tages ein Ergebnis erzielt hat, wird es jetzt Ursula Haubner sein, die am Ende des Tages ein bundeseinheitliches Jugendschutzgesetz über die Bühne bringen wird.

Für uns wird es ein ganz zentrales Thema sein, wenn wir Verantwortung übernehmen sollten, dass das mit im Papier steht. Das heißt, es gibt auch Übereinstimmung mit den Grünen.

Ein Wort möchte ich noch zu diesem Runden Tisch verlieren, der bei der Frau Bundes­minister stattgefunden hat und der von allen politischen Seiten schon gelobt wurde. Ich selbst durfte ja als Jugendsprecher mit dabei sein. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Als Be­rufsjugendlicher!) Es war eine gute Initiative, und ich bin sehr froh, dass er stattgefun­den hat, ich teile allerdings nicht die Meinung meiner Vorredner, dass hier die Wert­schätzung sehr groß war.

Jetzt muss ich wieder Frau Schaunig loben, denn außer Gaby Schaunig und der Lan­desrätin von Vorarlberg, glaube ich, hat kein Bundesland – weder SPÖ-geführte Bun­desländer noch ÖVP-geführte Bundesländer – den Wert dieser Veranstaltung so hoch eingeschätzt, um die politisch Verantwortlichen zu schicken, sondern man hat stellver-


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tretende Beamte geschickt! Niederösterreich hat überhaupt jemanden aus der vierten Reihe geschickt, der gemeint hat, er müsse Politik machen – den haben wir dann in die Schranken gewiesen.

Das heißt, führende Bundesländer haben es verabsäumt, ihre politische Verantwortung wahrzunehmen und die verantwortlichen Landesräte zu schicken. Und das ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht der Frau Bundesministerin. Wenn man sich hier bemüht, eine Lösung zu finden und Konsens herzustellen und wenn sich im Nationalrat Verantwor­tungsträger wie Silvia Fuhrmann und Frau Grossmann auch dafür einsetzen, dann zeigt dieses Verhalten der Bundesländer auch die Wertschätzung innerhalb der eige­nen Partei für die Jugendsprecher, wenn sozusagen die zweite und dritte Reihe ge­schickt werden, wenn nicht die politisch Verantwortlichen kommen, sondern wenn man Beamte schickt, denn Beamte müssen immer das tun, wofür sie da sind, nämlich ihren Beamtenjob ausführen. Sie können keine politische Meinungsfindung betreiben. (Abg. Mandak: O ja, das tun sie ja, und das ist das Problem!)

Deshalb hier vom Rednerpult aus noch einmal Dank an Kärnten, Dank an Gaby Schaunig, dass sie gekommen ist – die Stellungnahmen dazu sind ja nachzulesen. Das war ein Beweis dafür, dass es in meinem Bundesland entsprechende Wertschät­zung gibt – Vorarlberg sei, wie gesagt, als zweite Ausnahme erwähnt. Sonst hat man sich darauf beschränkt, Beamte loszuschicken. Und das ist der falsche Weg, den wir nicht unterstützen!

Wir haben jetzt noch eine Initiative gestartet: Wir werden gemeinsam mit dem Kollegen Fauland eine Petition einbringen. Wir werden weiterhin versuchen, dieses bundesein­heitliche Jugendschutzgesetz durchzubringen. (Zwischenruf der Abg. Mandak.) Wir werden wirklich versuchen, hier eine vernünftige Lösung zustande zu bringen – wenn es in dieser GP nicht geht, in der nächsten GP sollte und muss es gelingen. Umso wichtiger erscheint es deshalb, dass die richtigen Leute weiterhin in Verantwortung stehen.

Noch einmal: Artikel-15a-Vereinbarung zu wenig, Harmonisierung zu wenig – wir brau­chen, wie dies beim Tierschutzgesetz der Fall ist, ein bundeseinheitliches Jugend­schutzgesetz! Danke, Frau Ministerin, im Vorhinein für die Umsetzung. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

10.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Auch sie wünscht, 5 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


10.32.39

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident, Sie werden es entschuldigen, wenn ich die vorhin vom Kolle­gen Neudeck gemachte Äußerung nicht einfach unkommentiert hinnehmen werde.

Ich habe diese Äußerung als unfassbare Herabwürdigung, Beleidigung und Demüti­gung empfunden. Derartige Äußerungen, Herr Kollege Neudeck, verstoßen gegen mei­ne Würde – aber nicht nur gegen meine Würde, sondern gegen die Würde aller Frau­en, vor allem aber auch gegen die Würde dieses Hauses! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Leider, Herr Kollege Neudeck, ist diese Äußerung ... (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann – in Richtung SPÖ –: Entspricht das der Würde dieses Hauses? – Anhaltende Zwischen­rufe.) – Ich rede über das, was mich betrifft, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Mag. Posch: Da hätten Sie, Herr Präsident, eingreifen müssen! – Weitere Zwi­schenrufe.)


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Leider ist diese Äußerung auf Grund der Geschäftsordnung nicht klagbar, aber ich setze auf die Kolleginnen im BZÖ, die derartige Äußerungen sicher auf ähnliche Weise empfinden. Ich setze auf Sie, werte Kolleginnen, dass Sie sich gegen derartige Äuße­rungen, gegen ein derartiges Niveau in unserem gemeinsamen Interesse zur Wehr setzen (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Machen Sie das in Ihren eigenen Reihen auch, bei der Frau Kollegin Bures!) und dem Kollegen Neudeck erklären, was das bedeutet. (Bei­fall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.)

Nun zum eigentlichen Thema dieser Debatte, sehr geehrte Damen und Herren, zum bundeseinheitlichen Jugendschutz. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitli­chen – BZÖ. – Rufe bei den Freiheitlichen – BZÖ: Der Herr Posch ist am Wort!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Alles, was hier beim Thema bundeseinheitlicher Ju­gendschutz abläuft, erinnert mich sehr an das, was seinerzeit viele, viele Jahre lang rund um die Debatte bundeseinheitlicher Tierschutz abgelaufen ist. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie meinen, als der Herr Klima und der Herr Vranitzky regiert haben!) Die Sache ist inhaltlich natürlich in keiner Weise gleichzusetzen – der Schutz der Kin­der und der Jugendlichen in unserem Land ist natürlich noch wesentlich höher zu stel­len als der auch sehr wichtige Schutz der Tiere.

Die ÖVP hat zehn Jahre lang den bundeseinheitlichen Tierschutz abgelehnt und ver­hindert. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die SPÖ hat ihn nicht durchgesetzt!) Es sind damals Artikel-15a-Verträge abgeschlossen worden, diese haben aber keine einheitlichen Regelungen gebracht. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Warum haben Sie das nicht durchge­setzt?!) Sie haben es mit sich gebracht, dass innerhalb einer bestimmten Bandbreite – da war auch das niedrigste Niveau mit eingeschlossen – weiterhin verschiedene Rege­lungen in den Bundesländern bestanden haben. (Rufe und Gegenrufe der Abgeordne­ten Dipl.-Ing. Scheuch und Mag. Posch.) – Vielleicht wäre es Ihnen möglich, mich jetzt wenigstens nicht auch noch in meiner Rede zu stören, indem Sie das weiterführen, Herr Kollege Scheuch, ja? Ein gewisses Mindestmaß an Respekt, finde ich, kann man sich schon erwarten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Kollege Posch war das, den ich gefragt habe!)

Beim Tierschutz ist es dann so ausgegangen, dass der Druck der Öffentlichkeit letztlich doch dazu geführt hat, dass sich die Vernunft durchgesetzt hat, sodass wir hier im Hause einen bundeseinheitlichen Tierschutz beschließen konnten. Und ich prophezeie Ihnen: Es ist eine Frage der Zeit und der öffentlichen Aufmerksamkeit, bis wir das auch in der Frage des Jugendschutzes schaffen werden, denn bei Jugendlichen ist es ja noch viel absurder, dass sie sich an völlig andere Regeln halten müssen, nämlich abhängig davon, ob sie in dem einen oder in dem anderen Bundesland in die Disco gehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bedauere, dass wir das nicht heute schon schaf­fen können. Es gibt natürlich, wenn es um Kompetenzverteilungen geht, Interessen­gegensätze, die zwischen Landesvertretern und Bundesvertretern zu Tage treten, die auch quer durch Parteien gehen – es ist die Frage, wie man damit umgeht, ob man weiter vernünftige Interessen verfolgt oder nicht. Daher bleibt die SPÖ weiterhin bei der Forderung, dass diese wichtige Angelegenheit bundeseinheitlich zu regeln ist. (Beifall bei der SPÖ.)

10.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prinz. Seine Wunschredezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte.

 


10.37.26

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Bures, erlauben Sie mir bitte


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zu Beginn meiner Rede eine Bemerkung zu Ihren Ausführungen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.) – Kollegin Kuntzl. Entschuldigung! Das war nämlich genauso ein Versprecher, wie er dem Kollegen Neudeck passiert ist. (Abg. Mag. Kuntzl: Das macht es nicht besser! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Herr Posch, hören Sie jetzt zu! (Abg. Mag. Stoisits: Schweigen Sie, Herr Kollege!)

In Wirklichkeit sollten Sie, Frau Kollegin Kuntzl, auch mit Kollegin Bures reden, denn die Bemerkungen der Kollegin Bures waren genauso entbehrlich wie die Bemerkungen des Kollegen Neudeck – beides ist verzichtbar und entspricht nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.)

Damit zum eigentlichen Thema dieser Debatte: Natürlich liegt der Schutz der Jugendli­chen im Verantwortungsbereich von Eltern und Politik – daran hegt hoffentlich niemand von uns einen Zweifel. Viele von uns hier im Hohen Haus – so auch ich – repräsen­tieren eigentlich beide Seiten: auf der einen Seite die Verantwortung als Abgeordnete, auf der anderen Seite jene als Elternteil. Ich möchte diese Gelegenheit nützen und in meinem Debattenbeitrag vor allem die Rolle der Eltern betonen.

Welche gesetzlichen Regelungen zum Jugendschutz wir auch immer vorsehen, es sind die Eltern, die zu entscheiden haben, was sie ihren jugendlichen Kindern zumuten wollen oder nicht. Die Politik kann lediglich Rahmenbedingungen schaffen, an die sich Eltern, Jugendliche und auch Gewerbetreibende zu halten haben und deren Einhaltung von der Exekutive zu beobachten ist.

In Oberösterreich ist im Jugendschutzgesetz eine Ausgehzeit für Jugendliche von unter 14 Jahren bis 22 Uhr, für 14- bis 15-Jährige bis 24 Uhr normiert, und ab 16 Jahren können sie dann sozusagen ohne zeitliche Begrenzung und ohne Aufsichtsperson wegbleiben. – Als Politiker, aber vor allem als Elternteil muss ich sagen: Dieses Gesetz ist durchaus ein sinnvolles Rahmengesetz. Letztlich entscheiden die Eltern bezie­hungsweise die Erziehungsberechtigten, was sie ihren Kindern erlauben und was nicht. Ich habe selbst zwei Kinder, und zwar im Alter von 14 und 17 Jahren, und kenne diese Problematik.

Ich halte es aber für nicht notwendig, dass sich 12-, 13- oder 14-Jährige zu später Stunde und vielleicht auch noch alkoholisiert herumtreiben, und ich finde es höchst be­denklich – ich finde das höchst bedenklich, aber das ist bereits passiert! –, wenn Poli­zisten von Eltern beschimpft werden, wenn sie um 3 Uhr in der Früh das alkoholisierte 13-jährige Kind heimbringen.

Liebe, Verständnis und das so genannte Loslassen der Eltern verstehe ich nicht so, dass wir den Kindern uneingeschränkt sozusagen freien Lauf lassen müssen. Die Ent­faltung der Jugendlichen zu einer selbstbewussten Persönlichkeit findet meiner Mei­nung nach nicht in der Nacht und auch nicht in einer Diskothek statt.

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Studie aus Oberösterreich, wonach 62 Prozent der Jugendlichen selbst eine schärfere Exekution des Jugendschutzgeset­zes befürworten; es sind immerhin 1 800 Personen im heurigen Jahr befragt worden. Der klare Auftrag der Jugendlichen an die Exekutive ist ein selbstbewusstes und sehr erfreuliches Zeichen, dass die heutige Jugend die gesetzlichen Rahmenbestimmungen zum Jugendschutz sehr wohl respektiert.

Unsere Aufgabe als Politiker ist es, Rechte und Pflichten Jugendlicher als Rahmenge­setze zu formulieren. Der eigentliche Schutz der Jugendlichen liegt aber zweifellos im Dialog der Eltern mit ihren langsam erwachsen werdenden Kindern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

10.40



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordnetem Öllinger. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


10.40.55

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Prinz, eine Anmerkung zu Ihrem Redebeitrag: Egal, welche Kollegin im Haus hier vom Kollegen Neudeck gemeint war, egal, welche, ich denke, dass es gut und an­gebracht wäre, wenn sich Kollege Neudeck dafür entschuldigen würde. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Auch wenn Sie schreien, verstehe ich Sie nicht besser! (Abg. Marek: Das ist doch unglaublich! – Abg. Gahr: Beide sollten sich entschuldigen!) Da müssen wir aber dann wieder weiter zurückgehen zum Kollegen Grasser, der damit begonnen hat. (Weitere Zwischenrufe.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich würde vorschlagen, dass wir jetzt wieder zur Sache sprechen, Herr Abgeordneter!

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Ja, Herr Präsident, ich komme zur Sache.

Der Jugendschutz ist eine Materie, wo man erkennen kann: Nicht immer geht das Elend von der Bundesregierung aus, sondern es kommt manchmal auch von den Län­dern.

Ich halte es wirklich für ein Elend, wenn sich neun Bundesländer nicht darauf einigen und verständigen können, im Falle eines Angebotes ... – und egal, wie es gemeint war, Frau Bundesministerin, ich kann es durchaus akzeptieren und honorieren, Sie haben das Angebot gemacht. Es war meinem Dafürhalten nach klar, dass dieser Initiative, so wie ich die Länder in dieser Frage erlebe, nicht sehr viel Erfolg beschieden sein wird, aber es war gut, es zu versuchen. Und da stehe ich auch dahinter, auch wenn ich sonst mit Ihrer Arbeit im Ressort nicht sehr viel Freude habe.

Es wäre gut gewesen, wenn da etwas weitergegangen wäre. Ich halte es für einen elenden Zustand, dass wir trotz Debatten über die Förderung der Jugend seit Jahren auf diesem Gebiet nichts weitergebracht haben. Die Fakten liegen auf dem Tisch, sie sind auch in den Details schon erläutert worden. Und ich nehme die Anregung des Kol­legen Scheuch – der jetzt gerade nicht hier ist – durchaus positiv zur Kenntnis. (Abg. Wattaul: Er hört Sie eh!) Ja, auch was allfälligen Gebrauch von Alkohol und Nikotin in einzelnen Bundesländern, meinetwegen in Oberösterreich, betrifft, gibt es gute Grün­de, zu sagen: Auch Länder wie Oberösterreich, aber auch andere Länder, würden gut daran tun, sich hier auf eine gemeinsame und einheitliche Regelung zu verständigen.

Aber, Herr Kollege Scheuch, auch wenn Sie nicht herinnen sind, eines sei schon ange­merkt: Was Sie hier über Alkohol und Nikotin bemerkt haben, das ist die eine Sache. Noch viel dramatischer finde ich die Unterschiede zwischen den Bundesländern bei den Ausgangsregelungen.

Mir kann doch niemand erklären, warum in dem einen Bundesland – in diesem Fall ist es Kärnten – Jugendliche bis zum 14. Lebensjahr nur in Begleitung einer Aufsichtsper­son bis 1 Uhr unterwegs sein dürfen. Entschuldigung, da ist eine Aufsichtsperson da­bei, ja. Warum gibt es die Beschränkung mit 1 Uhr? Das ist absolut nicht einzusehen. (Abg. Wattaul: Weil Jugendliche den Schlaf brauchen!)

Alle anderen Bundesländer – soweit ich es erkennen konnte – gehen zu Recht davon aus, wenn eine Aufsichtsperson – das sind in der Regel Elternteile oder beide Eltern­teile – dabei ist, dann wird die wohl schon wissen, wann sie gemeinsam mit dem Ju­gendlichen oder dem Kind heimgehen soll und will. Und da braucht es nicht eine Landesbehörde, die sagt: Aber auch dann, wenn ihr mit den Eltern unterwegs seid, um 1 Uhr seid ihr auf alle Fälle zu Hause! – Das ist absurd, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)


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Da gefallen mir Bestimmungen in anderen Bundesländern, die das sehr klar regeln, wesentlich besser: bis zum vollendeten 14. Lebensjahr – Wien, Niederösterreich, Bur­genland beispielsweise – 17 bis 22 Uhr, zwischen 14. und 16. Lebensjahr 17 Uhr bis 1 Uhr, ab 16. Lebensjahr unbegrenzt. Das ist klar, damit kann man umgehen.

Andere Länder differenzieren auch noch nach Aufenthaltszwecken, machen da unter­schiedliche Regelungen. Je nachdem was ich besuche, darf ich einmal länger bleiben oder muss früher nach Hause gehen. Es ist, mit Verlaub, absurd, wie sich da der Ge­setzgeber, in diesem Fall der Landesgesetzgeber, anmaßt, in die Lebensführung von Jugendlichen, aber auch von Eltern einzugreifen. Das ist nicht einzusehen. Das ist anti­quiert, das ist unhaltbar. Sie (in Richtung ÖVP) nicken; aber es sind auch Ihre Länder, es sind auch SPÖ-Länder. Ich weiß es. Aber, bitte, da wäre schon mehr angebracht.

Da nehme ich auch noch einmal den Kollegen Scheuch ernst, der gemeint hat, man sollte darüber nachdenken, warum zu derartigen Meetings die Länder nur Beamte schi­cken. Und da bin ich nicht beim Kollegen Scheuch, wenn er meint, die hätten das zu tun, was die Politiker sagen. – Ja, schön wäre es. Da müssten aber die Politiker wis­sen, was sie wollen. Aber die wollen das nicht wissen, sondern sie wollen es so belas­sen, wie es ist. Es soll sich nichts ändern. Dafür sind die Beamten dann gut genug, um dort tätig zu werden.

Machen wir uns doch nichts vor: Es gibt natürlich auch Beamte in diesen Funktionen, die sehr wohl mit einem gewissen Sinn und einem Gefühl, aber auch einer Verantwor­tung gegenüber Jugendlichen agieren. Aber den meisten Beamten ist es recht, wenn es möglichst kompliziert bleibt, wie es ist. Das gibt ihnen nämlich selbst auch die ent­sprechende Macht und Legitimation, weiter so zu handeln wie bisher. Die haben nicht sehr viel Interesse. Da wäre man schon von der Politik gefragt, sich dazu zu bekennen und entsprechend tätig zu werden. Das ist aber in diesem Fall nicht passiert.

Die Politik schiebt die Verantwortung von sich und überlässt die Jugendlichen den Ju­gendschutzgesetzen, so wie sie sind, so schlecht, wie sie sind – und sie sind absolut schlecht.

Es ist auch nicht darüber nachgedacht worden, dass man im Rahmen von Jugend­schutzgesetzen natürlich überlegen könnte, in Bereichen, wo es sinnvoll wäre, noch etwas zu verbessern: im Umgang mit neuen Medien, mit neuen Technologien bei­spielsweise. Da liegen große Chancen für Jugendliche – die können wesentlich besser als Erwachsene damit umgehen –, aber natürlich auch große Risken.

Es ist auch zum Beispiel nicht einzusehen, dass Jugendliche – und das geschieht in Schulen, im Alter von 14, 15 Jahren; ich habe gerade einen Bericht bekommen, ich nehme an, die Frau Bundesministerin auch – im Rahmen einer Schulveranstaltung – das läuft dann parallel zum Schulsponsoring – aufgefordert und animiert werden, Kon­ten einzurichten, ohne dass die Eltern etwas davon wissen. Auf der einen Seite maßt sich also der Gesetzgeber an, Jugendliche bis 16, bis 18 bis ins Detail zu kontrollieren, was sie tun. Auf der anderen Seite sagt er: Mit 14 könnt ihr Konten einrichten, ohne dass die Eltern etwas davon wissen! Passt das zusammen? – Na wirklich nicht!

Ich würde mir auch wünschen – und das ist jetzt die letzte Aufforderung an das BZÖ beziehungsweise die FPÖ, die sich ja für einen bundeseinheitlichen Jugendschutz aus­gesprochen hat –, dass sie damit auch ernst macht.

Es gibt heute zwei Anträge. Wir stimmen beiden zu, wir sind über jede Verbesserung froh. Und ich würde mir wünschen, dass das BZÖ, das gesagt hat: Wir stehen hinter einer bundeseinheitlichen Regelung!, auch dem Antrag der SPÖ zustimmt, denn alles andere ist nicht erklärbar. – Wenn Sie sitzen bleiben, dann wissen wir, wie ernst Sie es meinen, wie groß die Klappe ist und wie gering die Bereitschaft, hier tatsächlich etwas


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zu ändern. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wattaul: Hast du schon einmal etwas von einem Koalitionsvertrag gehört?)

10.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleit­ner. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


10.49.22

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte eingangs noch etwas zur vorhergehenden Debatte klarstellen, nämlich: dass wir vom BZÖ jegliche sexistische Äußerungen absolut verurteilen, aber das muss so­wohl für Frauen als auch für Männer gelten! Wir müssen da mit gleichem Maß messen! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Deshalb fordere ich auch Frau Kollegin Bures auf, ihre Aussagen, die sie in der Frage­stunde getroffen hat, entsprechend zu überdenken. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Kuntzl hat eine sehr gute Aussage ge­troffen, und da stimme ich voll mit ihr überein, und zwar hat sie gemeint, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen höher stehen muss als der Tierschutz, und des­wegen kann es nur das Ziel von uns allen sein, so schnell wie möglich einen einheit­lichen Jugendschutz zu erreichen.

Es ist ja heute auch schon öfters angesprochen worden: Wir vom BZÖ stehen ganz klar hinter einem Bundes-Jugendschutzgesetz mit einheitlichen Regelungen. Aber es muss auch klar sein, dass in den Ländern zuerst einmal Einigungen getroffen werden müssen. Und da ist insbesondere auch die SPÖ gefordert, in ihren eigenen Reihen einmal für eine Vereinheitlichung zu sorgen, dass man überhaupt weiterdenken kann, und zwar so weit, dass auch sachlich darüber gesprochen wird. Und da ist sicher das Land Kärnten ganz besonders hervorzuheben, wo man sich geeinigt hat, dass sowohl vom Landeshauptmann als auch von der Referentin, die für den Jugendschutz zustän­dig ist, eine klare, gemeinsame Sprache gesprochen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich verweise auf „NEWS“-Schlagzeilen von vorletzter Woche, wo es heißt: „Kinder im 1 Euro-Rausch“ und Vollrausch von Kindern. Darin fand sich ein Artikel, der sehr alarmierend war, wo aufgezeigt wurde, wie offensiv Kin­der ständig animiert werden, Alkohol zu konsumieren. Eine Studie ist auch sehr alar­mierend. Sie zeigt auf, dass zum Beispiel 42 Prozent der bis 10-Jährigen schon stän­dig Kontakt mit Alkohol haben. Ich denke, das ist eine sehr, sehr alarmierende Aus­sage.

Da gibt es mehrere Maßnahmen. Natürlich sind die Eltern verstärkt in die Pflicht zu nehmen, aber wir denken, eine Grundlage muss die Vereinheitlichung der Jugend­schutzgesetzesbestimmungen sein. Die sehr unterschiedlichen Auslegungen und Dar­stellungen in den Ländergesetzen sind heute schon öfters angesprochen worden, ge­rade was den Konsum von Alkohol betrifft, gerade was – Kollege Öllinger hat es ange­sprochen – die Ausgehzeiten betrifft. Da gibt es gravierende Unterschiede, und das führt auch zu einer sehr großen Rechtsunsicherheit. Keiner kennt sich mehr aus, nie­mand weiß, in welchem Land was gilt. Es fehlen dann auch die Akzeptanz und somit der Wille, die Gesetze und die Vorschriften entsprechend einzuhalten.

Ich begrüße daher, dass die Frau Bundesministerin die Initiative gesetzt hat, in einem Gespräch am Runden Tisch in Richtung Vereinheitlichung zu gehen. Es ist die opti­male Variante, ein Jugendschutzgesetz mit einheitlichen Regelungen vom Bund aus zu initiieren. Und da ist es halt wirklich schade, wenn es Aussagen wie die des oberöster-


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reichischen Referenten Ackerl gibt, der meint, die Länder bräuchten den Bund für den Jugendschutz nicht oder die Federführung des Bundes bringe nichts.

Da unterstütze ich auch die Aussage der Frau Kollegin Grossmann, die sagt: Wir müs­sen auch in den eigenen Reihen schauen, dass wir auf einen grünen Zweig kommen!

Abschließend: Ich appelliere an die SPÖ, aber auch an die Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, dass sie die Kollegen in den Ländern überzeugen, genauso wie es im Land Kärnten schon passiert ist, in Zukunft die Vereinheitlichung zu forcieren und in Richtung eines bundeseinheitlichen Jugendschutzes zu gehen. (Beifall bei den Frei­heitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

10.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeordne­ter Mag. Becher. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


10.54.00

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Jugendschutzsprecherin Elisabeth Grossmann verlangt schon seit langem eine Vereinheitlichung beim Jugendschutz. (Abg. Steibl: Aber da hat sie etwas übersehen: Flecker in der Steiermark ist dagegen! Da muss sie schauen, dass sie ihre eigenen Leute auf die Reihe kriegt!)

Sie haben auch gehört, was Elisabeth Grossmann dazu gesagt hat. Wir wissen, wie schwierig das ist, aber ich komme dann auch auf ein positives Beispiel zu sprechen. Meine Vorredner haben gezeigt, wie unterschiedlich die Bestimmungen bei den Aus­gehzeiten, bei den Urlaubszeiten sind und dass es eigentlich sehr ungerecht ist, den Jugendlichen zuzumuten, diese unterschiedlichen Bestimmungen zu kennen.

Unsere Vorstellungen von einem modernen Jugendschutzgesetz gehen noch viel wei­ter, denn es müssen alle Interessen mit einbezogen werden: die der Jugendlichen, der Eltern, der Erziehungsberechtigten, der Veranstalter, all das ist zu berücksichtigen.

Wie das gehen kann, haben drei Bundesländer, glaube ich, sehr gut vorgezeigt: Wien, Niederösterreich und das Burgenland sind mit gutem Beispiel vorangegangen und ha­ben ihre Gesetze aufeinander abgestimmt. An diesem Beispiel haben wir auch gese­hen, dass es nicht bloß Verhandlungen von Politikern und Experten waren, sondern dass auch die Jugendlichen mit einbezogen wurden, dass Fragebögen zu den unter­schiedlichen Regelungen ausgeteilt wurden, die Jugendlichen sich dazu äußern konn­ten und die Politiker dann mit diesen Forderungen auch konfrontiert wurden.

Das beste Jugendschutzgesetz ist jedoch zahnlos, wenn auf der anderen Seite nicht gleichzeitig auch eine Meinungsbildung, eine Bewusstseinsbildung vorhanden ist. Wir alle wissen, wie es beim Alkohol ist: Wenn es beim Essen zu Hause selbstverständlich ist, dass zu allen Mahlzeiten Alkohol getrunken wird, dann ist eine kritische Distanz zu Alkohol von Jugendlichen nur sehr schwer aufzubauen.

Dieses gemeinsame Projekt ist aber leider gescheitert. Es gibt jetzt wieder unterschied­liche Gesetze, weil eben einzelne Bundesländer bestimmte Bestimmungen geändert haben. Genau darin liegt die Schwierigkeit.

Daher glauben wir eben, dass Artikel-15a-Vereinbarungen nicht so eine einheitliche Gesetzgebung garantieren können, weil sie aufschnürbar sind, weil nur ein Mindest­maß möglich sein muss. Wir glauben, dass es ganz wichtig ist, bundeseinheitliche Ge­setzesbestimmungen auf dieser Ebene zu schaffen, und dass das für die Jugendlichen die beste Voraussetzung ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.57



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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Haub­ner. – Bitte.

 


10.57.19

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Die Erklärungen aller Rednerinnen und Redner, die bisher an dieser Debatte teilgenommenen haben, zeigen ganz klar, dass alle ein Interesse haben an einheitlichen Regelungen beim Jugendschutzgesetz, an der Harmonisierung der wichtigsten Richtlinien, die derzeit vorgegeben sind. Und das ist sicher ein wichti­ges und gutes Signal. Aber ich denke, die Diskussion über einen einheitlichen Jugend­schutz läuft einfach schon zu lange, dass wir auch hier im Parlament ausschließlich Absichtserklärungen abgeben.

Wenn Frau Kollegin Fuhrmann sagt, man sollte die Länder arbeiten lassen, dann muss ich sagen: Ich bin grundsätzlich auch dafür, weil ich sehr viel von Föderalismus halte. Im Bereich des Jugendschutzgesetzes arbeitet man allerdings schon über zehn Jahre, und es versteht schön langsam niemand mehr, dass man zehn Jahre braucht, um sich auf wichtige Dinge zu einigen.

Daher war es mein Anliegen im Sinne des heute zu verabschiedenden Entschließungs­antrages oder der Entschließungsanträge, einen Schritt auf die Länder zuzugehen, um, ohne dass der Bund da Kompetenzen hat, die Länder noch einmal an einen Tisch zu bitten und abzuklären, wo wir stehen und wie weit die Bereitschaft wirklich ist.

Die Bereitschaft – das haben Vorredner schon gesagt – ist, möchte ich sagen, enden wollend. Wenn bei der letzten Jugendreferentenkonferenz das zwar auf der Tagesord­nung gewesen ist, aber es nicht einmal mehr einen zusätzlichen Beschluss oder eine Verstärkung gegeben hat, sondern nur das Ergebnis der Landesamtsdirektorenkonfe­renz zur Kenntnis genommen wurde, dann denke ich, dass der Druck oder der Drang in Richtung Vereinheitlichung nicht sehr groß ist.

Wenn ich mir die verschiedenen Beispiele anschaue – und es sind schon sehr kuriose Beispiele genannt worden –, dann meine ich, dass wir uns auch bei der Vereinheitli­chung der Jugendschutzbestimmungen auf ganz wesentliche Bereiche einigen sollten.

Es muss nicht alles und jedes geregelt werden, aber es gibt einige wichtige Dinge, die einer österreichweiten Regelung bedürfen. Bereits angesprochen wurden die Ausgeh­zeiten, die mehr als verwirrend sind. Es geht aber nicht darum, dass man ein Bundes­land gegen das andere ausspielt, denn ich glaube, dass es jedes Land im Endeffekt gut meint. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

In Salzburg zum Beispiel darf man bis zum vollendeten 12. Lebensjahr in der Zeit von 5.00 Uhr bis 21.00 Uhr, bis zum vollendeten 14. Lebensjahr von 5 Uhr bis 22 Uhr und in der Nacht auf Sonn- und Feiertagen von 5 Uhr bis 23 Uhr ausgehen. Ab dem 14. Le­bensjahr unterscheidet man dann, ob mit Begleitperson oder ohne Begleitperson. Ebenso ab dem vollendeten 14. Lebensjahr gelten noch unterschiedliche Regelungen für Tanzveranstaltung in einer Jugendorganisation, Tanzveranstaltungen der Schule, der Tanzschule oder der künstlerischen Betätigung oder Brauchtumspflege. – Da muss man schon sagen, weil – und ich bin froh, dass das angesprochen wurde – hier natür­lich vor allem die elterliche Verantwortung im Vordergrund steht: Da kennt sich wirklich kein Mensch mehr aus!

Anderes Beispiel, nicht ganz so kompliziert: Autostoppen. In der Steiermark ist das Autostoppen bis zum 15. Lebensjahr verboten, ausgenommen in Notsituationen, aus­genommen in Begleitung einer Aufsichtsperson, ausgenommen auch dann, wenn der Lenker oder ein Mitfahrender das Kind beziehungsweise den Jugendlichen kennt. – Da


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ist sehr vieles Auslegungssache. In Kärnten und in Vorarlberg ist Autostoppen bis zum vollendeten 14. Lebensjahr verboten, und in den anderen Bundesländern ist es er­laubt. – Auch das ein kleiner, aber für junge Menschen eben wichtiger Bereich. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Daher ist es für mich als Jugendministerin ganz wichtig, entsprechend darauf zu re­agieren, dass im Bereich der Ausgehzeiten, im Bereich des Alkohol- und Nikotinkon­sums, der sehr stark die Gesundheit, aber auch die Sicherheit der Jugendlichen ge­fährdet, Handlungsbedarf besteht; und Handlungsbedarf besteht vor allem auch im Be­reich des Strafrahmens, der auch österreichweit total unterschiedlich ist und von Bera­tungsgesprächen bis hin zu wirklich sehr harten Geldstrafen reicht.

Ich denke, wenn wir einen zeitgemäßen Jugendschutz, nicht nur einen einheitlichen, sondern auch einen zeitgemäßen Jugendschutz wollen, dann sollten wir ein bisschen über die Grenzen hinausschauen und erkunden: Wie machen es die anderen Län­der? – Nicht nur, dass andere Länder wie Deutschland und Italien einheitliche Rege­lungen haben, haben sich auch sehr viele Länder auf die wesentlichen Dinge be­schränkt. Es muss nicht alles geregelt und geschützt sein, denn, wie es geheißen hat, die Eigenverantwortung der jungen Menschen, die heute in vielen Bereichen mehr denn je als früher gefordert wird, muss auch zum Tagen kommen.

Daher gilt: in wichtigen Dingen, die ich angesprochen habe, klare, nachvollziehbare, verständliche Regelungen auch für die jungen Menschen, und vor allem: sie müssen vollziehbar sein, und man muss sich auskennen! Und gerade bei diesen einheitlichen Regelungen ist es, denke ich, mehr denn je notwendig, dass wir auch das hören, was junge Menschen wollen. Ich bin sehr froh, dass die Bundesjugendvertretung hier ein klares Signal gegeben hat, dass endlich gehandelt wird, dass endlich etwas gemacht wird. Ich bin sehr froh, dass es verschiedene Petitionen gibt, um das auch zu verstär­ken, um auch den politisch Verantwortlichen zu sagen: Springt alle einmal über eure Schatten und tut etwas!, denn es ist meiner Meinung nach höchst an der Zeit – die Zeit ist mehr als reif –, dass wir hier Nägel mit Köpfen machen!

Daher ersuche ich alle hier anwesenden Abgeordneten, in diesem Bereich nicht nur über den eigenen Schatten zu springen – das ist klar, denn ich denke, hier im Hohen Haus haben so ziemlich alle die gleiche Meinung –, sondern auch weiterzugehen und in jenen Ländern, wo sie Einfluss haben, und das sind natürlich in erster Linie die Lan­deshauptleute und die Zuständigen im Jugendbereich, auch auf die Zuständigen einzu­wirken und ihnen noch einmal verständlich zu machen, dass die Zeit mehr als reif ist für einheitliche Jugendschutzbestimmungen.

Für mich als Bundesministerin ist die beste Lösung natürlich eine bundeseinheitliche Regelung, und ich hoffe, dass wir trotz all der langen Diskussionen, die bisher geführt wurden, der Verwirklichung dieser Regelung näher kommen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

11.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Mag. Langreiter. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.05.00

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Einheitliche Bestimmungen auf dem Gebiete des Jugendschutzes haben etwas für sich, und ich gehe davon aus, dass diese Debatte heute vielleicht ein weiterer Schritt hin zu unserem Ziel ist.

Frau Bundesministerin Haubner hat sich bemüht, die unterschiedlichen Standpunkte entsprechend auszuloten. Ich verstehe natürlich auch die Länder, dass der eine oder


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andere regionale Unterschied und vielleicht auch unterschiedlich gewachsene Struktu­ren vorhanden sind und die Länder vielleicht noch mehrere Schritte wagen müssen, um zu dieser Vereinheitlichung zu kommen.

Wir reden von einheitlichen Jugendschutzbestimmungen, und da genügt es nicht, wenn wir uns damit begnügen, über einheitliche Ausgehzeiten zu sprechen, sondern das Entscheidende ist für meine Begriffe auch die Frage: Wo können wir Maßnahmen setzen, dass unsere Jugend von Gefahren ferngehalten werden kann beziehungsweise dass Gefahren auf Jugendliche gar nicht erst zukommen?

Unsere Aufgabe ist es auch, den Eltern, dem Umfeld der Jugendlichen die Angst zu nehmen, die Angst davor, dass die Kinder/die Jugendlichen gefährdet sein können. Ich denke, da steckt viel Präventionsarbeit dahinter, da steckt aber vor allem auch dahin­ter, dass die Politik die Rahmenbedingungen zu schaffen hat. Sie hat aber auch auf Aufklärung zu setzen und auf Bewusstseinsbildung, nämlich insofern, als man den Ju­gendlichen hie und da Ezzes gibt, damit sie zu ihrer Eigenverantwortung stehen müs­sen.

Ich glaube weiters, dass die Politik auch für die entsprechende Bewusstseinsbildung zu sorgen hat, auch gegenüber den Eltern, vielleicht gegenüber der gesamten Gesell­schaft, was die Wirtschaft betrifft, was die Spaßgesellschaft betrifft und was das per­sönliche Umfeld der Jugendlichen angeht.

Meine Damen und Herren! Wir kommen nicht darum herum, dass gesellschaftspolitisch einfach klar ist, dass der beste Jugendschutz und auch die schärfsten Kontrollen kein Ersatz sind für die Verantwortung der Politik, für die Verantwortung auch der Eltern und für intakte familiäre Strukturen. Die familienpolitischen Maßnahmen dieser Bundesre­gierung sind, so glaube ich, ein Ansatz, um entsprechende Symptom- oder Ursachen­bekämpfung zu betreiben.

Wichtig ist auch, dass Jugendschutz eine Querschnittsmaterie ist. Das heißt, dass man bemüht sein sollte, in andere Rechtsmaterien, vielleicht auch zum Schutz, entspre­chende Normen einzubauen, damit unsere Jugendlichen vor allen Gefahren geschützt werden können. Entscheidend für uns, meine Damen und Herren, auch in diesem Hohen Haus, ist der Schutz unserer Jugendlichen, und das sollte auch unser künftiger Weg sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

11.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Binder-Maier. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.08.34

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, ich gebe Ihnen Recht, die Ge­schichte rund um eine einheitliche Jugendschutzbestimmung, um einheitliche Regelun­gen währt tatsächlich schon sehr lang und ist absolut nichts Neues. Ich kann mich erin­nern, schon im Jahre 1998 wurde diesbezüglich von KollegInnen und mir eine Petition überreicht, und ich weiß, manchmal gilt: Gut Ding braucht Weil!, aber es geht jetzt wirklich darum, dass wir Nägel mit Köpfen machen.

Die Notwendigkeit der Harmonisierung der Jugendschutzbestimmungen österreichweit ist offensichtlich, vor allem für jene, die an Bundesländergrenzen wohnen; geht es doch darum, zu verhindern, dass sich Jugendliche strafbar machen, wenn sie Bundes­ländergrenzen überschreiten und in ein benachbartes Bundesland kommen. Ich will das an zwei Beispielen festmachen.


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Ein/eine 15-jähriger/15-jährige Jugendlicher/Jugendliche aus Niederösterreich – aus Ennsdorf aus meinem Wahlkreis – macht sich strafbar, wenn er/sie um Mitternacht die Grenze nach Oberösterreich, also die Enns, überquert und nach Enns kommt, denn in Niederösterreich dürfen Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr bis 1 Uhr ohne Begleitung unterwegs sein, in Oberösterreich nur bis Mitternacht, bis 24 Uhr!

Ein anderes Beispiel: Jugendliche unter 14 Jahren aus Niederösterreich machen sich wiederum strafbar, wenn sie um 9 Uhr abends die Grenze zur Steiermark überqueren. In Niederösterreich dürfen Jugendliche bis zum vollendeten 14. Lebensjahr bis 22 Uhr wegbleiben, in der Steiermark bis 21 Uhr.

Es ist tatsächlich ein Riesenproblem: neun Bundesländer – neun unterschiedliche Re­gelungen! Ich bin deshalb einerseits sehr froh, dass es zu dieser Harmonisierung zwi­schen Wien, dem Burgenland und Niederösterreich gekommen ist, aber es geht dar­um, dass die Bedingungen für die Jugendlichen, für die jungen Menschen in Österreich für alle gleich sind, vor allem auch unter dem Aspekt eines gemeinsamen Europas.

Verbesserte, vereinfachte Regelungen schaffen Sicherheit und Transparenz für die Ju­gendlichen und vor allem auch für deren Eltern. Die Kompliziertheit und Undurchschau­barkeit, wie von Frau Minister Haubner angeschnitten, führen auch dazu, dass die Voll­ziehung dieser Gesetzesregelung oft sehr schwierig ist. Ziel muss es sein, dass alle Jugendlichen in Österreich den gleichen Schutz genießen, die gleichen Rechte in An­spruch nehmen dürfen und auch die gleichen Pflichten zu erfüllen haben.

In diesem Sinne denke ich, muss es doch möglich sein, ein einheitliches bundesweites Gesetz zu schaffen, in dem sich die Bundesländer finden und in dem vor allem Ju­gendlichen Klarheit und Sicherheit gegeben wird. (Beifall bei der SPÖ.)

11.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mittermüller. Ebenfalls 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


11.12.22

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Neun verschiedene Jugendschutz­gesetze in einem kleinen Land wie Österreich – ein Jugendschutzgesetz in Deutsch­land, das zeigt ganz deutlich dringenden Handlungsbedarf auf! Die Bedürfnisse und Probleme eines Jugendlichen in Vorarlberg und die Bedürfnisse eines Jugendlichen in Wien sind im Grunde genommen dieselben. Daher bedarf es dringend einer bundes­einheitlichen Regelung, um damit den Jugendlichen in ganz Österreich ein einheitli­ches Schutzniveau anbieten zu können.

Die aktuelle Situation zeigt genau das Gegenteil! Nicht einmal die Zielgruppe ist ein­heitlich definiert. Unterschiedliche Ausgehzeiten und total unterschiedliche Bestimmun­gen zum Alkoholgenuss gibt es in neun Ländergesetzen. Wir sehen zum Beispiel in unserem Tourismusland Kärnten ganz genau, welche Probleme es damit gibt. Kein Ju­gendlicher und kein Elternteil setzt sich mit den Jugendschutzgesetzen der einzelnen Bundesländer auseinander, wenn er in ein anderes Bundesland auf Urlaub fährt. Oft genug gibt es daher Übertretungen und auch Anzeigen. Einheitliche Bestimmungen wären ein Schritt zur Rechtssicherheit in ganz Österreich.

Ich möchte auf ein weiteres Problem hinweisen, das schon meine Vorrednerinnen, Kol­legin Achleitner und Kollegin Mandak, angesprochen haben. Ein ganz besonderes Pro­blem ist sicherlich und allseits bekannt der Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen. Die derzeit aktuellen Ein-Euro-Partys und Events, bei denen Wirte alkoholische Getränke um 1 € ausschenken, leisten dem auch noch Vorschub. Immer wieder hört man die Kri­tik, dass Alkoholmissbrauch zu wenig kontrolliert wird.


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Dazu ist zu sagen, da muss man auch der Exekutive bessere Kontrollmöglichkeiten ge­ben. Die Exekutive besitzt wohl Alkotestgeräte, aber diese Tests sind für Jugendliche nicht verpflichtend. Sie können den Alkotest verweigern, und damit wird die Beweis­führung gegen Wirte, die gegen Jugendschutzbestimmungen verstoßen, erschwert. Auch hier gibt es ganz sicherlich dringenden Handlungsbedarf. Bundeseinheitliche Schutzbestimmungen, aber auch gute Präventions- und Exekutionsmaßnahmen wür­den unsere Jugend effizient schützen.

Zu den Vorrednerinnen der SPÖ-Fraktion möchte ich Folgendes sagen: Sie hätten es als Regierungspartei jahrzehntelang in der Hand gehabt, ein einheitliches Bundesju­gendgesetz zu schaffen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben es nicht zustande gebracht – aber Ihre Ländervertreter sprechen jetzt nur von „Harmonisierung“! Kärnten ist dabei eine löbliche Ausnahme. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.) Die Länder­kompetenzen wollen gerade Ihre Vertreter nicht abgeben.

Unsere Frau Bundesminister Haubner hat ein Problem, dessen Lösung seit zwei Jahr­zehnten eingefordert wird, aufgegriffen, deshalb kann es nur ein Ja zu dem Drei-Par­teien-Antrag auf bundeseinheitliche Jugendschutzbestimmungen geben – damit wir zum Wohl unserer Jugend hier endlich etwas weiterbringen! (Beifall bei den Freiheit­lichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mag. Trunk. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


11.16.00

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Wirklich geschätzte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Eine Anmerkung zu den Kollegen Prinz und Neu­deck: Ich denke, es ist unbestritten, dass es der Mindeststandard von Anstand und Menschenrecht ist, einen Menschen, ob Frau oder Mann, der einem bekannt ist, mit seinem, und zwar richtigen Namen anzusprechen, und ich denke, daran sollten wir alle uns halten. Jemanden bewusst mit dem falschen Namen anzusprechen (Abg. Wattaul: Das hat der Kreisky schon gut können!), wie das – das unterstelle ich ihm nicht – gestern Herr Präsident Prinzhorn gemacht hat – er hat meine Kollegin Gabi Heinisch-Hosek als „Christine Muttonen“ angesprochen (Abg. Großruck: Na da hat er sie halt verwechselt!), und ich denke, das war nicht unbedingt eine Verwechslung –, das sollte unser ... Verzeihung, ich nehme das zurück, das war Herr Präsident Khol, Entschuldi­gung! (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Ich kann mich entschuldigen. (Abg. Wattaul: Jetzt haben Sie etwas kritisiert, was Sie selbst gemacht haben!)

Was Sie jetzt nicht verstanden haben: Ich habe nicht bewusst einen mir bekannten Menschen mit dem falschen Namen angesprochen, sondern das war ein Missver­ständnis, das mir passiert ist, und dafür habe ich mich auch entschuldigt. Das ist das, was mich von Ihnen sehr klar unterscheidet. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aber es gibt ja keine Missverständnisse!)

Nun zum Jugendschutzgesetz, zum bundeseinheitlichen Jugendschutzgesetz.

Ich denke, dass die Unterschiedlichkeiten in den Ländern klar und offensichtlich sind. – Da haben wir Hürden zu überwinden! Ich denke, dass die Einstellung, auch die poli­tische Haltung in den verschiedenen Parteien in der materiellen Frage des Umgangs mit unseren Jugendlichen und dem Jugendschutz ebenfalls unterschiedlich sind. Und ich denke, abgesehen von den legistischen Maßnahmen ist es der allerbeste Jugend­schutz, wenn wir beste Bedingungen im familiären Bereich schaffen, damit Familien,


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damit Eltern ein Einkommen haben, mit dem sie auskommen und die Zukunft und die Chancen ihrer Kinder sichern können.

Bester Jugendschutz sind Bildung und Ausbildung, die den Kindern Chancen geben und eröffnen und nicht nehmen. Bester Jugendschutz ist – Herr Kollege Öllinger hat das vorhin angesprochen –, unsere Jugendlichen und Kinder auch und vor allem in den Schulen vor Werbemaßnahmen zu schützen, die nicht im Sinne des Jugendschut­zes und auch nicht im Sinne des Konsumentenschutzes sind. Kollege Öllinger hat es angesprochen, nämlich die mittlerweile grassierende grenzenlose Werbung von Ban­ken für Kredite für jugendliche Bankomatkarten- und Kreditkartenbenutzer. – Ich den­ke, das sollten wir umsetzen.

Diese Bundesregierung hat neben ihren, zugegebenermaßen, Bemühungen in dieser legistischen Frage oder Koordination im Sinne des präventiven Schutzes unserer Ju­gend, unserer Kinder nichts geleistet, sondern, im Gegenteil, den Kindern und Jugend­lichen die Chancen genommen – leider! (Beifall bei der SPÖ.)

11.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Felzmann. Wunschredezeit: ebenfalls 3 Minuten. – Bitte.

 


11.19.15

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Trunk, ich bitte Sie, ich bitte die SPÖ, nicht mit Steinen zu werfen, wenn man selbst im Glashaus sitzt! Seien Sie ein bisschen vorsichtig, was Ihre Aussagen betrifft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Mag. Trunk: Ich verwehre mich dagegen!)

Auf Ihre letzte Aussage, in der Sie wieder die Regierung angegriffen haben, möchte ich Ihnen antworten: Auch Sie haben jahrelang, jahrzehntelang Möglichkeiten gehabt, für die Jugend etwas zu tun. Was aber haben Sie gemacht?

Wir hätten uns auch gewünscht, noch mehr und noch intensiver über dieses Thema zu diskutieren. Aber womit mussten wir uns in dieser Legislaturperiode beschäftigen? Faktum ist: Wir hatten viel zu tun. Wir hatten Steuerpakete zu schnüren. Wir mussten uns um den Gesundheitsbereich kümmern. Wir mussten uns um die Landesverteidi­gung kümmern. (Abg. Wattaul: Alles war Baustelle!) Wir mussten jede Menge Refor­men durchführen, etwa die Pensionsreform, und, und, und. All das mussten wir anpa­cken. – So viel dazu, wer hier was macht. Da müssen wir ein bisschen vorsichtig sein.

Gut ist, dass wir über die Jugend reden. Gut ist, dass wir uns in bestimmten Bereichen einig sind. Faktum ist: Es geht bei den Jugendschutzbestimmungen um eine Ungleich­behandlung, die zu einer fehlenden Transparenz und in der Folge zur Unkenntnis in der Befolgung der Gesetze führt.

Wir haben zahlreiche Beispiele, quer durch die Bundesländer, gehört. Was wir noch nicht gehört haben, ist Folgendes: In Salzburg ist man mit zwölf Jahren Jugendlicher. Wenn man in Kärnten lebt, muss man zwei Jahre warten, denn dort ist man erst mit 14 Jahren Jugendlicher.

Was ist unser Ziel? – Klarheit muss es geben in den Fragen: Wie lange darf der Ju­gendliche ausgehen? Ab wann darf man rauchen? Ab wann darf man Alkohol trinken?

Zum Rauchen sei noch erwähnt – ich weiß nicht, ob das alle wissen –, dass unter den 15-Jährigen 20 Prozent der Burschen und bereits 26 Prozent der Mädchen rauchen. (Abg. Großruck: Emanzipation ist das!)


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Das heißt, um das Bewusstsein – dieses Wort ist heute schon gefallen – müssen wir uns bemühen, wenn wir darangehen, diese Gesetze einerseits zu vereinheitlichen und andererseits bekannt zu machen, damit sie letztlich befolgt werden können.

Wünschen würde ich mir vom Sozialministerium, dass das Thema „Aktiver Jugend­schutz im Bereich der neuen Mediennutzung“ auch aktiv angegangen wird. Wir sollten zum Beispiel in diesem Bereich die Eltern mit einer klaren Kennzeichnung von Filmen oder Spielen unterstützen. Hier gilt es, die Industrie dazu zu gewinnen, eine Kenn­zeichnung einzuführen, und den Handel dazu zu gewinnen, Informationen darüber zu verbreiten. Es gibt wirklich viel zu tun, um in diesen neuen Feldern auch im Schutz der Jugend bestehen zu können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

11.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klub­obmann Scheibner. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.22.19

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär! Ich glaube, es besteht Konsens darüber, dass der Jugendschutz österreichweit in gleicher Weise geregelt sein sollte; mehrere Vorredner haben das schon betont. (Abg. Öllinger: ... bei den Regierungsparteien!) Es ist halt so eine Sache, wie bei manchen anderen Dingen auch, dass Föderalismus schon eine wichtige Angelegenheit ist. Ich bekenne mich auch dazu. Man sollte aber auch hier die Vernunft walten lassen und sich nicht auf irgendwelche alten Kompetenzen berufen und auf diesen bestehen, wenn die Vernunft dagegenspricht.

Nicht nur die Jugendlichen sind in allen Bundesländern, ob im Burgenland oder in Vor­arlberg, gleich zu schützen, sondern es gibt zum Beispiel auch im Baurecht oder in anderen Bereichen derzeit landesgesetzliche Materien, die sinnvollerweise bundesein­heitlich zu regeln wären. Im Verfassungs-Konvent haben wir das sehr eingehend disku­tiert und gesehen, dass wir da sehr bald an die Grenzen der Bereitschaft, und zwar vor allem der Länder, stoßen, wenn es darum geht, eigene Kompetenzen an den Bund ab­zugeben, obwohl es an und für sich sinnvoll wäre. Da wäre es doch gescheit, zu disku­tieren, ob es nicht sinnvoller wäre, den Ländern mehr Kompetenzen bei der Mitwirkung an der Bundesgesetzgebung zu geben, als krampfhaft darauf zu beharren, dass die Landtage eigene Regelungen schaffen, die zu einer Zersplitterung der Bestimmungen führen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich will mich aber noch mit einem anderen Punkt beschäftigen, nämlich: Meine Frakti­on, das BZÖ, und auch ich persönlich wollten unter diesem Tagesordnungspunkt einen Initiativantrag oder zumindest einen Entschließungsantrag einbringen auf der einen Seite betreffend die weitere Entwicklung von Maßnahmen gegen Gewalt oder betref­fend Gewalt gegen Kinder und auf der anderen Seite auch betreffend Maßnahmen zur Vermeidung von Gewalt von Jugendlichen.

Diese Problematik wird immer größer: Im Jahre 2004 wurden 337 Kinder unter sechs Jahren und 2 800 Kinder unter 14 Jahren Opfer von strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben oder von Sexualdelikten. Allzu oft passieren diese Delikte innerhalb der eigenen vier Wände, werden von Familienangehören verübt, ja selbst von den Eltern.

Auf der anderen Seite haben wir die Entwicklung zu verzeichnen – das hat auch einen Zusammenhang, denn Gewalt erzeugt wieder Gewalt –, dass bei den tatverdächtigen Jugendlichen unter 14 Jahren die Zahl von 4 700 im Jahr 2004 auf über 5 000 im Jahr 2005 angestiegen ist und dass mittlerweile schon 36 Prozent der minderjährigen


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Verdächtigen strafunmündig sind, also unter 14 Jahren sind, wobei die Dunkelziffer da sehr hoch ist.

Ich glaube, angesichts dessen sollten alle Alarmglocken läuten. Ich habe einmal hier eine Diskussion entfacht, in der ich gesagt habe, dass man überlegen sollte, unter an­derem auch die Strafmündigkeitsgrenze, die derzeit bei 14 Jahren liegt, herunterzuset­zen. Da hat man sofort gesagt: Aha, der Klubobmann Scheibner will jetzt Kinder ein­sperren!

Ganz im Gegenteil: Ich möchte überhaupt nicht, dass Kinder eingesperrt werden, son­dern ich möchte verhindern, dass Kinder, wenn sie 14 Jahre alt werden, eingesperrt werden, weil sie das erste Mal für ihre Delikte, die sie schon vorher verübt haben, ohne dass das eine Sanktion nach sich gezogen hat, dann mit Haftstrafe bedroht werden und dafür belangt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Das müssen wir verhindern! Deshalb müssen wir bei der Strafmündigkeitsgrenze wei­ter unten ansetzen. Die Entwicklung ist immer dramatischer: Immer mehr strafunmün­dige Jugendliche begehen schon oft in drei-, vierstelligen Zahlen Straftaten, ohne dass es irgendeine Reaktion darauf gibt, und zwar weder im Bereich der Jugendwohlfahrt – diese gilt es zu entwickeln – noch im Bereich der Sozialpädagogik oder in anderen Be­reichen. Dabei gibt es ja im Jugendgerichtsgesetz viele positive Maßnahmen.

Nicht das Einsperren sollte hier im Vordergrund stehen. Mich wundert es immer, dass man sofort sagt: Man will nur einsperren! Das Jugendgerichtsgesetz in Österreich ist eines der modernsten Gesetze in diesem Bereich, wo die Diversion vorgesehen ist, wo das Auseinandersetzen mit der strafbaren Handlung, das Auseinandersetzen auch mit den Folgen etwa beim Opfer wichtig ist. Da gibt es die Möglichkeit, nur ein Urteil aus­zusprechen, ohne Sanktion, damit man sieht, dass es da eine Reaktion von Seiten der Gesellschaft gibt. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Jugendlichen in Sozialein­richtungen eingebunden werden. Diese sinnvollen Tätigkeiten sollte man ausweiten.

Was die Jugendwohlfahrt betrifft, so ist das Ländersache – in manchen Fällen muss man sagen: leider Ländersache! –, und da sieht man, dass es da manche Bundeslän­der gibt, die sehr aktiv sind, und andere, die diese Einrichtungen vernachlässigen.

Es sollte die Möglichkeit geben, straffällig gewordene unmündige Jugendliche in sozia­len Betreuungseinrichtungen zu betreuen, sie zu begleiten, ihnen zu helfen, vielleicht auch, wenn es notwendig ist, sie für eine bestimmte Zeit aus dem Familienverband herauszunehmen, wenn es dort zur Anwendung von Gewalt an den Kindern gekom­men ist, um den Jugendlichen zu helfen beziehungsweise zu verhindern, dass sie auf die schiefe Bahn kommen und mit 14 Jahren, wenn sie strafmündig werden, sofort die „volle Keule“ der Reaktion der Gesellschaft erfahren.

Darum wäre es mir bei dieser Diskussion gegangen. Es ist leider nicht dazu gekom­men, weil man gesagt hat, es sei zu kurzfristig und zu schwierig in der jetzigen Phase. Aber ich hoffe, dass wir uns alle hier vor dieser Verantwortung nicht drücken, dass man nicht mit Schlagworten beziehungsweise mit „Totschlag-Argumenten“, nämlich der Haft, sofort diese wichtige, schwierige Diskussion sozusagen ad acta legt, sondern dass man sich im Interesse der Kinder stärker mit der Frage beschäftigt: Mit welchen Maßnahmen in einem umfassenden Bereich schützen wir die Kinder in Zukunft stärker vor Gewalt an ihnen und schützen wir aber auch die Gesellschaft vor Gewalt, die von Jugendlichen ausgeht? (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Nächste, der zu Wort kommt, ist Herr Abge­ordneter Pack. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 



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11.28.52

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Es haben etliche meiner Vorredner schon angemerkt, dass die Mobilität von Jugendlichen immer mehr zunimmt und dass die unterschied­lichen Jugendschutzbestimmungen beziehungsweise -gesetze in den einzelnen Län­dern nicht nur Eltern, sondern auch Jugendlichen und Unternehmern durchwegs als sehr lästig erscheinen.

Ich kann da aus eigener Erfahrung berichten: Jugendliche aus meinem Heimatbezirk, aus Hartberg, sind in zehn Minuten im Burgenland und in nicht ganz 20 Minuten in Nie­derösterreich. Es gibt überall interessante Angebote für die Jugendlichen. Den einzigen Vorteil, den die Hartberger haben, ist derjenige, dass Niederösterreich und Burgenland das gleiche Jugendschutzgesetz haben. Das heißt, sie brauchen sich nur zwei zu mer­ken.

Der Grund, warum diese Diskussion so wichtig ist, ist der, dass wir einheitliche Jugend­schutzbestimmungen brauchen. Das ist es, was die Jugendlichen wollen. Da kommt es nicht so sehr darauf an, ob das durch eine Artikel-15a-Vereinbarung oder durch eine Harmonisierung oder durch ein bundeseinheitliches Gesetz erzielt wird. Das Wichtige ist, dass sich in der Sache etwas tut. Wichtig ist, dass wir daran weiterarbeiten, sei es in den Ländern, sei es im Bund, dass wir in dieser Sache am Ball bleiben, um gleiche Bestimmungen in ganz Österreich zu erreichen.

Bei einer Diskussion mit Jugendlichen hat ein Teilnehmer etwas sehr Schlaues und Interessantes gesagt. Er hat gesagt: Mir ist eigentlich ganz egal, was im Jugendschutz­gesetz steht, denn wenn meine oberste Instanz, sprich: meine Familie, sagt, ich darf, dann darf ich, und wenn sie sagt, ich darf nicht, dann darf ich halt nicht! Genau das ist ein wichtiger Punkt, der uns zur Argumentation dienen muss.

Ein einheitliches Jugendschutzgesetz in ganz Österreich ist viel einfacher zu kommuni­zieren, ist viel einfacher darzulegen. Das erleichtert es den Eltern, es mit ihren Kindern zu besprechen. Deswegen müssen wir es endlich diskutieren.

Ich weiß nicht, ob es klug ist, Ausgehzeiten zu verlängern oder Bestimmungen über den Alkohol- und Tabakkonsum in irgendeiner Art zu ändern. Meiner Meinung kann man darüber reden, dass man die Ausgehzeiten verlängert, aber ich finde, dass die Steiermark sehr gute Bestimmungen hat, wenn es um Alkohol- und Tabakkonsum geht – zum Schutze der Jugendlichen!

Gleichzeitig darf man, wenn man über Ein-Euro-Partys und so weiter spricht und wie wichtig das Jugendschutzgesetz in diesem Zusammenhang sei, nicht vergessen, dass man da nicht nur die Verantwortlichkeit der Gastronomie ansprechen soll, sondern dass man auch sagen soll, wie wichtig die Familie in diesem Bereich ist, denn die Mut­ter oder der Vater trifft im Endeffekt die Entscheidung, wo der Minderjährige hingehen kann, und deswegen müssen wir die Familie in das Jugendschutzgesetz mit einbauen. Das ist enorm wichtig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

11.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1492 der Beilagen angeschlossene Entschließung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 196.)

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 1493 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

11.33.073. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1364 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1480 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1392 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird (1481 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir kommen sogleich zur Debatte.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Spindelberger. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.33.46

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geschätz­ten Damen und Herren! Wenn wir heute das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz beschließen, dann muss in diesem Zusammenhang erwähnt werden, dass dieses Ge­setz Regelungen enthält, welche es ermöglichen, auch all die Sozialschutzrechte auf Gemeinschaftsrecht betreffend die Koordinierung der Sozialschutzsysteme umzuset­zen.

Gleich vorweg möchte ich in diesem Zusammenhang schon erwähnen, dass diese Ge­setzesänderung, der wir logischerweise zustimmen werden, deswegen erforderlich wurde, weil Sie mit Ihrer inhumanen Sozialpolitik (heftige anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP), nämlich durch die Pensionsraub-Maßnahmen aus dem Jahre 2003/2004, aber auch durch die Pensionsharmonisierung, die meiner Meinung nach diese Be­zeichnung gar nicht verdient, die Rechtslage so verändert haben, dass wir diese An­passungen jetzt vornehmen müssen.

Darüber hinaus werden in diesem Gesetz auch im Ausland ausgeübte selbstständige Tätigkeiten künftig näher präzisiert werden. Auch für den landwirtschaftlichen Bereich gibt es nach dem BSVG neue Anrechnungsbestimmungen. Denn: Die derzeitige Rege­lung, wonach steuerbehördliche Entscheidungen heranzuziehen sind, scheitert, wie wir alle wissen, ja oft daran, dass es diese in Österreich gar nicht gibt, und deswegen ist auch für die landwirtschaftlichen Liegenschaften künftig ein fiktiver Einheitswert heran­zuziehen.

Auch deshalb, weil die Zeiten der Kindererziehung als Beitragszeiten im Zuge der Pen­sionsharmonisierung anerkannt werden, ist es notwendig, diese Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetze anzupassen. In einer Übergangsbestimmung wird auch dafür Vor-


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sorge getroffen, dass jene Personen, die nicht unter die neuen Regelungen fallen und deren Kindererziehungszeiten noch als Ersatzzeiten gelten, weiterhin von dieser Be­günstigung profitieren können.

Ich sage: Wir stimmen zwar zu, aber nur unter einem nochmaligen Verweis darauf, dass künftig Abertausende Österreicherinnen und Österreicher bis zu 20 Prozent – und das muss uns klar sein! – Pensionskürzungen werden hinnehmen müssen. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Ich spreche Ihnen allein schon deswegen jede soziale Kompetenz ab.

Wie gesagt, trotzdem stimmen wir dieser Änderung zu. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

11.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Walch. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


11.36.27

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Werte Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Spindelberger, die Worte, die du hier jetzt gesprochen hast, hättest du eigent­lich an deine Fraktion richten müssen, denn wir sind die Einzigen gewesen, die in Ös­terreich das Pensionssystem gerettet und so geregelt haben, dass es endlich einmal ein einheitliches gibt. Unter eurer Regierung hat es Privilegierte gegeben, aber von uns sind alle gleichgestellt worden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Interessant ist Folgendes: Sie kritisieren hier das Pensionssystem, während auf der Tagesordnung ist, dass endlich Kindererziehungszeiten als Beitragszeiten angerechnet werden. Bitte, lesen Sie es sich vorher genau durch! Das würde ich Ihnen raten.

Wir sind diejenigen, die für Gerechtigkeit sorgen und die Privilegien zurückdrängen. Entweder es sind alle privilegiert oder niemand ist privilegiert. Die Ungleichbehandlung haben wir abgeschafft.

Kollege Spindelberger, du weißt ganz genau, was wir mit der Pensionssicherungsre­form erreicht haben. Wenn ich immer höre, es gäbe 20 Prozent, 25 Prozent Abschläge, dann muss ich sagen: Das ist einfach unrichtig! Setzen wir uns einmal zusammen, und ich erkläre es dir und rechne es dir vor, denn beim Rechnen tut ihr euch immer schwer! Man sieht ja, dass ihr mit Geld nicht umgehen könnt.

Jetzt komme ich zur Änderung des EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetzes. Da­durch erfolgt eine technische Anpassung an das Pensionskonto. Ich glaube, dass die­se EU-Anpassung richtig und wichtig ist. Dadurch wird erreicht, dass Arbeitnehmer, die Dienstverhältnisse in EU-Ländern haben, in die österreichischen Pensionsanwartschaf­ten miteinbezogen werden.

Das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz regelt im Sozialversicherungssystem, dass in der Landwirtschaft die Bemessungsgrundlage herangezogen wird, was ganz wichtig für die Familien ist. Da ist auch die Anrechnung der Kindererziehungszeiten ganz wichtig. Aber damit das Gesetz richtig vollzogen werden kann, müssen wir eine Klarstellung machen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Walch, Mag. Tancsits, Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 1481 der Beilagen über die Regierungsvorlage


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1392 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Er­gänzungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Im § 9h in der Fassung der Z 5 entfällt der Abs. 1 und erhalten die Abs. 2 bis 5 die Be­zeichnung „(1)“ bis „(4)“.

Begründung

Mit der vorgeschlagenen Änderung erfolgt eine Klarstellung der In-Kraft-Tretensbestim­mung.

*****

Frau Präsidentin, ich ersuche, diesen Abänderungsantrag in die Diskussion mit einzu­beziehen. Sie, meine Damen und Herren, ersuche ich um Zustimmung. – Danke. (Bei­fall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

11.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Ver­handlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Wunschredezeit: 5 Mi­nuten. – Bitte.

 


11.40.07

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Was soll man sagen? – Zwei Materien stehen jetzt hier zur Diskussion: das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz und das Sozial­versicherungs-Ergänzungsgesetz. Das klingt ganz schön sexy und peppig, und genau das ist das Problem, Frau Bundesministerin.

Wir können jetzt natürlich eine Debatte über die Inhalte dieser Gesetze abführen. Da geht es im Wesentlichen um formale Änderungen – gut, okay, wir haben keine Ein­wände. Nur habe ich eine Bitte, Frau Bundesministerin: Wir haben nicht nur ein Sozial­versicherungs-Ergänzungsgesetz, wir haben ein Sozialrechtsanpassungsgesetz, wir haben ein Arbeits- und Sozialrechtsänderungsgesetz. Wer soll sich da im Rahmen die­ser unterschiedlichen Materien, die alle irgendwann zu den wesentlichen Sozialrechten dazugepappt worden sind, noch auskennen? Wer soll das verstehen, was mit diesen Gesetzen geregelt wird? (Abg. Dr. Stummvoll: Der Kollege Öllinger! Der kennt sich aus!) Nein, auch der Öllinger kennt sich nicht aus, auch Kollege Stummvoll nicht. Und ich vermute, auch die Frau Ministerin wird Schwierigkeiten haben, etwa die Differen­zierungen zwischen einem Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz und einem Sozial­rechtsanpassungsgesetz wahrzunehmen.

Ich würde mir wünschen, nachdem das vor Jahren schon einmal Thema war, aber dann sang- und klanglos eingeschlafen ist – das Ganze lief unter dem Titel „Kodifi­zierung des Sozialrechts“ und war auch ein Thema im Parlament –, dass man Gesetze wieder so macht, dass sie verstanden werden können. Das hat etwas mit Inhalten zu tun, das hat aber auch etwas mit der Klarheit zu tun, die man den Gesetzestiteln gibt, denn an den Titeln sollte man wenigstens annähernd schon erkennen können, worum es geht.


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Ich weiß, das ist nicht Ihre Schuld, Frau Minister, aber irgendwann wird das wirklich ein Problem, dass gerade im Bereich des Sozialrechtes die Materien immer unübersichtli­cher werden. Das wollte ich bei dieser Gelegenheit anmerken, weil zu den eigentlichen Gesetzestexten nichts Besonderes zu sagen ist. Es handelt sich im Wesentlichen um formale Änderungen. Ich nehme an, dass sich diese saloppe Abänderung, die der Kol­lege Walch jetzt noch eingebracht hat, auch nur auf den Termin des In-Kraft-Tretens bezieht.

Vertrauen soll man nicht, Herr Kollege Walch, ich schaue mir das schon noch an. Ich möchte nicht in eine Situation kommen, in die andere schon gekommen sind, dass sie sich denken: Der Walch hat das so „lieb“ gesagt da heraußen, wird eh nur eine Ände­rung im Zusammenhang mit dem In-Kraft-Tretens-Termin sein. (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Wattaul: Es geht jetzt nicht um Milliarden! Bei Milliarden müssten Sie ein bisschen vorsichtiger sein!)

11.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dobnigg. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


11.42.58

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die heute zu beschlie­ßenden Änderungen des EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetzes regeln, wie von einigen Vorrednern bereits angesprochen, unter anderem auch die Übertragung von Pensionsanwartschaften bei Aufnahme in ein Dienstverhältnis bei den Europäischen Gemeinschaften sowie auch beim Ausscheiden aus einem solchen Dienstverhältnis.

Mit der gegenständlichen Regierungsvorlage, der wir Sozialdemokratinnen und Sozial­demokraten heute zustimmen, wird das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz an die seit dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes erfolgten Änderungen des Statuts der Be­amten der Europäischen Gemeinschaften angepasst. Und angepasst wird es auch an die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten in der EU.

Die heutige Zustimmung zu dieser formal nötigen Anpassung ändert jedoch nichts an unserer Ablehnung der grundsätzlichen Pensionspolitik dieser Bundesregierung. Ich darf nur daran erinnern, dass durch die jüngste Berechnung des Preisindex für Pensio­nistenhaushalte nachgewiesen wurde, dass der reale Kaufkraftverlust der Pensionen seit Regierungsantritt Schüssel durch die Nichtabgeltung der Inflation noch höher ist, als bisher angenommen wurde.

An die Adresse des Kollegen Walch sei gesagt – er ist leider jetzt nicht anwesend –: Der Eingriff in die Pensionen summiert sich inzwischen auf rund zehn Prozent, und das finde ich einfach unverantwortlich und äußerst unsozial gegenüber unserer älteren Ge­neration. Es sind auch einige Angehörige dieser Generation hier auf der Besuchergale­rie anwesend. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP sowie den Freiheit­lichen – BZÖ.)

Künftig muss der Preisindex für Pensionistenhaushalte bei allen Pensionsanpassungs­verhandlungen berücksichtigt werden, werte Kolleginnen und Kollegen, denn was nützt es einem österreichischen Pensionisten, einer österreichischen Pensionistin, wenn im Verbraucherpreisindex erklärt wird, dass die Digitalkamera, der Laptop oder vielleicht der Pelzmantel billiger werden, aber die Kosten für Wohnen, Heizen und die Grund­nahrungsmittel steigen!? (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

Die SPÖ fordert daher entschieden: Es muss für die Zukunft sichergestellt werden, dass den österreichischen Pensionistinnen und Pensionisten ihr Wertverlust bei der


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Pensionsanpassung in Höhe des Pensionistenindex abgegolten wird, denn das, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat sich die ältere Generation in Österreich verdient! (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

11.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich Frau Bundesministerin Haubner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 


11.45.44

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Frau Präsidentin! Ich möchte mich, gerade was die Ausführungen des Vorredners betrifft, zu Wort melden, denn ich kann es als zuständige Ministerin nicht so im Raum stehen lassen, dass wir eine inhumane und unsoziale Politik für die Pensionisten machen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Scheibner: Der hat das verwechselt! Der hat die Deutschen gemeint!)

Die Zahlen – nicht des Ministeriums, sondern des Hauptverbandes – sprechen nämlich eine andere Sprache. Sie zeigen uns, dass in den Jahren von 2000 bis 2004 die Durchschnittspension um 8,8 Prozent gestiegen ist, bei den Frauen sogar um 15 Pro­zent, und die Durchschnittslöhne um 8,7 Prozent gestiegen sind. Und ich glaube, wir wissen alle, wer die Durchschnittslöhne verhandelt: das sind die Sozialpartner.

Ich darf darauf hinweisen, dass bis 2009 alle Pensionisten und Pensionistinnen die volle Inflationsabgeltung bis zur Grenze von 1 850 € bekommen und dass dieses Par­lament beschlossen hat, dass es ab 2009 für alle die volle Inflationsabgeltung gibt. Dass wir den Familienrichtsatz außertourlich um 12 Prozent erhöht haben, den Aus­gleichszulagenrichtsatz für Einzelpersonen außertourlich um über 4 Prozent erhöht ha­ben, das sei hier nur am Rande bemerkt.

Ich stehe so wie die gesamte Regierung für eine verantwortungsvolle Politik für alle Generationen – natürlich für die Älteren, aber auch im Sinne der Sicherheit für die Jungen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Ich darf in diesem Zusammenhang vielleicht noch auf Deutschland hinweisen, wo es auch eine Diskussion über Renten und Pensionen gibt. Dort sind die Sozialdemokraten in einer Koalition, und Bundeskanzlerin Angela Merkel meinte, nach Lage der Dinge müsste es für die Rentnerinnen und Rentner für viele Jahre oder zumindest etliche Jahre quasi Nullrunden geben.

Ich denke, das ist in Österreich nicht der Fall. Wir nehmen unsere Verantwortung wahr, und das ist gut und richtig so. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

11.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1364 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird, in 1392 der Beila­gen.

Hiezu haben die Abgeordneten Walch, Mag. Tancsits, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Z 5 bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Walch, Mag. Tancsits, Kolleginnen und Kolle­gen abstimmen und ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustim­mung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls einstimmig an­genommen.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

11.50.085. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1445 d.B.): Europäisches Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten samt Vorbehalt und Erklärung der Republik Österreich (1478 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesord­nung. Ich mache darauf aufmerksam, dass es auch hiezu nur wenige Wortmeldungen gibt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gelangen damit sofort zur Debatte.

Als erste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Riener. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


11.50.46

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mit dem heute zu beschließenden Beitritt Österreichs zum Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten erfolgt eine Erweiterung des Opferschutzes nicht nur in Österreich. In diesem Überein­kommen des Europarates regeln beigetretene Mitgliedstaaten Verdienstausfall, Hei­lungs-, Behandlungs- und Krankenhauskosten, Bestattungskosten und Ausfall von Un­terhalt. Auch das Wie in Form von Ober- und Untergrenzen, Antragstellung et cetera wird geregelt.

Österreich kann diesem Übereinkommen jetzt beitreten, da mit der Novelle 2005 zum Verbrechensopfergesetz auch Drittstaatenangehörige als Anspruchsberechtigte aufge­nommen wurden. Wir gehen dabei in Österreich über die Erfordernisse dieses Über­einkommens hinaus, da alle Drittstaatenangehörigen, wenn die Tat in Österreich, auf einem österreichischen Schiff oder in einem österreichischen Luftfahrzeug begangen


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wurde, Anspruch auf Entschädigung haben, und nicht nur jene Staatsangehörige der Mitgliedstaaten des Europarates.

Eine Einschränkung musste jedoch getroffen werden: dass die Tat nicht vor dem In-Kraft-Treten der Novelle, also erst nach dem 30. Juni 2005 gesetzt wurde.

Österreich regelt die Hilfen, wie bereits erwähnt, im Verbrechensopfergesetz, das um­fangreichere Hilfsangebote vorsieht als im Übereinkommen normiert.

Zurzeit ist die Fußballweltmeisterschaft in aller Munde. Ein Beispiel zur Veranschauli­chung: Ein österreichischer Fußballfan fährt zu einem Match in ein Land, das diesem Übereinkommen beigetreten ist. Bei Ausschreitungen, wie vor Jahren leider in Frank­reich geschehen, wird dieser Fan schwer verletzt. Er hat nun das Recht auf Entschä­digungszahlungen, egal, ob der Täter bekannt ist oder nicht.

Ein weiteres Beispiel, das es in Österreich Gott sei Dank nicht so häufig wie anderswo gibt: Ein Ausländer wird wegen Rassismus zusammengeschlagen. Dieser Ausländer hat, wenn er sich rechtmäßig in Österreich aufhält – Besucher ebenso wie Asylanten –, Anspruch auf diese Hilfen nach dem Verbrechensopfergesetz.

Als Psychotherapeutin bin ich aber auch stolz darauf, dass Österreich im Verbrechens­opfergesetz schon länger unter Heilfürsorge auch Psychotherapie für Opfer von Ge­walttaten vorsieht. Gerade psychische Folgen auf Grund der Traumatisierung durch Gewalt sind oft langwieriger oder schwerer zu verarbeiten als körperliche Schädigun­gen.

Es sei mir aber auch noch gestattet, zum Thema Gewalt etwas anzusprechen, was mir besonders am Herzen liegt. Wenn wir die Zeitungen aufschlagen, müssen wir mindes­tens einmal in der Woche über Gewalttaten in Familien und über Familientragödien lesen. Wir wissen heute sehr genau, dass sich Gewalt in Familien vor allem dann ent­wickelt, wenn Sprechen nicht mehr stattfindet, wenn nie gelernt wurde, sich verbal mit anderen Meinungen auseinander zu setzen, wenn Sprache nur mehr in Geboten und Verboten vorkommt: Du darfst! Du darfst nicht!, wenn man sich, statt miteinander zu reden, zu streiten, vom Fernsehapparat berieseln lässt.

Ein weiterer Punkt ist der unkritische Konsum von Gewalt im Fernsehen beziehungs­weise in den Computerspielen. Kinder können bei den heutigen Sendungen nicht mehr unterscheiden, was Realität und was Film ist.

Auch wird in unseren Familien die Frustrationstoleranz, das Aushalten von Verletzun­gen und Zurückweisungen nicht mehr gelernt. Das heißt, wenn es um Gewalt geht, haben wir im familiären Bereich viel zu unterstützen.

Ich bedanke mich deshalb ausdrücklich bei allen Beraterinnen und Beratern, die in der Gewaltprävention, in Interventionsstellen und dergleichen arbeiten, für ihren Einsatz. Wir von der ÖVP werden sicherlich nicht müde werden, alles dafür zu tun, dass die Sprachlosigkeit der Gesellschaft nicht voranschreitet, sondern ein wertschätzendes und frohes Miteinander-Sprechen möglich ist. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten von Freiheitlichen – BZÖ.)

11.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.55.10

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bun­desregierung! Ich möchte jetzt sehr konkret erläutern, worum es hauptsächlich geht. Es geht um Menschenhandel, meine sehr geehrten Damen und Herren, und es geht


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um die Folgen des Menschenhandels, der gehandelten – hauptsächlich – Frauen und Kinder, die dann als Opfer in dieser Konvention bedacht werden.

Es sind weltweit bis zu 4 Millionen Menschen, die verschleppt werden. Laut Schätzun­gen der UNO sind es zwischen 700 000 und 2 Millionen Mädchen und Frauen, die ver­schleppt und zur Prostitution gezwungen werden. Und weil die Fußball-WM genannt wurde: Ich kann ein anderes Beispiel dieser Fussball-WM in Deutschland nennen. Es gibt bereits erste Erhebungen von Europol, dass es vermehrt zu Zwangsprostitution gekommen ist während dieser Fußball-WM in Deutschland. Und es wäre nur recht und billig, am Ende dieser Fußball-WM eine Analyse zu machen und zu schauen: Wie viele Opfer von Menschenhandel sind denn dabei? Wie viele illegal prostituierte und zwangsgehandelte Frauen und Mädchen sind denn hier dabei?

Ich glaube, wir dürfen keinesfalls verschweigen, dass der Frauenhandel mittlerweile ein kriminellerer Akt ist als der Drogen- und der Waffenhandel weltweit, meine sehr geehr­ten Damen und Herren. Der Frauenhandel bringt 13 Milliarden Dollar ein – 13 Milliar­den Dollar aus Sklaverei erpresst, denn Frauenkörper kann man mehrmals verkaufen, Drogen und Waffen in der Regel nur einmal.

Gestern Abend war im SWR-Fernsehen ein Beitrag über Frauenhandel in Osteuropa. Gerade da sind wir in Österreich auch Zielland geworden. Besonders Frauen aus Mol­dawien sind eine sehr stark gefährdete Gruppe, Frauen, die brutal in die Prostitution gezwungen werden, die ausgebeutet werden, die weiterverkauft werden, von Zuhälter zu Zuhälter weitergereicht werden. Oft wissen die Freier nicht, dass es sich um zwangsprostituierte Frauen handelt. Diese Frauen haben keine Rechte.

Und jetzt komme ich zum Punkt der Sache. Wenn wir dieser Konvention beitreten, was ich natürlich mehr als begrüße, dann müssten wir auch massiv fordern, in Österreich nationalstaatlich fordern, dass es für die Opfer auch einen Rechtsanspruch beispiels­weise gibt, dass sie, wenn sie gegen ihre Peiniger aussagen, hier einen Aufenthaltstitel erhalten, den Opferschutz rechtlich zuerkannt bekommen, den sie sich verdient haben. Und das fehlt. Das fehlt nationalstaatlich.

Die EU-Ratspräsidentschaft geht zu Ende. Ich habe jetzt in der APA nachgeschaut und habe mir erwartet, einige APA-Meldungen der Frauenministerin zu diesem Thema zu finden. Ich habe unter den Stichworten Rauch-Kallat/Frauenhandel nachgesehen, habe aber nichts gefunden. Absolut nichts hat die Frau Frauenministerin zum Thema Frau­enhandel zu sagen gehabt. Sie hat im Jänner in New York über Genitalverstümmelung referiert – absolut wichtig, keine Frage! –, aber der Frauenhandel ist offenbar nirgends zur Sprache gekommen.

Europaparlamentarierinnen haben sich über Parteigrenzen hinweg zusammengetan und in einer Pressekonferenz Maßnahmen gegen Frauenhandel gefordert. Es wurde vom EU-Parlament ein Internationaler Tag gegen Frauenhandel verabschiedet. – Und aus Österreich keine Stimme der Frauenministerin zu diesem so überaus wichtigen Thema!

Ich denke, unser Antrag, den wir letztens im Justizausschuss eingebracht haben und der von den Regierungsfraktionen vertagt wurde, würde diese Lücke schließen und er­möglichen, dass wir wirkungsvolle Maßnahmen gegen Frauen- und Mädchenhandel ergreifen könnten. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mittermüller. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 



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11.59.18

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Genehmigung des Europäischen Übereinkommens der Entschädigung von Gewaltopfern durch den Staat, auf dessen Hoheitsgebiet die Straftat begangen wurde, ist allen Parlamentspar­teien ein Anliegen. Die Verpflichtung zu Mindestentschädigungsleistungen ist ein wich­tiger Beitrag zum Opferschutz. Je nach Fall sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Ver­dienstausfall, Behandlungs- und Krankenhausaufenthaltskosten sowie Unterhaltsaus­fall abzudecken – ein wesentlicher Aspekt in der Versorgung von Gewaltopfern. Der Opferschutz und die Opferentschädigung in Österreich sind in den letzten Jahren ge­rade unter Bundesministerin Ursula Haubner – ich erinnere an die Kriegsopfer- und „Trümmerfrauen“-Entschädigung – und unter Justizministerin Gastinger bedeutend ver­bessert worden. Ich darf an das Notruftelefon für Opfer erinnern – da gibt es Hilfe und Beratung bis hin zur Rechtsberatung –, an das Anti-Stalking-Gesetz und an die neue Form der Prozessbegleitung. Diese Maßnahmen und Gesetze haben erhebliche Ver­besserungen für Gewaltopfer mit sich gebracht und zeigen, wie ernst diese Bundes­regierung Opferschutz und Opferentschädigung nimmt. (Abg. Heinisch-Hosek: Hier geht es um verschleppte Menschen ...!)

Heute setzen wir mit diesem Europäischen Übereinkommen in dieser Angelegenheit unter Bundesministerin Ursula Haubner ein weiteres positives Zeichen für die Betrof­fenen, welches uns allen ein gemeinsames Anliegen ist. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Diese Ratifizierung ist eine Pflichtübung!)

12.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner kommt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.01.18

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Kollegin Mittermüller, wenn Sie mir nur eines erklären könnten, wäre ich schon sehr dankbar: Was haben die „Trümmerfrauen“ mit den Opfern von Menschenhandel gemeinsam? (Abg. Heinisch-Hosek: Ja! – Abg. Wattaul: Die Gemeinsamkeit ist der Opferschutz! – Weitere Zwischenrufe.) Meiner An­sicht nach haben Sie da wirklich ordentlich danebengegriffen. (Abg. Heinisch-Hosek: Falscher Zettel!)

„Trümmerfrauen“-Gabe 300 €: eine Sache; unsere Kritik daran: eine andere Sache. (Zwischenrufe bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.) Man kann darüber disku­tieren. Aber wir reden hier über etwas anderes: Wir reden hier über Verbrechensopfer. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) Wir reden hier darüber – und da bin ich Kollegin Hei­nisch-Hosek schon dankbar –, und wir machen hier im Bereich der sozialen Absiche­rung von Verbrechensopfern etwas, was gut ist und was wir innerstaatlich eigentlich schon ganz gut geregelt haben, was wir aber für Verbrechensopfer auf der rechtlichen Ebene noch nicht geregelt haben, gerade was den Menschenhandel betrifft, Frauen und Kinder, die davon betroffenen Opfer.

Da Sie, Frau Kollegin Mittermüller, oder eine Ihrer Vorrednerinnen das auch angespro­chen haben: Es ist gut und schön, und ich halte es auch für richtig, dass diese Opfer eine sozialrechtliche Entschädigung erhalten können. Nur fürchte ich, dass sie in vielen Fällen nicht dazu kommen werden. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) Sie werden ein­fach wieder dorthin geliefert, abgeschoben, wo sie herkommen, und das auch noch in den meisten Fällen verbunden mit der deutlichen Erpressungsdrohung der Täter: Wenn du den Mund aufmachst, dann bist du dran, oder die Familie!


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Wir brauchen hier also schon noch etwas anderes, Frau Kollegin Mittermüller, nämlich das, was Frau Kollegin Heinisch-Hosek angesprochen hat. (Abg. Wattaul: Das kannst du auch nur EU-weit machen!) Daher können wir uns in diesem Bereich ganz sicher noch nicht auf die Schulter klopfen und sagen: Wir sind gut! – überhaupt nicht! (Abg. Wattaul: Das geht nur EU-weit!)

Was den Menschenhandel betrifft, den Handel mit Frauen und Kindern – und hier, mei­ne ich, handelt es sich um Verbrechensopfer; es gibt auch andere Verbrechensopfer –, da haben wir noch einiges vor uns. Und da würde ich mir wünschen, dass bei einigen auch die ideologischen Scheuklappen noch etwas abgelegt werden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Schopf. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


12.04.02

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Bei dieser Ratifizierung – und es ist mir wichtig, das zu erwähnen – geht es auch darum, dass Menschen aus so genannten Drittstaaten die Möglichkeit bekommen, von der Republik Österreich eine entsprechende Entschädigung zu erhalten. Meine Damen und Herren, mit dieser Rati­fizierung werden wir uns verpflichten – und das ist gut so –, dass nicht nur Opfer von Gewalttaten, sondern auch unterhaltsberechtigte Hinterbliebene die Möglichkeit be­kommen, von der Republik Österreich eine finanzielle Entschädigung zu erhalten.

Es muss auch gesagt werden, dass mittlerweile 20 Staaten des Europarates diese Re­gelung ratifiziert haben; Österreich wird dies, so hoffe ich, in wenigen Minuten einstim­mig tun. Wir werden uns dann gemeinsam verpflichten, je nach Lage des Falles Ent­schädigungen zu zahlen: Entschädigungen für Verdienstausfall, für Heilbehandlungs­kosten, für Krankenhauskosten, für Arztkosten, für Bestattungskosten. Was ebenfalls sehr wichtig ist: auch Unterhaltskosten sind hievon betroffen.

Als Voraussetzung muss gegeben sein, dass diese Straftat auf österreichischem Ho­heitsgebiet begangen worden ist oder dass diese Straftat in einem österreichischen Flugzeug oder auf einem österreichischen Schiff begangen worden ist. Wichtig ist auch noch zu erwähnen, dass die Opfer ihren ständigen Aufenthalt in unserer Republik ha­ben.

Meine Damen und Herren, mir ist es außerdem wichtig zu erwähnen, dass ein Ent­schädigungsanspruch auch dann gegeben ist, wenn der Täter, egal aus welchen Grün­den, nicht verfolgt oder bestraft werden kann.

Das sind die Gründe, warum unsere Fraktion dieser Ratifizierung die Zustimmung ge­ben wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich Frau Bundesministerin Haubner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 


12.06.37

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir mit der Novelle des Verbrechensopfergesetzes 2005, das auch auf Dritt­staatenangehörige ausgeweitet wird, den eigentlichen Hinderungsgrund beseitigt ha­ben, der uns bisher davon abgehalten hat, dem Europäischen Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten beizutreten. Wir haben also diesen Hin-


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derungsgrund beseitigt und haben auch insgesamt gezeigt – gerade bei der Novelle des Verbrechensopfergesetzes, das im Parlament einstimmig beschlossen wurde –, dass für uns in Österreich Opferschutz und Opferprävention nicht nur Schlagworte sind, sondern auch ein echtes Bedürfnis darstellen.

Hier ist es selbstverständlich wichtig, nicht nur zu sagen, dass alles in Ordnung ist und dass wir nichts mehr zu tun haben; da stimme ich auch mit Vorrednern überein. Aber wir haben in den letzten Jahren doch auch sehr vieles in diesem Bereich verbessert. Das ist nicht nur im Bereich meiner Kompetenzen geschehen, im Bereich des Sozial­ministeriums, wenn ich etwa daran denke, dass wir mit der im letzten Jahr erfolgten Novellierung erstmals eine Mindestsicherung für Verbrechensopfer in der Höhe der Ausgleichszulage geschaffen haben, dass wir im Bereich der Psychotherapiebehand­lung wesentliche Verbesserungen, vor allem auch rückwirkend, gemacht haben und dass wir wesentliche Verbesserungen erreicht haben, was den Schadenersatz bei ver­schiedenen Hilfsmitteln anbelangt, wenn bei Verbrechen Opfer zu Schaden gekommen sind.

Dazu gehört natürlich auch, dass wir die Opferanliegen im Bereich des Strafrechtes wesentlich mehr berücksichtigen. In dieser Hinsicht ist mit 1. Jänner 2006 gerade im Rahmen des Strafprozessreformgesetzes Wesentliches geschehen, ohne dass ich jetzt auf Details eingehe wie die Prozessbegleitung, den kostenlosen Rechtsbeistand und vieles mehr, was auch Thema hier im Parlament gewesen ist.

Daher muss man die Dinge sehr stark vernetzt sehen. Ich denke, gerade im angespro­chenen Bereich des Menschenhandels ist sicherlich noch einiges zu tun. Hier vertraue ich auch auf die zuständigen Ministerinnen, die insbesondere auch im Bereich des Fremdenrechtspaketes nach guten Möglichkeiten suchen, damit nicht mit zweierlei Maß gemessen wird.

Ich darf darauf hinweisen, dass wir seitens des Ministeriums sehr stark auch Einrich­tungen und Institutionen unterstützen, die Opfern Hilfe anbieten, sei es jetzt der Verein Neustart, sei es die Organisation Weißer Ring, seien es die Kinderschutzzentren oder die Frauenhäuser. Auch hier muss man die Dinge in einem großen Zusammenhang sehen. Es ist ein großes Bemühen, die Bereiche möglichst breit abzudecken, dass Opferschutz nicht nur in eine Richtung geht, dass Prävention nicht nur in eine Richtung geht, sondern dass dies insgesamt ein breites gesellschaftliches Anliegen ist, wobei wir mit einem Bündel von Maßnahmen verschiedenste Antworten geben müssen.

Daher bin ich, wie gesagt, sehr froh darüber, dass wir jetzt diesem Europäischen Über­einkommen beitreten können, weil wir bisher die Dinge auf den richtigen Weg ge­schickt haben. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

12.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozi­ales, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Europäisches Überein­kommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten samt Vorbehalt und Erklä­rung der Republik Österreich, 1445 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.


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Ich lasse jetzt über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, wonach der vorliegende Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

12.11.346. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 776/A (E) der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Maximilian Walch, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesellschaftliche Anerkennung der Tätigkeit von Freiwilligen im allge­meinen gesellschaftlichen Interesse (1484 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir kommen daher zur Debatte.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. Wunschredezeit: 4 Mi­nuten. – Bitte.

 


12.12.16

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Wenn Österreich heute nicht nur in Europa, sondern weltweit immer wieder als Modellland erwähnt und genannt wird, dann ist das nicht nur auf heraus­ragende Entwicklungen im Bereich der Wirtschaft, aber auch auf Reformen zurückzu­führen, nicht nur auf hervorragende Daten im wirtschaftlichen Bereich, im Arbeitsmarkt­bereich, im kulturellen Bereich, sondern es ist dies insbesondere auch das Ergebnis der herausragenden Leistungen einer Zivilgesellschaft, die auf den unterschiedlichsten Gebieten auch im Weltmaßstab wirklich herausragende Leistungen geschaffen hat.

Man kann heute sagen: Unsere Lebensqualität, die typisch österreichische Lebens­qualität, ist ohne diese Leistungen gar nicht mehr denkbar, ganz egal, ob es jetzt das Gebiet der Sicherheit betrifft, wenn wir eben an Rettung, Feuerwehr und so weiter den­ken, oder das Gebiet des Sozialen: Organisationen wie „Hilfswerk“, „Volkshilfe“ oder Caritas, aber auch „Möwe“ und „Rote Nasen“, wie immer sie auch heißen mögen. Aber auch Organisationen im Bereich der Kultur, im Bereich der Bildung, insbesondere der Erwachsenenbildung, oder im Bereich des Sports leisten derart Hervorragendes, dass unsere Lebensqualität im internationalen Maßstab tatsächlich eine herausragende Spitzenposition erreicht hat.

Im Zuge des Hochwassers von 2002 hat sich insgesamt eine Diskussion entwickelt, die sich nicht nur darauf gerichtet hat, wie man diese Leistungen – insbesondere bei den Freiwilligenorganisationen, die in Katastropheneinsätzen im Zivilschutzbereich tätig sind – besser anerkennen kann, sondern auch darauf, inwieweit es nützlich und not­wendig ist, neben immateriellen Anerkennungen und Unterstützungen auch materielle Anerkennungen und Unterstützungen zu geben. Es wurde auch ein Rat für österreichi­sche Freiwilligenarbeit eingerichtet, der diesbezüglich bereits einige sehr wertvolle Bei­träge geleistet hat. Es ist auf der Grundlage dieser Empfehlungen etwa zur Entwick­lung des österreichischen Freiwilligenpasses gekommen.

Natürlich hat sich diese Diskussion angesichts des letzten Hochwassers neuerlich ver­stärkt, und zwar auch im Bereich der materiellen Fragen. So wird etwa gefragt: Wie kann man den Einsatz von Kräften, die in Arbeit stehen, entgelten oder abgelten, oder


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wie kann man das besser anerkennen? – Dazu gibt es noch keine ausreichende Grundlage, die man jetzt schon für ein Gesetz heranziehen könnte, sondern viele Überlegungen, die in die unterschiedlichsten Richtungen gehen.

Ich muss sagen, es werden gerade aus dem Bereich der Freiwilligen Feuerwehr auch immer wieder Bedenken gegen die Abgeltung persönlicher Leistungen in der Freiwilli­genarbeit geäußert, weil man davon ausgeht, dass so das Prinzip der Freiwilligkeit früher oder später in Frage gestellt werden könnte, dass es zu einer Differenzierung und natürlich auch zu entsprechenden Spaltungen kommen könnte.

Jedenfalls erscheint es uns aber ganz, ganz wichtig, dass wir uns mit der Absicherung, der arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Absicherung der Leute, die im Einsatz ste­hen, näher beschäftigen, und das werden wir auch tun. Diesbezüglich gibt es eben den Wunsch des Parlaments an die beiden zuständigen Ressorts, hier weiterzuarbeiten und auch auf der Grundlage des im September dieses Jahres zu erwartenden Berichts möglichst konkrete Vorschläge zu erarbeiten.

Zum Schluss möchte ich allen Freiwilligenorganisationen ein herzliches Danke für die wirklich herausragenden Leistungen sagen! Ich habe gerade beim letzten Hochwasser an der March tagtäglich erlebt, mit welchem Idealismus, aber auch mit welchem Kön­nen und mit welchem Engagement dort Tausende, ja Zehntausende Leute bereit waren, auf freiwillige Art und Weise ihren Einsatz zu leisten. Ich kann nur sagen, es gebührt ihnen der Dank nicht nur der Betroffenen, sondern des gesamten österreichi­schen Volkes! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie von Freiheitli­chen – BZÖ.)

12.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Silhavy. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.16.50

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ja, Herr Kollege Fasslabend, es ist richtig: Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer von Rettungs- und Hilfsorganisationen, überhaupt die gesamte ehrenamtliche Tätigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil auch des Wohlstands in Österreich – kein Widerspruch! Wir alle stehen auch nicht an, vor allem dann – bedauernswerterweise vor allem dann –, wenn es zu Katastrophenein­sätzen kommt, all diesen Organisationen, all den einzelnen Menschen, die als ehren­amtliche Helferinnen und Helfer tätig sind, unseren Dank auszusprechen. Ich schließe mich Ihnen gerne an, hier und heute – dankenswerterweise ohne einen aktuellen schlimmen Vorfall sozusagen – all den Menschen, die sich für die Freiwilligenarbeit zur Verfügung stellen, auch unseren herzlichsten Dank zu überbringen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Freiheitlichen – BZÖ.)

Wir werden auch dieser Entschließung zustimmen. Sie wissen aber, wir tun es – ich sage es einmal so – nicht ganz ehrlichen Herzens. Wir haben einen eigenen Antrag eingebracht; ich werde auch heute wieder einen Entschließungsantrag einbringen, der diesen Text beinhaltet. Ich werde das auch wie folgt begründen:

Der Freiwilligenrat hat bereits im Oktober 2004 ein Aktionsprogramm Freiwilligenarbeit erstellt. Wir haben auf Grund dieses Aktionsprogramms unseren Entschließungsantrag formuliert, der bereits sehr konkrete Forderungen an die beiden anwesenden Minister, also an die Frau Minister und an den Herrn Minister, stellt. Sie haben dazu Ihre Zustim­mung leider nicht geben können und haben einen Antrag eingebracht, der sehr allge­mein gehalten ist und keine konkreten Forderungen und Verbesserungen aufzuweisen hat.


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Ich glaube aber, dass es für die freiwilligen Helferinnen und Helfer tatsächlich notwen­dig ist, dort, wo es um ihre eigene Absicherung geht, nicht nur bedankt und ausge­zeichnet zu werden. Ich möchte jetzt all die Bemühungen um Freiwilligenpass und Ehrungen von Freiwilligen des Jahres nicht mies machen, aber ich denke mir, es geht schon darum, sozusagen auch für die eigene Sicherheit der Betroffenen einmal tat­sächlich unsere gesamtgesellschaftliche Verpflichtung zu übernehmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Dienstfreistellung für freiwillige HelferInnen bei Katastrophen und Aus­gleich für DienstgeberInnen von freiwilligen KatastrophenhelferInnen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regie­rungsvorlage zu übermitteln, mit der alle arbeits- und sozialrechtlichen Nachteile für freiwillige und ehrenamtliche HelferInnen von Rettungs- und Hilfsorganisationen besei­tigt werden. Insbesondere soll ein genereller Anspruch auf Dienst- bzw. Arbeitsfreistel­lung mit Entgeltfortzahlungsanspruch für die Dauer des Einsatzes inklusive einer ange­messenen Ruhezeit geschaffen werden.

Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert rasch mit den Ländern Verhandlungen mit dem Ziel aufzunehmen, dass in den entsprechenden Landesgesetzen adäquate Regelungen in Bezug auf das Dienst- und Besoldungsrecht umgesetzt werden. Dem Nationalrat ist über das Ergebnis zu berichten.

Die Bundesregierung wird darüber hinaus aufgefordert dem Nationalrat eine Vorlage zu übermitteln, die sicherstellt, dass kleinen und mittleren Unternehmen die von ihnen geleistete Entgeltfortzahlung für ihre freigestellten ArbeitnehmerInnen und der nachge­wiesene Einkommensausfall durch die Freistellung der Arbeitskräfte ersetzt wird.

Hinsichtlich der Finanzierung wird die Bundesregierung aufgefordert Mittel des Kata­strophenfonds unter Einbeziehung einer Länder-Kofinanzierung bereitzustellen und darüber mit den Finanzausgleichsparteien sowie den Sozialpartnern rasch in Verhand­lungen einzutreten und danach eine Regelung durch Bundesgesetz umzusetzen.“

*****

Sie sehen, meine Damen und Herren, dieser Entschließungsantrag ist eben auch nur ein Entschließungsantrag und kein Gesetzestext, damit wir nicht sozusagen die Regie­rung unter Zwänge bringen, während noch Verhandlungen zu führen sind. Dennoch ist es bereits eine konkretere Umsetzung oder ein Wunsch nach konkreterer Umsetzung dessen, was das Aktionsprogramm beinhaltet, was die Freiwilligenorganisationen wün­schen, als – leider! – der Entschließungsantrag, auf den sich alle vier Parteien einigen konnten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Frau Abgeordneter Silhavy ein­gebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.


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Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Dienstfreistellung für freiwillige HelferInnen bei Katastrophen und Aus­gleich für DienstgeberInnen von freiwilligen KatastrophenhelferInnen eingebracht im Zuge der Debatte zu 1484 d. B.

Freiwillige und ehrenamtliche HelferInnen, wie Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren, von Rettungsorganisationen, der Bergwacht, der Bergrettung, u.s.w. – leisten in Kata­strophenfällen wertvolle Dienste für die Menschen. Ohne sie könnte in vielen Fällen nicht so rasch Hilfe geleistet werden und die Auswirkungen von Katastrophen (Scha­densereignissen) wären noch viel schlimmer.

Die Bedeutung der Freiwilligen und ehrenamtlichen KatastrophenhelferInnen findet im Arbeits- und Dienstrecht allerdings keine Entsprechung. Weder im öffentlichen Dienst noch im Bereich der privatrechtlichen Dienstverhältnisse gibt es einen expliziten Rechtsanspruch auf Dienstfreistellung. Das heißt, es liegt zum größten Teil im Ermes­sen der ArbeitgeberInnen, ob MitarbeiterInnen im Katastrophenfall freiwillig mithelfen können.

Es ist aber auch nicht einsehbar, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) für den Entfall die ihnen durch das Fernbleiben der MitarbeiterInnen entsteht, aufkommen müssen.

Es ist daher dringend notwendig klare gesetzliche Regelungen zu schaffen, um den freiwilligen und ehrenamtlichen HelferInnen in Katastrophenfällen für die Dauer ihres Einsatzes inklusive einer angemessenen Ruhezeit Dienstfreistellung unter Entgeltfort­zahlung zu gewähren. Gleichzeitig soll den betroffenen kleinen und mittleren Unterneh­men ein finanzieller Ausgleich für das Fernbleiben ihrer Mitarbeiter in einem Einsatzfall gewährt werden.

Die Notwendigkeit der Mithilfe von Freiwilligen und ehrenamtlichen HelferInnen wird von keiner politischen oder gesellschaftlich Gruppe bestritten. Dieser breite Konsens soll in der beantragten Änderung des Arbeitsrechts und des Dienstrechtes auf Bundes- und Landesebene seinen Niederschlag finden und damit die Wertschätzung und Aner­kennung für die geleistete Arbeit auch zum Ausdruck gebracht werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regie­rungsvorlage zu übermitteln, mit der alle arbeits- und sozialrechtlichen Nachteile für freiwillige und ehrenamtliche HelferInnen von Rettungs- und Hilfsorganisationen besei­tigt werden. Insbesondere soll ein genereller Anspruch auf Dienst- bzw. Arbeitsfreistel­lung mit Entgeltfortzahlungsanspruch für die Dauer des Einsatzes inklusive einer ange­messenen Ruhezeit geschaffen werden.

Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert rasch mit den Ländern Verhandlungen mit dem Ziel aufzunehmen, dass in den entsprechenden Landesgesetzen adäquate Regelungen in Bezug auf das Dienst- und Besoldungsrecht umgesetzt werden. Dem Nationalrat ist über das Ergebnis zu berichten.


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Die Bundesregierung wird darüber hinaus aufgefordert dem Nationalrat eine Vorlage zu übermitteln, die sicherstellt, dass kleinen und mittleren Unternehmen, die von ihnen geleistete Entgeltfortzahlung für ihre freigestellten ArbeitnehmerInnen und den nachge­wiesenen Einkommensausfall durch die Freistellung der Arbeitskräfte ersetzt wird.

Hinsichtlich der Finanzierung wird die Bundesregierung aufgefordert Mittel des Kata­strophenfonds unter Einbeziehung einer Länder-Kofinanzierung bereit zu stellen und darüber mit den Finanzausgleichsparteien sowie den Sozialpartnern rasch in Verhand­lungen einzutreten und danach eine Regelung durch Bundesgesetz umzusetzen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Walch zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.21.05

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist erfreulich: Alle Parteien hier im Parlament unterstützen diese Re­gelung. Wir werden gemeinsam, so glaube ich, zu einem positiven Ziel kommen.

Ich möchte auch die Gelegenheit nützen, allen ehrenamtlichen Mitarbeitern – ob das bei Feuerwehr, Rettung oder anderen Organisationen ist – Danke zu sagen für ihre Leistungen, die sie in den letzten Jahrzehnten oder speziell in den letzten fünf Jahren, insbesondere beim großen Hochwasser 2002, erbracht haben. Sie waren Tag und Nacht im Einsatz, haben Leben und Gesundheit aufs Spiel gesetzt, und das unent­geltlich. Ich meine, das ist unbezahlbar! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Nächstenhilfe wird in Österreich groß geschrieben, wie ich schon gesagt habe, und darum ist es auch wichtig, dass diese Helfer, wenn sie im Einsatz sind und irgendetwas passiert, rechtlich entsprechend abgesichert sind. Daher wurde auch dieses Arbeits­gremium gegründet, das gemeinsam Vorschläge ausarbeiten wird, und die Länder wer­den mit einbezogen, denn irgendwer muss das Ganze ja zahlen. So werden wir dann hier gemeinsam eine sinnvolle Gesetzesvorlage zur Diskussion und zur Abstimmung vorliegen haben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllin­ger zu Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


12.22.50

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Was soll man zu dem, was da vorgeschlagen ist, sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Natürlich sind den freiwilligen Helferinnen und Helfern Lob und Anerkennung und Dank auszuspre­chen für ihre Arbeit, die sehr oft unbedankt ist, aber auch sehr oft bedankt wird. Und da hat man manchmal den Eindruck, dass im Bereich der Freiwilligenarbeit, aber auch im Bereich der sozialen Arbeit insgesamt sehr viel mit Lob und Dank und Hochpreisen ge­arbeitet wird – und sehr viel weniger mit materieller Anerkennung.

Jetzt sage ich ganz klar dazu: Im Bereich der Freiwilligenarbeit steht das auch nicht zur Debatte. Wir können froh sein, dass es dieses gesellschaftliche Engagement noch gibt, auch wenn es immer schwieriger wird in bestimmten Bereichen. Dann aber herzuge­hen und zu sagen: Weil es immer schwieriger wird, müssen wir uns öfter bedanken!, das reicht nicht aus.


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Da wäre es auch wichtig, dort, wo freiwillige Helfer, Helferinnen tatsächlich Not leiden können – dann nämlich, wenn ihre Tätigkeit mit ihrem beruflichen Engagement nicht gut zusammenpasst, wenn sie da in Schwierigkeiten kommen, wenn es nicht so ein­fach geht –, auch eine Überbrückung und Anerkennung anzubieten. Das hätte der An­trag der Sozialdemokraten zum Inhalt, den wir in der Vergangenheit, nämlich rund um die Hochwassersituation, schon in einer ähnlichen Form eingebracht haben.

Das, was Sie jetzt machen, ist einmal mehr ein Aussprechen der Anerkennung im eher wolkigen Bereich. Ich bin da nicht dagegen, wie gesagt, auch wir schätzen und bedan­ken uns für die Arbeit, aber noch einmal: Im Bereich der sozialen Arbeit, im Bereich der Freiwilligenarbeit wird sehr oft gelobt und gedankt, anstatt auch diese Arbeiten entspre­chend wertzuschätzen. Und Wertschätzung in dieser Gesellschaft funktioniert, zumin­dest in den allermeisten Fällen, immer nur über das Geld.

Jetzt braucht die Freiwilligenarbeit zwar nicht das Geld, aber sie braucht in der Notsitu­ation ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) – Ach, Herr Bar­tenstein ist anderer Meinung! Das Geld spielt überhaupt keine Rolle, oder? (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) – Sie sagen etwas? Auf diesen Beitrag bin ich jetzt ganz besonders gespannt. Das war jetzt richtig erfrischend, dass Sie sich in dem Moment, in dem ich das Geld direkt angesprochen habe, gemel­det haben. Das finde ich ja positiv, dass Sie da einen Zwischenruf gemacht haben.

Wie gesagt: Es geht bei der Freiwilligenarbeit nicht um das Geld, um die materielle Anerkennung, das wäre ja ein Widerspruch in sich, sondern es geht darum, dass in be­stimmten Notsituationen dort, wo es die Leute auch brauchen, Überbrückungshilfen in Form von Karenzen, Urlauben et cetera zur Verfügung gestellt werden, und zwar dort, wo es notwendig ist. Das ist das Minimum! Auch ein entsprechender sozialversiche­rungsrechtlicher Schutz ist notwendig. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

 


12.26.24

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Öllinger, ich bin hellhörig geworden, als Sie erläutert haben, dass in unserer Gesellschaft – und Sie haben das mit einem gewissen Bedau­ern gesagt – Wertschätzung im Regelfall durch Geld ausgedrückt wird. Gerade das ist die Grenze, wo wir bei der Freiwilligenarbeit auch von unserer Seite aus vorsichtig sein müssen, weil Freiwillige in aller Regel die Leistungen erbringen, weil sie freiwillig sind, und dafür eine Bezahlung nicht nur nicht erwarten, sondern in den allermeisten Fällen sogar ablehnen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und dabei wollen wir auch bleiben. (Abg. Öllinger: Ich habe auch soziale Arbeit angesprochen!)

Ich möchte mich jenen Rednern anschließen, die Österreichs Freiwilligen gedankt haben. Ich habe den Eindruck, dass Freiwilligenarbeit gerade in Österreich noch ein Stückchen besser funktioniert als in anderen vergleichbaren Ländern. Großartig, was hier geleistet wird. Ich darf daran erinnern, dass wir da und dort immer wieder auch schon Akzente gesetzt haben, um soziale Absicherungen besser zu ermöglichen oder finanziell etwas günstiger zu gestalten. Dafür gibt es Beispiele.

Ausgehend von den Naturkatastrophen der letzten Jahre – in diesem Falle die Hoch­wasserkatastrophe vor allem an der March – war einmal mehr die Hauptsorge, die da in den Medien und auch sonst geäußert wurde, das bestehende Risiko, dass Freiwil­lige, die vom Dienst fernbleiben, aus diesem Grund gekündigt oder gar entlassen wer­den können.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus Sicht des Arbeitsressorts gibt es zu die­sem Thema nicht einmal eine Rechtsprechung, weil es offensichtlich keine Anlassfälle gibt, auf denen sich eine derartige Rechtsprechung hätte aufbauen können. Wir sind der Auffassung, dass es aber sehr wohl die Rechtsansicht gibt, dass in solchen Fällen eine Entlassung unberechtigt wäre. Abgesehen davon, dass sie offensichtlich Gott sei Dank nicht stattfindet, wäre sie unberechtigt und nicht gerechtfertigt. Diese Rechtsan­sicht ist eine, die letztlich als Verhinderungsgründe für das Fernbleiben vom Dienst auch öffentliche und tatsächliche Gründe in Betracht zieht.

Ausgehend von dieser Rechtsansicht meines Hauses werden wir jetzt natürlich ge­meinsam mit den Sozialpartnern und aufbauend auf dem, was der Freiwilligenrat hier vorlegt, im Sinne des Entschließungsantrages des Hohes Hauses – er ist ja meines Wissens einstimmig im Ausschuss beschlossen worden – hier Arbeiten und Vorschlä­ge machen, um Netze vielleicht noch etwas dichter zu knüpfen, um vielleicht dieser Rechtsansicht dann auch durch entsprechende Textierungen noch mehr Stellenwert zu geben.

Großes Aber: Ich denke, wir müssen uns sehr wohl der Ambivalenz dieses Themas bewusst sein. Dann nämlich, wenn wir dieses Thema überschießend behandeln und beantworten, wie das eben, Frau Abgeordnete Silhavy, aus meiner Sicht in Ihrem Ent­schließungsantrag geschieht, mit dem ein genereller Anspruch auf Dienst- und Arbeits­freistellung mit Entgeltfortzahlungsanspruch inklusive einer angemessenen Ruhezeit gefordert wird. Und wenn es sich dabei um KMUs handelt, dann sollen die Kosten von irgendwo wieder rückerstattet werden.

Das ist eben aus unserer Sicht überschießend und würde nicht selten potentiellen frei­willigen Helfern, zum Beispiel Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr, das Stigma umhängen, dass die das dann unter Umständen bei jeder sich bietenden Gelegenheit in Anspruch nehmen. Die klare Definition eines Einsatzes, eines Katastropheneinsat­zes, und, und, und, das wissen Sie genauso wie ich, wäre sehr, sehr schwierig.

Das kann man im Nachhinein sehr leicht feststellen – der Katastropheneinsatz beim Hochwasser an der March war ein solcher –, aber um hier Rechtssicherheit zu schaf­fen, müssen Sie da schon ein Stückchen tiefer gehend einsteigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist zwar von Herrn Abgeordnetem Leut­ner in der Ausschusssitzung bezweifelt worden – eigenartig, weil er ja ein „Ober-Sozial­partner“ ist, und zwar im guten Sinne des Wortes –, dass die Sozialpartner hier zu einer Lösung kommen würden. Ich lasse mir meinen Optimismus in Sachen Leistungs­fähigkeit der Sozialpartnerschaft auch in Zeiten wie diesen nicht nehmen. Deswegen werden wir die Sozialpartner in dieser Frage sicherlich konsultieren. Es geht um mehr Rechtssicherheit, es geht nicht nur um ein Dankeschön, sondern um ein Mehr gegen­über dem Status quo, wobei wir uns auf eine Rechtsansicht beziehen müssen.

So gesehen bedanke ich mich für diese gemeinschaftliche Aufforderung des Hohen Hauses, hier tätig zu werden. Wir werden das dann in dem Sinne, in dem ich das jetzt kurz zu erläutern versucht habe, engagiert angehen, und dann wiederum an das Hohe Haus berichten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

12.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Stadler zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


12.31.11

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundesminister und Staatssekretäre! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hau­ses! Die Anerkennung der Freiwilligenarbeit hat gerade in den letzten Jahren, in denen


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schwere Katastrophen unser Land betroffen haben, eine noch höhere Brisanz bekom­men. Die Freiwilligen Feuerwehren und alle anderen Freiwilligen-Organisationen, die mit Ehrenamtlichen arbeiten, haben sich höchste Verdienste erworben. Im Zuge dieser Katastropheneinsätze, die sich über einen sehr langen Einsatzzeitraum erstreckt ha­ben, ist auch die Diskussion über aufgetretene Problemstellungen begonnen worden.

Es ist wichtig und richtig, dass alle politischen Verantwortlichen alles unternehmen, da­mit Maßnahmen gesetzt werden, die sinnvoll und zielgerichtet sind. Wichtig ist aber auch, dass wir mit den Vertretern der Freiwilligen-Organisationen eine Lösung erarbei­ten, denn arbeitsrechtlich, und das hat unser Bundesminister schon erklärt, ist ein Fernbleiben von der Arbeitsstätte, wenn der Grund die Erfüllung von Aufgaben im öffentlichen Interesse im Rahmen eines Katastropheneinsatzes ist, kein Entlassungs­grund.

Nicht richtig und nicht zielführend ist, wenn man hier polemisiert und entsprechende Aussagen tätigt. Es ist auch keine „Wolke“, wie Kollege Öllinger gemeint hat, sondern es ist ein richtiger Weg, wenn gemeinsam mit Sozialpartnern, Ländern, mit Vertretern der Freiwilligen-Organisationen Problemstellungen erörtert werden, Lösungen gesucht werden. Erst dann ist es sinnvoll, bundespolitische Entscheidungen zu treffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Abgeordnete einer ländlichen Region im Tiroler Oberland weiß ich, wie wichtig die Freiwilligen Feuerwehren, aber auch alle an­deren Freiwilligen-Organisationen sind, die im Katastrophenfall schnell und unkompli­ziert handeln. Im Winter wie im Sommer ist es für die Menschen äußerst wichtig, zu wissen, dass es tausende Menschen gibt, die in Bereitschaft sind. Ich bin auch sehr stolz darauf, dass wir in einem Land leben, in dem es noch selbstverständlich ist, zu helfen, ohne dass wir fragen, was wir dafür bekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man anderen hilft, ist unser Lohn nicht das, was wir dafür bekommen, sondern das, was wir daraus werden. Und das ist auch der Wert einer Gesellschaft. Kollege Öllinger hat gemeint, es müssten immer materielle Entschädigungen sein. – Nein, es ist auch ein Wert einer Gesellschaft zu helfen, ohne nachzudenken, was man dafür bekommt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Darum sollten wir uns gemeinsam davor hüten, überzuregulieren, sondern wir sollten uns gemeinsam bemühen, dass wir die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, damit wir in unserem Land den Freiwilligeneinsatz fördern und nicht behindern oder vielleicht gänzlich verschwinden lassen. Ich bin davon überzeugt, dass der vorliegende Antrag der richtige Ansatz dafür ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

12.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Leutner zu Wort. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Molterer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Leutner –: Noch Abgeordne­ter! Noch!)

 


12.34.27

Abgeordneter Dr. Richard Leutner (SPÖ): Herr Minister! Frau Ministerin! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Ich meine, dass es prinzipiell gut ist, dass in der Frage der gesellschaftlichen Anerkennung der Tätigkeit von freiwilligen Helfern hier in diesem Haus eine breite Übereinstimmung besteht. Gerade die Hochwasserkatastro­phe 2002 und die jüngeren Erfahrungen haben aber gezeigt, dass wir Handlungsbedarf haben, vor allem in einem Punkt, nämlich dort, wo es um die rechtliche Absicherung der Helfer und Helferinnen geht.


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Ich denke jedoch schon, und da stehe ich ein bisschen im Gegensatz zu meiner Vor­rednerin, dass diese rechtliche Absicherung an einem Punkt nicht vorbeikommt, und das ist doch der generelle Anspruch auf Dienstfreistellung auch mit Entgeltfortzahlung im Einsatzfall. Wieso? – Immer wenn Österreich eine Hochwasserkatastrophe zu erlei­den hatte, am zweiten Tag, meine Damen und Herren, bekommen alle Interessenver­tretungen Anrufe von den Medien: Wie sind denn die Leute überhaupt arbeitsrechtlich abgesichert?

Bei allem Respekt vor den Juristen Ihres Hauses, den ich habe: Es gibt dann immer drei Meinungen. Die einen Juristen sagen: Ja, sie sind abgesichert. Die zweiten Juris­ten aus der Wirtschaftskammer sagen: Nein, und die meisten Juristen sagen: Es herrscht totale Unklarheit. Das geschieht immer am zweiten Tag einer Hochwasser­katastrophe. Und da kommt dann sehr viel Verunsicherung heraus, denn die Medien kennen sich nicht aus, die Leute kennen sich nicht aus, die Interessenvertretungen kennen sich nicht aus, niemand kennt sich aus. Deshalb meine ich, dass wir eine bun­desweite Regelung dafür brauchen.

Für Sozialpartnergespräche bin ich jedenfalls offen, allerdings meine ich aus meiner mittlerweile zehnjährigen Erfahrung mit dieser Materie heraus, dass sich die Arbeitge­ber in der Anspruchsfrage ein bisschen bewegen müssten. Wir haben ihnen mit dem Finanzausgleich für KMUs über eine Fondsregelung, die man im Arbeitsrecht durchaus kennt, eine Brücke geboten.

Ich hoffe, wenn es schon in dieser Legislaturperiode wieder nicht geht, dass es wenigs­tens in einer nächster Legislaturperiode sein kann und wir zu einer besseren Absiche­rung für die freiwilligen Helferinnen und Helfer kommen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mitter­müller zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.36.48

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Dank und An­erkennung jenen Menschen in Österreich zukommen zu lassen, welche durch ihre Freiwilligenarbeit einen wichtigen Beitrag in unserer Gesellschaft leisten – das wurde heute ja schon mehrfach angesprochen –, war unserer Bundesregierung immer ein wichtiges Anliegen. So haben wir heuer bereits das sechste Jahr, in dem Freiwillige in sechs verschiedenen Kategorien von unserer Frau Bundesminister Haubner geehrt und prämiert wurden. Eine ganz wichtige Gruppe ist dabei jene der freiwilligen Helfer, welche in Krisen, bei Unfällen und in Katastrophenfällen zum Einsatz bereit sind.

In 4 544 Freiwilligen Feuerwehren sind mehr als 300 000 Feuerwehrleute österreich­weit im Einsatz. Die Österreichische Wasserrettung zählt 13 000 Mitglieder, um nur zwei der Organisationen zu nennen. Für diese große Zahl an freiwilligen Helfern, ohne die das österreichische Rettungswesen gnadenlos zusammenbrechen würde – und da werden Sie mir sicher alle Recht geben –, setzen wir mit dem Entschließungsantrag zur arbeits- und sozialrechtlichen Absicherung unter Einbeziehung der Sozialpartner und der Länder einen ganz wichtigen Schritt, auf den die freiwilligen Helfer – auch unbestritten – bereits lange Zeit warten.

Bereits im Jahre 2003 wurde im Sozialministerium der Rat für Freiwilligenarbeit einge­richtet, und er hat in dieser Angelegenheit bereits wertvolle Vorarbeit geleistet. So wird zum Beispiel mit dem Freiwilligenpass ein guter Kompetenznachweis geschaffen, den freiwillige Helfer auch beruflich nutzen können. Sie erhalten damit ihre Fähigkeiten


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dokumentiert, welche sie bei ihren Tätigkeiten in den Rettungsorganisationen erworben haben.

Das immer wieder diskutierte Recht auf Dienstfreistellung für freiwillige Helfer könnte im Berufsleben zum Nachteil für die betroffenen Arbeitnehmer werden. Ich habe kürz­lich diese Angelegenheit mit dem Bezirkskommandanten unserer örtlichen Feuerweh­ren besprochen, und der hat diese Befürchtung ebenfalls bestätigt. Wir können uns also nicht dafür aussprechen.

Mit dem Entschließungsantrag zur Freiwilligenarbeit setzen wir heute die Rahmenbe­dingungen. Jetzt sind die Länder gefordert, an der Umsetzung mitzuwirken. Es ist si­cher auch ein Gebot der Stunde für jedermann, vom Rednerpult aus den freiwilligen Helfern in Österreich ein ganz herzliches Danke zu sagen. (Abg. Steibl: Und jeder Frau!) – Und jeder Frau! Das war geschlechtsneutral gemeint. (Beifall bei den Freiheit­lichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Haidl­mayr zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.40.00

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es stimmt, es gibt jetzt gewisse Grundlagen, um sich mit die­sem Thema auseinander zu setzen und mittel- und langfristig wirklich klare Verhältnis­se zu schaffen. Nur, Frau Ministerin, ich möchte dazu noch ein paar Punkte einbringen, die mit berücksichtigt werden müssen und über die heute nicht gesprochen worden ist.

Das eine ist die Freiwilligkeit, das andere die Ehrenamtlichkeit, und ich glaube, das muss man auch unterscheiden, denn es ist selbstverständlich klar, dass jemand, der bei der Freiwilligen Feuerwehr ist und berufstätig ist, dann, wenn ein Brand ausbricht, seinen Arbeitsplatz verlassen muss, um im Einsatz zu sein. Es ist für mich eine Selbst­verständlichkeit, dass es für so jemanden zumindest auch entsprechende Abgeltungen geben muss, damit er nicht noch unter Umständen seinen Lohn verliert oder mittel- oder langfristig sogar seinen Arbeitsplatz, wenn er vielleicht überengagiert ist oder in einem Gebiet wohnt, wo Katastrophen häufiger auftreten als anderswo.

Es gibt ja die Gruppe jener, die in ihrer Freizeit, und zwar ausschließlich in ihrer Frei­zeit, Tätigkeiten anbieten. Ich denke zum Beispiel daran, dass es sehr viele Menschen gibt, die sagen, ich habe jeden Tag eine Stunde Zeit und gehe für die Frau Maier oder für den Herrn Huber einkaufen.

Das ist aber eine andere Tätigkeit, und ich glaube, das müssen wir auch auseinander halten, wenn es wirklich um die Absicherungen geht. Es geht ja unter Umständen um Wegunfälle, es geht um Verletzungsgefahren vor Ort, und es geht auch um gesund­heitliche Beeinträchtigungen. Deshalb müssen wir uns auch im Bereich der Impfungen einmal klar werden, wer welche Impfungen dann gratis bekommt. Ich denke hier kon­kret an die Hepatitis-A-, -B-, -C-Impfungen, für die noch immer nicht klargestellt ist, wer sie bekommt. Die meisten müssen sie immer noch selbst zahlen. Ich glaube aber, wenn sich heute Menschen in der Gesellschaft ohne Entgelt für diese Tätigkeiten en­gagieren, dann muss es zumindest so sein, dass die Aufwendungen, die sie dafür täti­gen müssen, ersetzt werden und dass gesundheitliche Risken, die entstehen können, abgedeckt werden.

Das muss klargestellt werden, denn das ist jetzt noch alles offen, und ich erwarte mir, dass wir relativ schnell Grundlagen dafür kriegen, diesen Risikofaktor zu minimieren und/oder zu beseitigen.


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Auch ich stehe nicht an, all jenen zu danken, die ihre Freizeit oder auch ihre Arbeitszeit zur Verfügung stellen, um im Dienst der Allgemeinheit tätig zu sein. Aber ich glaube trotzdem, das heißt, ich bin mir ganz sicher, dass es noch sehr, sehr viele Bereiche gibt, wo man nach wie vor mit so genannten Ehrenamtlichen oder Freiwilligen arbeitet, obwohl das bereits reguläre Dienstverhältnisse sein müssten. Es geht da um professio­nelle Arbeit und müsste daher um Dienstverhältnisse gehen, denn es ist nicht einzu­sehen, dass wir gerade im Sozialbereich oder im Gesundheitsbereich, wo ein großer Mangel an Arbeitskräften herrscht, diesen Mangel immer wieder vertuschen, indem wir das mit so genannten Freiwilligen abdecken. Hier muss es eine klare Trennung geben, und viele Bereiche, die jetzt von Freiwilligen abgesichert werden, müssten durch Hauptamtliche abgesichert werden.

Das heißt aber nicht, dass die Freiwilligen dann nicht mehr gebraucht werden, sondern es gibt noch jede Menge anderer Tätigkeitsfelder, wo immer wieder Menschen ge­braucht werden – kurzfristig, mittelfristig, regelmäßig, unregelmäßig. Der Sozialbereich darf jedoch nicht zum Freiwilligenbereich dekretiert werden, sondern gerade der Sozi­albereich muss mit entsprechenden Arbeitsplätzen abgesichert werden. Da darf die Freiwilligenarbeit nicht überhand nehmen, sondern sie soll eine Ergänzung sein für kurzfristige Tätigkeiten oder für Tätigkeiten wie zum Beispiel einkaufen gehen, wo nicht vorausgesetzt werden muss, dass es dafür eine professionelle Ausbildung gibt. Das ist zu unterscheiden, das darf man nicht vermischen.

Frau Ministerin, ich hoffe, dass ich Ihnen jetzt wie auch bereits in den entsprechenden Arbeitsgruppen ein paar Ratschläge vermittelt habe und dass Sie diese auch in die Verhandlungen aufnehmen, damit wir irgendwann wirklich ein Gesetz bekommen, das jene Risken abdeckt, von denen ich heute gesprochen habe. In bin in Erwartung, dass wir das irgendwann schaffen.

Frau Ministerin, was ich aber hoffe und wozu ich Sie auffordere, ist, dass Sie jetzt be­reits – denn das ist eine Akutsituation, die wir immer schon haben – dafür Sorge tra­gen, dass gerade im Bereich der Gesundheitsschädigungen, die entstehen können, die entsprechenden Impfungen für diesen Personenkreis jetzt schon finanziert werden und dass bei Unfällen auf dem Weg zu diesen Tätigkeiten und von diesen Tätigkeiten Maß­nahmen gesetzt werden, denn das ist akut. Dafür brauchen Sie noch kein Gesetz, das können Sie sofort machen, Sie müssen nur mir Ihrer Kollegin Rauch-Kallat diese Dinge einmal angehen und sie auch umsetzen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.45.26

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Freiwilliges und ehrenamt­liches Engagement kommt nicht nur dem Gemeinwohl zugute, freiwilliges und ehren­amtliches Engagement ist auch für den beruflichen Erfolg ein wichtiges Kriterium, denn viele Fähigkeiten und Fertigkeiten, die in der Freiwilligenarbeit trainiert werden – ich weiß das aus meiner Regionsarbeit, sei es das Rote Kreuz, seien es die Feuerwehren, um einige zu nennen –, spielen auch in der Berufswelt eine wachsende Rolle. Es ist manchmal umgekehrt positiv, dass junge Männer, die bei der Freiwilligen Feuerwehr sind, das eine oder andere Mal für einen Job lieber genommen werden als solche, die sich nicht engagieren.

Das heißt insbesondere auch, dass junge Menschen von einem freiwilligen Engage­ment in ihrer Entwicklung profitieren. Sie lernen im Team zu arbeiten, andere zu moti-


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vieren und auch zu organisieren. Diese so genannten Soft Skills helfen ihnen auch später, sich in der sich rasch ändernden Wirtschafts- und Arbeitswelt zurechtzufinden.

Betrachten wir nur das Bundesland Steiermark! Es sind mehr als 60 000 freiwillige Hel­fer in Einsatzorganisationen tätig. Bei einem Großeinsatz im Mariazeller Land und im Bezirk Liezen anlässlich des Schneechaos im vergangenen Winter waren 7 210 ehren­amtliche Helfer dabei. Sie haben während dieses Einsatzes 115 360 Arbeitsstunden geleistet. Würde man jedem einzelnen Helfer einen Stundenlohn von 20 € zusprechen, so würde das in Summe 2,3 Millionen € betragen. Ich denke, das allein zeigt schon, welche Wertigkeit das hat und wie wichtig das ist. Ich möchte den steirischen Helfern, die eben in diesem Winter im Einsatz waren, auch noch ein herzliches Danke ausspre­chen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die freiwilligen Helfer riskieren aber nicht nur ihr Leben bei solchen großen Einsätzen, sondern – entgegen dem positiven Beispiel am Anfang – natürlich oft auch ihren Ar­beitsplatz. Gerade jene Menschen, die sich besonders einsetzen und unbezahlt Hilfe­leistung für unsere Gesellschaft einbringen, müssen unterstützt werden. Daher denke ich, dass dieser Antrag von Werner Amon und vom Herrn Kollegen Walch, unterstützt auch von AK-Vizepräsident Franz Gosch aus der Steiermark, ein richtiger Schritt ist, um hier etwas weiterzuentwickeln.

Ich möchte persönlich auch noch anmerken – das wurde mir auch mitgegeben aus Be­zirksfeuerwehr-Konferenzen –, dass es nicht so passieren darf, wie es leider manch­mal noch Frauen geht, die im gebärfähigen Alter sind, dass sie dann vielleicht einen Job nicht erhalten.

In diesem Sinne hoffe ich, dass wir ein Stück weiterkommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

12.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


12.48.42

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich bin jetzt ein bisschen verwirrt, da Frau Kollegin Ridi Steibl davon spricht, dass auf der einen Seite die freiwilligen HelferInnen gerade auf Grund ihrer Tätigkeit in den Betrie­ben gerne genommen werden, während Herr Bundesminister Bartenstein vorhin ge­sagt hat, dass die freiwilligen HelferInnen durch ihre freiwillige Tätigkeit oft Schwierig­keiten in den Betrieben haben. (Abg. Steibl: Ich habe ja gesagt, dass das so nicht pas­sieren darf!) Ich denke, auch da ist ein bisschen Ambivalenz in Ihrer Diskussion, wie der Herr Bundesminister vorhin gesagt hat.

Ich meine, wichtig ist vor allem, dass wir nicht alle immer nur danke sagen an die frei­willigen Helferinnen und Helfer, was wir natürlich gerne tun, was auch ich gerne tue, sondern (Abg. Marizzi: Taten setzen!), dass wir endlich Taten setzen, genau wie mein Kollege gerade gesagt hat, dass wir wirklich Rechtssicherheit schaffen, von der auch der Herr Bundesminister so viel gesprochen hat, damit die freiwilligen Helferinnen und Helfer in ihrer so wertvollen Tätigkeit unterstützt werden.

Wir haben leider immer wieder Gelegenheit, danke zu sagen. Auch heuer waren wie­der viele Unwetter, etwa im Marchfeld und auch in der Steiermark, bei denen die Soli­darität vor allem der Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren weit über die Bundeslän­dergrenzen hinaus wieder unter Beweis gestellt wurde, denn es sind zum Beispiel auch Niederösterreicher in der Steiermark gewesen. So wird die Solidarität mit den Men­schen immer wieder unter Beweis gestellt, so dass ich mir denke, eine sozialrechtliche


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und arbeitsrechtliche Absicherung, vor allem für die Mitglieder der Freiwilligen Feuer­wehren, wäre eigentlich ein Gebot der Stunde.

Es wäre auch ein Gebot der Stunde, Herr Kollege Scheibner, dass Sie unserem An­trag, der ja viel weiter gehend ist, der ja wirklich schon konkrete Aspekte enthält (Abg. Scheibner: Das ist ja schon beschlossen!), zustimmen und nicht diesem sehr vagen Antrag der Regierungsparteien, weil dieser meiner Meinung nach wirklich nur bedeutet: Machen wir vielleicht doch irgendwann ein bisschen etwas! (Abg. Dr. Einem: Das ist die Regierungslinie, dieses „irgendwann einmal irgendetwas“ zu machen!)

Wenn ich die Formulierung in dem Entschließungsantrag durchlese, wo steht, dass die arbeits- und sozialrechtliche Absicherung von freiwilligen Helferinnen und Helfern zwar wichtig ist, obwohl es bisher in diesem Bereich kaum zu nennenswerten Problemen ge­kommen ist, dann denke ich, hoffentlich ist dieser Antrag nicht so eine Augenaus­wischerei, während eigentlich nichts passiert. (Abg. Dr. Einem: Das kann man schon befürchten!) Ich glaube, wir sollten wirklich etwas für die freiwilligen Helferinnen und Helfer tun. Wir sind es ihnen schuldig, nicht nur danke zu sagen, sondern auch Taten zu setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Haubner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 


12.51.19

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bedanke mich fürs Erste auch für die Vorschläge, die bis jetzt gekommen sind.

Ich glaube, wir haben in den letzten Jahren innerhalb dieser Regierung erstmals die Anliegen, aber auch die Leistungen jener, die ehrenamtlich, und jener, die freiwillig ar­beiten, in den Blickpunkt gestellt, aber nicht nur in den Blickpunkt von Auszeichnungen und Ehrungen – das ist das eine, das ist ein sicher wichtiger Bereich –, sondern mit der Einrichtung des Freiwilligenrates auch signalisiert, dass uns die Anliegen, die Probleme und Sorgen der freiwillig Tätigen sehr ernst sind. Es ist uns ernst in dem Sinn, dass wir wissen, dass Freiwilligentätigkeit ein so wichtiger Faktor im gesellschaftlichen Leben ist, und zwar nicht nur im Bereich des Katastrophenschutzes, der leider Gottes immer sehr viel an Einsatz von engagierten Menschen erfordert, sondern auch in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens wie zum Beispiel bei Sportvereinigungen, bei kulturellen Vereinigungen, bei Brauchtumsvereinigungen und natürlich auch im sozia­len Bereich.

Ohne diese unbezahlbare Arbeit von Freiwilligen würde manches in Österreich nicht so gut funktionieren. Daher ist es, wie gesagt, das eine, jemanden auszuzeichnen und vor den Vorhang zu stellen, das andere ist es aber, dort nachzubessern, wo es notwendig ist. Und hier leistet der Freiwilligenrat, denke ich, sehr gute Arbeit, weil da nicht nur die Vertreterinnen und Vertreter der politischen Parteien eingebunden sind, sondern auch die Vertreter der wichtigsten Organisationen, also diejenigen, die wirklich unmittelbar betroffen sind, die wissen, wovon sie reden und was sie unter Umständen brauchen.

Dieser Freiwilligenrat hat sich gerade in verschiedenen Arbeitsgruppen in den letzten Jahren sehr intensiv unter anderem auch mit der Definition der Freiwilligenarbeit be­schäftigt, denn ich glaube, eine klare Definition, was Freiwilligenarbeit, was Ehrenamt ist, erleichtert uns dann auch, gezielt zu fördern und nicht die Schnittstelle zur regulä­ren Arbeit zu überschreiten.

An diesem Punkt sind wir jetzt angelangt, und auf Basis dieser Definition, die im Herbst vom Freiwilligenrat vorgelegt wurde, wird nun sozial- und arbeitsrechtlich geprüft, wo


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es Lücken geben könnte oder wo es Lücken gibt, wo wir auch mehr Sicherheit geben können.

Ich darf aber schon darauf hinweisen, dass gerade bei den Rettungs- und Hilfsorgani­sationen derzeit die Länder und auch die Gemeinden zuständig sind. Das fällt in den jeweiligen Bereich des Landeskatastrophenschutzes beziehungsweise der Landesfeu­erwehrgesetze. Hier sind die Gemeinden sehr stark eingebunden, aber auch die Unter­nehmen können hier Ersatz für geleistete Entgeltfortzahlungen beantragen.

Also auf Länderebene funktioniert es, aber ich denke, wie Herr Minister Bartenstein schon gesagt hat, die verschiedenen Arbeitsgruppen, die uns dieses Ergebnis geliefert haben, die Sozialpartner, die jetzt eingebunden sind, die verschiedenen Ministerien werden sicher einen guten Vorschlag liefern, damit wir auch hier einen Schritt weiter­kommen.

Es ist auch schon der Freiwilligenpass, der Nachweis der freiwilligen Tätigkeit ange­schnitten worden. Dazu kann ich Ihnen sagen, dass das sehr, sehr gut angenommen wird. Wir haben bisher 20 000 Freiwilligenpässe beziehungsweise -nachweise verteilt und verschickt. Die Anforderungen gehen in großem Ausmaß weiter, und man ersieht daraus, dass Menschen, die freiwillig tätig sind, sehr wohl auch wollen, dass sie diese Kompetenzen für ihre derzeitige oder künftige berufliche Tätigkeit klar nachweisen kön­nen, weil das auch einen Vorteil im Bereich der Jobfindung und der Jobbewerbung dar­stellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich denke, wir werden die Rah­menbedingungen für Freiwillige in Österreich laufend verbessern. Die Basis liefern uns die Vorschläge und die Ideen auch des Freiwilligenrates, die wir aufnehmen und dann, wenn notwendig, in konkrete Ergebnisse münzen.

Ich glaube, die humanitäre Hilfe, die Arbeit im Freiwilligenbereich hat in Österreich Vor­bildwirkung. Das zivilgesellschaftliche Engagement ist ein großartiges, und das sollten wir alle uns wirklich jeden Tag vor Augen halten, nicht nur, wenn es Hochwasser gibt, nicht nur wenn es Katastropheneinsätze gibt. Das ist auch das Dankeschön, das wir tagtäglich den Tausenden freiwilligen Helferinnen und Helfern sagen sollen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

12.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Wöginger. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.56.57

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Zuge dieser Diskussion möchte ich eines festhalten: Wir haben in Österreich ein sehr gut funktionierendes Freiwilligensystem. Wir haben auch ein funktionierendes System, was die Verfügbarkeit von Freiwilligen betrifft. Das sehen wir bei den Einsätzen, die tagtäglich geleistet werden, und vor allem auch bei den Naturkatastrophen wie zum Beispiel bei Hochwasser oder Schneedruck. Ich glau­be, man muss das schon einmal sagen, dass es da grundsätzlich keine größeren Pro­blematiken gibt. Es ist aber schon richtig, dass es bessere sozialrechtliche Absiche­rungen für die Freiwilligen in einigen Punkten geben soll, damit diese Freiwilligkeit auch in diesem großen Ausmaß aufrechterhalten werden kann.

Einige Beispiele: Es wäre denkbar, eine Art von Karenztagen für die Aus- und Fortbil­dung einzuführen. Der Kündigungsschutz ist meiner Meinung nach schon ein Themen­bereich, den man hier mitdiskutieren sollte, ebenso die steuerliche Absetzbarkeit von Fortbildungskosten und Kilometergelder für Freiwillige, aber auch die Unterstützung von Firmen, die besonders familienfreundlich agieren, oder auch die bevorzugte Ein-


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stellung von aktiven Freiwilligen im öffentlichen Bereich wie zum Beispiel in den Ge­meinden.

Da sind wir meiner Meinung nach noch immer nicht dort, wohin wir sollten. Im öffentli­chen Bereich sollten wir nämlich alle miteinander darauf achten, dass aktive Freiwillige, die in Rettungs- und Hilfsorganisationen tätig sind, bei der Berufschance wirklich auch zum Zug kommen.

Dieser Antrag beauftragt die beiden Ministerien diesbezüglich Lösungsvorschläge zu erarbeiten, und mir ist es besonders wichtig, dass die Diskussion hier gemeinsam mit den Ländern, mit den Sozialpartnern, vor allem aber mit den Rettungs- und Hilfsorgani­sationen erfolgt, denn nur so kann eine gute Lösung ausgearbeitet werden. Ein Bei­spiel dafür ist die Unfallversicherung für Freiwillige, die ja durch die AUVA zustande ge­kommen ist. Und so, glaube ich, sollten hier die weiteren Schritte gesetzt werden.

In diesem Zusammenhang appelliere ich aber schon auch an die Wirtschaft, anzuer­kennen, dass es hier eine gute Diskussionsgrundlage gibt, wie Freiwillige noch besser unterstützt werden können. Beim Schneedruck haben die Freiwilligen ja auch nicht gefragt, wie lange sie die Hallendächer, auf denen eine meterhohe Schneelast gelegen ist, abschaufeln, damit der Betrieb unter dem Dach fortgesetzt werden konnte. Das ist ein wichtiges Argument.

Aber die generelle Dienstfreistellung und Entgeltfortzahlungspflicht für die Dienstgeber sind nicht der richtige Weg. Die Freiwilligen würden dadurch Nachteile im Berufsleben haben. Solche überzogenen Maßnahmen würden die Beschäftigungschancen für Frei­willige stark vermindern.

Gesetzliche Regelungen dürfen nicht zum Nachteil von Freiwilligen werden. Wenn die Entgeltfortzahlungspflicht oder die generelle Dienstfreistellung gesetzlich verankert werden, dann schaue ich mir an, wie das funktionieren soll. Wenn sich jemand um eine Stelle bewirbt, wird die Frage gestellt, ob er bei der Feuerwehr oder beim Roten Kreuz ist. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Wenn diese Frage bejaht wird, dann würde das eine generelle Dienstfreistellung oder eine Entgeltfortzahlungspflicht bedeuten und somit würden diese Menschen im Berufs­leben nicht mehr zum Zug kommen. Und das kann doch nicht in unserem Sinne sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlich – BZÖ.)

Dieser Antrag, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist positiv. Ich bin als langjäh­riger Mitarbeiter des Roten Kreuzes und der Feuerwehr auch sehr froh darüber, dass hier ein weiterer Schritt gesetzt wird. Ich bin überzeugt davon, dass im Sinne der frei­willigen Helferinnen und Helfer eine gute Lösung zustande kommen wird. Und darum geht es! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

13.00


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Lackner.

 


13.00.54

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Fasslabend, ich teile deine Meinung, dass die Freiwilligenarbeit eine der herausragenden Leistungen der Zivilgesellschaft ist. Ich glaube, das steht außer Streit und wird von niemandem in diesem Haus bestritten. (Abg. Rädler: Aber?!) – So weit, so gut.

Wenn wir alle, Herr Fasslabend, so großen Wert auf diese Leistungen der Zivilgesell­schaft legen, so ist dieser heutige Antrag, den wir beschließen und den wir auch mitbe­schließen werden, doch mit einer gewissen Inkonsequenz behaftet. Das wird wiederum


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auf die lange Bank geschoben. Das ist eine reine Absichtserklärung, das wissen Sie auch. Es wird – Sie haben das so schön formuliert – nicht immer nur mit „immaterieller Anerkennung“ gehen. Es ist zwar recht nett, wenn wir Freiwillige – und das ist auch richtig – mit Urkunden, Orden und dergleichen auszeichnen. Das ist okay, ich stehe auch dazu, aber der große Schritt, auch Rechtssicherheit zu geben, ist es nicht. Darin, Herr Bundesminister, unterscheiden wir uns etwas, denn eine Rechtsansicht ist eben eine Rechtsansicht und hat, wenn sie falsch ist, mitunter fatale Folgen für die Betrof­fenen.

Ich glaube, Rechtssicherheit ist wichtig und genau auf diese Rechtssicherheit zielt un­ser heutiger Entschließungsantrag ab. Und es wäre nur konsequent gewesen, diesen heute hier zu beschließen, Herr Kollege Fasslabend.

Wie gesagt, ich hoffe, dass dieser Antrag, den wir heute beschließen werden, nicht ein Begräbnis erster Klasse ist. Ich möchte, dass auf diesem Wege weitergearbeitet wird und dass wir genau in diesem Bereich, nämlich Rechtssicherheit zu schaffen, das Gan­ze zu einem guten Ende führen werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.02


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheib­ner. – Bitte.

 


13.02.52

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Werte Mitglie­der der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ich gebe allen Vorrednern Recht, dass es notwendig ist, und zwar rasch notwendig ist, die vorhandenen Defizite bei der vor allem sozialrechtlichen Absicherung der freiwilligen Helfer zu beseitigen. Es ist diesbezüglich schon sehr viel überprüft und evaluiert worden, auch ich habe sehr viel in diese Richtung verhandelt und habe alle möglichen Argumente gehört, das koste zu viel oder irgendwelche Arbeitgeberinteressen stünden dagegen. Das sind Argumente, die eingebracht werden, die aus meiner Sicht nicht stichhaltig sind.

Wir alle, auch die Arbeitgeber und die Bundesregierung – wobei der Finanzminister vielleicht ein bisschen Geld investieren muss –, haben Interesse daran, dass sich diese Freiwilligen weiterhin dazu bereit erklären, einen wichtigen Dienst für die Sicherheit un­seres Landes und der Bevölkerung zu leisten. Der Nutzen, den wir durch diese freiwilli­gen Leistungen haben, übersteigt die „Kosten“ – unter Anführungszeichen, von „Scha­den“ will ich da nicht reden – um ein Vielfaches. (Beifall des Abg. Bucher.)

Stellen wir uns vor, wir müssten mit staatlichen Mitteln eine permanente Berufstruppe von beamteten Katastrophenhelfern aufstellen! Deshalb ersuche ich hier wirklich all jene, die noch Fragen stellen, überprüfen und vielleicht Kostenargumente einbeziehen wollen, solche Überlegungen einmal hintanzustellen. Es ist ohnehin schwierig genug, Freiwillige für diese so wichtigen Handlungen zu finden.

Wir haben schon eine ganze Reihe von Entschließungsanträgen hier beschlossen; das heißt, es ist Beschlusslage des österreichischen Nationalrates, dass hier etwas passie­ren muss.

Herr Kollege Lackner, meine Damen und Herren von der SPÖ, was mich an Ihrem An­trag stört – sonst inhaltlich sind wir ohnehin d’accord –, ist, Sie sagen: freiwillige und ehrenamtliche Helfer. Und dann zählen Sie auf: Mitglieder der Freiwilligen Feuerweh­ren, von Rettungsorganisationen, der Bergwacht, der Bergrettung und so weiter.

Eine wichtige Institution haben Sie bewusst oder unbewusst – und wenn es unbewusst ist, dann ist es auch symptomatisch – hier nicht angeführt, nämlich das österreichische


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Bundesheer. Es gibt nach wie vor Tausende von freiwilligen Milizsoldaten, die im Kata­stropheneinsatz, aber auch in anderen sensiblen Einsätzen ihre Gesundheit, ihre Frei­zeit und möglicherweise auch ihr Leben aufs Spiel setzen, um wichtige Aufgaben für die Gemeinschaft zu leisten. Diese möchte ich nicht unter „und so weiter“ gereiht ha­ben, meine Damen und Herren von der SPÖ!

Ob das jetzt bewusst oder unbewusst geschehen ist, ich denke, Ihnen ist das anschei­nend nicht so wichtig. Sie haben nach wie vor ein Problem damit. Sie sollten Milizsol­daten des österreichischen Bundesheeres nicht geringer schätzen als Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren oder sonstiger Rettungsorganisationen. Wir brauchen sie alle. Sie alle haben das Recht auf gleiche Behandlung, auf gleiche Rechte und darauf, dass hier alle negativen Dinge und Benachteiligungen beseitigt werden.

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Wir stehen dazu. Bitte, schauen wir darauf, dass wir so rasch wie möglich, vielleicht noch in dieser Legislaturperiode, diesbezüglich wirklich ein Ergebnis zusammenbringen! Da wird es ja hoffentlich keine Blockaden im Bundesrat oder sonstige Aktionen geben, da könnten wir noch ein sinn­volles Maßnahmenpaket im Interesse der Freiwilligen zusammenbringen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

13.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1484 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 197.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dienstfreistellung für freiwillige HelferInnen bei Katastrophen und Ausgleich für DienstgeberInnen von freiwilligen Ka­tastrophenhelferInnen. 

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.

13.07.017. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1431 d.B.): Bundesgesetz über die Standesbezeichnung „Ingenieur“ (Ingenieurgesetz 2006 –IngG 2006) (1454 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1390 d.B.): Ab­kommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich samt Durchführungsbestimmungen (1455 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

 


Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.


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13.07.35

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Der österreichische Ingenieur-Titel genießt nicht nur in Österreich, sondern auch über unser Land hinaus hohes Ansehen. Auf Grund der großen Zahl an Verwaltungsverfahren, die für die Verleihung dieses Titels notwendig sind, wird nun mit diesem Gesetz eine Vereinfachung angestrebt. Die derzeit geltende Regelung knüpft an zwei Voraussetzungen an: an einer mindestens dreijährigen Berufspraxis, die höhe­re Fachkenntnisse voraussetzt, und zwar auf dem Fachgebiet, auf dem die Reifeprü­fung abgelegt wurde.

Das vorliegende Gesetz lockert diese Voraussetzungen, indem nur mehr eine dreijäh­rige fachbezogene Praxis vorausgesetzt wird, die gehobene Kenntnisse auf jenen Fachgebieten verlangt, auf denen Reifeprüfungen abgelegt werden können. Das Krite­rium der Berufspraxis wird somit durch eine reine Praxis ersetzt.

Es ist auch wichtig, dass sich das Gesetz dem schnelllebigen Wandel der Berufswelt anpasst. Mit dieser Reform machen wir eben einen wichtigen Schritt in diese Richtung. An den höher bildenden Schulen wird eine Vielfalt an Spezialisierungsmöglichkeiten angeboten, die nicht immer unbedingt exakt zu dem Begriff „höhere Fachkenntnisse“ passen.

Sehr geehrte Damen und Herren! In diesem Zusammenhang ist anzumerken: Wir müs­sen Arbeit schaffen, um Sicherheit zu geben. Dank Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und der Beschäftigungsinitiative „Unternehmen Arbeitsplatz“ zum Beispiel wurden an die 300 Millionen € zusätzlich zum Basisbudget des AMS für entsprechende Maßnah­men eingesetzt. Ich denke, dass wir in den letzten Jahren mit dieser Regierung eine Vielzahl an Arbeitsplätzen geschaffen haben, weit über 120 000 neue Jobs.

Es ist auch wichtig, über neue Arbeitsformen nachzudenken. Mit „neuen Arbeitsfor­men“ meine ich nicht Arbeit auf Abruf, sondern in vielen Bereichen die viel zitierte Teil­zeitarbeit. Teilzeitarbeitsmodelle nehmen zu, und sie sind nicht immer so negativ be­setzt, wie es immer wieder behauptet wird.

Es stimmt auch nicht, dass Frauen in Teilzeitarbeit abgedrängt werden, denn während in Finnland beziehungsweise in Griechenland rund die Hälfte aller Frauen unfreiwillig teilzeitbeschäftigt sind, sind es in Österreich bei den 25- bis 49-jährigen Frauen zwi­schen 6 und 9 Prozent. – Ich meine daher, man sollte schon darüber nachdenken, ob tatsächlich behutsam mit diversen Aussagen umgegangen wird.

Erwähnen möchte ich auch noch, dass, was das Wirtschaftswachstum anlangt, Öster­reich weit vorne liegt, nämlich an dritter Stelle aller europäischen Länder. Seit dem Jahr 2003 liegt Österreich diesbezüglich sogar über dem Schnitt der EU-Mitglieder – und das, obwohl die neuen osteuropäischen Mitgliedstaaten boomen. Das durch­schnittliche Wirtschaftswachstum liegt bei uns bei 1,7 Prozent.

Abschließend nochmals: Sozial ist, was Arbeit schafft. Und: Wer Arbeit schafft, sorgt für Sicherheit. Diese Gesetzesänderung stellt einen wichtigen Schritt in die Zukunft dar. (Beifall bei der ÖVP.)

13.11


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Moser.

 


13.11.25

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten werden dem Abkommen zwischen Österreich und Lu­xemburg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich zustimmen, da damit vermehrt größere Filmprojekte realisiert werden können und da damit auch mehr Gemein-


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schaftsproduktionen und deren Gleichstellung mit inländischen Filmen möglich sind – sowie auch deshalb, weil wir jede Initiative zur Förderung des österreichischen Films begrüßen.

Aber auch da – wie immer – agiert diese Bundesregierung nur halbherzig. Die österrei­chische Filmwirtschaft, die rund 5 000 Mitarbeiter beschäftigt, stellt einen wichtigen Teil der Kreativindustrie dar – und trotzdem wird, was Förderungen betrifft, die österreichi­sche Filmwirtschaft ausgehungert. Trotz aller widrigen Umstände ist jedoch der öster­reichische Film international sehr erfolgreich.

Was bräuchten wir in Österreich? – Österreichs Filmindustrie bräuchte, um eine gewis­se Größe zu erreichen, etwa 20 bis 25 inländische Produktionen; derzeit sind es ledig­lich zwischen zehn und zwölf.

Was bräuchten wir in Österreich noch? – Die österreichische Filmindustrie bräuchte eine kontinuierliche Auslastung, denn wenn das nicht der Fall ist, wandern die besten Kräfte ab. Den zweifellos zahlreichen österreichischen Talenten, die immer wieder in­ternationale Preise gewinnen, müssten bei uns bessere Verwirklichungsmöglichkeiten geboten werden. Es gibt ja auch das Problem beim Fonds für Wissenschaft und Tech­nologie: viele Projekte zwar, nur: Diese können nicht finanziert werden! Und so ähnlich ist es auch im Filmbereich.

Wir in Österreich müssen unsere Filmindustrie zu einer Exportindustrie machen, ähn­lich wie das in den neunziger Jahren mit der Umweltindustrie geschehen ist, dass eben wirklich alle Kräfte gebündelt werden.

Ein ganz wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist auch noch, dass wir sozusagen unsere Mitbestimmung erhöhen müssen, und zwar über das, was über Österreich er­zählt wird. Es ist nämlich ein Unterschied, ob ein US-amerikanisches Filmteam einen Film über Mozart dreht – oder ob das beispielsweise junge österreichische Künstler tun. Die Identität, der Zugang dazu schaut doch da ganz anders auch. Das wäre ein ganz wichtiger Punkt.

Was ist notwendig beziehungsweise was fehlt in diesem Zusammenhang? – Die För­derung ist minimal. Dem Österreichischen Filminstitut stehen hiefür – zusammen mit den Mitteln aus dem Bundeskanzleramt – 10 Millionen € im Jahr zur Verfügung. Däne­mark hat das fünffache Budget. Und dort ist es so, dass bei dänischen Filmen mittler­weile US-amerikanische Stars mitspielen – nicht umgekehrt. Das ist ein Ziel, ein Vor­bild in diesem Bereich. (Abg. Mag. Molterer: Aber wir haben den RTR-Filmfonds! Den darfst du nicht vergessen!) – Das ist ein wichtiger Punkt, den ich erwähnt haben wollte.

Konkret: In Österreich müsste diese Förderung um mindestens 15 Millionen € erhöht werden. (Abg. Mag. Molterer: RTR-Filmfonds!) – Das weiß ich schon. – Dieser Betrag wäre nur ein Zehntel dessen, was bei der Postprivatisierung sozusagen liegen gelas­sen wurde, wie ich heute Vormittag schon erwähnt habe: Da wurde ja um 150 Millio­nen € zu billig verkauft. Wenn man dort die hoch bezahlten Manager angehalten hätte, nur ein Zehntel des Verlustes hiefür zu realisieren, hätten wir schon eine sehr gute ös­terreichische Filmförderung. (Abg. Großruck: Keine Ahnung!)

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass der ORF als Auftraggeber, aber auch als Partner für innovative Produkte eingesetzt wird. Der ORF muss halt vom „Schwarz-Funk“ zu einem Kulturfunk umgemünzt werden. (Beifall des Abg. Reheis. – Abg. Mag. Molte­rer: In der ÖIAG, oder?! – Abg. Schöls: Das stimmt ja nicht!)

Da wäre der ORF gefragt, und zwar nicht nur was die Projektentwicklung als Auftrag­geber, sondern auch was die Sendung und die Verbreitung des Kulturgutes Film betrifft. Es hat doch überhaupt keinen Sinn, hochwertige Qualitätsfilme um 2 Uhr in der


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Früh zu senden – und das nur deshalb, weil man im ORF von einer „Quotitis“ bezie­hungsweise einer ÖVP-dominierten Nachrichtenvermittlung besessen ist.

Meine Damen und Herren, wenn wir all diese Punkte berücksichtigen, dann werden uns das die Künstler danken, dann wird uns das die österreichische Filmindustrie dan­ken – und vor allem auch die Konsumentinnen und Konsumenten. (Abg. Großruck: Und die Postaktie!)

Daher werden wir trotz aller Schwächen dieses Gesetzes sowie der Filmpolitik bezie­hungsweise der Kunstförderungspolitik dieser Vorlage unsere Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.15


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

 


13.15.46

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Zum Bundesgesetz über die Standesbezeichnung „Ingenieur“: Ziel dieses Gesetzes ist eine Entbürokratisierung. Es soll die hohe Zahl der Verwaltungsverfahren, die mit der Verleihung der Standesbe­zeichnung „Ingenieur“ verbunden sind, reduziert werden, womit es auch zu Einsparun­gen im öffentlichen Sektor kommt.

Was sind die konkreten Zielsetzungen dieses Bundesgesetzes? – Eine Vereinfachung der Glaubhaftmachung der ingenieurmäßigen Tätigkeit, eine rasche und unbürokrati­sche Verleihung, eine Entbürokratisierung der Verwaltungsverfahren – und das einher­gehend mit einer Beschleunigung der Verfahren.

Mit diesem Bundesgesetz wird auch die Vergabe für fachbezogene, also artverwandte Praxistätigkeit ermöglicht, wobei der Zeitrahmen für diese praktische Tätigkeit so wie bisher drei Jahre ist; dieser Praxisnachweis kann durch den Dienstgeber bestätigt wer­den. Die finanziellen Auswirkungen sind die, dass auf Grund einer Verfahrensverein­fachung mit Einsparungen zu rechnen ist.

Nun zum Punkt 8 der Tagesordnung, zum Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage 1390 der Beilagen. Hiebei geht es um ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Großherzogtums Lu­xemburg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich. Mit diesem Abkommen soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass auch gemeinsame Filmprojekte in den Genuss einer Förderung kommen und somit verwirklicht werden können; etwas also, das durchaus positiv zu sehen ist.

Da es hiebei um eine Konsensmaterie geht, rechne ich mit der Zustimmung aller Frak­tionen hier im Hause. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

13.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich erteile nun Frau Abgeordneter Sburny das Wort.

 


13.18.22

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Wir Grünen werden diesem Filmabkommen mit Luxemburg zustimmen. Wie bereits gesagt wurde, geht es dabei um eine Verbesserung für die Situation der Filmschaffenden, und zwar insofern, als die Aussicht auf Förderungsmittel sozusagen größer wird und es Unter­stützung auch für den Fall gibt, dass es um eine Koproduktion mit Luxemburg geht.


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Das heißt, das ist durchaus auch in unserem Sinne, und wir werden daher diesem Ab­kommen unsere Zustimmung erteilen.

Was das Ingenieurgesetz betrifft, können wir eine positive Entwicklung feststellen, vor allem im Hinblick darauf, dass diese dreijährige Berufspraxis geändert wird in Richtung dreijährige fachbezogene Praxis, zumal das ja auch der Entwicklung der Arbeitswelt Rechnung trägt, dass nämlich immer mehr Menschen eben keine Berufspraxis im klas­sischen Sinne haben, dass sie irgendwo angestellt sind, sondern eben zum Beispiel geringfügig oder auch unentgeltlich beschäftigt sind, was jedoch gleichfalls als Praxis anzurechnen ist. Das wird also jetzt in diese Richtung geändert.

Eine absolut positive Entwicklung stellt auch dar, dass der Prozess der Anrechnung von Praxiszeiten insgesamt erleichtert wird – und es in Hinkunft die Möglichkeit zur weiblichen Form „Ingenieurin“ gibt. Das halten wir für eine hervorragende Verbesse­rung.

Da Frau Kollegin Steibl so elegant die Kurve zu den Teilzeit arbeitenden Frauen ge­nommen hat, möchte ich dazu auch etwas sagen. Ich finde es immer wieder bemer­kenswert, dass Sie so stolz darauf sind, dass wir so viele Teilzeit arbeitende Frauen haben. Wenn man in der Arbeitskräfteerhebung 2003 sieht, dass 70 000 Frauen gar keine Arbeit gekriegt haben, obwohl sie gerne eine haben wollten, dann kann man sich ungefähr vorstellen, wie es dazu kommt, dass die Frauen jetzt schon froh sind, dass sie wenigstens eine Teilzeitarbeit haben. Sie haben jetzt offenbar viele Frauen dort, wo Sie sie gerne haben wollten, nämlich dass sie froh und dankbar sind, dass sie wenigs­tens eine Teilzeitarbeit haben, und das ist wahrlich kein Grund, stolz zu sein. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Also das ist jetzt eine Unterstellung! Eine ungeheuer­liche Unterstellung!)

13.21



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155. Sitzung / Seite 91

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Mai­er. – Bitte.

 


13.21.02

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere die Damen und Herren Ingeni­eure und Ingenieurinnen! Ein großer Tag, weil ein bedeutendes Gesetz für Ingenieure verabschiedet wird. Das Ziel dieses Gesetzes, wenn ich das richtig verstanden habe, soll die Gewährleistung sein, dass rascher und unbürokratischer ein Titel verliehen werden kann. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Jawohl, Herr Doktor!) Es kommt – dazu gratuliere ich – zu einer Entbürokratisierung des Verwaltungsverfahrens, wodurch das alles schneller gehen wird. Wir werden also in Zukunft viele neue Ingenieure ha­ben, und darüber freuen wir uns. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Außerdem behandeln wir heute auch das Abkommen zwischen Österreich und Luxem­burg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich. Dazu hat ja Hans Moser – kleine Themenverfehlung – etwas anderes geredet, als im Abkommen steht, denn hier geht es um eine bilaterale Förderung, wir helfen den Luxemburgern und unseren Filmschaf­fenden, und es ist nicht das der Fall, was Sie da erzählt haben, glauben Sie doch schon wieder, alles schlechtreden zu müssen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.) Sie reden immer alles schlecht, aber Sie sollten einmal anfangen, die Malaise bei der BAWAG aufzuarbeiten. – Das wollte ich Ihnen bei der Gelegenheit sagen. (Hei­terkeit und Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

13.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

 


13.22.44

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Maier ist glücklich, er ist im Raiffeisen-Konzern tätig, und da gibt es natürlich so etwas nicht, wie wir wissen. Und außerdem, Kollege Maier, habe ich wirklich den Verdacht, Ihnen ist unter der alten Ingenieur-Regelung der Titel einmal nicht anerkannt worden, um den Sie angesucht haben, denn das war wirklich ein sehr mühsames Verfahren, teilweise ein sehr eigen­artiges Verfahren. Mit Ausnahme von Peter Westenthaler, der damals schon den Inge­nieur-Titel für seine Arbeit im FPÖ-Klub zugesagt bekommen oder erhalten hat, haben viele andere, die wirklich technisch versiert gearbeitet haben, keine ingenieurmäßige Tätigkeit anerkannt bekommen. Das nur dazu. (Abg. Scheibner: Was wollen Sie damit sagen? Keine Andeutungen! Was wollen Sie damit sagen? Woher wollen Sie das wis­sen?)

Das war keine ingenieurmäßige Tätigkeit im FPÖ-Klub! Die ingenieurmäßige Tätigkeit im FPÖ-Klub ist, glaube ich, sehr eingeschränkt, und viele ... (Abg. Neudeck: Das ist eine Behauptung – und sonst nichts!) Schau, ich tu das gar nicht kommentieren, ihr könnt ja dann das noch selber erläutern, aber so war es jedenfalls. (Abg. Scheibner: Das ist ein harter Vorwurf, den Sie da bringen!) Offensichtlich ärgert es euch, und daher dürfte etwas Wahres dran sein, dass das damals nicht ganz sauber gewesen ist. Darum ist es gut, dass wir das jetzt ändern, damit auch andere die Chance haben, einen Ingenieur-Titel zu erhalten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Frechheit! Das ist ungeheuerlich! Halten Sie sich ein bisschen zurück!)

13.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


13.24.27

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Danke vielmals, Herr Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn! – Ich habe mich absichtlich nach Ing. Gartlehner zu Wort gemeldet, um auch meinerseits einige Anmerkungen zu treffen.

Hand aufs Herz, Hohes Haus, aus meiner Sicht hätte das noch ein oder zwei Schritte weiter gehen können, aber gut, dass es diese Einvernehmensmaterie so gibt, wie das auch Herr Abgeordneter Dr. Maier hier zum Ausdruck gebracht hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es passiert nicht selten in meinem Hause, dass wir an sich gerne Ingenieur-Titel verleihen würden, es aber auf Grund der be­stehenden Gesetzestextierung nicht konnten, weil es rechtswidrig natürlich nicht geht. Das sollte in Zukunft in allen angemessenen Fällen durchaus leichter möglich sein. Frau Abgeordnete Sburny hat ein solches Beispiel erwähnt.

Nicht unerwähnt bleiben soll auch – und damit schließe ich –, weil das im Ausschuss seitens des Herrn Abgeordneten Bauer ein Thema war, dass mit dieser Gesetzesvor­lage ein ganzer Abschnitt letztlich zum Auslaufen verurteilt ist, und zwar tritt der ge­samte zweite Abschnitt mit Ablauf des 31. Dezembers 2006 außer Kraft. Und es wird Sie interessieren, dass damit dann auch die Bezeichnungen „Diplom-HTL-Ingenieur“ und – ganz wichtig – „Diplom-HLFL-Ingenieur“ der Vergangenheit angehören wer­den. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



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155. Sitzung / Seite 92

13.26.09

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gartlehner hat in seiner Rede behauptet, dass Herr Ing. Peter Westenthaler seinen Ingenieur-Titel unrechtmäßig erhalten habe, wobei er gesagt hat, da sei etwas nicht in Ordnung gewesen, weil Ing. Westenthaler keine inge­nieurmäßige Tätigkeit ausgeübt habe. – Diese Behauptung ist unrichtig!

Herr Ing. Peter Westenthaler hat eine Ausbildung zum EDV-Ingenieur an der speziellen HTL gemacht und war im freiheitlichen Parlamentsklub für den Aufbau eines modernen EDV-Systems zuständig. Es ist alles überprüft worden und deshalb auch völlig korrekt gewesen.

Ich ersuche Sie wirklich: Unterlassen Sie – auch wenn wir in Vorwahlkampfzeiten sind – solche bodenlosen Unterstellungen! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

13.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mi­kesch. – Bitte.

 


13.27.05

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einer der Punkte, über den wir jetzt reden, ist, wie schon ausgeführt wurde, das Ingenieurgesetz. Es geht dabei wirklich um eine Verwaltungsvereinfachung und um einen unbürokratischeren Zugang zur Berufs­bezeichnung. Dies ist notwendig geworden, weil es eine sehr rasche Entwicklung auf dem Schulsektor gegeben hat, weil es heute in diesem Bereich so viele unterschied­liche Ausbildungsarten, Sonderformen und Spezialisierungen gibt.

Wir, meine Damen und Herren, bekennen uns zum vielfältigen Angebot im Bildungsbe­reich. Es ist die Vielfalt, die uns in der Wirtschaft mit unseren Mitarbeiterinnen und Mit­arbeitern stark macht im internationalen Vergleich.

Nun könnte man sagen: Typisch österreichisch – da wird ein eigenes Gesetz für den Berufstitel „Ingenieur“ geschaffen. Seit Nestroy haben sich viele Literaten wie Thomas Bernhard oder Ephraim Kishon satirisch über die Titelsucht in Österreich lustig ge­macht. Aber, meine Damen und Herren, wir leben in einer Zeit, in der Bildung – wir ha­ben gestern sehr intensiv darüber diskutiert – zu den wichtigsten Grundvoraussetzun­gen für junge Menschen gehört. Und der Titel „Ingenieur“ ist Ausdruck einer bestimm­ten Ausbildung. Bildung, Aus- und Weiterbildung sind die wichtigsten Grundelemente für die Menschen, wenn sie die Herausforderungen der Zukunft bestehen wollen.

Die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen wird immer wieder eingemahnt. Österreich geht hier einen sehr vorbildlichen Weg. Wir verfügen über solide Schulen, und im Be­reich der Erwachsenenbildung arbeiten wir in Österreich mit unseren Bildungsinstituten sehr vorbildlich. Wer das Wifi-Kursbuch studiert, wird feststellen, dass es fast nichts gibt, was dort nicht angeboten wird.

Zur Weiterbildung und zu lebenslangem Lernen gehört auch die Bewusstseinsbildung. Die jungen Menschen heute müssen sich klar darüber sein, dass mit dem Schulab­schluss zwar das Berufsleben beginnt, das Lernen aber nicht endet. Bei den Unterneh­men ist das Bewusstsein bereits vorhanden. Ein Großteil der Fort- und Weiterbildungs­maßnahmen wird von den Unternehmerinnen und Unternehmern finanziert. Mit der Schaffung des Bildungsfreibetrages und der Neuregelung der Konkurrenzklausel hat man darauf auch Rücksicht genommen.


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Ob Ingenieur, Magister, Doktor, MBA oder Meister: All diese Titel sind Ausdruck einer Ausbildung, auf welche die einzelnen Personen sehr stolz sein können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

13.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Scha­rer. – Bitte.

 


13.29.42

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Ingenieurgesetz bringt, wie schon er­wähnt worden ist, eine wesentliche Vereinfachung bei der Anspruchsvoraussetzung, Vergabe und Verleihung des Titels. Positiv anzumerken ist, dass es zu einer kürzeren Verfahrensdauer und zu einem Bürokratieabbau kommt, und das noch dazu ohne Statusverlust im In- und Ausland. Die SPÖ begrüßt diese Regelung.

Ein transparenter Bürokratieabbau könnte aber in einem weiteren Schritt erreicht wer­den, wenn man die Vergabe und Verleihung in eigener Verantwortung analog den Uni­versitäten in die Hand der HTLs geben würde. Die Gefahr eines Gütesiegelverlustes wäre gering.

Generell haben Absolventen von höheren technischen beziehungsweise land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten, sofern sie kein Studium anstreben, gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Daher ist es wichtig, zukunftsorientiert und der Nachfrage am Arbeitsmarkt entsprechend solche Bildungseinrichtungen auszubauen. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass es in Österreich derzeit rund 9 000 arbeitslose Men­schen in technischen Berufen gibt, dass es 211 850 plus 62 650 beim Arbeitsmarkt­service vorgemerkte Menschen gibt. (Abg. Großruck: Zählen Sie die BAWAG-Pleiten auf!) Das sind zwar um 11 500 weniger als im Vorjahr, was aber ausschließlich auf eine Verschiebung aus dem Arbeitslosenstand in den Schulungsstatus zurückzuführen ist. Das sind um 11 500 Arbeitslose weniger als im vergangenen Jahr und um 11 100 mehr in Schulung Befindliche. (Abg. Großruck: Zählen Sie auf, wie viel bei der Ge­werkschaft arbeitslos werden!) 69 000 Jugendliche haben keinen Job und keine Per­spektiven.

Meine Damen und Herren! Der erleichterte Erhalt eines Ingenieur-Titels ist zwar gut und schön für die Betroffenen. Wichtig wäre aber, durch entsprechende wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische und vor allem auch bildungspolitische Maßnahmen sichere und existenzsichernde Arbeitsplätze zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Groß­ruck: SPÖ-Wirtschaftspolitik – nein, danke!)

13.32


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Zwey­tick. – Bitte.

 


13.32.26

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wesentlichstes Ziel dieses Geset­zes ist die Entbürokratisierung des Verfahrens zur Verleihung des Ingenieur-Titels, was eine wesentliche Liberalisierung darstellt. Der Zeitaufwand und die damit verbundenen hohen Kosten gehören nun der Vergangenheit an, da auch artverwandte Tätigkeiten mit der grundsätzlichen Ausbildung einer HTL identisch sind.

Dass es in Hinkunft für weibliche Ingenieure auch möglich ist, sich als „Ingenieurinnen“ zu bezeichnen, ist als äußerst löblich zu erwähnen.


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155. Sitzung / Seite 94

Vielleicht eines zu meiner Vorrednerin: Ich habe ein bissel mitgezählt: 222 000, 62 000, 9 000 – da kommen wir ja fast wieder auf 300 000! Diese Zahlen, Frau Kollegin, sind sicher nicht die aktuellen, weil es wesentlich weniger sind, die derzeit eine Arbeitsstelle suchen oder keine Arbeit haben.

Vor allem die Maßnahmen für 62 000 Menschen, die derzeit ohne Arbeit sind, aber sich in Qualifikation befinden, sind wesentliche, wichtige und richtige Maßnahmen die­ser Bundesregierung, um diesen Menschen leichter einen Jobeintritt zu ermöglichen. Diese Maßnahmen wurden von uns gesetzt, und soweit ich mich erinnern kann, wurde dieser Beschluss ohne Zustimmung der SPÖ in diesem Hohen Haus gefasst.

Ich denke also, man sollte zuerst einmal vor der eigenen Türe kehren, wenn man hier Kritik anbringt, und Sie sollten, wenn es darum geht, diesen Menschen zu helfen, das auch mit Ihrer Stimme unterstützen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.) Das haben Sie tunlichst unterlassen, Herr Kollege. – Herzlichen Dank für die Aufmerksam­keit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

13.34


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Ingenieurge­setz 2006 samt Titel und Eingang in 1431 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen daher zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über Beziehungen im audiovisuellen Bereich samt Durch­führungsbestimmungen, in 1390 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig der Fall und damit angenommen.

13.35.339. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 760/A der Abge­ordneten Walter Murauer, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärbefugnisgesetz geändert wird (1552 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 828/A der Abge­ordneten Walter Murauer, Markus Fauland, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinarge­setz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das


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Heeresversorgungsgesetz geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2006 – WRÄG 2006) (1553 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 und 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Freiwillige Redezeitbeschrän­kung: 8 Minuten. (Abg. Brosz: Zur Geschäftsordnung!)

Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


13.36.15

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wir gehen davon aus, dass Bundesminister Platter dieser Debatte beiwohnen sollte. Er ist momentan noch nicht da. Ich möchte jetzt nicht unbedingt einen formalen Antrag stel­len. – Ist es sichergestellt, dass er kommt? Ansonsten würde ich den Antrag auf Beizie­hung von Bundesminister Platter stellen, weil das wohl ausreichend begründet und not­wendig ist. (Abg. Mag. Molterer: Ist schon im Haus!) – Ist schon im Haus?

13.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter, der Herr Bundesminister ist am Sprung; eine Minute soll es noch dauern. Wenn es Ihnen recht ist, fangen wir trotzdem mit der Debatte an.

Herr Abgeordneter Dr. Pilz ist am Wort. – Wenn Sie langsam zum Rednerpult gehen, wird der Herr Bundesminister schon da sein. (Abg. Dr. Pilz geht demonstrativ langsam zum Rednerpult. – Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer: Das übliche Pilz-Tempo!)

 


13.37.15

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke für den Hinweis, dass man, will man mit dem Verteidigungsminister eine Debatte führen, sich besonders langsam bewegen muss. Es hat funktioniert. – Danke für das fast pünktliche Erscheinen, Herr Bundesminister Platter!

Ganz kurz, weil es ja keine übermäßig große Änderung des Wehrrechts beziehungs­weise des Militärbefugnisgesetzes ist. Wir haben uns im Ausschuss genau überlegt, ob es sinnvoll ist, zuzustimmen. Wir sind nicht dieser Meinung, und das aus einer sehr einfachen und gleichzeitig grundsätzlichen Erwägung heraus: weil nach wie vor die Stellung des Rechtsschutzbeauftragten im Grundlegenden nicht so geregelt ist, wie wir uns das vorstellen.

Wir brauchen Rechtsschutzbeauftragte, die sich der Minister nicht selbst wählt, die sich die Verwaltung nicht selbst wählt. Die Unabhängigkeit wird nicht gewährleistet, in­dem sich eine Zweidrittelmehrheit des Nationalrates ein einziges Mal mit einer Verfas­sungsbestimmung dafür ausspricht, sondern dadurch, indem der/die Rechtsschutzbe­auftragte wirklich unabhängig gestellt wird, und das funktioniert nur als ein Organ des österreichischen Nationalrates und des österreichischen Parlamentes.

Wir brauchen keinen Rechtsschutzbeauftragten des Verteidigungsministers, den er letzten Endes ernennt und führt. Wir brauchen einen Rechtsschutzbeauftragten oder eine Rechtsschutzbeauftragte des österreichischen Parlamentes! (Beifall bei den Grü­nen.)

Aber was ist das alles verglichen mit den Problemen, die es in diesem Ressort sonst noch gibt? Was ist das alles verglichen mit den Eurofightern? Was ist das alles vergli­chen mit der Aufrechterhaltung einer Wehrpflicht, bei der niemand mehr weiß, warum


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man jungen Männern ein halbes Jahr ihrer Lebenszeit und ihrer Arbeitszeit mutwillig nehmen muss? Was ist das alles verglichen mit der Unmöglichkeit, die von uns allen gemeinsam beschlossene und unterstützte Bundesheer-Reform umzusetzen? Was ist das alles verglichen mit der viel zu späten Einsicht, dass der Kasernenverkauf nicht funktioniert, dass das Geld nicht da ist, dass niemand die Liegenschaften des Bundes­ministers für Landesverteidigung zu einem einigermaßen vernünftigen Preis erwerben will?

Was ist das alles verglichen mit dem Schrottplatz, der sich nach wie vor „fahrende Aus­rüstung des Bundesheeres“ nennt? Was ist das alles verglichen mit einem Bundes­ministerium für Landesverteidigung, in dem sich die Reformgegner im Ministerium und bei der Truppe tief eingegraben und eingebunkert haben und der Minister nicht in der Lage ist, als Spitze des Ministeriums diesen Widerstand zu überwinden und zu bre­chen? Was ist das alles dagegen?

Deswegen, Herr Bundesminister Platter, werden Sie heute mit großer Mehrheit dieses Gesetz beziehungsweise diese Novellierung des Wehrrechtes beschließen, aber eines bleibt trotzdem festzuhalten: Das Bundesministerium für Landesverteidigung, an des­sen Spitze Sie in den ersten Monaten Ihrer Ministerschaft durchaus mit Reformbereit­schaft und mit einem grundlegenden Verständnis, was geschehen muss und was sich zu ändern hat, begonnen haben, dieses Ministerium präsentiert sich bereits wieder in einem Zustand, der an die Zeit vor Ihrer Ministerschaft erinnert.

Und deswegen ist es sehr wichtig, dass es ein eindeutiges Wahlergebnis, sagen wir einmal, Anfang Oktober dieses Jahres gibt, damit die Grünen im österreichischen Nati­onalrat den eindeutigen Auftrag erhalten, auch die militärische Sicherheitspolitik dieses Landes auf eine solide Basis zu stellen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Räd­ler: Da schau her! – Ironische Heiterkeit des Abg. Rädler. – Abg. Prinz: Vielleicht er­füllt sich noch was? – Ruf bei der ÖVP: Eine Faschingsrede! – Abg. Prinz: Eine Büt­tenrede war das!)

13.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Murauer zu Wort. – Bitte.

 


13.41.50

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Pilz, die militärische Basis, die Sie hier erwähnen – Sie erlauben –, auf die sollten wir im Sinne der Sicherheit unseres Landes verzichten! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da Sie in diesen Fragen ohnedies Ihre Bemerkungen eher einer Lächerlichkeit unter­ziehen, wollen wir auch diesen Beitrag nicht unter die ernsthaften Reden, sondern un­ter „Büttenreden“ einreihen.

Es geht heute hier vielmehr um zwei Konsensmaterien, über die es zum Teil lange Ver­handlungen gegeben hat, insbesondere über jene, bei der es darum geht, den Rechts­schutzbeauftragten weisungsfrei und unabhängig zu machen. Der Herr Bundesminister hat dies de facto bereits bisher so gehalten – das werden alle hier in diesem Haus be­stätigen können –, aber jetzt hat die entsprechende rechtliche Verankerung der Unab­hängigkeit und Weisungsfreiheit in den Angelegenheiten der Kontrolle und der Beauf­sichtigung der Nachrichtendienste funktioniert.

Zur Frage: Wer sucht diesen Rechtsschutzbeauftragten aus? – Meine Damen und Her­ren! Es ist natürlich nicht so, dass der Herr Bundesminister sagt: Der ist es, und den nehmen wir halt, weil Herr Pilz dies ohnehin nicht befürwortet!, nein, sondern es ist – und Sie wissen das auch, Herr Pilz – ganz genau festgelegt, dass dieser Rechts-


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schutzbeauftragte auf Vorschlag der Regierung, unter Verständigung und Einbezie­hung des Herrn Nationalratspräsidenten und des Herrn Bundespräsidenten bestellt wird. Es ist also nicht so, dass das zufällig passiert.

Herr Bundesminister! Ich möchte aber diese Gelegenheit nützen, um darauf aufmerk­sam zu machen, dass im Rahmen des Vorsitzes, der Präsidentschaft in der Europäi­schen Union die Sicherheitspolitik, die Sie angeschnitten haben, die Sie eingebracht haben, große Erfolge verzeichnen kann. Wir sind stolz darauf, dass Sie den Balkan, die Sicherheit am Balkan für die Menschen am Balkan an die erste Stelle gestellt ha­ben – nicht nur wegen der Sicherheit der dort lebenden Menschen, sondern auch we­gen unserer Sicherheit! Dazu ist Ihnen zu gratulieren, und die Medien haben das ent­sprechend reflektiert.

Persönlich freut mich auch, dass Sie der zivil-militärischen Zusammenarbeit und Koor­dination einen entsprechenden Raum gewährt haben. Was heißt das? – Die zivile und militärische Zusammenarbeit wird in Zukunft, um in schwierigen Staaten Rechtsstaat­lichkeit einzusetzen, um der zivilen Gesellschaft Sicherheit zu geben, um wieder eine Lebensqualität zu „implantieren“, zum Tragen kommen, denn es ist notwendig, dass hiefür sowohl zivile als auch militärische Einheiten zusammenarbeiten; nicht nur das Militär ist in diesen Fragen ausschlaggebend, sondern auch NGOs und andere, die sich bemühen, der jeweiligen Bevölkerung zu helfen, ihr auch wirtschaftlich auf die Beine zu helfen. – Vielen herzlichen Dank!

Und ich bedanke mich auch für die Klarstellung, Herr Minister, dass Sie trotz der An­griffe, trotz aller nur möglichen und nicht immer sachlichen – oder schlichtweg unsach­lichen – Bemerkungen der Grünen oder der Sozialdemokraten (Ruf bei der SPÖ: Öh!) zur Luftraumverteidigung stehen, dass Sie für die Sicherheit im Luftraum stehen, dass Sie zu den Eurofightern stehen und – zumal Herr Pilz sie in Zweifel gezogen hat – dass Sie auch zur allgemeinen Wehrpflicht stehen. Vielen herzlichen Dank für die klaren Worte und für diese wichtige Haltung in der Sicherheitspolitik unseres Landes!

Wir sind gut unterwegs in Richtung 2010, in Richtung Umsetzung der entsprechenden Empfehlungen der Bundesheer-Reformkommission. So wird unser Land weiter in Si­cherheit leben können, und wir leisten einen entsprechenden internationalen, europäi­schen Beitrag zur Sicherheit der 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

13.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte.

 


13.46.47

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir haben schon gehört, bei beiden Bundesgesetzen handelt es sich um Verfassungsbestimmungen, die für das österreichische Bundesheer und auch für die Vollziehung dieses Gesetzes von großer Bedeutung sind.

Im Mittelpunkt steht die Einrichtung des Rechtsschutzbeauftragten mit umfassenden Befugnissen, mit verfassungsrechtlich gewährleisteter Unabhängigkeit und Weisungs­freiheit, die hier vollinhaltlich garantiert wird. Die Institution des Rechtsschutzbeauftrag­ten ist in Analogie zum Rechtsschutzbeauftragten des Bundesministeriums für Inneres auch im Rahmen des österreichischen Bundesheeres in Form eines begleitenden Rechtsschutzes auf umfassender, breiter Basis einzurichten. Uns geht es um eine klare gesetzliche Regelung, um mehr Rechtssicherheit! Die rechtsstaatlichen Garan­tien, meine Damen und Herren, müssen hier gesichert sein, ebenso eine ausreichende demokratische, parlamentarische Kontrolle. Hier hat man unseren Forderungen, unse-


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ren rechtsschutzkonzeptiven Überlegungen vollinhaltlich Rechnung getragen – daher auch unsere Zustimmung. (Abg. Dr. Pilz: Das enttäuscht ...!)

Bei Vollziehung dieses Gesetzes ist Augenmaß und Verantwortungsbewusstsein ge­fragt, und ich habe großes Vertrauen in die Qualifikation und in die Kompetenz der Be­amtinnen und Beamten des Bundesministeriums für Landesverteidigung (Beifall des Abg. Dr. Pilz), die mit der Vollziehung dieser gesetzlichen Bestimmung betraut sind. Ich würde meinen, es ist die richtige Antwort auf die Sicherheitsprobleme unserer Zeit.

Meine Damen und Herren! Neben umfangreichen formalen Entlastungen, diversen Er­gänzungen, Modifikationen, Adaptierungen und auch neuen Formen militärischer Aus­zeichnungen, auf die noch KollegInnen von mir eingehen werden, ist die Einsetzung eines Milizbeauftragten eine wesentliche Verbesserung für die Miliz. Daher kommt der Änderung des § 4 des Wehrgesetzes ein besonderer Stellenwert zu.

Meine Damen und Herren! Die allgemeine Wehrpflicht, ein verpflichtender Dienst jun­ger Österreicher im österreichischen Bundesheer, verlangt einen besonderen Schutz auch durch das Parlament. Daher wurde bereits 1962 der Vorsitz der Bundesheer-Be­schwerdekommission, der ursprünglich beim Bundesminister für Landesverteidigung lag, einem vom Nationalrat zu bestellenden Vorsitzenden übertragen. Nunmehr geht es darum, die Bundesheer-Beschwerdekommission, das Beratungsorgan und die Ser­viceeinrichtung des Parlaments, des Nationalrates für alle Soldatinnen und Soldaten, auch von der formalen Stellung her als ein außerhalb des Bundesheeres bestehendes Organ hervorzuheben, und das möchten wir in besonderem Maße unterstreichen.

Daher fand dieser ausdrückliche Wunsch auf Umbenennung der Kommission in „Parla­mentarische Bundesheer-Beschwerdekommission“, diese einstimmig gefasste Emp­fehlung aller in der Beschwerdekommission vertretenen Parteien, hier im Gesetz Be­rücksichtigung – nach Gesprächen und Verhandlungen auf Beamtenebene und auch einem persönlichen Gespräch mit Ihnen, Herr Bundesminister. In diesem Zusammen­hang möchte ich mich bei den Beamten und bei Ihnen persönlich bedanken für das Verständnis, das Sie in dieser Frage der Kommission entgegengebracht haben. Das zeigt, dass Sie auch viele Jahre Parlamentarier waren und das ganz einfach nicht ver­gessen haben. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und Freiheitlichen – BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Neben der Namensänderung wird auch das Präsidium der Beschwerdekommission auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Der Zuständigkeitsbe­reich wird ausgeweitet, insbesondere was die Soldaten und Soldatinnen im Ausbil­dungsdienst angeht – auch eine Verbesserung.

Noch offen ist aber unsere Anregung, die Anregung der Mitglieder der Bundesheer-Be­schwerdekommission, eine Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrates vorzu­nehmen, um dem Vorsitzenden der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekom­mission auch im Landesverteidigungsausschuss ein Rederecht einzuräumen.

Ich glaube, wir sind hier gut unterwegs. Das gemeinsam Erreichte ist ein großer Erfolg für die Soldatinnen und Soldaten des österreichischen Bundesheeres, und es stimmen der Weg und die Richtung, die wir hier gemeinsam gehen.

Daher darf ich abschließend noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Murauer, Gaál, Fauland, Kolleginnen und Kollegen zum An­trag 760/A der Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärbefugnisgesetz geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Landesverteidigungsausschusses (1552 d.B.)


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Die oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:

Nach der Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. In § 54 Abs. 2 werden die Worte ,Bundesheer-Beschwerdekommission’ durch die Worte ,Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission’ ersetzt.“

*****

Ich bitte hier um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Murauer, Gaál, Fauland ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Murauer, Gaál, Fauland, Kolleginnen und Kollegen zum An­trag 760/A der Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärbefugnisgesetz geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Landesverteidigungsausschusses (1552 dB)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:

Nach der Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. Im § 54 Abs. 2 werden die Worte ‚Bundesheer-Beschwerdekommission‘ durch die Worte ‚Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission‘ ersetzt.“

Begründung:

Im Rahmen des mit Initiativantrag eingebrachten „Wehrrechtsänderungsgesetzes 2006 (WRÄG 2006)“ (828/A BlgNR, XXII. GP) ist im Hinblick auf dem Umstand, dass die Vorsitzenden der Bundesheer-Beschwerdekommission vom Nationalrat bestellt werden und die weiteren Mitglieder durch die im Hauptausschuss des Nationalrates vertrete­nen politischen Parteien entsendet werden, eine Umbenennung dieser Beschwerde­kommission in „Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission“ beabsichtigt, wodurch deren formale Stellung als ein außerhalb des Bundesheeres stehendes Organ sui generis hervorgehoben werden soll. Vor diesem Hintergrund wäre im Militärbefug­nisgesetz eine entsprechende Formalanpassung vorzunehmen.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fauland. – Bitte.

 


13.52.20

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Möge es uns erspart


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bleiben, dass Peter Pilz jemals Landesverteidigungsminister in dieser Republik wird! (Abg. Murauer: Ja!)

Kollege Pilz, diese andauernden Behauptungen, dass die Bundesheer-Reform nicht funktionieren wird, dass die Kasernenverkäufe nicht funktionieren werden, machen das Gesagte auch nicht richtiger.

Die Bundesheer-Reform wird durch „2010“ in einer Art und Weise umgesetzt, die vor­bildhaft ist: Die Leitung durch Generalmajor Commenda zeichnet sich durch besondere Umsicht aus, und vor allem durch eines: Er lässt sich nicht behindern durch die inter­nen Abläufe und vor allem durch – wie Kollege Pilz es ausgeführt hat und was man natürlich auch feststellt, da gebe ich Ihnen schon Recht – mögliche Bremser. Ein Sys­tem wie das Bundesheer aus sich heraus zu reformieren, ist ein schwieriger Fall, ich bin aber der vollen Überzeugung, dass die Reform „BH 2010“ dem Anspruch gerecht werden wird, den wir aus der Politik an sie stellen.

Kommen wir jetzt zum eigentlichen Thema, und zwar zu den verschiedenen Gesetzes­änderungen, die das Wehrrecht betreffen.

Kollege Gaál hat ja schon ausgeführt, was den Rechtsschutzbeauftragen betrifft: Auch von unserer Seite volle Zustimmung! Es ist ein Rechtsschutzbeauftragter, der analog zum Sicherheitspolizeigesetz nun endlich eingeführt wird, nach einer etwas längeren Diskussion – an dieser Stelle auch meine Anerkennung und mein Dank an Kollegen Gaál, dass es ihm nun doch möglich war, mit uns diesen zu schaffen.

Dieser Rechtsschutzbeauftragte wird sich mit allen Maßnahmen beziehungsweise der Rechtmäßigkeit aller Maßnahmen, die nachrichtendienstliche Aufklärung und Abwehr betreffen, befassen und dann auch überall einbinden. Er ist überall einzubinden, er hat Weisungsfreiheit, er ist unabhängig, er wird auf fünf Jahre bestellt, eine Ablösung ist nicht oder kaum möglich. – Ich glaube, dass das der richtige Weg ist, um auch die Arbeit der militärischen Dienste hier zu legitimieren und auch um eine Möglichkeit zu schaffen, diese von außen her zu überprüfen. – Eine Überprüfung aus dem Nationalrat ist meiner Ansicht nach hier nicht notwendig.

Was das Wehrgesetz betrifft – das Steckenpferd von Kollegem Gaál –, und zwar die Bundesheer-Beschwerdekommission, die nun endlich auch von der Bezeichnung her den Stellenwert einer Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission erhält: Ich glaube, das ist auch ein sehr guter Ansatz, da es die Leistungen der Bundesheer-Beschwerdekommission – und jetzt neu: Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerde­kommission – unterstreicht und auch die Notwendigkeit und auch das Funktionieren dieses Systems. Wenn man sich die Berichte anschaut, stellt man fest: Es gibt eben einfach sehr viele Vorfälle, und es ist gut, dass Soldatinnen und Soldaten die Möglich­keit haben, sich außerhalb des Dienstweges an eine Stelle zu wenden und dort Unter­stützung zu erhalten.

Was den Milizbeauftragten betrifft, so ist es für mich ganz, ganz wichtig, dass dieser jetzt geschaffen wurde. Die Miliz ist ein wesentlicher Träger unseres Bundesheeres: Vergessen Sie nicht, dass die Personalaufbringung in Auslandseinsätzen zu fast 50 Prozent über die Miliz erfolgt! Somit wäre eigentlich der internationale Einsatz des österreichischen Bundesheeres ohne diese Milizkomponente kaum möglich. – Die Schaffung einer Person, die die Wünsche, Anregungen und Bitten der Miliz direkt dem Bundesminister vorträgt, war seit langem notwendig, und ich bin daher froh, dass uns das jetzt gelungen ist.

Was das Auszeichnungsrecht betrifft, so möchte ich kurz auf etwas eingehen, das wir auch vehement gefordert haben, und zwar auf diese Milizmedaille. Die Milizmedaille wurde geschaffen, um Personen zweifach auszuzeichnen: um einerseits Personen


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auszuzeichnen, die im Rahmen der freiwilligen Milizarbeit – ohne jegliche Zahlung, nur unter Ersatz der Fahrtkosten und unter Verköstigung – freiwillig für das Bundesheer ihre Zeit opfern. Jemand, der 30 Tage plus erreicht hat, wird dann mit dieser Milizme­daille ausgezeichnet.

Was aber noch viel wichtiger ist, sind all jene Soldatinnen und Soldaten, die in der Miliz freiwillig weiterdienen wollen, aber auf Grund der Restrukturierung des Bundesheeres entordert werden. Auch hier gilt es, nicht nur einen goldenen Handshake zu geben, sondern auch auszuzeichnen, dass sie eigentlich noch über das Maß hinaus dienen wollten, es aber auf Grund der Ressourcen und auf Grund der Bedürfnisse nicht mehr notwendig war.

Lassen Sie mich abschließend folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Murauer, Gaál, Fauland, Kolleginnen und Kollegen zum An­trag 828/A der Abgeordneten Murauer, Fauland, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionsla­gergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Heeresversorgungsge­setz geändert werden, in der Fassung des Berichtes des Landesverteidigungsaus­schusses (1553 d.B.)

*****

Dieser Antrag wird, glaube ich, verteilt werden, ich werde ihn daher nur in den Grund­zügen erläutern:

Es geht hier um einige redaktionelle Dinge, aber auch um eine nochmalige Änderung des Heeresversorgungsgesetzes. Im Grundentwurf haben wir nur die Beschädigten­rente, die beim Bundesheer immer noch mit 25 Prozent geregelt war, an das ASVG-Niveau von 20 Prozent angepasst. Jetzt geht es uns aber zusätzlich auch darum, dass weiterführend auch eine Anpassung für den Rentenanspruch besteht.

Abschließend möchte ich sagen, dass diese Wehrrechtsänderungen einen wesent­lichen Schritt nach vorne bedeuten. Und noch einmal: Für den fast vorhandenen Kon­sens meinen herzlichen Dank! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

13.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben in seinen Kernpunkten erläu­terte Abänderungsantrag der Abgeordneten Murauer, Gaál, Fauland ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Auf Grund des Umfanges lasse ich ihn gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung an die Abgeordneten verteilen. Er wird auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Murauer, Gaál, Fauland, Kolleginnen und Kollegen zum An­trag 828/A der Abgeordneten Murauer, Fauland, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitions-


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lagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Heeresversorgungs­gesetz geändert werden, in der Fassung des Berichtes des Landesverteidigungsaus­schusses (1553 dB)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:

1. Im Art. 2 lautet die Z 4:

„4. Dem § 93 wird folgender Abs. 5 angefügt:

‚(5) Hinsichtlich der Ahndung von Pflichtverletzungen, die vor Ablauf des 31. Dezem­ber 2006 verwirklicht wurden, ist § 2 Abs. 3 in der bis zum Ablauf des 31. Dezem­ber 2006 geltenden Fassung weiter anzuwenden.‘“

2. Im Art. 6 lautet der Einleitungssatz:

„Das Militärauszeichnungsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 168, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 58/2005, wird wie folgt geändert:“

3. Im Art. 7 wird die bestehende Novellierungsanordnung durch folgende Z 1 bis 4 er­setzt:

„1. In den §§ 21 Abs. 1 und 95 Abs. 1 wird die Prozentangabe ‚25 v.H.‘ jeweils durch die Prozentangabe ‚20 v.H.‘ ersetzt.

2. Dem § 23 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

‚Dies gilt nicht für den Anspruch auf Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H..‘

3. Dem § 98a werden folgende Abs. 13 und 14 angefügt:

‚(13) Werden Anträge auf Zuerkennung von Beschädigtenrente auf Grund der Ände­rung der §§ 21 Abs. 1 und 95 Abs. 1 mit BGBl. I Nr. xxx/xxx innerhalb eines Jahres ab In-Kraft-Treten des BGBl. I Nr. xxx/xxx eingebracht, ist die Leistung bei Zutreffen der Voraussetzungen ab diesem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens zuzuerkennen.

(14) In Verfahren, in denen der Antrag auf Gewährung von Beschädigtenrente vor dem In-Kraft-Treten des BGBl. I Nr. xxx/xxx eingebracht wurde und das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, ist die Beschädigtenrente auf Grund der Ände­rung der §§ 21 Abs. 1 und 95 Abs. 1 mit BGBl. I Nr. xxx/xxx bei Zutreffen der Voraus­setzungen ab diesem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens zuzuerkennen.‘

4. Dem § 99 wird folgender Abs. 13 angefügt:

‚(13) Die §§ 21 Abs. 1, 23 Abs. 1, 95 Abs. 1 und 98a Abs. 13 und 14 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxx treten mit 1. September 2006 in Kraft.‘“

Begründung:

Die gegenständlichen Modifikationen in den Art. 2 und 6 dienen der Bereinigung eines Redaktionsversehens.

Durch die vorgeschlagene Änderung im Heeresversorgungsgesetz soll – in Ergänzung der bisherigen Novellierungsanordnung, die nur den § 21 Abs. 1 HVG betrifft – eine Anpassung auch für einen Rentenanspruch nach § 95 Abs. 1 HVG erfolgen.

Durch die vorgeschlagene Ergänzung des § 23 Abs. 1 HVG soll normiert werden, dass bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Heeresversorgungsgesetz von 15 v.H. bis 19 v.H. keine Aufrundung auf 20 v.H. erfolgt und daher aus § 21 Abs. 1 HVG kein Anspruch auf Beschädigtenrente entsteht.


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Weiters soll eine Übergangsregelung für jene Fälle getroffen werden, in denen derzeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem HVG von 20 v.H. besteht. In diesen Fällen soll bei Antragstellung innerhalb eines Jahres die Beschädigtenrente bei Zutref­fen der Voraussetzung rückwirkend ab dem In-Kraft-Treten dieser Regelung erbracht werden. Bei späterer Antragstellung gilt die gesetzliche Bestimmung des § 55 Abs. 1 HVG über den Beginn der Versorgung.

Ebenso soll normiert werden, dass bei offenen Verfahren zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes die Beschädigtenrente von 20 v.H. bei Vorliegen der Voraussetzungen frühestens ab diesem Zeitpunkt gebührt.

Schließlich soll eine Bestimmung aufgenommen werden, die das In-Kraft-Treten der vorgesehenen Änderungen zu einem Monatsersten regelt, da es sich bei der Beschä­digtenrente um eine Monatsleistung handelt und eine Aliquotierung dieser Leistung ge­setzlich nicht vorgesehen ist.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Bundesminister Platter. – Bitte.

 


13.58.07

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Es sind das heute zwei wichtige Gesetzesmaterien, die beschlossen werden, wo die entsprechende Novellierung durchgeführt wird: einerseits, was das Wehrrecht betrifft, und andererseits betreffend das Militärbefugnisgesetz – es ist bedeutend für die österreichische Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Vor allem was die Rechtsstellung des Rechtsschutzbeauftragten betroffen hat, hat es doch einige Zeit, einige Jahre eine sehr intensive Diskussion gegeben, und ich hoffe – und ich gehe davon aus –, dass wir heute diese Materie gemeinsam erfolgreich ab­schließen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Schauen wir zurück in die Geschichte: Im Jahre 2000 wurde das Militärbefugnisgesetz beschlossen, das zweifellos eine umfassende und richtungweisende Zusammenfas­sung aller Regelungen betreffend die Befugnisse von militärischen Organen war, und damals wurde auch das Institut des Rechtsschutzbeauftragten eingeführt. – Ich möchte sagen, dass das eine ganz wesentliche Angelegenheit ist, dass hier auch die entspre­chende Kontrolle und Prüfung durchgeführt wird, und ich kann Ihnen sagen, dass die­ses Instrument des Rechtsschutzbeauftragten unverzichtbar ist!

Deshalb möchte ich mich sehr herzlich bei allen, die in diesem Bereich tätig sind, be­danken. Insbesondere richtet sich mein Dank an den Rechtsschutzbeauftragten, Univ.-Prof. DDr. Karlheinz Probst. Ich bedanke mich bei beiden Stellvertretern – einer ist heute anwesend: Dr. Franz Sailler, und herzlichen Dank auch an Dr. Ernst Markel –, die aus meiner Sicht eine hervorragende Arbeit machen – aber nicht für den Verteidi­gungsminister, sondern sie machen die Prüfung, die Kontrolle der militärischen Dienste ausgezeichnet. Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich möchte nicht verschweigen, dass es zweifellos ein steiniger Weg, ein langer Weg war, bis wir den Konsens gefunden haben. Letztlich ist aber etwas im Vordergrund ge­standen: die Sache. Ich möchte insbesondere dem Koalitionspartner, aber auch der SPÖ sehr herzlich dafür danken, dass wir – ich gehe davon aus – den Konsens gefun­den haben. Bei den Grünen war es leider nicht möglich, aber auf Grund der Ausführun-


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gen von Abgeordnetem Pilz möchte ich sagen: Je näher der Wahltermin kommt, desto mehr verabschieden sich die Grünen von der Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Österreich. (Abg. Murauer: Leider ist es so!)

Geschätzte Damen und Herren, zu den Eckpunkten: Der wichtigste Punkt ist zweifellos die Weisungsfreistellung der Rechtsschutzbeauftragten mit Verfassungsbestimmung. Selbstverständlich habe ich, als die Verfassungsbestimmung noch nicht vorhanden war, intern die Weisung gegeben, dass man da nicht eingreifen darf. Es ist aber wich­tig, dass das im Verfassungsrang ganz klar und deutlich geregelt ist.

Darüber hinaus haben wir einen anderen Modus vorgesehen, was die Bestellung der Rechtsschutzbeauftragten betrifft. Es werden nun durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung die Rechtsschutzbeauftragten bestellt, und die Bestel­lungsdauer beträgt fünf Jahre.

Ich möchte auch noch einen anderen Punkt erwähnen, der mir von Bedeutung er­scheint, dass nämlich die Einschränkung der Rechte der Rechtsschutzbeauftragten nur mit Zweidrittelmehrheit möglich ist. Das heißt, dass die Tätigkeiten und Aufgaben der Rechtsschutzbeauftragten breit und im Verfassungsrang abgesichert sind.

Geschätzte Damen und Herren, lassen Sie mich noch ganz kurz auf das Wehrrechts­änderungsgesetz eingehen. Es wurde angeführt, dass die sichtbaren militärischen Aus­zeichnungen nun geändert werden. Dazu möchte ich folgendes Beispiel vortragen:

An der March in Niederösterreich gab es eine große Hochwasserkatastrophe. In die­sem Gebiet waren viele Soldatinnen und Soldaten tätig. Es wurde hervorragende Ar­beit geleistet und zum Schutz der dortigen Bevölkerung Hilfeleistung gegeben, wo andere nicht mehr helfen konnten. Es haben aber nicht nur Soldatinnen und Soldaten daran teilgenommen, sondern auch zivile Angehörige der Heeresverwaltung.

Ich habe am 23. Mai 2006 in St. Pölten sichtbare Auszeichnungen dafür übergeben, und mir war nicht wohl dabei, dass wir die Auszeichnung nur den Soldatinnen und Sol­daten geben konnten, aber nicht den zivilen Bediensteten der Heeresverwaltung, die ebenfalls mit dabei waren.

Durch diese Regelung – wenn das heute beschlossen wird – ist es letztlich machbar, dass zivilen Angestellten, Bediensteten der Heeresverwaltung diese Auszeichnung ebenfalls gegeben wird. Es ist schon wichtig, dass diese Anerkennung gegeben wer­den kann, wenn großartige Leistungen für die Republik Österreich erbracht werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ein weiterer Punkt betrifft die Milizbeauftragten. Ich möchte Folgendes heute hier ganz klar zum Ausdruck bringen: Damit das österreichische Bundesheer künftig diese Leis­tungen erfüllen kann, die wir in der Bundesheer-Reformkommission vorgestellt haben, damit wir im Inland die Aufgaben erfüllen, die weiterhin notwendig sind – der Schutz der Bevölkerung und ihrer Lebensgrundlagen, sicherheitspolizeiliche Assistenzein­sätze, Katastropheneinsätze und selbstverständlich eine Luftraumüberwachung, was unsere Soldatinnen und Soldaten gerade in den letzten Tagen wieder hervorragend durchgeführt haben, aber auch die ganzen Auslandsaktivitäten –, damit wir ein stabiles Umfeld haben und in Österreich sicher leben können, brauchen wir drei Säulen: Wir brauchen das Kaderpersonal, wir brauchen die Miliz und wir brauchen die Grund­wehrdiener. Wenn man eine dieser Säulen kappt, werden wir diese Leistungen nicht mehr so erbringen können, wie das in der Vergangenheit der Fall war!

Daher bin ich froh darüber, dass wir nun einen Milizbeauftragten gesetzlich installiert haben. Die Miliz ist einerseits für die Befüllung der Bataillone und Brigaden notwendig. Zum Zweiten ist die Miliz notwendig für die Landesbataillone, die wir derzeit gerade in den verschiedenen Bundesländern einrichten, und zum Dritten als Expertenpool, damit


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dieses Know-how, das diese Milizsoldaten in ihrem beruflichen Leben erworben haben, letztlich auch dem österreichischen Bundesheer zur Verfügung steht.

Es geht also darum, dass wir einen gesetzlich installierten Milizbeauftragten haben. Ich denke, das ist ein sehr fortschrittlicher Weg, es ist aber auch der Weg, dass man nicht nur in Sonntagsreden ein klares Bekenntnis zur Miliz abgibt, sondern dass auch die Beschlussfassungen entsprechend erfolgen. (Beifall bei der ÖVP.)

Gestatten Sie mir zu einem weiteren Punkt – es ist ein Abänderungsantrag dazu einge­bracht worden –, zur Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission, eine Er­wähnung.

Ich bin sehr froh darüber, dass der amtsführende Vorsitzende, derzeit Abgeordneter Gaál, und alle anderen, die dort tätig sind, intensiv mit unserer Kontrollsektion, mit un­serem Haus zusammenarbeiten, damit, wenn es Fälle gibt, denen nachzugehen ist, die Kontrolle durchgeführt wird. Wir haben das größte Interesse daran, dass unsere jungen Rekruten – diese sind vorwiegend jung – gefordert werden, aber dass auch ordentlich mit ihnen umgegangen wird. Das ist beinahe zu 100 Prozent gegeben.

Wir haben ausgezeichnete Ausbilder. Es gibt aber da oder dort auch Fälle, die nicht gut funktionieren – dem müssen wir nachgehen. Deshalb zu sagen, dass es im öster­reichischen Bundesheer ein Problem in diesem Zusammenhang gibt, ist nicht zulässig.

Es ist aber wichtig, dass wir diese Einrichtung der Bundesheer-Beschwerdekommis­sion haben. Sie wird vom Parlament gewählt, und deshalb war es für mich auch klar, dass es überhaupt kein Problem sein kann, dass das künftig „Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission“ heißen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Der Gaál ist ein guter Mann!)

Die Reform des österreichischen Bundesheeres wurde in einigen Debattenbeiträgen bereits angesprochen. Geschätzte Damen und Herren, wenn man sich das genau anschaut, wird jeder sagen: Diese Reform des österreichischen Bundesheeres ist eine absolute Erfolgsstory! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben alles im Konsens über die Bühne gebracht. In der Bundesheer-Reformkom­mission haben alle dem die Zustimmung erteilt, in der Bundesregierung und im Natio­nalen Sicherheitsrat haben alle Parteien dem die Zustimmung erteilt. Wenn man jetzt vor Wahlen, die irgendwann einmal anstehen werden, sagt, man hat damit nichts mehr zu tun, dann ist das eine andere Sache. Faktum ist aber, dass das alles gemeinsam beschlossen worden ist.

Faktum ist darüber hinaus, dass wir diese Umsetzungen Schritt für Schritt machen, ohne dass wir irgendeine Verzögerung haben. Schauen Sie sich den Zeitplan an, den wir geliefert haben, und schauen Sie sich die Ergebnisse an!

Darüber hinaus werden wir am 1. September 2006 das Streitkräfteführungskommando installieren. Das heißt: Ab dem 1. September 2006 wird das Streitkräfteführungskom­mando operationell tätig sein. Wir werden das in einem großen militärischen Festakt machen, womit wir die Umgliederung der Truppe letztlich abgeschlossen haben. Dazu war auch notwendig, dass wir ein ordentliches Sozialpaket über die Bühne gebracht haben.

Herzlichen Dank auch an alle Personalvertreter! Die Personalvertreter aller Parteien haben dem nämlich einstimmig die Zustimmung erteilt.

Darüber hinaus möchte ich auch noch eines sagen: Die gewerkschaftlichen Vertreter, die Personalvertreter haben über die Parteigrenzen hinaus einstimmig dem gesamten Reformwerk die Zustimmung erteilt.


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Es ist sicher gut, dass wir diese Gemeinsamkeit gesucht haben, es ist gut, dass wir die Diskussion geführt haben! Es wird auch gut sein für die Sicherheit der Republik Öster­reich – ein offensiver Weg, den wir fortsetzen werden. – Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

14.08


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Regler. – Bitte.

 


14.08.24

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Wir beschließen heute eine Novelle zum Militärbefugnisgesetz. Dabei steht, wie schon ausgeführt wurde, die Unabhängigkeit der Rechtsschutzbeauf­tragten im Zentrum.

Das Bundesverfassungsgesetz sieht aber grundsätzlich die Weisungsgebundenheit von Organen vor, sofern nicht eine verfassungsrechtlich abgesicherte Ausnahme ge­macht ist.

Für den Bereich der Landesverteidigung findet sich das im Artikel 80 Abs. 3, nach dem der Bundesminister für Landesverteidigung die Befehlsgewalt über das Bundesheer und alle seine Gliederungen auszuüben hat. Das heißt: Auch der Rechtsschutzbeauf­tragte wäre ihm gegenüber weisungsgebunden, obwohl ja bisher, wie wir schon gehört haben, von unserem Bundesminister Platter keine Weisungen diesbezüglich gegeben wurden.

Es gab jetzt aber eine gewisse kuriose Situation. Vor allem von den Oppositionspar­teien wurde immer wieder verlangt, es müsste der Rechtsschutzbeauftragte weisungs­frei gestellt werden. Andererseits aber braucht man dazu die Zustimmung der großen Oppositionspartei, sonst kommt eben die Zweidrittelmehrheit nicht zustande.

Mit den Bestimmungen über den Rechtsschutzbeauftragten nach dem Sicherheitspoli­zeigesetz kam nun ein Durchbruch. Jetzt ist die Situation so, dass der Sicherheitsbe­auftragte beim Bundesheer dieser Stellung nachgebildet ist.

Der Rechtsschutzbeauftragte mit seinen zwei Stellvertretern, die alle drei die gleichen Rechte und Pflichten haben, sind unabhängig und weisungsfrei, sie unterliegen der Amtsverschwiegenheit, sie haben Einsicht in alle relevanten Unterlagen und sie kön­nen alle Räume betreten, in denen sich diese Unterlagen befinden.

Ich möchte aus diesem Anlass auch der SPÖ und Toni Gaál besonders herzlich dafür danken, dass wir heute die notwendige verfassungsmäßige Mehrheit zustande brin­gen.

Wichtig erscheinen mir auch die Ausschlussfeststellungen, dass man nämlich davon ausgeht, dass der Bundesminister für Landesverteidigung dem Rechtsschutzbeauftrag­ten das notwendige Personal zur Verfügung stellt und dass dieses Personal in Aus­übung seiner Tätigkeit nur den Weisungen des Rechtsschutzbeauftragten unterliegt und der Bundesminister für Landesverteidigung keine Weisungen an das zugeteilte Personal gibt.

Weil auch gesagt worden ist, es solle sich um ein Organ des Nationalrates handeln, möchte ich feststellen: Ich halte es für sehr wichtig, dass der Rechtsschutzbeauftragte jährlich bis 31. März seinen Bericht zu erstatten hat und dass dieser Bericht dem Stän­digen Unterausschuss des Nationalrates zugänglich zu machen ist, wenn dies verlangt wird. – Damit gibt es die erforderliche Rückkoppelung an den Nationalrat.


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Wie gesagt, ich freue mich über die verfassungsmäßige Zustimmung zur Novelle zum Militärbefugnisgesetz. (Beifall bei der ÖVP.)

14.11



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ha­genhofer. – Bitte.

 


14.11.40

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Miliz-Medaille ist eine Wertschätzung, eine Anerken­nung, eine Form der Verabschiedung von den Soldaten oder von den Bediensteten des Heeres. Daher war es uns ganz besonders wichtig, dass sensibel mit dieser Me­daille umgegangen wird.

Der Initiativantrag wurde – das muss ich einfach sagen, weil es mittlerweile wieder ganz anders ist und weil uns das sehr freut – noch im Ausschuss kritisiert. Die Milizme­daille war so angelegt, dass sie für Offiziersfunktionen in Gold, für Unteroffiziere in Sil­ber und für die übrigen Funktionen in Bronze hätte verliehen werden sollen.

Meinem Vorsitzenden, Toni Gaál, den anderen Vorsitzenden und dem Herrn Minister möchte ich danken, dass diese Abänderung – so ist es mir zumindest jetzt übermittelt worden – so stattfindet, dass die Medaillen nicht mehr nach Funktionen verliehen wer­den, sondern nach Leistung. Herzlichen Dank, Herr Minister, herzlichen Dank, meine Herren Vorsitzenden! Das ist gesellschaftspolitisch eine tolle Angelegenheit und spricht für ein modernes Heer. (Beifall bei der SPÖ sowie demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Eine weitere Bitte oder eine weitere Freude für mich ist Folgendes: Ich bin mittlerweile zehn Jahre lang Mitglied der Bundesheer-Beschwerdekommission, seither wird das Thema „Namensgebung“ gewälzt – und seit zehn Jahren geschieht nichts. Heute darf ich mit dabei sein, dass genau der Wunsch, nämlich den Namen „Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission“ zu verankern, tatsächlich Gesetz wird.

Herr Minister, ich denke, die Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission sieht sich wirklich als Dienstleister gegenüber den Rekruten, gegenüber den Soldaten, gegenüber den Bediensteten des Heeres, aber auch als Dienstleister Ihnen gegen­über, weil die Empfehlungen, die von Ihnen getroffen werden, sehr oft, sehr schnell und sehr rasch übernommen werden.

Ich denke, diese Zusammenarbeit ist eine tolle Angelegenheit. Die kann nur dem Heer und dem Ansehen des Heeres dienen!

Daher möchte ich mich in erster Linie bei den Bediensteten der Bundesheer-Beschwer­dekommission bedanken, bei Mag. Karl Schneemann und bei Frau Gsaxner und den anderen Bediensteten. Diese leisten unendliche Arbeit für uns, dass wir arbeiten kön­nen und dass wir das Weiterleiten an den Minister vornehmen können, aber auch, dass wir den Bediensteten, die sich mit Anliegen an uns gewandt haben, entgegenkommen können.

Ich bedanke mich aber auch bei Toni Gaál, beim derzeitigen Präsidenten, wie auch beim gesamten Präsidium. (Beifall der Abg. Pfeffer.)

Unter Toni Gaál, aber auch unter Seledec und Paul Kiss wurde es möglich, dass wir als Mitglieder auch zu Informationsfahrten mitgenommen werden und so ein umfas­sendes Bild bekommen. Herzlichen Dank dafür! – Ich freue mich über diese Änderung. (Beifall bei der SPÖ und demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

14.15


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lichten­egger. – Bitte.

 


14.15.11

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Minister! Es ist eigentlich schon sehr viel zur vorliegenden Gesetzesmaterie gesagt worden, sodass ich mich kurz fassen kann. Eine Reihe von Gesetzen wird hier verändert. Bezüglich des Militärbefugnisgesetzes halten wir es für sehr wichtig, dass es erstmals einen unabhängigen Rechtsschutzbeauftragten gibt. Die Basis dafür hat das Sicherheitspolizeigesetz geboten. Man hat gut erkannt, dass das wirklich eine hervor­ragende Lösung ist.

Beim Wehrgesetz ist aus unserer Sicht die Angleichung an vergleichbare sozialrecht­liche Bestimmungen, etwa die Beschädigtenrente, die jetzt schon mit 20 Prozent in Anspruch genommen werden kann – vorher 25 Prozent –, das Wichtigste.

Die Milizmedaille ist eine militärische Auszeichnung, die jenen Personen zugute kom­men muss und soll, die ihre Funktion in der Einsatzorganisation beendet haben. Das ist ein langer Wunsch von unserer Seite, der hier auch erfüllt werden konnte.

Für besondere Leistungen in der militärischen Landesverteidigung ist es notwendig, dass es auch im Militärauszeichnungsgesetz Änderungen gibt. Gott sei Dank auch mit den Stimmen der Sozialdemokratie haben wir eine gute Lösung und eine breite Basis finden können, auf die wir jetzt zurückgreifen können.

Breite Basis, solide Basis – dieser Ausdruck ist heute schon einmal gefallen, nämlich vom Abgeordneten Pilz. Er hat gesagt, er würde die Landesverteidigung gern auf eine solide, grüne Basis stellen. – Das Einzige was wirklich solide und grün im Bundesheer ist, ist die Tarnfarbe des Gerätes und die Farbe der Uniformen. Das ist aber schon das Einzige.

Die solide Basis – dies sei hier auch gesagt, damit das auch die Zuseher erfahren –, geht es nach dem Abgeordneten Pilz, schaut dann vielleicht so aus, wie es im Aus­schuss der Fall war: Heitere Atmosphäre, heitere Stimmung beim Abgeordneten Pilz. Der Vorsitzende schaut auf die Rednerliste, Abgeordneter Pilz kommt zu Wort, plötz­lich setzt er eine versteinerte Miene auf. Bei der Fragestellung an den Minister werden irgendwelche wilden Thesen und Theorien bezüglich der Eurofighter nicht bloß formu­liert, sondern nahezu als Unterstellungen präsentiert. Was geschieht danach? Abge­ordneter Pilz verlässt gleich danach den Ausschuss – er ist nicht mehr da! Der Minister beantwortet fast akribisch die Fragen von Abgeordnetem Pilz. Abgeordneter Pilz kommt zurück, die Beantwortung der Fragen durch den Minister ist beinahe beendet. Abgeordneter Pilz kommt herein, trägt eine heitere Miene zur Schau und setzt sich hin. Er ist wieder am Wort, und plötzlich setzt er wieder eine versteinerte Miene auf und sagt: Das ist doch lächerlich, die Beantwortung vom Minister! – Dabei war er gar nicht da, er hat gar nicht gewusst, was der Minister zur Antwort gegeben hat! (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist wie im Plenum! – Abg. Lentsch: So sind sie, die Grünen!) Danach herrscht wieder heitere Stimmung beim Abgeordneten Pilz.

So funktioniert das in den Ausschüssen beim Abgeordneten Pilz! Wenn so die solide Basis der Landesverteidigung aussehen soll, dann wollen wir hoffen, dass alles so bleibt, wie es ist, und dass es nie einen Anspruch gibt auf mehr grüne solide Basis in der Landesverteidigung. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

14.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadler. – Bitte.

 



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14.18.36

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Im Rahmen des zur Debatte stehenden Tagesordnungspunktes liegen auch Änderungen des Wehrgeset­zes vor, wie etwa Änderungen die Bundesheer-Beschwerdekommission betreffend, die umbenannt wird in Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission; meine Vor­redner haben es bereits erwähnt.

Aber ich möchte diese Gelegenheit nützen, mich einmal bei den Vorsitzenden zu be­danken, bei Paul Kiss, aber auch bei Toni Gaál, für ihre engagierte Arbeit.

Die Bundesheer-Beschwerdekommission leistet einen sehr wichtigen Beitrag – unser Herr Bundesminister hat es bereits erwähnt –, denn es ist wichtig, dass man auch in diesem Bereich arbeitet, um die Ausbildung im Bundesheer für junge Menschen so zu gestalten, dass diese Zeit in guter Erinnerung bleibt, dass diese Zeit für junge Men­schen sinnvoll ist.

Es ist auch lobenswert, dass der Kreis der beschwerde-legitimierten Personen erwei­tert wird, und zwar um Personen, die ihren Ausbildungsdienst bereits abgeleistet ha­ben. Das betrifft vor allem auch Frauen beim Bundesheer. Diese werden nun auch nach Ausscheiden die Möglichkeit zur Beschwerde haben.

Ein weiterer Punkt ist die Einführung des Milizbeauftragten. Dies ist ein lang gehegter Wunsch der Miliz, der nun erfüllt wird. Es ist dies ein Zeichen der besonderen Wert­schätzung und der Bedeutung der Miliz für das Bundesheer und wichtig, damit die In­teressen der Miliz bestmöglich wahrgenommen werden. Auch die Erweiterung der An­spruchsvoraussetzungen für die Milizmedaille zeigt die Wichtigkeit der Miliz auch im reformierten Bundesheer.

Abschließend möchte ich diese Gelegenheit heute schon auch dazu wahrnehmen, mich bei unserem Herrn Bundesminister Günther Platter zu bedanken. Es ist schon be­eindruckend, wie diese größte Reform der Zweiten Republik durchgeführt wird, vor allem ist es etwas ganz Besonderes, dass gemeinsam mit den Personalvertretern Sys­teme ausgearbeitet werden, dass notwendige Veränderungen nicht über die Köpfe von Betroffenen hinweg, sondern mit den Betroffenen ausgearbeitet werden, damit Verän­derung nicht Nachteil, sondern Chance bedeutet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen – BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Schluss kann man, glaube ich, fest­stellen, dass unser Bundesminister Günther Platter gemeinsam mit der ÖVP Schritt für Schritt setzt, damit das österreichische Bundesheer ein modernes, schlagkräftiges Heer wird, das den neuen Herausforderungen gewachsen ist, um die Sicherheit in un­serem Land bestmöglich zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen – BZÖ.)

14.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. – Bitte.

 


14.21.24

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister, anschließend an Ihre Ausfüh­rungen möchte auch ich als Abgeordneter des Weinviertels mich bei den Soldatinnen und Soldaten des österreichischen Bundesheeres neben allen anderen freiwilligen Hel­fern recht, recht herzlich für den professionellen und raschen Einsatz bei der Hochwas­serkatastrophe bedanken. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)


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Es ist ausschließlich dem österreichischen Bundesheer zu verdanken, dass die Ort­schaft Drösing nicht das Schicksal von Dürnkrut erlitten hat, sondern dass der Damm in Drösing gerettet wurde. – Ich bitte, diesen Dank weiterzugeben.

Meine Damen und Herren! Ich möchte die Konsensatmosphäre nicht allzu sehr belas­ten, aber ein bisschen sollte man der Wahrheit schon die Ehre geben, Kollege Regler. Es ist nicht so, dass sich die Sozialdemokratie erst jetzt bewegt, sondern bereits im Jahre 2000 war der Rechtsschutzbeauftragte der strittige Punkt beim Militärbefugnisge­setz. Sechs Jahre hat es gedauert, bis diese Regierung nun dem Rechtsschutzbeauf­tragten den Status gibt, den er braucht.

Ähnlich ist es bei der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission. Minis­ter Fasslabend war damals noch der Ansicht, dieses Organ sei ein Hilfsorgan des Bun­desministers. Ein Jahr später, im Jahre 2000, gab es den „Spitzel-Erlass“ des Bundes­ministers Scheibner, der nur dazu diente, die Arbeit der Parlamentarischen Bundes­heer-Beschwerdekommission zu erschweren, ja fast unmöglich zu machen.

Im Jahre 2001 gab es einen Antrag des Kollegen Gaál, der heute im Großen und Gan­zen wortwörtlich beschlossen wird. Ich betone: 2001! Nicht einmal in den Ausschuss ist dieser Antrag damals gekommen. Bis heute hat es gedauert, bis die Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission endlich außer Frage gestellt wurde.

Ich hoffe sehr – der Herr Bundesminister hat das auch zugesagt –, dass dieser „Spit­zel-Erlass“ endlich aufgehoben wird, dass die Bundesheer-Beschwerdekommission weiterhin so erfolgreich tätig sein kann. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lichten­egger.)

14.23


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Freund. – Bitte.

 


14.24.02

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Uns, den Regierungsparteien, ist es wichtig, dass Rechtssicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger gegeben ist. Das gilt natürlich auch im militärischen Bereich. Das Militärbefugnisgesetz stellt das durch die Einfüh­rung eines Rechtsschutzbeauftragten nach Vorbild der Rechtsschutzbeauftragten im Innen- und im Justizministerium sicher.

Im Jahre 2001 wurden die ersten Rechtsschutzbeauftragten bestimmt, mit der Auf­gabe, die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der nachrichtlichen Dienste zu überprüfen.

Mit den neuen Regelungen wurden erstmals die Aufgaben, Rechte und Pflichten von Überwachung und von militärischen Nachrichtendiensten klar festgelegt und normiert. Missbrauch wird gesetzlich verhindert, und Sanktionen werden klar definiert. Aber auch die Rechte der Zivilbevölkerung werden definiert: Recht auf Kostenersatz, auf Be­schwerde und auf Entschädigung bei Befugnisüberschreitung. – Also gesetzliche Kon­trolle aller militärischen Organe.

Die Opposition war bisher dagegen und hat ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtsho­fes erwirkt.

Es geht auch darum, dass Festnahmen nur noch bei begründetem Tatverdacht vorge­nommen werden dürfen, Festgenommene sofort an das zuständige Gericht überstellt werden und verstärkter Rechtsschutz für Observation und verdeckte Ermittlung gege­ben ist – Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.


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Der Rechtsschutzbeauftragte wird weisungsfrei gestellt. Daher ist, wie schon erwähnt wurde, die Zweidrittelmehrheit erforderlich. Ich begrüße ausdrücklich, dass auch die SPÖ dem zustimmt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Bisher war der Rechtsschutzbeauftragte für drei Jahre bestellt, heute erhöhen wir sei­nen Tätigkeitszeitraum auf fünf Jahre. Es wurde auch schon erwähnt, dass der Rechts­schutzbeauftragte von der Regierung vorgeschlagen und vom Bundespräsidenten be­stellt wird.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die ÖVP wird weiterhin mit aller Vehe­menz für die innere und die äußere Sicherheit Österreichs eintreten. Das österreichi­sche Bundesheer leistet einen großen Beitrag für die Sicherheit der Bevölkerung. Ich begrüße speziell die Einführung der Milizmedaille für besondere Verdienste. Herzlichen Dank, geschätzter Herr Bundesminister! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

14.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Schasching. – Bitte.

 


14.26.45

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich wie mein Kollege Werner Kummerer ganz besonders bei den Soldatinnen und Soldaten für ihre Arbeit bedanken, bei allen Zivilisten, die im Rahmen des Bundesheeres mitarbeiten, und ganz besonders bei den Mitgliedern des Panzerbataillons 10 in St. Pölten, die zurzeit die traurige Aufgabe ha­ben, ihr eigenes Bataillon aufzulösen, sich in alle Himmelsrichtungen zu zerstreuen.

Ich kann Ihnen sagen: Es ist für viele nicht nachvollziehbar, warum es gerade das Pan­zerbataillon 10 sein muss, das jetzt zerschlagen wird und das Feld räumen muss. (Abg. Neudeck: Das sagen die, die das ganze Bundesheer auflösen wollen!) Es ist ganz besonders für mich, aus dieser Region stammend, so manch schweres Schicksal zu beobachten, das die Familien der Angehörigen zu tragen haben. Es verändern sich die Lebensverhältnisse von vielen Angehörigen des Panzerbataillons 10 ganz vehe­ment. – Das nur vorweg. (Abg. Steibl: Auch bei den „Konsum“-Mitarbeitern hat sich das Leben vehement geändert!)

Aber auch ich möchte hier den Konsens nicht länger stören und mich bedanken, vor allem bei den Mitgliedern der Beschwerdekommission, insbesondere beim amtsführen­den Vorsitzenden, für die konstruktiven Gespräche, für die erfolgreiche Umsetzung der Empfehlungen und bei dir, Toni Gaál, ganz besonders für deine Hartnäckigkeit, denn wir wissen – wir haben es heute schon gehört –, wie lange manches immer wieder ge­fordert, eingebracht und verhandelt werden muss, bis es hier schlussendlich darüber doch zu einem Konsens kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission ist eine wichtige Institution, ich möchte sie mit der Volksanwaltschaft oder dem Rechnungshof vergleichen. Diese haben Berichtspflicht und Rederecht hier im Hohen Haus. Ich denke, es wäre durch­aus wünschenswert, wenn die Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission analog dazu ebenso ein Rederecht hier im Hohen Haus eingeräumt bekäme. Das würde ihre Aufgabe besonders stärken, und das fordern wir ein, und wir bitten, das in die nächsten Überlegungen mit einzubeziehen. Der erste Schritt dazu – das möchte ich heute ganz besonders vorschlagen – wäre zumindest ein Rederecht im Landesverteidi­gungsausschuss. Ich denke, liebe Kolleginnen und Kollegen, das könnten wir genauso konsensual beschließen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

14.29



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155. Sitzung / Seite 112

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. – Bitte.

 


14.29.23

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Das Militärbefugnisgesetz ist ein relativ junges Gesetz. Es regelt die Aufgaben und Befugnisse von militärischen Organen und gibt den militäri­schen Organen genauso wie den Betroffenen in der Ausübung militärischer Aktivitäten durchaus mehr Rechtssicherheit, was auch die Eingriffsrechte betrifft.

Es ist toll, dass damit auch dem Rechtsstaatlichkeitsgebot entsprechend Rechnung ge­tragen wird. Wir hätten das auch schon vor einiger Zeit machen können, aber es hat dazu von Seiten der Opposition immer wieder Vorbehalte gegeben. Heute ist die Ge­setzwerdung versöhnlich, fast konsensual, und das ist auch gut so. Sie hatten sicher die einen oder anderen Bedenken betreffend Weisungsfreiheit, unter anderem auch, was den Quellenschutz betrifft, wohl wissend, dass auch der Quellenschutz eine Säule ist, um erkennungsdienstlich arbeiten zu können.

Man weiß, dass gerade für Großereignisse wie gestern, als sich Österreich internatio­nal von einer guten Seite mit unserem Bundeskanzler gezeigt hat, immer wieder die einen oder anderen verdeckten Ermittlungen gemacht werden müssen. Wir wissen auch, dass Bild- und Ton-Aufzeichnungen für nachrichtendienstliche Zwecke zu ma­chen sind, und da ist es gut, wenn man sich eines erhöhten Rechtsschutzes bedienen kann, und da ist es gut, wenn man einen Rechtsschutzbeauftragten hat, der mit ent­sprechenden Aufgaben ausgestattet ist. Das ist eine großartige Geschichte.

Ich möchte mich überhaupt bei den Sicherheitskräften sehr herzlich bedanken, die die­ses Großereignis so toll begleitet haben, vor allem aber auch bei der Heeresunterstüt­zung für den reibungslosen Ablauf.

Österreich hat sich dank der Sicherheitskräfte, dank des österreichischen Bundeshee­res und dank der Wachkörper wirklich als hervorragendes Gastgeberland gezeigt. Herzlichen Dank dafür auch von meiner Seite!

Ich finde es großartig, dass unser Land auch auf dem festen Boden der Rechtsstaat­lichkeit steht – und das wird auch weiterhin so sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

14.31


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer weiteren Wortmeldung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.32.04

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch die Ausführungen des Abgeordneten Lichtenegger habe ich den ersten sach­dienlichen Hinweis darauf erhalten, dass er Mitglied des Landesverteidigungsaus­schusses ist. (Abg. Neudeck: Ist er erst seit kurzem! – Abg. Murauer: Ja, weil Sie we­nig dabei sind!) Das war im Landesverteidigungsausschuss mangels entsprechender Präsenz bis jetzt nicht feststellbar. (Abg. Neudeck: Er ist erst seit einer Sitzung im Ausschuss! Er ist nachnominiert worden!) – Ja. Es tut mir Leid, das war jetzt ein guter Hinweis.

Ich möchte nur eines zur Arbeit im Ausschuss feststellen: Würde es von Seiten des BZÖ und würde es von Seiten anderer Parteien eine Auseinandersetzung mit dem Ver­teidigungsminister geben, wie wir sie pflegen, dann wäre sichergestellt, dass mit den Mitteln des Ressorts etwas vernünftiger und etwas seriöser umgegangen würde. (Abg.


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155. Sitzung / Seite 113

Neudeck: Das ist einer der wenigen, die Regierung und Opposition nicht auseinander kennen!)

Dazu noch Folgendes: Vielleicht wird uns das BZÖ, so wie es sich jetzt im ORF ab­zeichnet – zumindest, um die Wahlchancen zu wahren –, in den letzten Sitzungen des Nationalrates eine Hilfe sein. Wir werden ernsthaft versuchen müssen, wegen der zu befürchtenden hohen Ausgaben im Bereich der Landesverteidigung in den letzten Tagen vor den Nationalratswahlen, in den letzten Sitzungen dieser Legislaturperiode doch noch Mehrheiten für seriöse Aufklärungen und für einen seriösen Umgang mit Budgetmitteln im Bereich der Landesverteidigung zustande zu bringen.

Wir werden gerade an die Abgeordneten des BZÖ und der FPÖ, für die es zu Recht bei den nächsten Nationalratswahlen um die politische und persönliche Existenz geht (Zwischenruf des Abg. Buchner), die Frage richten, ob sie bereit sind, etwa im Bereich der Beschaffung von Eurofightern mit uns und der SPÖ gemeinsam für Aufklärung zu sorgen, und ob sie bereit sind, mit uns gemeinsam einer besonders heiklen Frage nachzugehen, nämlich der Frage: Wer hat als Partei oder als Person von diesem dubiosen Kauf profitiert? (Abg. Murauer: Hoffentlich nicht Sie, Herr Pilz!) Wer hat Geld genommen? Hat die ÖVP Geld bekommen? Hat das BZÖ Geld bekommen? (Ruf bei der ÖVP: Unerhört! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Fieberphantasien!) Von wem haben Sie Geld bekommen? Wie ist im Zusammenhang mit den Eurofightern die Parteienfinan­zierung gelaufen? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Warum ist gegen jede sicherheitspoliti­sche, gegen jede finanzielle und gegen jede politische Vernunft etwas gekauft worden, wo nur ein Motiv im Hintergrund stehen kann: persönliche und letzten Endes auch finanzielle Interessen!? (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Das wollen wir untersuchen, und deswegen werden wir noch einmal den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschuss einbringen. Und deswegen werden wir an das BZÖ am Beginn seines politischen Überlebenskampfes die Frage richten (neuerli­cher Zwischenruf des Abg. Rädler): Seid ihr ein Mal bereit, an der Seite einer Mehrheit des österreichischen Nationalrates den Aufgaben, für die ihr gewählt worden seid, nachzukommen, oder geht ihr ohne jeden Widerstand gegenüber der ÖVP in den politi­schen Untergang? – Das wird die letzte Frage sein, die dem BZÖ in diesem Haus noch zu stellen sein wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Pus­wald.)

14.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


14.35.47

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Fauland hat den Nagel auf den Kopf getroffen, als er vom „Stecken­pferd“ Toni Gaáls in Bezug auf die Bundesheer-Beschwerdekommission gesprochen hat, denn es muss in der Tat ein Steckenpferd sein, um mit Akribie, Liebe und Ent­schlossenheit eine Sache zu verfolgen, die vier oder fünf Jahre dauert, aber letztend­lich gemeinsam erfolgreich abgeschlossen wird. – Danke, Kollege Gaál, im Namen derer, die beim Bundesheer deiner Hilfe und der Hilfe der Mitglieder der Bundesheer-Beschwerdekommission bedürfen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat so, dass gerade der Verteidigungsaus­schuss ein Ausschuss ist, bei dem man oft den Eindruck gewinnt, dass Österreich, dass die politischen Parteien in Österreich an einem Strang ziehen. Natürlich gibt es auch dort Auseinandersetzungen in so manchem Punkt – dazu gehören die Euro-


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fighter, weil für die Opposition nicht nachvollziehbar ist, warum es zur Order dieser horrend teuren Flugzeuge gekommen ist. Da muss man sich natürlich auch Fragen ge­fallen lassen, so lange keine endgültige Aufklärung gegeben ist.

Ich möchte hier aber keine Eurofighter-Debatte anzetteln, sondern noch einmal meinen Respekt dafür ausdrücken, dass es hier den größtmöglichen mehrheitlichen Beschluss gibt, diese Bundesheer-Beschwerdekommission zu einer parlamentarischen Be­schwerdekommission zu machen.

Ich stehe auch nicht an, Kollegen Kiss für seine Mitarbeit zu danken. Ich habe ihn neben Anton Gaál kennen gelernt bei vielen Reisen zu unseren Soldatinnen und Sol­daten in deren Einsatzgebiete und bei diversen Gesprächen über ihre Probleme und darüber hinaus.

Ich darf sagen, dass die Bundesheer-Beschwerdekommission in den letzten Jahren wirklich an Gestalt und Akzeptanz gewonnen hat. Das sieht und erkennt man daran, dass die Zahl der Fälle, wo sich die Soldatinnen und Soldaten an die Kommission wen­den, steigt. Ich sage Ihnen: Hier sind wir auf dem richtigen Weg! Wenn wir auf der einen Seite von unseren jungen Menschen viel verlangen, haben wir auf der anderen Seite die Aufgabe, für sie da zu sein, mitzuhelfen, ihre Probleme zu lösen. Das ist ein guter Weg.

Ich möchte es nicht verabsäumen, noch darauf hinzuweisen, dass mir auch gut gefällt, dass in Zukunft ein Milizbeauftragter bestellt wird, und zwar für fünf Jahre, der den Mi­nister in Milizfragen beraten kann. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.38


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Marek. – Bitte.

 


14.38.26

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Im Heeresversorgungsgesetz – ein Teil der Materien, die wir heute hier diskutieren und beschließen – als einem Teil des österreichischen Sozialversiche­rungsrechts wird nun die Minderung der Erwerbsfähigkeit zur Erlangung einer Beschä­digtenrente von 25 vom Hundert auf 20 vom Hundert gesenkt. Ich denke, dass das gerade im Sinne der behinderten Menschen, die dringend Hilfe brauchen, ein wichtiger Schritt ist.

Gerade hier geht es auch darum, das insgesamt weiterzuentwickeln und die Sozialent­schädigungsansprüche beziehungsweise Entschädigungsansprüche für Anspruchsbe­rechtigte auch nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz, dem Impfschadengesetz und dem Opferfürsorgegesetz gleichzuziehen und in Gleichklang zu bringen.

Aus diesem Grunde darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Mag. Tancsits, Walch, Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Harmonisierung des Sozialentschädigungsrechts, eingebracht im Zuge der Debatte zu 1553 dB

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Bundesminister werden ersucht, die Finanzierungskosten einer Re­gelung zu prüfen, wenn man im Kriegsopferversorgungsgesetz, im Impfschadengesetz und im Opferfürsorgegesetz analog zum Heeresversorgungsgesetz als Voraussetzung


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für die Erlangung einer Rente die Minderung der Erwerbsfähigkeit ebenfalls auf 20 von Hundert senkte.“

*****

Weiters ist in diesem Gesetz auch eine Verbesserung für Frauen beim Bundesheer vorgesehen. Es haben nämlich künftig auch Frauen die Möglichkeit, sämtliche Aus­zeichnungen zu erlangen. Ich denke, das ist ein weiterer wichtiger Schritt, auch wenn es in diesem Fall eine Kleinigkeit ist, um die Frauen beim Bundesheer gleich und bes­ser zu stellen. Ich möchte auch an die Frauen appellieren, diese Möglichkeiten in An­spruch zu nehmen.

Wir haben schon tolle Frauen beim Bundesheer. Eine dieser tollen Frauen, eine gute Freundin von mir, Frau Hauptmann Vet. Mag. Katharina Faukal, hat im Pakistan-Kata­stropheneinsatz das Labor geleitet und somit eine wichtige Funktion im Sinne des Katastrophenschutzes, der Katastropheneinsätze des österreichischen Bundesheeres erfüllt.

Ich möchte mich bei allen Frauen beim österreichischen Bundesheer bedanken und auch beim Herrn Bundesminister, der viele Initiativen gesetzt und unterstützt hat, und ihn bitten, das auch weiter zu tun. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.40


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Vier-Parteien-Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Mag. Tancsits, Walch, Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Harmonisierung des Sozialentschädigungsrechts, eingebracht im Zuge der Debatte zu 1553 dB

Im Heeresversorgungsgesetz – einem Teil des österreichischen Sozialentschädigungs­rechts – wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit zur Erlangung einer Beschädigten­rente von 25 von Hundert auf 20 von Hundert gesenkt. Diese Verbesserung für behin­derte Menschen sollte jedoch aufgrund des bisherigen Gleichklanges des Sozialent­schädigungsrechts auch für Anspruchsberechtigte nach dem Kriegsopferversorgungs­gesetz, dem Impfschadengesetz und dem Opferfürsorgegesetz erfolgen. Ein Auseinan­derdriften dieser Gesetzesmaterien sollte aufgrund der dahinter stehenden Intention auf soziale Entschädigung nicht erfolgen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Bundesminister werden ersucht, die Finanzierungskosten einer Re­gelung zu prüfen, wenn man im Kriegsopferversorgungsgesetz, im Impfschadengesetz und im Opferfürsorgegesetz analog zum Heeresversorgungsgesetz als Voraussetzung für die Erlangung einer Rente die Minderung der Erwerbsfähigkeit ebenfalls auf 20 von Hundert senkte.“

*****

 



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfeffer. – Bitte.

 


14.41.00

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Des Öfteren wurde heute schon erwähnt, dass mit diesem Abän­derungsantrag die Bestellung und Weisungsfreistellung des Rechtsschutzbeauftragten in Analogie zur Sicherheitspolizeigesetznovelle modifiziert wird.

Der Rechtsschutzbeauftragte soll für die Prüfung der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der nachrichtendienstlichen Aufklärung und Abwehr eingesetzt werden, aber auch sei­ne beiden Stellvertreter sollen gleiche Rechte und Pflichten haben. Sie werden der Amtsverschwiegenheit unterliegen und ihre Aufgaben unabhängig und weisungsfrei er­füllen. Ihre Bestellung soll nunmehr vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Regie­rung nach Anhörung der Nationalratspräsidenten sowie der Präsidenten des Verfas­sungs- und Verwaltungsgerichtshofes für fünf Jahre erfolgen, wobei eine Wiederbestel­lung möglich ist.

Da es mit dem heutigen Abänderungsantrag gelungen ist, unsere Vorstellungen in Be­zug auf die Gleichstellung des Rechtsschutzbeauftragten nach dem Militärbefugnisge­setz mit dem Rechtsschutzbeauftragten des Sicherheitspolizeigesetzes umzusetzen, werden wir diesem Antrag natürlich unsere Zustimmung geben.

Abschließend darf auch ich mich bei allen bedanken, die an der Novellierung dieses Gesetzes mitgewirkt haben. Aber auch allen Soldatinnen und Soldaten, die bei der Grenzsicherung im Assistenzdienst eingesetzt sind, gilt mein Dank. Als Burgenländerin weiß ich, dass dies eine verantwortungsvolle Aufgabe und nicht immer leicht ist. – Vie­len herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Liechtenstein. – Bitte.

 


14.42.51

Abgeordneter Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vieles wurde bereits gesagt, und es ist auch sehr erfreulich, dass diese Novelle praktisch von fast allen getragen wird, denn sie ist zweifelsohne wichtig für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Es ist eine positive Sache, dass wir jetzt die Rechtsschutzbeauftragten in diesem Be­reich genauso wie nach dem Sicherheitspolizeigesetz haben, dass wir auf der anderen Seite aber auch einen Milizbeauftragten haben. Die Miliz gehört stets aufgewertet, denn Kader, Miliz und Grundwehrdiener sind die Basis des Heeres. Damit auch ein klares Bekenntnis zur Miliz.

Wir bekennen uns uneingeschränkt zum Friedensauftrag des Bundesheeres. Verteidi­gung von Frieden und Freiheit ist Bürgerpflicht. Deshalb steht auch die Wehrpflicht für die Zukunft fest. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Gaál.)

Der Auftrag des Bundesheeres, den es schon bisher vorbildlich erfüllt hat, bleibt beste­hen: Freiheit schützen, Frieden sichern, Krieg verhindern.

Umfang und Kampfkraft haben sich an der Bedrohungslage zu orientieren, deshalb auch die Novellierungen. Das Heer muss auch in der jetzigen Zeit im gesetzlichen Be­reich dem neuesten Stand angepasst werden, denn wir brauchen ein Bundesheer, das modern und schlagkräftig ist. – Ich danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen – BZÖ.)

14.44



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lack­ner. – Bitte.

 


14.44.31

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Immer dann, wenn die SPÖ ihre Verfassungsmehrheit zur Verfügung stellen muss, also unser Rat und unser Know-how mit einfließen, steigt die Qualität der Gesetze doch beträchtlich. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich weiß nicht, warum Sie so unruhig sind, Herr Kollege Murauer. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Gaál, recht herzlichen Dank für deine Ausdauer in den Verhandlungen. Wir ha­ben ja vom Kollegen Kummerer bereits gehört, dass es nur deiner Zähigkeit zu ver­danken ist, dass die Gleichstellung des Rechtsschutzbeauftragten erreicht werden und somit ein doch wesentlicher Durchbruch bei den Verhandlungen in diesem Bereich erzielt werden konnte. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte mich nunmehr noch ganz kurz zur Änderung des Heeresversorgungsgeset­zes äußern. Es ist erfreulich, dass es gelungen ist, für die Beschädigtenrente den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 auf 20 Prozent herunterzusetzen. Aller­dings – und das ist etwas, was noch zu verhandeln wäre – ist der bisherige Gleich­klang noch ausgeblieben. Das heißt, es geht um die Anspruchsberechtigten nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz, dem Impfschadengesetz und natürlich auch dem Op­ferfürsorgegesetz. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Daher darf ich folgenden Antrag einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Mag. Christine Lapp, Gaál, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Harmonisierung des Sozialentschädigungsrechts, eingebracht im Zuge der Debatte zu 1553 dB

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat bis spätestens 12. Juli 2006 eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der im Kriegsopferversorgungsgesetz, im Impfschadengesetz und im Opferfürsorgegesetz analog zu den heutigen Änderungen im Heeresversorgungsge­setz die Minderung der Erwerbsfähigkeit zur Erlangung einer Rente ebenfalls auf 20 von Hundert gesenkt wird.“

*****

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

14.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Der vom Herrn Abgeordneten Lackner verlesene Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Mag. Christine Lapp, Gaál und KollegInnen betreffend Harmonisierung des Sozialentschädigungsrechts ist hinrei­chend unterstützt und steht mit zur Debatte.


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Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Mag. Christine Lapp, Gaál, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Harmonisierung des Sozialentschädigungsrechts, eingebracht im Zuge der Debatte zu 1553 dB

Im Heeresversorgungsgesetz – einem Teil des österreichischen Sozialentschädigungs­rechts – wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit zur Erlangung einer Beschädigten­rente von 25 vom Hundert auf 20 vom Hundert gesenkt. Diese Verbesserung für behin­derte Menschen soll jedoch aufgrund des bisherigen Gleichklanges des Sozialent­schädigungsrechts auch für Anspruchsberechtigte nach dem Kriegsopferversorgungs­gesetz, dem Impfschadengesetz und dem Opferfürsorgegesetz erfolgen. Ein Auseinan­derdriften dieser Gesetzesmaterien darf aufgrund der dahinter stehenden Intention auf soziale Entschädigung nicht erfolgen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat bis spätestens 12. Juli 2006 eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der im Kriegsopferversorgungsgesetz, im Impfschadengesetz und im Opferfürsorgegesetz analog zu den heutigen Änderungen im Heeresversorgungsge­setz die Minderung der Erwerbsfähigkeit zur Erlangung einer Rente ebenfalls auf 20 von Hundert gesenkt wird.“

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.47.37

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Als Milizoffizier und ehemaliges Mitglied des Milizbeirates freue ich mich heute ganz besonders, dass sich der Minister einmal mehr mit der Feststel­lung, die Miliz ist die dritte Säule oder eine der drei Säulen des Heeres, klar zur Miliz und deren Erfordernis bekannt hat. Ebenso, dass wir mit der Einführung eines Milizbe­auftragten jetzt nicht nur ein Zeichen der Bedeutung der Miliz setzen, sondern vor allem auch sicherstellen, dass künftig im Gesamtgefüge des Heeres die Miliz und ihre Interessen bei allen Aktivitäten noch stärker als bisher und durchaus adäquat vertreten sein werden.

Ich gehe auch davon aus, dass, wenn nicht Wesentliches dagegen spricht, der Milizbe­auftragte im Regelfall selbst Angehöriger der Miliz sein wird.

Gleiches tun wir, nämlich ein Zeichen der Wertschätzung für die Miliz zu setzen, nun mit der Milizmedaille. Auch darüber freue ich mich, dass wir das Engagement der Miliz­angehörigen nun endlich auch entsprechend wertschätzen und auszeichnen können.

Zum Abschluss möchte ich noch ein Wort zum Kollegen Pilz sagen. Es ist schon et­was, was wir gewohnt sind, deshalb müssten wir uns eigentlich nicht mehr zu Kom-


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mentaren hinreißen lassen. Dennoch ist es etwas, was ich für verantwortungslos, un­gemein schäbig und auch sicherlich für kein politisches Erfolgsrezept halte, wenn man bei einer Materie, die vom Rechnungshof mehrfach untersucht wurde, die die Staats­anwaltschaft mehrfach untersucht hat, die Ergebnisse ignoriert und heute wieder die Behauptung aufstellt, ohne jeden Beweis und ohne jeden Hinweis dafür vorlegen zu können, dass es Parteienfinanzierungen gegeben hätte. (Abg. Murauer: Ungeheuer­lich!) Das ist ungeheuerlich, und das ist das, was ich als kläglich, schäbig und verant­wortungslos bezeichne. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

14.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 2 Mi­nuten. – Bitte.

 


14.50.14

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Regierungsmitglieder! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Novelle hat bereits im Ausschuss breite Zustim­mung erfahren. Wir werden auch im Plenum unsere Zustimmung geben. Ich darf daher in aller Kürze auf einige Eckpunkte hinweisen.

Die Bestellung und Weisungsfreistellung des Rechtsschutzbeauftragten werden in Analogie zur jüngsten Sicherheitspolizeigesetznovelle modifiziert. Der Rechtsschutzbe­auftragte sowie seine beiden Stellvertreter werden gleiche Rechte und Pflichten haben, der Amtsverschwiegenheit unterliegen und ihre Aufgaben unabhängig und weisungs­frei erfüllen. Ihre Bestellung wird vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Regierung nach Anhörung der Nationalratspräsidenten sowie der Präsidenten des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes für fünf Jahre erfolgen. Wiederbestellungen sind möglich.

Die unabhängige Stellung des Rechtsschutzbeauftragten wird verfassungsrechtlich verankert. Telefonüberwachungen werden von der Zustimmung des Rechtsschutzbe­auftragten abhängig sein.

Die Ausschussfeststellung unterstreicht die Weisungsfreiheit des Personals, das dem Rechtsschutzbeauftragten vom Ressort zur Verfügung gestellt wird, und stellt klar, dass bereits ermittelte Daten vernichtet werden, wenn Ermittlungen auf Grund eines Einspruches des Rechtsschutzbeauftragten beendet werden.

Auch den zahlreichen legistischen Vereinfachungen und Rechtsanpassungen beim Wehrrechtsänderungsgesetz stimmen wir zu, ebenso der Einführung neuer militäri­scher Auszeichnungen. Eine besondere Bezeichnung soll darauf hinweisen, dass es sich bei der Beschwerdekommission um eine Kontrolleinrichtung des Parlaments han­delt.

Abschließend bleibt nur noch zu hoffen, dass bald auch die Fragen Rechtsschutz­beauftragte im Justizbereich und Rederecht des Vorsitzenden der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission im Ausschuss beantwortet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

14.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Stadlbauer. Auch sie wünscht 2 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


14.52.23

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Zur Milizmedaille. Die Vergabe von Auszeichnungen hat ja beim Bundesheer eine lan­ge und gute Tradition und wird vielfach mit Freude in Anspruch genommen. Das ist grundsätzlich etwas Gutes. Auszeichnung tut immer gut und bestätigt, dass man mit


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der Leistung von jemandem zufrieden ist. Lob nimmt jeder und jede gerne an. Und die Auszeichnung dafür ist ein sichtbares Zeichen nach außen.

Auch für die rund 400 000 Menschen, die im Dienste von uns allen unterwegs sind, und zwar rund um die Uhr, ist das ein sichtbares Zeichen, womit wir uns für ihre Arbeit bedanken können. Deshalb stimme ich dem voll und ganz zu.

Es freut mich, dass es scheinbar in letzter Minute gelungen ist, die Bestimmungen über die Verleihung der Milizmedaille zu ändern. Ursprünglich wäre nämlich nach Rängen unterschieden worden, das heißt, Personen, die in Offiziersfunktionen tätig gewesen sind, hätten Gold erhalten, Personen in Unteroffiziersfunktionen Silber und in den übri­gen Funktionen Bronze. Das heißt, jemand in den unteren Funktionen hätte nie die Chance gehabt, eine Goldene zu erhalten. (Abg. Scheibner: Es gibt keine „unteren Funktionen“!) Das heißt, der Grundsatz, jeder und jede hat dieselbe Chance und Leis­tung zählt, hätte nicht gegolten.

Das ist jetzt nicht mehr so, und ich freue mich wirklich sehr darüber. Wir stimmen daher dem Gesetz heute auch gerne zu, weil sich die SPÖ in ganz, ganz vielen Punkten durchgesetzt hat, Stichwort Rechtsschutzbeauftragter, Stichwort Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission, und auch bei Details, wie zum Beispiel der Milizmedaille. Das ist ein sehr großer Erfolg, auch für die Personalvertretung beim Bun­desheer, im Speziellen für die FSG, die darauf aufmerksam gemacht hat. Da haben wir optimale Zusammenarbeit gezeigt, letztendlich auch mit allen Fraktionen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Vorläufig letzte Wortmeldung hiezu: Herr Abgeordneter Neudeck. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


14.54.33

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Pilz hat in seinem Redebeitrag ge­meint, dass er erst durch die Wortmeldung des Abgeordneten Lichtenegger mitbekom­men hat, dass dieser Mitglied des Verteidigungsausschusses ist.

Dazu ist einmal festzuhalten, dass Herr Abgeordneter Lichtenegger erst seit der letzten Ausschusssitzung Mitglied dieses Ausschusses ist. Er kann ihm somit vorher nicht wirklich sehr aufgefallen sein. Und wenn Herr Abgeordneter Pilz bei den Sitzungen durchgehend anwesend wäre, wüsste er auch, dass Herr Abgeordneter Lichtenegger noch nicht so lang Mitglied ist.

Sein Hilferuf, dass das BZÖ den Grünen in ihrer momentanen Sinnkrise helfen soll, wird hoffentlich ungehört verhallen. Was seine Angriffe hinsichtlich Finanzierung der Eurofighter oder eventueller Parteienfinanzierung betrifft, haben die Kollegen vorher ja schon gesagt, dass durch Rechnungshofprüfungen das Gegenteil bewiesen wurde und dass seine Anschuldigungen dadurch, dass er sie immer wieder unqualifiziert hier wie­derholt, nicht richtiger werden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

14.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen sogleich zu einem Abstimmungsvorgang, den ich allerdings um 15 Uhr unterbrechen muss.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.


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Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärbefugnisgesetz geändert wird, in 1552 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Murauer, Gaál, Fauland, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Ziffer 2a zum Inhalt hat.

Der vorliegende Gesetzentwurf enthält Verfassungsbestimmungen.

Somit stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Da nur der eben erwähnte Zusatzantrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetz­entwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berück­sichtigung des Zusatzantrages der Abgeordneten Murauer, Gaál, Fauland, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. Ausdrücklich stelle ich das notwendige Quorum, das Quod fest, das heißt, mehr als die Hälfte der Abgeordneten sind hier und die Zweidrittelmehrheit ist auch gegeben.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist mit den notwendigen Mehrheiten, also Zweidrittelmehrheit und notwendiger Anwesenheit, angenommen. Daher ist das auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Wehrrechtsänderungsge­setz 2006 in 1553 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Murauer, Gaál, Fauland, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 2, 6 und 7 bezieht.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich wie­derum zunächst die Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Ab­geordneten fest.

Da nur der oben erwähnte Abänderungsantrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Murauer, Gaál, Fau­land, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Abgeordneten angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung beipflichtet, den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist wiederum mit der notwendigen Zweidrittel­mehrheit und bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Hohen Hau­ses angenommen. Der Gesetzentwurf ist also auch in dritter Lesung beschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Silhavy, Tancsits, Walch, Öllinger betreffend Harmonisierung des Sozialent­schädigungsrechts.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 198.)


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Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Harmonisierung des Sozialent­schädigungsrechts.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet nicht die Mehr­heit. Er ist abgelehnt.

Ich unterbreche nunmehr, also um 14.59 Uhr, die Verhandlungen zu einer Mitteilung.

*****

Meine Damen und Herren! In der heutigen Fragestunde hat es unliebsame Zwischen­rufe gegeben. Wir haben in der Präsidialkonferenz anhand des Stenographischen Pro­tokolls ausführlich darüber beraten. Wir waren insgesamt der Meinung, dass die in Rede stehenden Zwischenrufe zum Teil provokante und ungehörige Äußerungen be­inhalteten und dass ich Sie daran erinnern sollte, die im Hause üblichen Mindeststan­dards bei den Fragestunden, insgesamt aber auch bei den Zwischenrufen einzuhalten und insbesondere solche Äußerungen zu unterlassen, die als sexistisch ausgelegt wer­den könnten.

Mitglieder der Präsidialkonferenz waren der Meinung, dass es sexistische Zwischen­rufe und Äußerungen waren, andere wiederum nicht.

Ich muss aber hinzufügen, dass das insgesamt unserem Ansehen nicht gut tut. Ich ha­be mir die Fernsehnachrichten um 13 Uhr angesehen: Von der Fragestunde wurde im Wesentlichen diese Sequenz wiedergegeben! – Wir schießen uns so ins eigene Knie, meine Damen und Herren!

*****

Ich unterbreche jetzt die Beratungen zur Tagesordnung und rufe die Dringliche Anfrage auf.

15.00.37Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Stimmenfang durch Menschenhetze (4404/J)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 4404/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Gesamtwortlaut:

Der beginnende Wahlkampf war von zwei einschneidenden Aussagen geprägt. Zu­nächst hat Innenministerin Prokop 45 % der Muslime in Österreich als integrations­unwillig und als Zeitbombe bezeichnet. Nachträgliche Äußerungen der Innenministerin vergrößerten den politischen Schaden noch mehr.

(Prokop: „Wir können natürlich niemanden hinauswerfen, der Österreicher ist“).

Innenministerin Prokop blieb jede weitere Auseinandersetzung mit dem Thema Integ­ration schuldig. Die sogenannte „Integrationsstudie“, aus der die Innenministerin ihre These ableitet, ist nicht einmal fertiggestellt und lässt laut Studienautor Prof. Rohe


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diese Interpretation der Studie keineswegs zu. Trotz dieser entlarvenden Fakten hat sich Innenministerin Prokop für ihre haltlose Pauschalverdächtigung und Diffamierung einer Religionsgemeinschaft nicht entschuldigt, ganz im Gegenteil, sie hält nachhaltig daran fest.

Überboten wurde diese integrationsfeindliche Aussage nur noch vom Chef des Regie­rungspartners, BZÖ-Vizekanzler in spe Peter Westenthaler. Er fordert eine

30-prozentige Reduktion der Ausländerzahl in Österreich binnen 3 Jahren, das hieße rund 300.000 Menschen aus Österreich abzuschieben. Damit nicht genug. Durch EU-Recht garantierte, in Österreich quotierte Familienzusammenführung will der BZÖ-Chef erst nach 8 Jahren (!) zulassen. Dabei wirkt sich gerade der frühzeitige Familiennach­zug integrationsfördernd aus. Vor allem für Kinder ist ein rascher Spracherwerb ent­scheidend. Ein gemeinsames Familienleben ist auch emotional ein wichtiger Faktor. 

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat dazu bisher geschwiegen. Ihm war dazu ledig­lich die Feststellung zu entlocken, dass beim gemeinsamen Frühstück mit dem Regie­rungspartner Peter Westenthaler über dieses Thema jedenfalls nicht gesprochen wur­de. Die zuständige Innenministerin akzeptiert das Schweigen Bundeskanzler Schüs­sels zu Westenthalers Deportationsplänen.

Offensichtlich sollen solche und ähnliche Vorschläge in dem laut Innenministerin Prokop noch vor dem Sommer stattfindenden Reformdialog der Bundesregierung bear­beitet werden.

Die Ära Strasser/Prokop hat Österreich innerhalb von 4 Jahren 7 Totalreformen im Be­reich Asylgesetz, Fremdengesetz, Niederlassungsrecht und Staatsbürgerschaftsrecht beschert. Selbst das eben erst in Kraft getretene Fremdenrechtspaket wird von der Re­gierung bereits als gescheitert betrachtet. Wozu sonst der Reformdialog? Innenministe­rin Prokop will weiter an der Verschärfungsschraube drehen, obwohl Ihre Politik schon genug angerichtet hat. Anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20.06 bezeichneten Caritas und Diakonie die Auswirkungen des Fremdenrechtspakets als ethischen Kolla­teralschaden.

Der Anstieg der Schubhaftzahlen seit in Kraft treten des Fremdenrechtspaketes mit 1.1.2006 um ca. 25% geht Hand in Hand mit einem Anstieg bei minderjährigen Schub­häftlingen. 52 Minderjährige wurden laut Innenministerium in den ersten 3 Monaten des Jahres 2006 in Schubhaft genommen.

Zuletzt erhob der Menschenrechtsbeirat schwere Kritik an den Haftbedingungen in den österreichischen Schubhaftgefängnissen. Mehrere Todesfälle in Schubgefängnissen (Herbst 2005 in Linz, Sommer 2005 in Wien), nicht zuletzt der Fall des misshandelten Schubhäftlings Y. Bakary haben enorme Schwachstellen in der Schubhaftbetreuung, der ärztlichen Versorgung, der bestehenden Haftbedingungen zutage treten lassen. Innenministerin Prokop spricht von „bedauerlichen Einzelfällen“.

In Wahrheit handelt es sich um gesetzliche und strukturelle Mängel. Chronische per­sonelle Unterbesetzung in den Polizeianhaltezentren verschärfen die Lage zusätzlich. AsylwerberInnen, die über einen anderen EU-Staat nach Österreich gekommen sind, werden von Cobra-Einheiten in Schubhaft überstellt. Nachweislich schwer traumati­sierte und nur in ärztlicher Begleitung transportfähige AsylwerberInnen werden abge­schoben.

Am 7.4.2006 wird der Volksschüler P. während des Unterrichtes in einer Volksschule in Wien 15 vor den Augen seiner MitschülerInnen von PolizeibeamtInnen festgenommen, mitgenommen und aufs Kommissariat gebracht. Über ihn und seine Mutter soll die Schubhaft verhängt werden. Der involvierte Polizeibeamte bedauert in einem Interview die Situation, meinte aber gleichzeitig, „dass die Gesetze eben so sind“.


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Dieses Beispiel ist bezeichnend für die exzessive Handhabung der Schubhaft und da­mit zusammenhängende Tabubrüche, wie das Eindringen der Polizei in Schulen, sozi­ale Beratungsstellen.

Innenministerin Prokop sieht sich und ihre Partei gerne als die „wahre“ Familienpartei. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. EhepartnerInnen von ÖsterreicherInnen wird die Familiengemeinschaft verwehrt, weil sie entweder als AsylwerberIn ins Land gekommen sind und den Antrag auf Familiengemeinschaft nicht mehr in Österreich stellen dürfen, oder weil sie die für ein Ehepaar erforderlichen monatlichen Einkünfte von € 1056.- (netto) nicht haben. Der Familiennachzug zu Nicht-EU-BürgerInnen ist weiterhin quotiert. Die Quote wurde für 2006 von 5.460 sogar auf 4.425 Plätze abge­senkt. Die Verhinderung von Familiengemeinschaft ist ein integrationspolitischer Un­sinn.

Die chinesische Staatsbürgerin Z. heiratet in Wien einen österreichischen Staatsbür­ger. Sie stellt daraufhin einen Antrag auf Familiengemeinschaft mit ihrem Ehemann in Österreich. Weil sie gemäß Fremdenrechtspaket den Antrag auf Erteilung einer Nieder­lassungsbewilligung nicht mehr in Österreich stellen darf, wird sie in Schubhaft genommen und abgeschoben. Frau Z. ist unbescholten, dennoch wird sie wie eine Schwerkriminelle behandelt. Laut Innenministerium stellt ihre Anwesenheit in Öster­reich eine „erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ dar. Gleichzeitig lässt das Innenministerium zynisch verlauten, dass einer „neuerlichen Einreise selbstverständ­lich nichts im Wege steht“. Der Ehegatte ist verzweifelt. Die Frau Z. wird zur Zahlung der Kosten für Schubhaft und Abschiebung in Höhe von € 6.079.- verpflichtet. Ihr Ehe­mann muss sie in Shanghai besuchen. Frau Z. wird nun seit mehreren Wochen schon an der ihr rechtmäßig zustehenden Einreise zu ihrem  Ehemann gehindert.

Weil Innenministerin Prokop Integration als ausschließliche Angelegenheit der öffent­lichen Sicherheit und nicht als ressortübergreifende Querschnittsmaterie versteht, setzt sie auch keine integrationspolitischen Akzente in den wichtigen Bereichen Bildung und Soziales. 

Das Ehepaar P stammt aus dem Kosovo und lebt seit 2002 in Österreich. Am 20.12.2005 stellt der Bundesasylsenat nach 3 jährigem Asylverfahren fest, dass eine Rückkehr in die Heimat Serbien eine unmenschliche Behandlung wäre und erteilt ein Aufenthaltsrecht. Es ist zunächst auf 1 Jahr befristet und verlängerbar und beruht unmittelbar auf der Menschenrechtskonvention (subsidiärer Schutz gem. § 8 AsylG). Herr P findet Arbeit als Abwäscher für € 850.- pro Monat. Fr P ist zu diesem Zeitpunkt schwanger, der gemeinsame Sohn kommt am 12.1.2006 zur Welt. Herr P bemüht sich sofort um Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld. Nach 4(!) Monaten und zahl­reichen Vorsprachen bei den Behörden kommt ein negativer Bescheid vom Finanzamt. Begründung: „Es besteht kein Recht auf diese Leistungen, weil keine Niederlassung im Sinne des Niederlassungs – und Aufenthaltsgesetzes vorliegt.“ Ein Anspruch besteht nur, wenn die Familie ein spezielles Aufenthaltsrecht (Niederlassungsbewilligung) hätte. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1. Wie begründen Sie sachlich Ihre Aussage, wonach 45% der in Österreich lebenden Muslime (das sind rund 160.000 Menschen) nicht integrationswillig seien?

2. Wann werden Sie sich für diese pauschale Diffamierung einer Bevölkerungsgruppe entschuldigen?


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3. Welche konkreten Maßnahmen wollen Sie gegenüber den Ihrer Ansicht nach nicht integrationswilligen Muslimen in Österreich ergreifen?

4. Wann wird der Gesamttext der von Ihnen in Auftrag gegebenen Studie „Perspekti­ven und Herausforderungen in der Integration muslimischer MitbürgerInnen in Öster­reich“ veröffentlicht?

5. Wie viel hat die Erstellung der Studie gekostet? 

6. Ihr Regierungspartner BZÖ fordert die Abschiebung von rund 300.000 AusländerIn­nen aus Österreich innerhalb der kommenden 3 Jahre. Wie stehen Sie zum Schweigen Bundeskanzler Schüssels zu diesem ungeheuerlichen Vorschlag Westenthalers, der medial weit über unsere Grenzen hinaus Beachtung gefunden hat?

7. Ihr Regierungspartner BZÖ fordert weitere Restriktionen beim Familiennachzug:“Der Familiennachzug soll erst nach 8 Jahren möglich sein“. In welcher Weise gedenken Sie, diese Forderung umzusetzen?

8. Ihr Regierungspartner BZÖ fordert die Abschiebung von AusländerInnen, die mehr als 12 Monate arbeitslos sind. In welcher Weise gedenken Sie, die Bestimmungen zur Aufenthaltsbeendigung bei Arbeitslosigkeit bzw. fehlender Unterhaltsmittel zu ändern?

9. Wie hoch war der sog. „Rucksack“ bei den Familienzusammenführungen zum Zeit­punkt 31.12.2005?

10. Warum setzen Sie die Empfehlungen des Menschenrechtsbeirates zur Verbesse­rung der Schubhaftbedingungen nicht lückenlos um?

11. Wie viele minderjährige Kinder wurden seit in Kraft treten des Fremdenrechtspake­tes am 1.1.2006 bis zum heutigen Tag in Schubhaft genommen?

12. Welche Gesamtdauer nach Tagen gerechnet ergibt das für die unter Frage 12 er­mittelte Zahl an minderjährigen Schubhäftlingen?

13. Was werden Sie zu unternehmen, damit fremdenpolizeiliche Festnahmen von Schulkindern während des Unterrichts in Zukunft unterbleiben?

14. Wie hoch waren die für die Schubhaftbetreuung ausgegebenen Mittel beginnend mit 2004 bis zu den veranschlagten Mitteln für 2006?

15. Wann werden die Mittel für die Schubhaftbetreuung erhöht?

16. Mit welcher politischen Begründung wird Menschen mit sog. kleinem Asyl in Öster­reich (subsidiär Schutzberechtigte gem. § 8 AsylG) die Familienbeihilfe und das Kin­derbetreuungsgeld verwehrt?

17. Werden Sie weiterhin ausländische EhepartnerInnen von österreichischen Staats­bürgerInnen durch Abschiebung an der Familiengemeinschaft hindern?

18. Wann werden Sie dem Nationalrat eine Initiative vorschlagen, wonach Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Zweck einer Familiengemeinschaft mit ÖsterreicherInnen generell auch in Österreich gestellt werden können?

19. Das neue Staatsbürgerschaftsgesetzes ist am 22.03.2006 in Kraft getreten. Wie viele Menschen haben seither auf Basis dieses Gesetzes  die Staatsbürgerschaft bis zum heutigen Tag erhalten?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf § 93 Abs.2 GOG verlangt.

*****

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Van der Bellen als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. Seine Begründung darf 20 Minuten nicht überschreiten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


15.01.07

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Das General­thema jetzt ist „Integration“, und ich möchte zunächst anhand konkreter Beispiele auf­zeigen, wie wir in Österreich mit Kindern umgehen, wie viel uns in Österreich Familien­leben wert ist und, drittens, wie bestimmte Menschen in Österreich in Armut verfestigt werden. Und berufen Sie sich bitte nicht darauf, dass das Einzelfälle sind, denn das sind Fälle, für die wir eine Vielzahl weiterer Fälle bereitstellen könnten, und das sind Fälle – das ist wesentlich –, die durch die geltenden Gesetze, durch die geltende so genannte Rechtslage, beschlossen hier im Haus von ÖVP, BZÖ und SPÖ, geradezu erzeugt und erzwungen werden.

Zunächst zu den Kindern. – Mir liegt ein Schreiben vor seitens der Kinder- und Jugend­anwaltschaft Wien, an Sie gerichtet, Frau Bundesministerin Prokop, vom April dieses Jahres, und darin wird ein Fall geschildert, der auch durch die Medien gegangen ist, der Fall eines achtjährigen Buben. Ich zitiere auszugsweise aus diesem Schreiben; ich könnte es nicht besser formulieren.

Am 7. April erschienen zwei uniformierte und bewaffnete Polizisten in der Volksschule im 15. Bezirk. Im Zuge der Amtshilfe nahmen sie den achtjährigen Magomed fest – ein für den betroffenen Buben sowie für seine Mitschüler/Mitschülerinnen äußerst traumati­sierender Vorfall. Für viele Kinder kann das Erlebte bedeuten, dass auch sie jederzeit von der Polizei abgeholt und eingesperrt werden können.

Nur zur Erinnerung, meine Damen und Herren: Es handelt sich dabei um achtjährige Kinder!

Die Direktorin hat den anderen Kindern geistesgegenwärtig eine Notlüge erzählt, näm­lich: dass es sich nur um eine Verkehrsübung handle. – Wie viele Kinder das geglaubt haben, weiß ich nicht, mir wäre in dieser Situation auch nichts Besseres eingefallen, aber dass die Rechtslage die Direktorin einer Volksschule zwingt, den Kindern eine Notlüge zu erzählen, das spricht schon für sich allein Bände! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die Jugendanwaltschaft fragt weiter – eine Frage an Sie, Frau Bundesministerin –: Ist es in Österreich nun tatsächlich notwendig, gegen Kinder mit aller staatlichen Gewalt vorzugehen? Hätte es nicht andere, gelindere Mittel gegeben? Der betroffene Bub, aus einer tschetschenischen Familie übrigens, hat in seinem Leben bereits viel erlebt und durchgemacht. Nun erlebte er, dass er in einem Land, in dem er scheinbar sicher ist, von bewaffneten Polizisten abgeholt und eingesperrt wird.

Durch solche Aktionen werden Kinderseelen verletzt und ihre Rechte mit Füßen getre­ten!

Ich möchte Sie dringend ersuchen – schreibt die Jugendanwaltschaft an Sie, Frau Bun­desministerin, weiter –, eine Weisung zu geben, dass solche Vorkommnisse, die in Ös­terreich eigentlich in der Form nicht stattfinden sollten, nicht mehr geschehen.

Die Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs haben ersucht, das gelindeste Mit­tel gesetzlich zu verankern. Damals wurde vom Bundesministerium für Inneres argu­mentiert, es gäbe eine interne Vereinbarung, Kinder nicht in Schubhaft zu sperren. – So, wie es aussieht, hält sich niemand an dieses interne Papier.


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Frau Bundesministerin, Ihre Antwort darauf – und ich nehme an, Sie haben diesen Brief beantwortet – ist mir nicht bekannt, aber Sie haben heute die Gelegenheit, bei der Beantwortung unserer Anfragen darauf einzugehen.

Zur Erinnerung, meine Damen und Herren: Es handelt sich um ein achtjähriges Kind, ein Kind tschetschenischer Eltern. Der Vater des Kindes wurde verschleppt und gilt als verschollen, die Mutter ist mit ihren minderjährigen Kindern im Jänner dieses Jahres nach Österreich gekommen. Das ist ein typischer Fall traumatisierter Menschen.

Was dieses Kind betrifft, so denke ich mir, dieser Achtjährige wird vermutlich russisch als Muttersprache haben, ist im Jänner nach Österreich gekommen, wird vielleicht ab Februar die Schule besucht haben und zunächst einmal begreiflicherweise nur „Bahn­hof“ verstanden haben. Ich rate jedem Erwachsenen, sich einmal eine Woche lang täg­lich vielleicht vier Stunden in eine chinesische Schule zu setzen, um einmal zu sehen, was das in einem auslöst. Aber dieses Kind hat eine Chance! Es hat eine Chance, bei entsprechender individueller Förderung im Lauf der Zeit Deutsch zu lernen, sich in Österreich zu integrieren und vor allem in Sicherheit aufzuwachsen – und dann das! Uniformierte bewaffnete Polizisten holen ihn von der Schule!

Frau Bundesministerin, finden Sie das in Ordnung? Findet Bundeskanzler Schüssel das in Ordnung? Finden Sie vielleicht irgendwann Gelegenheit, solche Fälle mit ihm zu besprechen und darauf aufmerksam zu machen, dass im Rahmen des Fremdenrechts­pakets und anderer Gesetze ein Änderungsbedarf besteht? An dieser Stelle auch eine Erinnerung an die Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdemokraten: Sie haben diesem Fremdenrechtspaket zugestimmt. Haben Sie inzwischen bemerkt, was Sie da beschlossen haben?! (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Fall: Was ist uns in Österreich Familienleben wert? Frau Innenministerin Pro­kop und Bundeskanzler Schüssel werden nicht müde, sich und ihre Partei gerne als die wahre Familienpartei Österreichs zu sehen. (Abg. Murauer: So ist es!) „So ist es“, höre ich aus den Reihen der ÖVP. Herr Kollege (Abg. Murauer: Murauer ist mein Name!) – Murauer, ich weiß schon –, Herr Kollege Murauer, ich weiß nicht, ob Sie solche Fälle in den Zeitungen, in den Printmedien wahrnehmen. Über diesen Fall war im Fernsehen, im Radio, in den Printmedien von heuer berichtet worden. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Murauer.) Herr Kollege, das sind Fälle, die die österreichische Rechtslage erzwingt, das ist ja gerade mein Punkt.

Eine legal in Österreich aufhältige Frau, in diesem Fall eine chinesische Staatsangehö­rige, heiratet in Österreich einen österreichischen Staatsbürger. Dagegen werden Sie vermutlich nichts einzuwenden haben. (Abg. Murauer: Kommt darauf an, aus welchem Grund!) „Kommt darauf an“, sagt Herr Kollege Murauer. (Abg. Schieder: Schande! – Abg. Murauer: Es gibt auch Scheinehen!) Gegen diese Frau aus China liegt nichts vor, nicht einmal die Behörden haben behauptet, dass es sich hiebei um eine Scheinehe handle. Das erzähle ich Ihnen jetzt, da Sie offensichtlich über diesen Fall nicht infor­miert sind – oder nicht informiert sein wollen.

Diese Frau stellt bei den zuständigen Behörden die entsprechenden Anträge auf Nie­derlassungsbewilligung in der Familiengemeinschaft, und es wird ihr erklärt, dass sie diese Anträge auf Grund des Fremdenrechtspakets nicht mehr in Österreich stellen darf. Nicht nur das wird ihr erklärt, sondern sie wird in Schubhaft genommen und nach China abgeschoben. Abgeschoben nach China!

Das Innenministerium hat in der Rechtfertigung dieser Vorgangsweise erklärt – ich zitiere wörtlich –, dass sie „eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ dar­stelle. Gleichzeitig hat das Innenministerium durch die zuständigen Beamten – oder vielleicht waren Sie das persönlich, Frau Innenministerin – erklärt, dass einer – ich zitiere wörtlich – „neuerlichen Einreise selbstverständlich nichts im Wege steht“! – Ist


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das Zynismus pur – oder habe ich nicht verstanden, was Zynismus ist? (Beifall bei den Grünen.)

Aber um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, werden dieser Dame beziehungs­weise dieser Familie aus einer Chinesin und einem österreichischen Staatsbürger auch noch die Kosten für Schubhaft und Abschiebung in Rechnung gestellt – das ist eine Kleinigkeit von über 6 000 € –, und meines Wissens wartet die Frau immer noch dar­auf, aus China nach Österreich einreisen zu dürfen.

Das ist Familienpolitik: Ehepaare auseinander zu reißen, den nicht-österreichischen Teil abzuschieben, dafür noch 6 000 € zu verrechnen und das noch zu kommentieren von Seiten der Behörden mit: Na kannst eh wieder einreisen!? Das ist Familienpolitik in Österreich, Herr Kollege Molterer? Meines Erachtens ist das nichts als eine Schikane, eine menschenrechtswidrige Schikane! (Beifall bei den Grünen.)

Am Beginn einer Integration Schubhaft, Abschiebung und zynische Kommentare des Innenministeriums stehen zu lassen, das ist wohl das Gegenteil einer vernünftig ver­standenen Integration!

Dritter Fall, der aufzeigt, wie die Republik Österreich legal aufhältige Personen diskri­miniert und in Armut verfestigt. – Ein Ehepaar, der Name spielt keine Rolle, stammt aus dem Kosovo und ist seit 2002 im Rahmen eines Asylverfahrens in Österreich auf­hältig. Im Dezember 2005, nach drei Jahren, wird das Asylverfahren abgeschlossen. Das Ehepaar erhält zwar nicht Asyl, aber Aufenthaltsrecht, den so genannten subsi­diären Schutz nach § 8 Asylgesetz. Eine solche Aufenthaltsbewilligung ist befristet, kann aber verlängert werden und so weiter. Der Ehemann findet einen kleinen Job als Abwäscher für 850 € im Monat. Seine Frau war letztes Jahr schon schwanger, im Jän­ner dieses Jahres ist das Kind, ein Sohn, zur Welt gekommen. Was macht der Mann? Natürlich bewirbt er sich um Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld, und nach vier Monaten zahlloser Vorsprachen – auch ein Zeichen für die Effizienz unserer Behörden in solchen Fällen – kommt der negative Bescheid vom Finanzamt. Begründung – ich zi­tiere –:

Es besteht kein Recht auf diese Leistungen – nämlich Familienbeihilfe und Kinderbe­treuungsgeld –, weil keine Niederlassung im Sinne des Niederlassungs- und Aufent­haltsgesetzes vorliegt.

Das ist Familienpolitik, die diesen Namen verdient?! Das ist Integrationspolitik, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wenn drei Personen von 850 € im Monat leben sollen und ihnen jene Sozialleistungen nicht zugestanden werden, die alle anderen in Österreich selbstverständlich erhalten?! Am Beginn der so genannten Integration steht Diskriminierung und Ausschluss von Sozialleistungen, die alle ande­ren in Österreich erhalten! – Das kann nicht Integration sein, das ist etwas ganz ande­res! (Beifall bei den Grünen.)

Anhand solcher Beispiele, meine Damen und Herren insbesondere von der ÖVP, ver­steht man dann, wieso die katholische Caritas und die evangelische Diakonie vorges­tern, am Weltflüchtlingstag, gesagt haben, dass die Auswirkungen des Fremdenrechts­paketes als „ethische Kollateralschäden“ zu bezeichnen sind. – Eine bemerkenswerte Aussage! Ich kenne den Ausdruck „Kollateralschaden“ hauptsächlich aus der Kriegsbe­schreibung. Im Rahmen eines militärischen Angriffs auf ein Ziel entstehen Verluste unter unbeteiligten Zivilisten, das nennt man in der Kriegssprache „Kollateralschaden“. Gegen wen führen wir hier Krieg? Welcher Krieg rechtfertigt diese Kollateralschäden, Frau Innenministerin Prokop? Haben Sie schon einmal über solche Fälle mit unserem für Familien zuständigen Bundeskanzler gesprochen?

Meine Damen und Herren, das ist alles geltende Rechtslage, was ich hier beschreibe; das sind nicht Willkürakte von Behörden. Verantwortlich für solche Zustände sind wir


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hier im Hohen Haus beziehungsweise jene Parteien, die solche Gesetze beschließen. (Beifall bei den Grünen.) Die sind dafür verantwortlich – und nicht die Polizisten, die im Rahmen einer Amtshandlung selbst Kinder aus einer Schule abholen müssen. Verant­wortlich sind auch nicht die, die eine Chinesin abschieben müssen, obwohl sie legal mit einem Österreicher verheiratet ist, und auch das Finanzamt handelt nicht illegal, wenn es die Familienbeihilfe verweigert. Das Finanzamt kann auf Grund der geltenden Ge­setzeslage gar nicht anders handeln. – Sie hier sind verantwortlich für solche Gesetze und nicht die exekutierenden Menschen draußen! Das ist alles geltende Rechtslage; das haben Sie beschlossen.

Nun noch ein paar Worte zur aktuellen Stimmungsmache, zu einer Stimmungsmache, die solche Gesetze erst ermöglicht, zu einer Stimmungsmache im Wesentlichen von den Vertretern der beiden Regierungsparteien ÖVP und BZÖ.

Frau Bundesministerin Prokop, wenn Ihrer Meinung nach 45 Prozent der Muslime in­tegrationsunwillig sind – Sie haben sie als „Zeitbombe“ bezeichnet –, ist Ihnen klar, dass Sie hier von 160 000 Menschen in Österreich reden? Ich glaube, die Zahl der Muslime beträgt ungefähr 350 000 (Abg. Dr. Partik-Pablé: 400 000!), nach Adam Riese sind es dann 160 000, die integrationsunwillig sind und in Österreich eine „Zeit­bombe“ darstellen.

Sie, Frau Bundesministerin, haben später noch hinzugefügt: Wir können natürlich nie­manden hinauswerfen, der Österreicher ist. – Das stimmt! Unter den 350 000 befinden sich Österreicher und Nichtösterreicher. Soll das heißen, dass wir die nicht-österreichi­schen Muslime auf Grund ihrer Glaubensgemeinschaft schon hinauswerfen können aus Österreich? Das meinen Sie wohl nicht im Ernst?! Ihnen ist schon klar, dass Sie hier eine Pauschalverdächtigung ausgesprochen haben und eigentlich eine ganze Reli­gionsgemeinschaft diffamieren – und das ohne hinreichende Grundlage aus dieser Studie, die bis heute meines Wissens nicht in ihrer vollen Länge veröffentlicht wurde?!

Das soll vernünftige Integrationspolitik hinsichtlich der Glaubensgemeinschaft der Mus­lime sein? Ich glaube nicht, dass man mit solchen Aussagen bei den tatsächlich auftre­tenden Problemen, von mir aus im Rahmen des schon oft behandelten Schwimmunter­richts und der Gleichbehandlung von Buben und Mädchen in der Schule, eine vernünf­tige Gesprächsbasis findet.

Überboten werden Ihre Aussagen, Frau Bundesministerin Prokop, allerdings bei wei­tem durch den Vizekanzler in spe dieser Bundesregierung, Peter Westenthaler. Bei weitem! Peter Westenthaler will binnen drei Jahren rund 300 000 Ausländer aus Öster­reich abschieben. Damit nicht genug, will er Familienzusammenführung frühestens nach acht Jahren zulassen. Man muss sich allein diesen letzten Punkt einmal auf der Zuge zergehen lassen: frühestens nach acht Jahren Familienzusammenführung. Das heißt, die Kinder kommen nicht klein hierher, nicht dann, wenn sie die größten Fähig­keiten haben, zum Beispiel die deutsche Sprache zu erlernen, sondern viel später. Wenn sie acht sind, wenn sie zehn sind, wenn sie 16 Jahre alt sind, dann sollen sie nach Österreich kommen und sich hier integrieren. – Das stellt sich Herr Westenthaler unter Integrationspolitik vor.

Bundeskanzler Schüssel hat dazu – wie üblich – geschwiegen. Er hat nur gesagt, dass er beim gemeinsamen Frühstück mit Herrn Westenthaler diese Pläne ganz sicher nicht besprochen habe. (Abg. Scheibner: Das ist unlogisch, Herr Kollege!) Ich nehme Wes­tenthaler ernst, Herr Kollege Scheibner, Sie vielleicht nicht! Ich möchte Peter Westen­thaler beim Wort nehmen.

Wenn Westenthaler könnte, wie er offenbar will, was bedeuten dann diese 300 000 – manche Medienberichte sprechen von 400 000 – Personen? Jeden Tag wird ein Zug


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mit 1 000 Personen aus Österreich ausgeführt, 300 Tage lang, 400 Tage lang, jeden Tag ein Zug mit diesen achtjährigen Kindern, mit den ausländischen Ehefrauen öster­reichischer Männer beziehungsweise umgekehrt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie haben nicht einmal die Presseaussendung ordentlich gelesen!) Ich nehme Westenthaler ernst. Wenn man dieses Programm durchführt, dann muss man so vorgehen.

Ich finde, wir haben das schon einmal erlebt, wenn man das ernst nimmt. (Abg. Scheibner: Diese Vergleiche sind wirklich ungeheuerlich, Herr Kollege! Ungeheuerlich diese Vergleiche!) Der Vergleich ist ungeheuerlich, aber der Vorschlag von Herrn Wes­tenthaler ist Ihrer Meinung nach nicht ungeheuerlich?! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: ... vergleichen Sie mit Deportationen im Nationalsozialismus! Letztklassig ist das!) Wer hat denn diesen Vorschlag gemacht: ich oder Herr Westenthaler?

Ich mache auch darauf aufmerksam, dass, wenn man das ernst nimmt, das dann natürlich symmetrisch für die Österreicher auch gilt. Zufällig ist es so, dass rund 350 000 Österreicher mit österreichischem Reisepass im Ausland aufhältig sind – le­gal! –, im Ausland beschäftigt sind, im Ausland arbeiten und im Ausland ihre Familie haben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das passt ja alles nicht zusammen, was Sie sagen!) Diese 350 000 Österreicher – wenn man Westenthalers Ideen ernst nimmt, und ich tue das – sollen ja dann wohl aus dem Ausland nach Österreich zurückkehren. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ja, warum nicht?) Und? Das ist ein Programm der ethnischen Säu­berung, was ist denn das sonst? (Abg. Brosz: „Warum nicht?“, sagt die Partik-Pablé!)

Das ist ein Programm der ethnischen Säuberung, wenn man Peter Westenthaler beim Wort nimmt. (Abg. Scheibner: Sie sagen immer, dass man mit der Sprache aufpassen muss, mit solchen Äußerungen!) Und Peter Westenthaler ist nicht irgendjemand: Peter Westenthaler ist der Vizekanzler in spe der ÖVP-Regierung in diesem Land, das ist der Vizekanzler in spe von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. – Ich danke für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich die Frau Bundesminister für Inneres zu Wort gemeldet. Ihre Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Ministerin.

 


15.20.25

Bundesministerin für Inneres Liese Prokop: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich werde versuchen, nach bestem Wissen und nach den mir vorliegenden Informationen diese Dringliche Anfrage in allen Punkten zu beantworten und kurz auf die drei aufgezeigten Fälle im Einzelnen eingehen.

Zur Frage 1:

Aus der Studie ist deutlich herauslesbar, dass 45 Prozent der in Österreich lebenden Muslime distanziert zur Mehrheitsbevölkerung sind. Das Wort „Distanz“ drückt auch eine mangelnde Bereitschaft zur Integration aus. – Genau das habe ich mit meiner Aussage festgestellt. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Zur Frage 2:

Ich sehe keinen Grund für eine Entschuldigung. Ich habe das Ergebnis dieser Studie wiedergegeben und niemanden diffamiert. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordne­ten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Zur Frage 3:

Zum Ersten ist es ganz wichtig, dass wir den Dialog zwischen Kulturen und Religionen noch ernster nehmen.


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Zum Zweiten müssen wir noch bessere Voraussetzungen für Menschen schaffen, die zu uns kommen und die bei uns leben wollen, damit sie sich tatsächlich integrieren können.

Zum Dritten ist unmissverständlich gegen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit gemein­sam aufzutreten. Wir brauchen dazu Partner auf den unterschiedlichsten Ebenen. Ein Beispiel: Bildung ist eine Aufgabe des Bundes. Viele andere Bereiche kommen NGOs zu. Gesellschaftliches Leben findet in den Gemeinden statt. Das heißt, die Antworten müssen auf allen Ebenen aufbereitet werden, Antworten müssen auf allen Ebenen ge­sucht werden.

Zur Frage 4:

Die Ergebnisse der Studie sind seit dem Tag der Präsentation am 19. Mai 2006 auf der Homepage des BMI abrufbar; auf 56 Seiten sind sie ablesbar.

Zur Frage 5:

Eine Abrechnung liegt derzeit noch nicht vor.

Zur Frage 6:

Die Abschiebung von illegal in Österreich aufhältigen Personen ist an klare gesetzliche Vorgaben gebunden. (Abg. Schieder: Kostenvoranschlag gibt es auch keinen?)

Die Studie hat nicht das Ministerium in Auftrag gegeben. Sie wurde von einem Verein in Auftrag gegeben. Die Endabrechnung wird uns vorgelegt.

Zurück zur Frage 6:

Es gibt klare gesetzliche Vorgaben für die Abschiebung von illegal in Österreich aufhäl­tigen Personen. Dazu hat sich Österreich immer bekannt. Die faktische Außerlandes­schaffung ist bei illegal aufhältigen Personen in vielen Fällen auch auf die Kooperati­onsbereitschaft des jeweiligen Heimat- oder Ziellandes auszurichten.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass wir uns auch während unserer EU-Ratspräsi­dentschaft bemüht haben, erstmals unter Einbindung der Außengrenzagentur gemein­sam organisierte Rückführungsaktionen durchzuführen. Unser Ziel ist es, Personen, die sich illegal in Österreich aufhalten, unter Berücksichtigung sämtlicher zu beachten­der Kriterien so rasch wie möglich außer Landes zu bringen. All jene, denen ein Auf­enthaltsrecht zukommt und die sich integrieren wollen, sind so gut wie möglich zu un­terstützen.

Zur Frage 7:

Diese Frage ist im NAG genau geregelt. Dabei wird das EU-Recht sowie die Recht­sprechung des VfGH penibel beachtet. An diese Vorgaben werden wir uns auch in Zukunft halten.

Zur Frage 8:

Im NAG und im Fremdenpolizeigesetz ist vorgesehen, dass bei nicht gesichertem Un­terhalt aufenthaltsbeendende Maßnahmen sowie die Nicht-Verlängerung des Aufent­haltstitels geprüft werden. Dabei ist die Menschenrechtskonvention selbstverständlich ebenfalls zu beachten.

Zur Frage 9:

Mit Stichtag 30. Juni 2005 – das ist der letztbekannte Stichtag; die Stichtage werden je­weils mit Halbjahr vorgeschlagen; die neue Erhebung wird erst im Sommer möglich sein – waren 875 Fälle gemeldet. Die erstmalige Erhebung in dieser Form war im Jahre 2001. Damals betrug dieser „Rucksack“ 11 626 Fälle.


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Zur Frage 10:

Die Empfehlungen des MRB haben für mich einen sehr, sehr hohen Stellenwert. Daher wird die Umsetzung der Empfehlungen des Menschenrechtsbeirates in meinem Res­sort entsprechend den bestehenden Möglichkeiten laufend geprüft und laufend verbes­sert.

Zu den Fragen 11 und 12:

Kinder, Fremde unter 14 Jahren, werden grundsätzlich nicht in Schubhaft genommen. (Abg. Mag. Posch: Das ist nicht die Wahrheit!) Für die Dauer des Verfahrens, der Ab­wicklung des rechtmäßigen Verfahrens müssen sie angemessen untergebracht wer­den. (Abg. Mag. Posch: Das ist nicht die Wahrheit!)

Zu Ihrer Anfrage möchte ich Ihnen mitteilen, dass kein einziges Kind in Schubhaft ge­nommen wurde.

Bei 14- bis 16-Jährigen wird die Schubhaft nur in wirklichen Ausnahmefällen – sprich: wenn sie in kriminelle Handlungen verwickelt sind – verhängt.

Bis zu dem Termin, der hier abgefragt wurde, waren dies zwei Fälle, und zwar bis Mitte Mai.

Bei den 16- bis 18-Jährigen wird die Schubhaft nur dann verhängt, wenn es im Einzel­fall erforderlich ist und andere, gelindere Mittel nicht ausreichen. Im Beobachtungszeit­raum waren es 72 Fälle. Aufzeichnungen über die Dauer der Tage werden nicht ge­führt.

Zur Frage 13:

Es wurden zu keiner Zeit im Schulunterricht Kinder festgenommen oder in Schubhaft gesetzt.

Die Maßnahme in dem Einzelfall, der auch von Herrn Klubobmann Van der Bellen an­gesprochen wurde, erfolgte zur Sicherung des Wohles des Kindes, weil es nach dem Schulunterricht unversorgt (Abg. Mandak: Da kommt die Polizei, wenn ein Kind kein Mittagessen hat?) und ohne Aufsicht der erziehungsberechtigten Person gewesen wäre, denn die Mutter war in Schubhaft genommen. Daher ist diese Maßnahe zu set­zen gewesen. (Abg. Mandak: Warum holt es die Polizei? Da kann ja ein Sozialarbeiter kommen!)

Noch einmal. Dieses Kind ist weder festgenommen noch in Schubhaft genommen wor­den (neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen), sondern es ist abgeholt worden, um es zu versorgen. Die Mutter ist danach mit dem Kind zusammengeführt und im Rahmen eines gelinderen Mittels versorgt worden. Diese Antwort ist im Brief bereits gegeben worden.

Zur Frage 14:

Die Mittel für die Schubhaftbetreuung haben im Jahre 2004 501 755 € ausgemacht. Im Jahre 2005 waren es 529 994 €. Für 2006 sind 530 000 € veranschlagt. Diese Mittel werden im Budget abgedeckt.

Zur Frage 15:

Nachdem nunmehr die Arbeiten an den Schubhaftbetreuungsverträgen 2006 praktisch beendet werden konnten, werden nun die bisherigen Resultate evaluiert und gemein­sam mit allen Partnern Anpassungen erarbeitet. Die internen Vorarbeiten sind abge­schlossen und die entsprechenden Mittel stehen ebenfalls im laufenden Budget bereit.


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Zur Frage 16:

Gemäß § 3 Familienlastenausgleichsgesetz haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach den §§ 8 und 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz rechtmäßig in Österreich aufhalten. Das NAG ist allerdings auf Asylwerber nicht anwendbar. Daher haben Asylwerber kei­nen Anspruch auf Familienbeihilfe. Das war aber auch bisher so. Ihre Existenzsiche­rung wird durch die öffentliche Hand in Form des Grundversorgungssystems gewähr­leistet. Erst ab Anerkennung als Flüchtling gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention sind Asylwerber Österreichern diesbezüglich gleichgestellt.

Zur Frage 17:

Die Heirat mit einem Österreicher alleine kann natürlich nicht alle anderen gesetzlich erforderlichen Voraussetzungen ersetzen. Die Fremdenpolizeibehörde ist daher bereits dahin gehend angewiesen worden – aus dem spezifischen Fall heraus –, dass vor dem Anordnen einer fremdenpolizeilichen Maßnahme die Rechtskraft der Entscheidung der Niederlassungsbehörde abzuwarten ist. Ausnahmen bestehen lediglich bei einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder bei Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe.

Bei dem Fall, der hier zitiert wurde, wurde nach der Heirat der Asylantrag zurückge­nommen, und danach wurde eine Aufenthaltsbewilligung beantragt. In dieser Phase hielt sich die Frau illegal in Österreich auf. Auch das ist eine Rechtssituation! Die Ver­fahren sind jetzt weitergelaufen, und wir haben eben auf Grund dieses Falles diese An­weisung gegeben.

Zur Frage 18:

Eine solche Initiative wird nicht vorgeschlagen. Dies deshalb, weil es dem Ziel und dem Zweck des Grundsatzes der Aufrechterhaltung der geordneten Zuwanderung wider­sprechen würde. Erstanträge sind daher grundsätzlich im Ausland bei Berufsvertre­tungsbehörden zu stellen.

Ergänzend wird aber bemerkt, dass in bestimmten Fällen, etwa für EhegattInnen von ÖsterreicherInnen, auch eine Inlandsantragstellung nach rechtmäßiger Einreise und rechtmäßigem Aufenthalt zusätzlich vorgesehen ist.

Zur Frage 19:

Dazu wird mitgeteilt, dass das Bundesministerium für Inneres keine eigenen Aufzeich­nungen führt. Die Staatsbürgerschaftsverleihungen werden direkt von den Bundeslän­dern an die Statistik Austria übermittelt, die ihrerseits die jeweiligen Quartalsberichte erstellt. Es liegen somit für den angefragten Zeitraum keine Daten der Statistik Austria vor, die dem Bundesministerium für Inneres zur Verfügung gestellt wurden.

Ich habe versucht, die Zahl der Antragstellungen in einigen Bundesländer abzufragen. Es wurde mir mitgeteilt, dass unterschiedliche Rückgänge zu verzeichnen sind: in Tirol zwischen 33 und 50 Prozent, in der Steiermark 63 Prozent, in Niederösterreich zwi­schen 40 und 80 Prozent. Genaue Zahlen können noch nicht weitergegeben werden.

Durch das neue Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz ist die Zahl der Erstbewilligun­gen für Angehörige von in Österreicher „begünstigten Drittstaatenangehörigen“ gegen­über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 76,2 Prozent gesunken.

Die Gesamtzahl der neu erteilten Aufenthaltstitel sank im Vergleich zum Vorjahr eben­falls um 76,1 Prozent.

Zur Zahl der offenen Verfahren, die auch angefragt wurde: Das BAA spricht derzeit von 6 745. Wir können feststellen, dass jetzt erstmals mehr Verfahren abgeschlossen als Anträge gestellt werden. Das heißt, dass wir innerhalb von drei, maximal vier Mona-


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ten – wenn nicht etwas passiert – den Rückstand völlig aufgearbeitet haben werden und dass die laufend eintreffenden Ansuchen erledigt werden können.

Der UBAS hat eine Aufstockung – eine deutliche Aufstockung! – erfahren: Der UBAS hatte 84 Mitarbeiter und wurde um 82 aufgestockt. Also auch dort werden die Verfah­ren deutlich schneller abgewickelt werden können.

Ich hoffe, die Dringliche Anfrage hiemit beantwortet zu haben. (Beifall bei der ÖVP so­wie des Abg. Scheibner.)

15.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Jeder Redner hat maximal 10 Minuten Redezeit; eine Fraktion insgesamt 25 Minuten.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Wunschredezeit: 8 Minuten; ge­setzliche Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.33.05

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin Prokop! Frau Bundesministerin Gastinger! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin Prokop, Sie haben eine Chance verpasst. Sie haben die Chance verpasst – und die hätten Sie heute ge­habt! –, klare Worte zu finden zu Diskussionen und Diskussionsbeiträgen Ihres Regie­rungspartners in den letzten Wochen und Tagen, aber auch zu Ihren eigenen Aussa­gen, die Ihnen – wenn ich mir das zu sagen erlauben darf, Frau Ministerin –, wie man es an Ihrer Körpersprache sah, als Sie jetzt die Dringliche beantwortet haben, höchst unangenehm sind.

Ich kenne Sie, Frau Bundesministerin Prokop, noch nicht sehr lange, denn Sie sind ja erst seit eineinhalb Jahren Ressortleiterin, aber ich habe das Gefühl, dass Sie sich nicht wohl in Ihrer Haut fühlen – und das spricht für Sie. Das spricht wirklich für Sie! (Abg. Scheibner: Muss sich eine Ministerin immer wohl fühlen?) Ich kann jetzt nicht sagen, ich freue mich darüber, denn das wäre ja geradezu grotesk, aber das lässt mich vermuten, dass die Konsequenzen des von Ihnen dem Nationalrat vorgelegten Frem­denrechtspaketes, die sich jetzt – es gilt seit 1. Jänner 2005  – zeigen, Ihnen in all ihren Dimensionen zum damaligen Zeitpunkt nicht bewusst waren.

Ich gestehe: MinisterInnen können nicht jedes Detail eines Gesetzes kennen und über­blicken, aber ich sage Ihnen, Frau Ministerin: Die Herren, die da hinter Ihnen sitzen, nämlich die, die diese Vorlagen erarbeitet haben, und die Damen und Herren, die hier drinnen sitzen und die angeblich in den Ausschüssen so wahnsinnig viel arbeiten (Abg. Scheibner: Bist du nicht dieser Meinung? Arbeitest du nicht viel im Ausschuss?) – der Herr Präsident hat uns ja via „Kurier“ ausrichten lassen, dass sie diese Arbeit in schrift­lichen Redebeiträgen deponieren sollen –, sollten wissen, was sie beschließen und welche Auswirkungen das hat, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte, weil das jetzt die für uns relevanten Dinge sind, wie man beim Redebeitrag von Alexander Van der Bellen und jetzt auch bei Ihrer Beantwortung feststellen konnte, auf die drei Fälle, die alle Fallbeispiele sind und die sich ableiten aus der gegenwärti­gen gesetzlichen Lage, nämlich dem Fremdenrechtspaket 2005, ein wenig eingehen.

Ja, liebe Frau Ministerin, wie kann man, auch wenn man betroffen ist, dazu stehen? Mir fehlen die Worte, das zu bezeichnen, was Sie zu diesem Vorfall – ich sage es ein­mal so – in einer Wiener Volksschule gesagt haben.

Das kamen bewaffnete Polizisten – alle Polizisten sind bewaffnet, die haben ihre Pisto­len draußen nicht abgegeben – in eine Schulklasse und sagten zur Lehrerin und zur


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Direktorin auf Nachfrage: Wir müssen dieses Kind festnehmen, verhaften! Ich betone: Nicht nur festnehmen, sondern verhaften! – Dieses Kind ist ungefähr so alt wie mein Sohn.

Ich war nicht dabei. Aber Sie waren auch nicht dabei, Frau Ministerin. Doch Sie wollen uns jetzt hier klarmachen, dass das eine dem Gesetz und dem Willen der Gesetzgebe­rIn angemessenes Vorgehen war? – Da irren Sie, Frau Ministerin! (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich gehöre auch zu dieser Gesetzgeberin beziehungsweise Gesetzgeber. Aber wenn es in Österreich angemessenes Vorgehen ist, Kinder – Kinder, Achtjährige! – aus Schulen abzuholen, weil deren Mutter in Schubhaft gesteckt wurde, und wenn Sie dann sagen, das sei angemessen, dann frage ich mich: Ja wozu gibt es dann in die­sem Land ein Jugendamt?! Wozu gibt es dann Behörden, die für das Wohl von Kindern zuständig sind?! – Dafür zuständig sind wahrlich nicht Polizisten – und wahrlich auch nicht Ministerinnen wie Sie.

Das ist der Schluss, den ich jetzt aus Ihrer Reaktion ziehe. Es hat mich nämlich am meisten aufgeregt, wie man so kalt sagen kann, das sei angemessen gewesen. – Was war daran angemessen?

Angst und Schrecken wurde verbreitet – nicht nur bei dem achtjährigen kleinen Tsche­tschenen, sondern auch bei seinen Mitschülerinnen und Mitschülern, denn die haben das nämlich in der Folge alle erfahren. Wissen Sie, Achtjährige können nämlich lesen, und das stand auch in der Zeitung. Die Eltern waren betroffen, und auch die Direktorin war betroffen. Es wurden ja auch Behörden entsprechend eingeschaltet.

Das ist eine Auswirkung des Fremdenrechtspaketes 2005, KollegInnen, Freunde von der Sozialdemokraten. (Abg. Schieder: Nein!) Das ist es! (Abg. Schieder: Nein! Kin­der so zu behandeln, das steht dort nicht drinnen!) Nämlich die Tatsache, Peter Schie­der, dass diese Frau, nämlich die Mutter dieses Kindes, in Schubhaft genommen wur­de, um sie außer Landes zu bringen.

Nicht Auswirkung des Fremdenrechtspaketes ist es, wie die Exekutive und wie die Voll­zugsorgane vorgegangen sind. Dafür verantwortlich ist niemand von diesem Teil die­ses Hauses (auf die SPÖ-Reihen zeigend), dafür verantwortlich ist die Frau Ministe­rin – und das soll sie sich einmal zu Herzen nehmen! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder.)

Was droht uns denn noch? Was droht uns in Zukunft? – Wir haben Sie nämlich, Frau Ministerin, in dieser Frage lediglich gefragt: Was werden Sie tun, um in Hinkunft Vorge­hen wie dieses nicht zuzulassen, schlichtweg abzustellen?

Nächster Fall, wo Sie irren, Frau Ministerin Prokop – es tut mir Leid! –, selbst wenn Sie die Beantwortung herunterlesen, denn nicht alles, was man vorgesetzt bekommt, muss richtig sein: Menschen, die in Österreich aus dem Kosovo in unser Land geflüchtet sind, zwar nach dem österreichischen Asylgesetz oder der Genfer Flüchtlingskonven­tion nicht Asyl bekommen haben, aber subsidiär Schutzberechtigte – das hat Professor Van der Bellen gesagt – nach § 8 Asylgesetz sind, diese Menschen sind weder illegal in Österreich, noch haben Sie irgendeinen Grund, sie bewusst und absichtlich – natür­lich gedeckt durch den Gesetzgeber, gedeckt durch Sie alle, außer dem kleinen, noch kleinen, grünen Block  – in Armut zu stürzen!

Dieser Mann hat legal in Österreich gearbeitet, hat in Österreich Steuern gezahlt. Da bekommt diese junge Familie ein Kind, und was ist die Antwort des Landes, in dem sie Schutz gefunden haben, subsidiären Schutz, in dem sie ihre Zukunft verbringen wol­len? – Ihr bekommt keine Familienbeihilfe! Die Frau bekommt kein Kinderbetreuungs­geld!


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Wenn die jetzt noch Moslems sind, was ja viele Kosovaren sind, sagt die Frau Ministe­rin, sie sind integrationsunwillig, weil sie eine Distanz zur österreichischen Bevölkerung haben. (Beifall bei den Grünen.)

Da wundern Sie sich noch, dass Menschen, die man so behandelt, Distanz zur öster­reichischen Bevölkerung aufbauen?!

Dritter Fall, Frau Ministerin, der in vielen Medien schon zitierte Fall der Frau Zhu, die immer noch in Shanghai sitzt. Frau Zhu ist unbescholten. Frau Zhu hat nie eine straf­rechtliche Sanktion in Österreich erfahren; sie hat keinen Strafrechtstatbestand erfüllt. Zugegeben, sie hat so manche Verwaltungsübertretung begangen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Na ja!)

Ich gestehe, ich habe auch schon Verwaltungsübertretungen begangen. Ich bin einmal vor vielen Jahren mit dem Fahrrad in der Fußgängerzone gefahren und habe dann 350 S zahlen müssen. Ich bin auch schon zu schnell mit dem Auto gefahren. – Alles Verwaltungsübertretungen! Aber niemand würde sagen, ich habe jetzt kein Recht auf Zusammenleben in Österreich. – Der österreichische Gesetzgeber sagt das aber! Men­schen, die hier eine Familieneinheit aufgebaut haben, indem sie einen Österreicher geheiratet haben, wo die Behörde selbst als Erste selbstverständlich – sagt ja auch das Gesetz; soll sein – sagt: Prüfen, ob das eine Scheinehe ist!, haben kein Recht auf Eheleben. – Es ist keine Scheinehe! Man hat auch kein Indiz dafür gefunden – und man hat diesen Fall ganz genau geprüft, Frau Ministerin, da bin ich hundertprozentig sicher –, aber das Recht auf Eheleben haben sie nicht!

Und dann die „Pflanzerei“, dass man die Frau auch noch abschiebt – und dem Mann könnte man im Nachhinein vorwerfen, er hätte möglicherweise zu wenig Unterhaltsmit­tel, weil er ja 6 000 € für die Abschiebung der Frau zahlen musste. Frau Ministerin Pro­kop, was ist das? Ist das Familiensinn? Ist das Familienpartei? Ist das Ihr Verständnis davon, wie man Menschen in Österreich integrieren will?

Diese Frau hat das Recht, in Österreich zu leben! Na, was glauben Sie, wie viel Dis­tanz diese Frau künftig gegenüber österreichischen Behörden haben wird? Aber ich vermute, sie ist nicht Muslime, denn sie kommt aus China – obwohl es dort auch viele gibt, möchte ich nur kurz anmerken.

Nun komme ich zu Ihren letzten Bemerkungen, Frau Bundesministerin Prokop: Sie ha­ben diese Studie nicht in Auftrag gegeben. – Ich nehme das zur Kenntnis. Es war eine Studie der Sicherheitsakademie. Sie haben auch keine Ahnung, was sie kostet. Sie be­haupten hier aber, die gesamte Studie sei auf der Homepage des Innenministeriums veröffentlicht. Es stimmt! Auf der Homepage des Innenministeriums kann man 56 Sei­ten Executive Summary, wie sich das nennt, davon lesen. Aus diesem Executive Summary kann jeder, der sich das anschaut, doch einiges herauslesen. Ich möchte jetzt nicht über die wissenschaftliche Qualität dieser Studie reden, sondern über den Schluss, den Sie gezogen haben, Frau Ministerin, nämlich die Behauptung, an der Sie festhalten, indem Sie hier auch noch sagen: Ich entschuldige mich auch ganz sicher nicht!, die Behauptung, dass 45 Prozent der Muslime in Österreich integrationsunwillig seien.

Frau Ministerin, Herr Professor Van der Bellen hat es Ihnen gesagt: Ein Gutteil der Muslime in Österreich sind schon österreichischer Staatsbürger. Das ist nicht nur eine Diffamierung einer Religionsgemeinschaft – eine pauschale Diffamierung! –, sondern das ist auch eine Diffamierung von österreichischen Staatsangehörigen, denen Sie unterstellen, Distanz zu beziehungsweise Unwilligkeit zur Integration in Österreich zu haben!


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Frau Ministerin Prokop, wenn das so weitergeht, wird Herr Professor Van der Bellen bei der nächsten Sitzung des Nationalrates nicht mehr sagen können: Es ist ungeheu­erlich, was Sie gesagt haben, aber es wird bei weitem übertroffen von Westenthaler. – Sie sind auf dem besten Weg, Westenthaler einzuholen. Aber ich kann Ihnen sagen: Es wird Ihnen nichts nützen, denn die Menschen in unserem Lande haben inzwischen verstanden, dass Integration und Integrationspolitik wichtig ist, dass man Integration und Integrationspolitik nur gemeinsam machen kann, und dass man Integration nur dann schaffen wird, wenn man nicht diejenigen, die man vorgibt, integrieren zu wollen, es aber eigentlich nicht will, in Furcht, Angst und Schrecken versetzt mit Androhungen wie: 300 000 sollen in den nächsten Jahren hinaus. – Erstens.

Zweitens haben wir einen schweigenden Bundeskanzler, der Bush die Hand schüttelt, aber auch Westenthaler die Hand schüttelt und nächste Woche wahrscheinlich wieder mit ihm frühstückt – diese Woche scheint das Frühstück wegen des Bush-Besuches ausgefallen zu sein – und der als Einziges dazu sagt: Wir haben nicht darüber gespro­chen. – Das spricht Bände. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Haben Sie dem Herrn Westenthaler schon die Hand gegeben, Herr Van der Bellen? – Frau Stoi­sits, Van der Bellen gibt zu, Herrn Westenthaler die Hand gegeben zu haben!)

15.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


15.44.24

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Präsident! Meine Damen Bundesministerinnen! Wenn man den Titel die­ser Dringlichen Anfrage liest – „Stimmenfang durch Menschenhetze“ – und dann hört, welche Emotionalisierung gerade Frau Kollegin Stoisits da hineinlegt, dann, meine Da­men und Herren, muss man sagen: Das ist genau das, was Aufwiegelung, was ein Gegeneinander et cetera bewirkt. Und dagegen wehren wir uns! Ausländerpolitik muss mit Vernunft gemacht werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

An Einzelfällen, Herr Kollege Van der Bellen, kann man Ausländerpolitik nicht wirklich darstellen, denn bei Einzelfällen muss immer die ganze Wahrheit auf den Tisch, und die gibt es wahrscheinlich in vielen dieser bezeichneten Fälle nicht in ausreichendem Maße, wie wir uns das wünschen. Weder die ganze Wahrheit noch, glaube ich, exakte Darstellung nach der jetzigen Rechtslage ist richtig, denn das sind alles Fälle nach der alten Rechtslage. Das muss man einmal festhalten.

Sie müssen mir auch einmal erklären, wie man bei 505 000 bestehenden Aufenthaltsti­teln in Österreich als Ministerin gewährleisten können soll, dass nicht ein einziger Feh­ler bei einem Einzigen passiert. Auch das darf einmal klargestellt werden. Da wird es immer wieder Fehler geben.

Aber – und jetzt komme ich zum inhaltlichen Punkt Ihrer Dringlichen Anfrage –: Frau Bundesministerin Prokop zu unterstellen – so, wie Sie das hier formulieren –, dass sie einen politischen Schaden hervorgerufen hat, und ihr haltlose Pauschalverdächtigun­gen und Diffamierungen vorzuwerfen, das, meine Damen und Herren, ist in Wirklich­keit der Skandal!

Ich erwarte mir von einer Innenministerin, dass sie, wenn sie, durch eine Studie unter­legt, über die Frage der Integrationswilligkeit in Österreich dahin gehend informiert ist, wie viele das in Wahrheit nicht wollen, dass sie handelt; dass sie das aufzeigt; dass sie Maßnahmen ergreift. Das erwarte ich mir von einer Innenministerin, und darum un-


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terstütze ich sie auch in dieser Richtung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Mag. Posch: Sie weiß es ja selber, dass sie einen Fehler gemacht hat!)

Es ist ja unglaublich, dass Sie so tun, als würde kein Mensch in Österreich sehen kön­nen, dass da einiges nicht stimmt. Ja, meine Damen und Herren, sogar die SPÖ hat uns unterstützt bei dieser Vorgangsweise, wenn ich etwa an das Fremdenrechtspaket von vergangenem Jahr denke, weil auch sie weiß, was etwa in Wien, in einem Bal­lungsraum, los ist. Das ist doch sichtbar. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die Grünen ma­chen ja die Augen zu!) Und darum ist es unser aller Aufgabe, dass wir etwas tun, dass die Integration voranschreitet – und nicht, dass es ein Gegeneinander in diesem Be­reich gibt.

Daher möchte ich hier schon aus Anlass dieser Debatte sagen: Wer die Nichtintegra­tion negiert, der trägt auch mit dazu bei, dass es einen Nährboden für Auseinanderset­zung gibt. Und das brauchen wir nicht in Österreich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Darum lassen Sie mich aus der Sicht der Österreichischen Volkspartei ein paar Grund­sätze zu dieser Ausländerpolitik festhalten.

Ich glaube, dass Extrempositionen, die es halt gibt in der politischen Darstellung – vor einem Wahlkampf ganz besonders; „Ausländer raus“ oder „Ausländer rein“ – sicherlich nicht die Grundlage für eine vernünftige Lösung sind. Sicherlich nicht! Wir brauchen Vernunftlösungen. Und wir bemühen uns darum, solche Vernunftlösungen auch zu ermöglichen. (Abg. Krainer: Aber Ihre Rede ist peinlich!) Ja, ja, Kollege! Mit „Pein­lichkeit“ sollten Sie, glaube ich, gerade in Zeiten wie diesen wirklich vorsichtig sein! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der Krainer ist kein Gewerkschafter! Der darf bleiben!)

Unser Grundsatz ist: Integration vor Zuzug, meine Damen und Herren. Wir brauchen – das belegt auch diese Studie – eine Integration, die heißt: Einordnen in Österreich. Nicht unterordnen, aber einordnen in Österreich, das ist notwendig.

Und was heißt das: „einordnen“? – Das heißt, dass man sich an die Gesetze zu halten hat.

Das heißt, dass man Deutsch als Sprache beherrschen muss.

Das heißt, dass man sich auch an die Grundsätze unserer Gesellschaft zu halten hat. Darum ist es nicht akzeptabel, dass es, wie es bei manchen Ausländern auch in Öster­reich praktiziert wird, keine Selbstbestimmung gibt, sondern dass das Familienober­haupt entscheidet über die Heirat, über Fragen bis hin zu einer Zwangsbeschneidung. Das kann von uns nicht akzeptiert werden, das brauchen wir nicht in Österreich! Und jeder, der zu uns kommt, muss auch akzeptieren, dass er sich nach den Regeln unse­rer freien Gesellschaft zu verhalten hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf zum Dritten den Grundsatz durchaus unterstreichen, den Frau Bundesministe­rin Prokop aufgestellt hat: Wer straffällig wird in Österreich, meine Damen und Herren, der hat hier nichts verloren – absolut nichts! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordne­ten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Da gelten auch nicht die Theorien, die ich gerade von den Grünen manchmal höre, dass wir ja zuerst einmal klären müssen, ob der Arme nicht „gezwungen“ war, straffäl­lig zu werden. Nein, meine Damen und Herren: Wer hier herkommt und straffällig wird (Abg. Öllinger: Jetzt hören Sie aber auf! Sie sind ein primitiver Demagoge!) – und wir haben genügend in Österreich, die hier hergekommen sind und straffällig wurden –, der muss akzeptieren, dass er dann seine Berechtigung, hier zu bleiben, verliert. (Abg.


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Öllinger: Primitive Demagogie! – Abg. Mag. Molterer: Herr Präsident!? – Weitere Zwi­schenrufe bei den Grünen und der SPÖ.)

Lassen Sie mich auch einen Grundsatz hier betonen: dass die Einwanderung nur nach bestimmten Grundsätzen erfolgen kann, Grundsätzen, wie wir sie auch aufgestellt haben. Wir haben dazu neue Regeln definiert, und ich glaube, diese Regeln geben uns auch Recht, was den Erfolg in diesen ersten Zeiten des Inkrafttretens nachvollziehbar erscheinen lässt.

Da gibt es durchaus interessante Vorschläge, auch von den Grünen. Nach Ihrem Punktesystem, das Sie hiezu aufgestellt haben, kann man, glaube ich, durchaus eine sehr vernünftige Diskussion gestalten.

Aber ich darf noch einmal für uns festhalten. Integration, die notwendig ist, die wir in viel stärkerem Maße betonen, als Sie das tun, gehört natürlich auch gefördert: mit ent­sprechenden Deutschkursen – das ist sehr notwendig –, auch mit einer Vermittlung dessen, was Österreich bedeutet, für jeden Fremden der hierher kommt, und auch mit klaren Regeln, die wir jedem, der nach Österreich kommt, vor Augen zu führen haben.

Daher ist klar: Der fleißige Ausländer, der hier in Österreich für seine Familie und für sich eine Existenz aufbauen will, ist herzlich willkommen, meine Damen und Herren. Wir wehren uns jedoch gegen diejenigen, die hier herkommen und als Erstes nach der Unterstützung rufen – und das, ohne willens zu sein, sich in die Gesellschaft einzuord­nen. Und denen werden wir einen Riegel vorschieben, ganz klar. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Öllinger: Sie haben keine Ahnung! Das ist eine Sprache!)

Lassen Sie mich zusammenfassen: Die Zahl der Asylanträge geht zurück. Wir haben ein neues Asylgesetz beschlossen, und wir sehen, von Jänner bis Mai 2006 gab es ein Minus von 29 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Zum Zweiten: Beim neuen Fremdenrecht ist klar: schneller Schutz für den, der es braucht. Wer straffällig geworden ist, muss die Konsequenzen tragen, und Missbrauch muss verhindert werden.

Wir haben ein neues Staatsbürgerschaftsrecht, das leider durch Beeinspruchungen hinausgezögert wurde, aber dieses Staatsbürgerschaftsrecht sagt auch klar: Deutsch muss beherrscht werden, und Österreich muss gekannt werden von dem, der sich auf Dauer hier niederlassen will.

Darum stehe ich dazu und sage namens meiner Fraktion, dass Frau Bundesministerin Prokop nicht nur unser Vertrauen hat, sondern unsere volle Unterstützung auch in die­sem wichtigen Feld der zukünftigen Integration für Ausländer in Österreich.

Ich glaube, Frau Bundesministerin Prokop, dass auch Ihre Äußerungen vollkommen richtig waren und zur richtigen Zeit getroffen wurden, und dass wir jetzt an die Um­setzung eines Integrationspaketes in Österreich gehen müssen. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

15.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Öllinger, Sie haben in einem zwei­maligen Zwischenruf dem Redner „primitive Demagogie“ vorgeworfen. Dafür erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

 


Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Mag. Darabos. Wunschredezeit: 8 Minu­ten. – Bitte.


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15.52.13

Abgeordneter Mag. Norbert Darabos (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Mi­nisterinnen! Hohes Haus! Für einen sozialdemokratischen Abgeordneten ist es an und für sich einfach, diese Debatte zu führen, denn Vorredner haben gezeigt: Ein gewisser Teil dieses Hauses steht sehr weit rechts und ein gewisser Teil sehr weit links, was die Immigrationspolitik und Integrationspolitik in Österreich betrifft. Ich glaube, dass die große Mehrheit der ÖsterreicherInnen eine Position der Mitte einnimmt, die da lautet: Wir brauchen Zuwanderung, wir brauchen Zuwanderung, die wir steuern können, wir kämpfen aber an gegen Illegalität, und wir kämpfen auch an gegen Missbrauch in die­sem Bereich.

Ich muss schon sagen, Herr Kollege Van der Bellen: Ich schätze Sie wirklich persönlich sehr, aber es tut mir in der Seele weh, wenn Sie hier am Rednerpult Beispiele bringen, die mit dem neuen Fremdengesetz absolut nichts zu tun haben. (Rufe bei den Grünen: Welche?) Das ist doch eigentlich nicht Ihr Stil. (Abg. Mag. Stoisits: Welche Bei­spiele?) – Auch Ihr Stil, Frau Kollegin Stoisits, ist das grundsätzlich nicht.

Die Beispiele, die Sie genannt haben, lehnen wir genauso ab wie Sie, aber zu sugge­rieren, das habe etwas mit dem neuen Fremdenpaket zu tun, das ist nicht okay, denn das ist populistisch, was Sie uns grundsätzlich in dieser Frage vorgeworfen haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich bin da bei Ihnen, Frau Abgeordnete Stoisits und Herr Klubobmann Van der Bellen: Es ist unglaublich und unmöglich, und es ist eine Frage der Exekutive und nicht der Legislative, dass ein achtjähriger Bub aus einer Schule abgeführt wird. Aber bitte, hier zu suggerieren zu versuchen, dass das etwas mit dem Fremdenpaket zu tun habe, das ist einfach nicht okay.

Ebenfalls nicht okay ist, Frau Ministerin Prokop – und da werde ich jetzt keinen Ap­plaus von Ihnen ernten, Herr Kollege Molterer –, dass man eine Studie hernimmt, die man selbst in Auftrag gegeben hat. Da steht drauf (besagte Studie vorweisend): „BM.I‑.SIAK.“ – Es ist also nicht, wie die Frau Ministerin gesagt hat, eine private Studie, sondern eine Studie, die vom Innenministerium in Auftrag gegeben wurde und sozusa­gen auf der anderen Seite versucht, Panik zu verbreiten, mit Unwahrheiten argumen­tiert und sogar den Autor dieser Studie desavouiert, der nachher ganz klar gesagt hat: Das, was die Frau Ministerin gesagt hat – 45 Prozent aller Moslems seien nicht integ­rationsfähig –, das steht nicht in dieser Studie!

Ich bitte schon um Sachlichkeit und Objektivität in der Debatte. Ihr Ziel war offensicht­lich, diese Frage in die öffentliche Diskussion zu bringen. Man kann die Fragen Zuwan­derung und Integration durchaus diskutieren, aber doch bitte nicht mit populistischen Aussagen von Seiten einer Ministerin! Von einer Bundesministerin erwarte ich mir ob­jektive Aussagen – und nicht Aussagen über Dinge, die in einer Studie gar nicht zum Vorschein kommen, um so zu versuchen, in der Bevölkerung eine gewisse Aggression zu erzeugen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Schie­der: Und Impressum hat die Veröffentlichung auch keines!)

Ich sage Ihnen ganz offen: Wir haben dieses Fremdenpaket mit Ihnen beschlossen, weil wir der Meinung sind, dass die Maßnahmen, die da drinnen festgeschrieben wur­den, auch okay sind. Und ich sage auch ganz offen, es hat auch in meiner eigenen Partei Diskussionen über diese Frage gegeben. Nur, wenn ich Frau Stoisits höre, die im Radio sagt, es hat 650 Hungerstreikende heuer gegeben, und auf der anderen Seite sagt sie, Zwangsernährung ist möglich, dann frage ich mich: Wo ist jetzt wirklich die Wahrheit? Zwangsernährung ist durch dieses Gesetz beispielsweise nicht möglich.

Ich glaube, dass die Maßnahmen, die im Gesetz festgeschrieben sind, auch Maßnah­men sind, die grundsätzlich okay sind, weil es – und das sage ich auch ganz offen –


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natürlich auch Missbrauch in Österreich gibt. Ich lebe an der Schengen- Außengrenze in Österreich und weiß genau, dass illegale Einwanderung nach wie vor an der Tages­ordnung ist. Und ich frage mich, warum diese Bundesregierung beispielsweise nichts dazu tut, diese Frage zu thematisieren, und zwar eben auch im Rahmen der EU-Präsi­dentschaft Österreichs.

Ich habe gehört, Frau Ministerin Prokop, dass Sie der Meinung sind, mit 1. Jänner 2008 müssen ohne Wenn und Aber die neuen Mitgliedstaaten die Schengen-Kriterien erfüllen, und wir machen die Schengen-Grenze auf. Ich habe auch da Kritik gehört, auch in meiner Partei, weil ich gesagt habe: Das kann so nicht sein! Österreich hat vor sieben, acht Jahren ebenfalls die Auflage bekommen, die Schengen-Grenze nach außen zu sichern, die es ermöglicht, dass die Europäische Union gegen diese illegale Zuwanderung geschützt wird. Und das Gleiche verlange ich von den neuen Mitglieds­staaten Ungarn, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Polen und so weiter.

Das ist keine ausländerfeindliche Äußerung, sondern das ist einfach eine Meinung, die, glaube ich, in der Europäischen Union auch Mehrheitsmeinung ist. Insofern verstehe ich nicht ganz Ihre Meinung, Frau Bundesministerin Prokop, dass Sie sagen, mit 1. Jänner 2008 muss das einfach geschehen – egal, ob die Ungarn, die Slowenen, die Tschechen darauf vorbereitet sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Und ich sage noch etwas ganz offen zu dem, was wir gemeinsam besprochen haben – und auch das ist in meiner Partei oft diskutiert worden –, was wir gemeinsam ausge­macht haben betreffend Asylgerichtshof. Wir haben in diesem Zusammenhang in Euro­pa die Situation, dass Österreich einen Teil mehr zu tragen hat, als der Bevölkerungs­anzahl Österreichs grundsätzlich zugeordnet werden würde. Ich habe nichts gegen diese Rechtsprechung in Österreich, aber ich frage mich schon, warum in Österreich 20 Prozent der Asylverfahren positiv erledigt werden, während in der Slowakei nur 0,9 Prozent positiv erledigt werden und in Deutschland, noch unter Rot-Grün, 1,5 Pro­zent positiv erledigt worden sind.

Jetzt wäre es doch an der Zeit – Sie haben das Haager Programm auch unterzeich­net –, darüber nachzudenken, eine europäische Lösung anzustreben. Und die europäi­sche Lösung würde heißen: eine Vollziehung der EU-Gesetzgebungen, die für ganz Europa gilt.

Während Ihrer Präsidentschaft in der EU ist da nichts geschehen . Ganz im Gegenteil dazu haben wir in Österreich gemeinsam einen Entschließungsantrag unterzeichnet, der zum Inhalt hat, dass wir eigentlich schon mit 1. Jänner 2006 einen Asylgerichtshof in Österreich etabliert hätten. Sie haben das auch in Fernseh- und Zeitungsinterviews bestätigt, aber bis heute ist nichts geschehen.

Ich sage Ihnen: Wir werden diese Frage nur lösen, wenn die Mehrheit der Bevölkerung hinter uns steht und wir den Menschen das Gefühl geben, dass wir uns um diese The­men kümmern. Deswegen nutze ich auch den heutigen Tag dazu, diese Forderung von uns zu erneuern, und ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag der Genos­sen Mag. Norbert Darabos und Kollegen betreffend Einrichtung eines Asylgerichtsho­fes ein, eingebracht im Zuge dieser Debatte, die wir heute führen.

Der Entschließungsantrag soll lauten:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird ersucht, so rasch wie möglich einen entsprechenden Ge­setzentwurf zur Schaffung eines Asylgerichtshofes dem Nationalrat zuzuleiten.

*****


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Ich glaube, das wäre ein guter Beitrag dazu, auch die Integrationsmöglichkeiten in Ös­terreich zu verbessern, das Asylgesetz in Österreich zu verbessern, und das, was wir gemeinsam im Rahmen des Fremdengesetzes ausgemacht haben, zu verwirklichen.

Ich hoffe, dass Sie diesem Antrag zustimmen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

15.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Mag. Darabos vorgetra­gene Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Darabos, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend umgehende Einrichtung eines Asylgerichtshofes ist hinreichend unter­stützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Darabos und KollegInnen betreffend umgehende Einrichtung eines Asylgerichtshofes, eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage der Abg. Dr. Alexander Van der Bellen, Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freun­de an die Bundesministerin für Inneres betreffend Stimmenfang durch Menschenhetze

Bei den Beratungen zum Fremdenrechtspaket hat es im Juni 2005 aus Anlass der be­sorgniserregend hohen Anzahl von offenen Asylverfahren (1.6.2006: 42 424 Fälle) einen Konsens aller vier Parlamentsfraktionen gegeben, noch bis Ende des Jah­res 2005 den Unabhängigen Bundesasylsenat in einen Asylgerichtshof umzuwandeln, um eine deutliche Verkürzung der Asylverfahren und damit einen raschen Abbau der offenen Verfahren zu erreichen.

Der Gedanke wurde einerseits davon getragen, dass die AsylwerberInnen, die tatsäch­lich in Österreich Asyl erhalten sollen, rasch zu dieser Entscheidung kommen und in die österreichische Gesellschaft integriert werden können, andererseits aber auch, dass jene, bei denen kein Asylgrund vorliegt, ebenso rasch zu einer – wenn auch ne­gativen – Entscheidung kommen müssen.

Die Schaffung des Asylgerichtshofes wurde aber nicht nur durch einen einstimmigen Entschließungsantrag im Nationalrat politisch akkordiert, sondern die zuständige Bun­desministerin Prokop hat sich auch in öffentlichen Äußerungen zu diesem Asylgerichts­hof bekannt und eine Realisierung bis 1. Jänner 2006 angekündigt.

Darüber hinaus haben sich bei einer Veranstaltung am Wiener Juridikum am 25. Jän­ner 2005 unter anderem der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner, die Chefin der Richtervereinigung Dr. Barbara Helige, der Präsi­dent der Wiener Rechtsanwaltskammer Dr. Harald Bisanz und der Verfassungsrechts­experte Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer für die Schaffung eines solchen Asylgerichtsho­fes ausgesprochen.

Es ist daher völlig unverständlich, warum die Bundesregierung den einstimmigen Wunsch des Nationalrates, der auch von den Präsidenten der Höchstgerichte und den Verfassungsrechtsexperten begrüßt wurde, noch nicht umgesetzt hat.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
155. Sitzung / Seite 143

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird ersucht, so rasch wie möglich einen entsprechenden Ge­setzentwurf zur Schaffung eines Asylgerichtshofes dem Nationalrat zuzuleiten.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Ihre Wunschredezeit beträgt 10 Minuten; das ist auch die gesetzliche. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.00.41

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind es ja gewohnt, dass die Grünen am Fremdengesetz, am Asylgesetz und so weiter immer wieder Kritik üben. Dass Sie diese Kritik mit Beispielen untermau­ern, sehe ich ein, doch sollten diese Beispiele möglichst richtig sein – und nicht so ver­zerrt, wie Sie sie gebracht haben, Frau Abgeordnete Stoisits und Herr Abgeordneter Van der Bellen!

Frau Abgeordnete Stoisits hat von diesem achtjährigen Kind gesprochen und mit wei­nerlicher Stimme dargestellt, dass der Polizist mit Pistole im Klassenzimmer gestanden ist. – So war es nicht! Tatsächlich war es so, dass eine weibliche Polizistin zur Direkto­rin und zur Klassenlehrerin gegangen ist und mit ihnen besprochen hat, dass das Kind nach Ende des Unterrichts abgeholt wird. Da ist niemand mit gezogener Pistole in die Klasse hinein gegangen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich habe mich erkundigt: So war es! Schütteln S’ nicht den Kopf! Nicht alles ist so, wie Sie es gerne hätten! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bei dieser Diskussion um das Fremdenrecht und die entsprechenden Maßnahmen ver­nachlässigen Sie es völlig, die Tatsachen darzustellen, die zu diesem Fremdenrecht geführt haben. Sie wissen doch ganz genau, dass Österreich von Asylwerbern in sehr großem Maße als erstes Land angestrebt wird und dass wir bis zu 40 000 Asylwerber gehabt haben, von welchen aber nur 5 Prozent wirklich Asylgründe hatten. Der Groß­teil sind Wirtschaftsflüchtlinge.

Sie wissen ganz genau, dass die illegale Einwanderung überhand nimmt. Man kann das nur sehr schwer schätzen, aber wir haben hier nach Schätzungen 400 000 illegale Ausländer. Viele tauchen unter. – All das hat dazu geführt, dass wir die Fremdenge­setze beschlossen haben.

Sie stellen immer wieder das Beispiel von der Chinesin dar. Frau Stoisits erklärt uns bereits zum zweiten Mal, wie da vorgegangen worden sei. – Diese Chinesin beschäftigt die Behörden seit fünf Jahren! Sie ist illegal nach Österreich eingereist, und sie hat sich wiederholt falsche Identitäten zugelegt. Sie hat sich selbst zur Jugendlichen ge­macht. Als ihr nichts anderes mehr übrig blieb, um sich vor dem Abschub zu sichern, hat sie schnell Asyl beantragt. Dieser Antrag ist abgewiesen worden. Zwischendurch hat sie offensichtlich geheiratet, und dann ist eben das Aufenthaltsverbot vollzogen worden. – Das ist der Fall dieser Chinesin, den Sie hier tränenreich geschildert haben.

Ich meine, man muss, wenn man einen Fall schildert, auch dazu sagen, was gesetzlich abgesichert ist und was nicht. Wenn sich jemand illegal in unserem Lande aufhält, dann ist es vollkommen in Ordnung, entspricht unserer Rechtslage und auch unserer


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155. Sitzung / Seite 144

Auffassung – und ich glaube, auch Ihrer –, dass jemand beamtshandelt wird. Sie, Frau Abgeordnete Stoisits, haben ja auch einen Eid auf die Verfassung der Republik Ös­terreich geleistet, wonach die Gesetze einzuhalten sind, wonach Sie die Gesetze zu respektieren haben! Und nach diesem Gesetz ist vorgegangen worden, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Die Fremdengesetze, die wir beschlossen haben, sind auf eine Reihe von Missständen zurückzuführen, und wir wollten die Missstände beseitigen. So zum Beispiel wollten wir die Zahl der Asylanträge reduzieren. Wir sind der Auffassung, dass jeder Asyl bekom­men soll, der wirklich Fluchtgründe nach der Genfer Konvention hat. Das haben wir hier immer wieder bestätigt. Wir können jedoch nicht die Asylwerber, die nur die Ein­wanderungsgesetze umgehen, als Asylanten anerkennen!

Sie wissen ganz genau, dass erst neulich einem Bericht des UNHCR zu entnehmen war, dass 20 Millionen Menschen auf der Flucht sind und sich eine neue Lebensgrund­lage schaffen wollen, weil sie in einer wirtschaftlicher Notlage sind. – Das ist verständ­lich, aber Österreich kann nicht alle aufnehmen. Wir müssen uns Regeln schaffen.

Im ersten Quartal 2006 sind die Asylanträge auf Grund des neuen Gesetzes um 28 Prozent zurückgegangen. Das heißt, dass die neuen Gesetze bereits durchgeschla­gen haben.

Weiters wollten wir, dass das Dublin-Verfahren forciert wird, dass der Asylantrag dort erledigt wird, wo er eingebracht worden ist. Bis jetzt hat es nämlich Asyl-Tourismus ge­geben. Man ist nach Tschechien oder in die Slowakei eingereist und dann nach Öster­reich weiter gereist und wollte hier das Asylverfahren beenden. Mit dem neuen Gesetz haben wir jetzt die Durchsetzung des Dublin-Verfahrens sozusagen verstärkt.

Wir wollten auch, dass Personen, die ein Aufenthaltsverbot haben, konsequent abge­schoben werden. Es kann doch wirklich niemand von Ihnen Interesse daran haben, dass sich jemand, der mit einem Aufenthaltsverbot belegt ist, weiterhin in Österreich aufhält! Ich kann mir nicht vorstellen, Herr Professor, dass das mit Ihrer Rechtsauffas­sung in Einklang zu bringen ist! (Abg. Dr. Van der Bellen: Das behauptet ja niemand!) Ein Aufenthaltsverbot wird ohnehin erst nach gravierenden Fehlleistungen verhängt.

Außerdem wollen wir, dass sich Straffällige nicht weiterhin in Österreich aufhalten, son­dern dass sie abgeschoben werden.

Betreffend aberkannte Asylwerber: Warum soll jemand, dessen Asylverfahren sich Jahre hindurch zieht – diese Verfahren dauern Jahre –, dessen Asylbegehren schließ­lich abgewiesen und der aufgefordert wird, Österreich zu verlassen, weiterhin in Öster­reich bleiben? Auch diesbezüglich haben wir Maßnahmen getroffen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ferner wollten wir die illegale Prostitution von Ausländerinnen zurückdrängen. Das ha­ben wir mit den Fremdengesetzen ebenfalls bewerkstelligt.

Außerdem wollten wir alle Leistungen, die jemand als Ausländer in Österreich bezieht, auf den legalen Aufenthalt abstellen. Es ist doch wirklich das Mindeste, dass man von einem Ausländer, wenn er beispielsweise Kinderbeihilfe oder irgendeine andere Leis­tung haben möchte, verlangt, dass er einen legalen Aufenthalt nachweist! Ich meine, das entspricht doch wirklich dem völlig normalen Rechtsempfinden!

Ferner wollten wir auch verhindern, dass Traumatisierung weiterhin missbräuchlich vorgeschoben wird, um in Österreich das Asylverfahren abwarten zu können. Wir haben im vorigen Asylgesetz auf die Traumatisierung Rücksicht genommen so wie jetzt, aber das ist leider Gottes missbraucht worden.


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Ich finde, all das sind Gründe, mit denen man wirklich mitgehen kann, wenn man nicht die Absicht hat, nur zu polemisieren, Herr Abgeordneter Van der Bellen und Frau Ab­geordnete Stoisits! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dass der UNHCR mit diesen Regelungen nicht zufrieden ist, gestehe ich ihm zu, denn er vertritt nur die eine Seite, während wir als Politiker die Gesamtsituation betrachten müssen. Wir müssen auf die Interessen der Österreicher, der hier Lebenden, Rücksicht nehmen und die Interessen der Fremden beachten. Wie gesagt: Wir werden es dem UNHCR wahrscheinlich nie recht machen können; es wird immer alles zu wenig sein.

Was die Aussage des Herrn Westenthaler betrifft, wissen Sie genauso gut wie ich, dass viele Länder versucht haben und versuchen, eine Rückführung von Ausländern in ihre Heimatländer durchzuführen und sie dazu zu bewegen, wieder in ihr Heimatland zurückzugehen. Die Ausländer sind ja hierher gekommen, um zu arbeiten. Mittlerweile wissen wir selbst, dass wir zu kämpfen haben, um alle Menschen auf dem Arbeits­markt unterzubringen, und da ist es doch völlig logisch, dass man dafür sorgt, dass die Ausländer, die hierher gekommen sind, um zu arbeiten, und die keine Arbeit haben, wieder in ihre Heimat zurückkehren.

Jetzt möchte ich Ihnen sagen, warum das besonders gerechtfertigt ist: Der Anteil der ausländischen Arbeitslosen beträgt nämlich nach der Statistik vom Mai 2006 18 Pro­zent der Gesamtarbeitslosen. Es besteht also aller Grund zum Handeln, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Ich war wirklich entsetzt, als hier von „Deportation“ gesprochen wurde. Herr Abgeord­neter Van der Bellen, ich glaube, Sie waren der Erste, der den Begriff „Deportation“ hier verwendet hat. Wieso Sie immer bei solchen Worten der Nazi-Ideologie verharren, ist für mich wirklich ein Rätsel, denn mir fällt bei einer Rückführungsaktion von Auslän­dern in ihr Heimatland dieser Begriff wirklich nicht ein! Ich meine, da muss man schon eigenartige Gedankengänge haben! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Man kann ja durchaus darüber diskutieren, ob eine Entschädigung, ein Taschengeld oder eine Rückführungsprämie bezahlt werden sollen. Ich stelle allerdings fest, dass Sie zwar über alle Themen diskutieren wollen, die Ihnen angenehm sind, wie beispiels­weise über die Ausweitung der Genfer Konvention auch auf wirtschaftliche Gründe, über die Homosexuellenehe oder über die Freigabe von Drogen, dass Sie aber The­men, die wir zur Debatte stellen, wie beispielsweise die Rückführung der Ausländer, sofort mit der Punze des Bösen versehen! Dagegen bin ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, und Herr Van der Bellen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Dazu, dass abgeurteilte Straftäter abgeschoben werden sollen (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), wie Herr Westenthaler verlangt, meine ich, dass das eigentlich die einzige Sanktion ist, wenn jemand im Ausland, wo er eine sichere Heimat finden möchte, straffällig wird. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzin­ger. Ihre Wunschredezeit beträgt 6 Minuten. – Bitte.

 


16.11.13

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Werte Ministerinnen! Hohes Haus! Einiges ist hier wirklich bemerkenswert, so etwa, wie Kollegin Partik-


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Pablé jetzt ihren „Alarmismus“ öffentlich zur Schau getragen hat. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was habe ich?) Frau Abgeordnete Partik-Pablé spricht davon, dass Kollegin Stoisits hier tränenreich einen Fall beschworen hätte. – Sie haben jetzt alle miterlebt, wie aus einer Emotion gleich „Tränenreichtum“ wird, und daran sieht man, welch blü­hende Phantasie Sie haben, Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Genauso ist es, wenn man sagt, dass da bewaffnete Polizisten kommen – und Sie schon die „gezückte Pis­tole“ sehen, wie Sie es geschildert haben. Sie haben rhetorisch gleichsam mit der „ge­zückten Pistole“ herumgefuchtelt. Kollegin Stoisits hat das jedoch nachweislich nicht gesagt und sich nicht so verhalten. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie hat von einer „Dienst­pistole“ gesprochen!)

All das entspringt Ihrer blühenden Phantasie, Frau Abgeordnete Partik-Pablé, und da kann ich mir schon vorstellen, wie der Rest Ihrer Weltanschauungen zustande kommt und mit wie viel Realitätssinn er ausgestattet ist! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Lassen Sie die Weltanschauung von Frau Dr. Partik-Pablé außer Acht!)

Ebenfalls bemerkenswert angesichts der Debatte, welche die letzten Wochen prägt, ist, dass sich Abgeordneter Darabos als Vertreter der SPÖ hier voll und ganz und fast schon mit Inbrunst hinter das Fremdenrechtspaket und die fremdenrechtlichen Rege­lungen der Regierung stellt. Das muss man so zur Kenntnis nehmen. Das sagt aller­dings viel aus. Recht bezeichnend dabei war, dass er zwar Vorwürfe erhoben hat, die genannten Beispiele hätten mit dem Fremdenrecht überhaupt nichts zu tun, dann aber nicht sagen konnte, welches Beispiel denn nun nicht dem Gesetz entspreche. – Ich frage mich, wovon die Beispiele denn sonst handelten, nachdem von den Vorrednern meiner Partei bereits ausgeführt wurde, warum das jeweils genau dem geltenden Ge­setz entspricht. (Abg. Schieder: Das ist eine Frage der Vollziehung und nicht des Ge­setzes!)

Kollege Darabos ist jetzt leider nicht anwesend, aber offensichtlich ist das seine Ein­schätzung der Debatte, wie Sie sie führen wollen, und das sagt sehr viel über die Posi­tionierung der SPÖ aus.

Bemerkenswert auch die Ausführungen des Kollegen Spindelegger. Das muss man ja wortwörtlich festhalten und groß plakatieren – ich zitiere ihn –: Deutsch muss be­herrscht werden. Österreich muss gekannt werden. An anderer Stelle sagte er: Wer straffällig wird, hat in Österreich nichts verloren! (Demonstrativer Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Schieben Sie als Nächstes österreichische Kriminelle ab? Überprüfen Sie als Nächstes die Geographiekenntnisse österreichischer Mitbürgerinnen und Mitbürger? Machen Sie einen Sprachtest? Und meinen Sie dann, Sie selber und der Rest der Bevölkerung, wer nicht mit „ausgezeichnet“ besteht, hat in Österreich nichts verloren? Ist das Ihre Einstellung? – Das richtet sich doch von selbst und braucht nicht einmal mehr kom­mentiert zu werden! (Beifall bei den Grünen.)

Nun aber zur Beantwortung der Anfrage durch die Frau Ministerin, die man ebenfalls nur mit dem Vokabel „bemerkenswert“ bezeichnen kann. Frau Ministerin Prokop, Sie haben einleitend gesagt, Sie werden die Fragen nach bestem Wissen und den Ihnen vorliegenden Informationen beantworten. – Angesichts der Antworten, die Sie gegeben haben, kann es wohl um die Informationen und das beste Wissen nicht besonders gut bestellt sein!

Sie haben, grob geschätzt, die Hälfte der Fragen gar nicht beantwortet. Sie haben manche Fragen so beantwortet, dass man sich fragen musste, was die Antwort eigent­lich mit der Frage zu tun hat. Sie haben Dinge behauptet und nicht beantwortet.


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Im Zusammenhang mit Frage 1 haben Sie zumindest noch einen Antwortversuch un­ternommen, und Sie haben einmal mehr das getan, was Sie in den letzten Wochen ge­tan haben, nämlich eine inhaltlich an den Haaren herbeigezogene Argumentation aus der Studie zu bringen. In dieser Studie – über deren Qualität ich jetzt gar nicht rede – heißt es  „Distanz zur Mehrheitsbevölkerung“. – Für Sie, Frau Bundesministerin, be­deutet das sofort Integrationsunwilligkeit. Das heißt, wenn jemand in Österreich einen Lebensstil oder Einstellungen pflegt, die eine bestimmte Distanz zur Mehrheitsbevölke­rung erkennen lassen: Sind diese Menschen für Sie automatisch integrationsunwillig, oder haben sie schlicht und ergreifend eine andere Meinung und einen anderen Le­bensstil? Das könnte mich ja auch einmal treffen, nicht wahr? (Beifall bei den Grünen.)

Das wäre so, wie wenn ich sagen würde: Sie, Frau Ministerin, haben eine ziemlich Dis­tanz zu grünen politischen Forderungen; daher sind Sie politikunwillig! – Das würde ich nicht einmal Ihnen unterstellen, die Willigkeit jedenfalls nicht.

Nur um zu zeigen, wie Sie mit Antworten umgehen, erwähne ich auch das noch: Im Zu­sammenhang mit der Frage Nummer 10, warum Sie die Empfehlungen des Menschen­rechtsbeirates nicht lückenlos umsetzen, haben Sie gesagt: Diese haben einen hohen Stellenwert und werden geprüft und umgesetzt. – Das können Sie leicht behaupten! Ich habe hier allerdings eine Aufstellung schon aus der Vergangenheit. Der Menschen­rechtsbeirat selbst, der ja wohl am besten weiß, welche Empfehlungen er Ihnen gege­ben hat, sagt zu seinen Empfehlungen aus dem Jahre 2004, dass maßgebliche Emp­fehlungen nicht umgesetzt wurden, zum Beispiel die Empfehlung 185, dass schwer­kranke Menschen und Schwangere nicht in Schubhaft genommen werden sollen, oder die Empfehlung 168, dass Planstellen für diplomiertes Krankenpflegepersonal geschaf­fen werden sollen, oder die Empfehlung 127 hinsichtlich Informationen über den Stand des Verfahrens betreffend einen Häftling und so weiter. Das ist eine ganze Liste.

Das sind allein jene Empfehlungen aus dem Jahre 2004, von denen der Menschen­rechtsbeirat sagt, dass Sie diese nicht umgesetzt haben, und das betrifft noch gar nicht die von uns angesprochenen Empfehlungen aus dem Jahre 2005! Und Sie wollen uns ernsthaft erklären, dass Sie das alles umgesetzt haben? Nur weil Sie behaupten, der Himmel ist rosarot, wird er trotzdem nicht die Färbung annehmen, die Sie sich wün­schen! (Abg. Wattaul: Für Sie ist er nur schwarz!)

Unterm Strich bleibt somit, dass die Zwischenrufe sehr schön auf den Punkt bringen, woran es krankt. Meine Kollegen und Kollegin haben gesetzliche Regelungen kritisiert, die völlig legal zum menschenfeindlichen und menschenunwürdigen Situationen füh­ren. Es wurde das Beispiel des Wegverhaftens eines Kindes aus dem Schulunterricht mit einer Begründung von Ihnen, Frau Ministerin Prokop, genannt, die an Menschen­verachtung kaum mehr überbietbar ist, wenn Sie sagen, dass das zur „Sicherung des Kindes“ dient, weil es sonst unversorgt gewesen wäre (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe Ihnen gesagt, wie es war! Sie wiederholen das falsch!) Entschuldigung! Auch das muss man nicht kommentieren! Und die Zwischenrufe sagen: Gesetz ist Gesetz! Genau das ist das Problem! – Ich hoffe, es bleibt nicht so! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wattaul: Lachen Sie doch einmal! – Abg. Mag. Weinzinger – auf dem Weg zu Ihrem Sitzplatz –: Nur weil Sie lächerlich sind, muss ich nicht lachen!)

16.18


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kößl. Er wünscht, 6 Minuten zu sprechen. – Bitte. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Ich beantrage einen Ordnungsruf: Sie hat zum Kollegen Wattaul gesagt: „Nur weil Sie lächerlich sind, muss ich nicht lachen!“ – Abg. Mag. Weinzinger: Ich beantrage auch einen Ordnungsruf!)

 



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155. Sitzung / Seite 148

16.18.23

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Vorweg einmal: Was hier derzeit von Seiten der grünen Fraktion kommt, ist reiner Populismus und Realitätsverweigerung pur. (Bei­fall bei der ÖVP.) Das hat nichts mit den Problemen zu tun, die wir heute tatsächlich zu meistern haben.

Das ist die Politik, welche die Grünen über Jahre gefördert haben: Tür und Tor auf! Alles kann hereinkommen! – Wie Integration jedoch aussehen soll, wird in keiner Weise dargestellt. So geht das sicherlich nicht!

Ich möchte auch noch klarstellen. Ein Polizeibeamter ist sicherlich kein Unmensch. In meiner 30-jährigen Dienstzeit ist es mehrmals vorgekommen, dass ich in eine Schule fahren musste, um ein Kind von dort abzuholen, und es zu Angehörigen gebracht habe, weil die Eltern einen Unfall gehabt hatten. Wenn das verwerflich ist, dann weiß ich nicht mehr, wo wir eigentlich leben! Das möchte ich in aller Deutlichkeit hier sagen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Uns und Frau Bundesministerin Prokop vorzuwerfen, dass im Bereich Integration nichts gemacht werde, ist schlichtweg falsch. In unserer Fremdenpolitik steht Integra­tion im Mittelpunkt, und es sind sehr, sehr viele Maßnahmen bei den letzten gesetz­lichen Veränderungen im Asyl- und Niederlassungsbereich – im Niederlassungsgesetz, im Fremdenrechtspaket und natürlich auch im Staatsbürgerschaftsgesetz – umgesetzt worden.

Klar ist: Wer berechtigt bei uns lebt, wer bei uns eine Heimat finden will, der hat nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Eine dieser Pflichten ist es, dass man sich selbst einbringt und den Integrationswillen darstellt. Eine der wichtigsten Voraussetzungen einer erfolgreichen Integration ist der Integrationswille einerseits und andererseits die Anzahl jener, die zu integrieren sind, weil es wichtig ist, dass wir unsere Bevölkerung nicht überfordern. Das ist, glaube ich, eine ganz wichtige Überlegung, wenn wir von Zuwanderung reden, wenn wir von Asylpolitik und wenn wir generell von Fremdenpoli­tik reden.

Integration steht in Österreich vor Zuwanderung. Das muss an und für sich klar sein, und diesen Weg müssen wir auch weiter gehen. Es wäre politisch unverantwortlich, die Augen zu schließen und die Gefahren nicht zu sehen, die entstehen würden, wenn wir die Integration nicht ernst nähmen. Wir brauchen keinen Staat im Staat, wir brauchen keine französischen Verhältnisse, sondern wir brauchen klare gesetzliche Richtlinien. Diese haben wir mit den Reformen geschaffen, die wir im Fremdenrecht durchgeführt haben. Deshalb wurden bei den gesetzlichen Maßnahmen, die seit dem Jahre 2001 im Asyl-, Fremdenrechts-, Niederlassungs- und Staatsbürgerschaftsgesetz beschlossen wurden, zahlreiche Maßnahmen mit beschlossen, die zu einer besseren und schnelle­ren Integration führen.

Der Grundgedanke bei all diesen beschlossenen Maßnahmen war, schnell und rasch zu helfen, Rechtssicherheit für die Betroffenen zu schaffen sowie Missbrauch zu ver­hindern beziehungsweise abzustellen. Diese gesetzlichen Maßnahmen sind an und für sich eine Erfolgsgeschichte, und sie tragen ganz deutlich Früchte. Es ist hier ja bereits angeführt worden, welche rückläufigen Zahlen wir heute haben.

Es zeigt sich auch, ob die vielen Integrationsangebote von den Betroffenen angenom­men werden oder nicht, ob der Integrationswille ernstlich gegeben ist oder nicht. Es kann nicht hingenommen werden, dass Männer ihren Frauen verbieten, Deutsch zu lernen, damit sie nicht an unserem Gesellschaftsleben teilnehmen können. Es kann nicht hingenommen werden, dass man die Niederlassung in Österreich mit einer


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Scheinehe legalisieren kann. Die vielen Missbrauchsmöglichkeiten, die es vorher gab, werden mit diesen Gesetzen verhindert.

Es ist auch nicht zu viel, wenn man von Asylwerbern eine Mitwirkungspflicht beim Asyl­verfahren verlangt, wenn man Maßnahmen gegen Schlepperei und Scheinehen setzt, wenn man im Niederlassungsgesetz ein Erteilungsniveau bei der Anforderung von Un­terhalt vorgibt, wenn man von jemandem, der nicht zu Recht in Österreich ist, verlangt, die Antragstellung in seinem Herkunftsland durchzuführen, und wenn man die Integrati­onsvereinbarung von 300 Stunden mit einer Abschlussprüfung des Kurses umzusetzen versucht. All das ist nicht zu viel verlangt, sondern das ist meiner Ansicht nach eine ganz normale und von Hausverstand getragene Vorgabe.

Dass wir klar und deutlich zum Ausdruck bringen: Wer bei uns gerichtlich strafbare Handlungen begeht, der hat kein Recht, bei uns zu sein!, das ist, glaube ich, ebenfalls eine ganz wichtige und normale Maßnahme. Dass Menschen, die sich nicht zu Recht in Österreich aufhalten und kein Asylrecht zuerkannt bekommen haben, in Schubhaft genommen werden können – ich glaube, auch das ist eine sehr wichtige Einführung beziehungsweise eine gesetzliche Grundlage, um unser Recht entsprechend zu unter­mauern.

Da immer wieder die Zuwanderung angesprochen wurde, möchte ich Folgendes fest­stellen: Österreich ist ein Asylland und kein reines Zuwanderungsland. Es ist richtig, dass wir uns mit einer gewissen Zuwanderung auch zukünftig auseinander setzen müssen.

Ein gravierender Fehler war es – und da fehlte es den damals Verantwortlichen an poli­tischem Mut –, dass man nach dem Jugoslawien-Konflikt die Zuwanderung von jährlich 65 000 bis 90 000 Zuwanderern aus dem ehemaligen Jugoslawien legalisierte und dass diese heute als österreichische Staatsbürger quotenfrei ihre Angehörigen nach­holen können.

Deshalb ist es richtig, dass wir generell von dieser Überlegung ausgehen: Integration muss vor Zuwanderung stehen! Was aus unserer Sicht zu einer Integration erforderlich ist, wurde im neuen Staatsbürgerschaftsgesetz klar und deutlich definiert. Wenn man diese Vorgaben erfüllt, dann wird man in der Schule, am Arbeitsplatz und in unserer Gesellschaft mit Sicherheit keine Probleme haben. Dann ist auch gewährleistet, dass es eine vernünftige und sinnvolle Integration gibt. (Beifall bei der ÖVP sowie den Frei­heitlichen – BZÖ.)

16.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.25.56

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Herr Präsident! Frau Innenministerin! Frau Justizministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Kößl, Sie haben ge­sagt, es sei ein Fehler gewesen, 65 000 Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien aufzunehmen. – Nein, das war kein Fehler! Ich denke, es war richtig, dass wir die Menschen, die aus diesen Bürgerkriegsgebieten zu uns gekommen sind, die wirklich schwer traumatisiert waren und Schlimmes erlebt hatten, aufgenommen haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Diese Menschen haben sich übrigens zum Großteil sehr, sehr gut in Österreich integriert.

Integrationspolitik ist eine sehr große Herausforderung. Dies ist ein vielschichtiges Pro­blem, und da ist es wirklich unzulässig, Öl ins Feuer zu gießen und mit der Angst der Menschen vor der Zuwanderung, vor so genannter „Überfremdung“ zu spielen. Daher muss ich noch einmal auf diese Studie zurückkommen.


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Es gibt keinen Hinweis darauf, dass tatsächlich 45 Prozent, also fast die Hälfte der Menschen islamischen Glaubens in Österreich integrationsunwillig seien. Der Autor dieser Studie hat auch klar gesagt, dass man das seiner Studie nicht entnehmen kön­ne. Daher halte ich es für wirklich äußerst problematisch, mit solchen Zahlen zu ope­rieren – und das dann auch in keiner Weise zurückzunehmen. Es gibt bei Menschen eine Distanz, das kann richtig sein – diese gibt es übrigens auch umgekehrt, weil eben die Integration nicht in dem Maße erfolgt ist, wie es wünschenswert wäre –, weil es zu wenig an Gemeinsamkeiten gibt. Diese Gemeinsamkeiten muss man eben schaffen.

Wenn Sie, Frau Dr. Partik-Pablé, sagen, dass Herr Westenthaler nur von Rückwande­rung und Rückführung gesprochen hätte, so ist das nicht richtig. Er hat von „Abschie­bung“ gesprochen, und 300 000 Menschen abschieben zu wollen – da muss ich fra­gen: Bitte, was meint er damit? Was soll das? – Das ist doch eine Ungeheuerlichkeit!

Wir wissen, dass das BZÖ auch verlangt, dass Ausländer, die länger als zwölf Monate arbeitslos sind, abgeschoben werden. – Ich möchte nur ein bisschen die Zahlen klar­stellen: Was Ausländer betrifft, die länger als zwölf Monate arbeitslos sind, gibt es ganze 800 in Österreich! Das heißt, das alles stimmt ja hinten und vorne nicht. Es geht Ihnen nicht darum, ein Problem zu lösen, sondern im Gegenteil: Es geht Ihnen darum, die Angst zu schüren, mit der Angst zu spielen und sich Vorteile in einem Wahlkampf zu verschaffen, von dem ich fürchte, dass er wirklich sehr unappetitlich und unerfreu­lich werden wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es ist dies also, wie gesagt, ein ernstes Problem, das seriös angegangen werden muss. Da geht es nicht so sehr – wie Sie es hier angeführt haben – ums Fremden- oder ums Aufenthaltsrecht, sondern da geht es vor allem um Bildung, um Ausbildung und sicher auch um Spracherwerb. Wir wollen, dass unsere neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger die Sprache erlernen, dass sie sie gut erlernen, weil das die Voraussetzung dafür ist, voll am gesellschaftlichen, am politischen sowie am wirtschaftlichen Leben teilzuhaben. Das wollen wir. Es geht, wie gesagt, um Bildung, es geht um Arbeits­plätze. Es ist das eben auch weitgehend eine soziale Frage. Aber auch da hat diese Regierung leider nichts zusammengebracht!

Natürlich verlangen wir auch Integrationswillen – das ist etwas, was man verlangen kann –, wir verlangen aber genauso auch Hilfe für die Migrantinnen und Migranten da­für, dass sie sich tatsächlich integrieren können. Daher ist unserer Überzeugung nach die Integrationspolitik eine Querschnittsmaterie – und das ist leider etwas, was von die­ser Regierung überhaupt nicht berücksichtigt wird! (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

16.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fauland. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.30.30

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frauen Bundes­ministerinnen! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Anfänglich sah ich bei den Ausführungen des Kollegen Darabos ja doch Licht am Ende des Tunnels, was die Einstellung zu dieser Problematik betrifft, der wir tagtäglich ausgesetzt sind. Aber bei den jetzigen Relativierungen der Vorrednerin glaube ich, dass hier auch weiter nach links die Realitätsverweigerung als wirkliches Problem, mit dem wir konfrontiert sind, an der Tagesordnung ist.

Sehen wir uns einmal realistisch die Zahlen an, bevor ich dann das Thema Integra­tion – die grüne Fraktion hat das ja vorgelebt – an Beispielen ein bisschen plastischer darzustellen versuche. Da muss man zunächst sagen, dass die Zahlen rückläufig sind.


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155. Sitzung / Seite 151

Das heißt, die Bemühungen dieser Bundesregierung, da regulativ einzuwirken, zeigen Wirkung. Wir haben mit Stand 1. Juni 2006  476 914 aufrechte Aufenthaltstitel in Öster­reich; wenn man die Zahlen vergleicht, dann sieht man: Es waren im Jänner 2004 noch über 500 000, es waren im Jahr 2004  555 000, und Ende 2003 waren es 574 000. Das heißt, die Gesetzgebung zu dieser Problematik zeigt Wirkung, was aber nicht verhin­dert, dass wir – was die Illegalen betrifft, kann man sich ja nur auf Schätzungen beru­fen – immer noch bei zirka 300 000 illegal in Österreich aufhältigen Ausländern sind.

Wenn man sich näher anschaut, was da die Probleme sind: Das hat meine Kollegin Dr. Partik-Pablé schon ein bisschen ausformuliert, und darauf darf ich noch etwas genauer eingehen. Was sind die wirklichen Probleme? – Das sind nicht all jene, die sich integrieren wollen – die haben natürlich unsere vollste Unterstützung –, sondern es geht um die Integrationsunwilligen, zum Beispiel um die straffällig gewordenen Aus­länder. Wenn man sich da die Daten des Jahres 2005 in Erinnerung ruft, sieht man, dass gegen über 70 000 fremde Tatverdächtige Ermittlungen eingeleitet wurden; das sind fast 28,7 Prozent aller Tatverdächtigen. Daher kann man nicht sagen, dass man da kein Problem hat! (Abg. Öllinger: Fremde sind ja nicht ...! Das ist ja absurd!)

In den Gefängnissen sind fast 9 000 Insassen, und es ist fast jeder Zweite kein Öster­reicher. Von 3 929 im Zusammenhang mit Suchtgiftermittlungen Festgenommenen sind 62 Prozent Fremde. Was den Asylmissbrauch betrifft: Jeder zweite Asylwerber in Österreich ist straffällig. Im Jahre 2005 haben rund 22 400 Österreicher um Asyl ange­sucht; davon sind dann 12 496 in der Kriminalstatistik aufgetaucht.

Lassen Sie mich zum Thema Integration kurz etwas sagen. Ein kleines Beispiel – Sie haben ja auch Beispiele an den Haaren herbeigezogen –, etwas sehr Bedauerliches (Abg. Öllinger: „Auch an den Haaren“? Jetzt ziehen Sie auch an den Haaren herbei?): Bekennende Moslems österreichischer Staatsbürgerschaft leisten gerade Dienst beim österreichischen Bundesheer und weigern sich, an der Flaggenparade der österreichi­schen Fahne teilzunehmen, da die rot-weiß-rote Fahne für sie mit ihrer Religion nicht vereinbar ist. – Es ist die Frage, ob da wirklich Integrationswille gezeigt wird.

Ein anderer Fall: In Hallein haben wir Kindergartengruppen, in denen von 19 Kindern nur ein Kind wirklich Deutsch spricht. Die restlichen Kinder können kein Deutsch, sie sprechen unterschiedliche Sprachen, und auch seitens der Familien ist kein Wille da, ihnen wirklich Deutsch beizubringen. Wenn man sich mit den Eltern darüber auseinan­der setzt, hört man nur: Mir ist es wichtiger, das Kind kann die eigene Muttersprache, bevor es Deutsch lernt! – Das heißt, es ist sehr, sehr problematisch, was den Kindern da zugemutet wird. (Abg. Öllinger: Sie haben wirklich keine Ahnung!)

Was die Rückführung der Ausländer betrifft, möchte ich nur ganz kurz auf den Kollegen Schäuble verweisen, der heute auch eine verstärkte Rückführung von Migranten aus Deutschland gefordert hat. Das zeigt, dass das nicht ein rein österreichisches Problem ist.

Schließen möchte ich mit einem Zitat aus den „Salzburger Nachrichten“ vom 15. Mai 2006. Darin hat Alexander Purger geschrieben:

„Die Ausländerintegration entscheidet über nicht mehr und nicht weniger als darüber, in welchem Land wir in Zukunft leben, über die Werte, die für uns alle in Zukunft gelten.“

Und weiters: „Integration darf verlangt werden, wobei es ... um die Grundregeln unse­res Zusammenlebens“ geht. „Österreich muss seinen Zuwanderern etwas bieten – Ar­beit, Wohlstand, Friede, auch Schutz vor politischer Hetze –, aber es darf dafür auch etwas fordern. So selbstbewusst dürfen wir schon noch sein.“

Danke. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

16.35



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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Bundesministerin Mag. Gastinger. Ihre Redezeit ist mit 10 Minuten beschränkt. – Bitte.

 


16.35.55

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich glaube, wir sind uns alle im Klaren darüber, dass wir in Österreich in einem Rechtsstaat leben, und ich glaube, dar­auf sind wir auch stolz. Dieser Rechtsstaat gilt für Inländer genauso wie für Ausländer, und ich glaube, das ist auch unsere gemeinsame Basis, auf der wir uns in weiterer Folge verständigen sollten.

Ich habe es auch als Verhandlerin, die ja mit der Frau Innenministerin gemeinsam das Fremdenrechtspaket, bestehend aus Asyl-, Fremdenpolizei-, Niederlassungs- und Auf­enthaltsgesetz, und das Staatsbürgerschaftsrechtsänderungsgesetz verhandelt hat, immer als meine Aufgabe angesehen, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, wie wir die Zuwanderung in Österreich gestalten wollen. Ich glaube, es ist uns gelungen, wirklich eine vernünftige, pragmatische und vor allem problemorientierte Lösung zu er­arbeiten.

Wenn wir uns die Zahlen anschauen – sie wurden ja von meinen Vorrednern bereits genannt –, sehen wir, dass diese rückläufig gewesen sind. Wenn wir es allein in Bezug auf die Asylverfahren anschauen – wir haben jetzt zirka 28 Prozent weniger an Asylan­trägen –, dann glaube ich, dass es nicht daran liegt, dass es nun um 28 Prozent weni­ger Menschen auf der Welt gibt, die Asyl brauchen, sondern dass diese 28 Prozent ge­sehen haben, dass es in Österreich nunmehr schwieriger geworden ist, wenn man keine politischen Gründe vorbringen kann und daher auch nicht die Voraussetzungen des Asylrechts erfüllt. (Abg. Mag. Posch: Die sind vielleicht woanders hingegangen!)

Ja, die sind vielleicht woanders hingegangen. Aber wir haben viele Wirtschaftsflücht­linge; Herr Abgeordneter Posch, Sie wissen das. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.) Herr Abgeordneter Posch, Sie wissen, dass wir viele Wirtschaftsflücht­linge haben, die den Umweg über das Asylrecht gesucht haben, um hier zu einem Auf­enthaltstitel zu kommen und um bald tatsächlich hier leben zu können. Das ist schade, und das hat sich jetzt Gott sei Dank etwas geändert.

Wir wollen aber auch klarstellen – das ist mir auch ganz bewusst und an dieser Stelle ganz wichtig –, dass wir für jeden Mann und jede Frau, der/die sich rechtmäßig in Ös­terreich aufhält oder unserer Hilfe bedarf, alles unternehmen werden, um diese Men­schen zu unterstützen. Wir sind uns in dieser Regierung wirklich darüber einig, dass wir das auch weiterhin so machen wollen.

Aber es muss auch klar sein, dass wir jene Bürgerinnen ... (Zwischenruf der Abg. Man­dak.) Das erwarten auch alle! Ich glaube, dass die Bürger draußen von uns erwarten – auch unsere Migranten, also unsere neuen Bürger –, dass wir ganz massiv gegen Ille­galität und gegen Kriminalität vorgehen. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.) Ich bin wirklich auch draußen viel unterwegs. Sie hören das von vielen, vielen Seiten, auch von unseren neuen Mitbürgern, so zum Beispiel mit türki­schem oder ex-jugoslawischem Pass, die sagen: Diese Menschen mit Migranten-Hin­tergrund, die sich illegal in Österreich aufhalten beziehungsweise kriminell werden, schaden uns!

Deswegen glaube ich, dass es jetzt wirklich wichtig ist, dass wir uns dazu bekennen, dass wir hier auftreten und dass wir uns das auch getrauen. Ich wünsche mir hier – das sage ich wirklich ganz offen und ehrlich – eine sachliche Diskussion, und ich wünsche mir auch, dass wir in Österreich ein Klima haben, das es uns erlaubt, die Probleme, die wir in Österreich haben, klar anzusprechen, ohne dass man in der medialen Bericht­erstattung gleich – ich nenne es immer so – „rechts neben Strache parkt“, in der medi-


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alen Berichterstattung beziehungsweise auch in der Wahrnehmung. (Beifall bei Abge­ordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP sowie des Abg. Reheis.)

Wir wollen Lösungen! Wir wollen Lösungen für jene Bürger und Bürgerinnen und für jene Migranten, die sich rechtmäßig hier aufhalten. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Mandak und Mag. Posch.) Das wollen wir, und wir wollen sie alle unter­stützen. Aber wir wollen wirklich auch gegen jene vorgehen, die sich nicht rechtmäßig hier aufhalten. (Abg. Mandak: Was sagen Sie zu den Fällen, die Van der Bellen ange­sprochen hat? – Abg. Dr. Partik-Pablé: ... das ist falsch, was Herr Van der Bellen ge­sagt hat!)

Das wurde bereits erörtert. Das sind auch Fälle, zu denen ich keine Information habe. Ich kann dazu nichts sagen. Ich habe mich bei der Innenministerin im Vorfeld nicht dar­über erkundigt, wie die Fälle im Einzelnen gelagert sind. (Abg. Mandak: Ich meine die Fragen der Kinderbeihilfe und Kinderbetreuung!)

Das sind rechtliche Rahmenbedingungen! (Abg. Öllinger: Die wollten Sie ja schaffen! Die waren im Paket drinnen!) Schauen Sie, es ist der Hohe Nationalrat, der das über Vorschlag beschließt. Diese Menschen bekommen im Rahmen des Asylgesetzes über die Grundversorgungsvereinbarung Unterstützung; das ist eine andere Schiene der sozialen Unterstützung. Das muss man auch akzeptieren, und das hat der Hohe Natio­nalrat so beschlossen, und das ist zu akzeptieren. Dann liegt es ... (Abg. Mandak: Das ist nicht gut!) – Okay.

Wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass legaler Aufenthalt Rechte, aber auch Pflichten bedeutet. Auch darüber muss es Einverständnis geben, und ich glaube, auch dazu gibt es breite Zustimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Klar muss aber auch sein, dass illegaler Aufenthalt beziehungsweise straffällig zu wer­den auch Konsequenzen haben muss. Das ist die andere Seite der Medaille. Und auch darüber können wir uns einigen, glaube ich. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sehe die illegale Zuwanderung als eines der Hauptprobleme neben der Integration in Österreich, aber auch in Europa an, worüber man noch sehr lange reden könnte. Wir alle gemeinsam, so wie wir hier sitzen, sind wirklich aufgefordert, uns zu überlegen, warum es zu illegaler Zuwanderung kommt und wie wir gemeinsam dagegen auftreten können, um diese illegale Zuwanderung zu minimieren.

Auf der einen Seite ist natürlich eine verstärkte Grenzkontrolle notwendig, insbeson­dere auch internationale Zusammenarbeit, vor allem auch bei organisierter Kriminalität und dem Schlepperunwesen, was die Frau Innenministerin sehr erfolgreich macht. Auch die Rückführungsübereinkommen mit diversen Staaten, wodurch wir dann auch gegen illegalen Aufenthalt vorgehen können, sind wichtig. Dazu gehört natürlich auch die konsequente Rückführung in den jeweiligen Heimatstaat.

Wir dürfen aber nicht vergessen, warum es zu illegaler Zuwanderung kommt. Wir müssen sehen, dass diese Menschen hier die Möglichkeit haben, auf dem Schwarz­markt zu arbeiten. Deswegen denke ich auch, dass es besonders wichtig ist, dass wir gemeinsam auch hier in Österreich die Beschäftigungsmöglichkeit für illegale Migran­ten eindämmen. Ich halte das für eine ganz wichtige Aufgabe, die wir auch hier in Österreich zu lösen haben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie des Abg. Rädler.)

Erst dann, wenn wir diese Aufgabe gelöst haben, gibt es weniger Anziehungskraft für Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen in einer hoffnungslosen Situation sind, nach Österreich zu kommen, um hier auf dem Schwarzmarkt zu arbeiten.


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Ich meine also, dass wir hier noch sehr viel zu tun haben werden. Zum Themenbereich Integration könnte ich wirklich noch stundenlang reden. Da ist meiner Meinung nach in den letzten Jahrzehnten leider Gottes wirklich einiges schief gegangen. Das werden wir beim Reformdialog, der sicher noch während dieser Legislaturperiode stattfinden wird, noch erörtern. Im Bereich Integration haben wir für jene Menschen, die sich hier rechtmäßig aufhalten, noch einiges zu tun, denn ich halte diese Menschen auch für eine Chance für Österreich. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

16.43


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kainz. 5 Minu­ten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.43.18

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Innenminister! Frau Justizministerin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur heutigen Dringlichen Anfrage der Grünen betreffend „Stimmenfang durch Menschenhetze“: Ich verurteile diesen menschenverachtenden, fast hetzeri­schen Titel. Gerade die Grünen haben nicht das Recht und es nicht notwendig, diesen Titel in der Form zu formulieren. Dieses Thema ist zu wichtig für so einen polemischen Zugang, den die Grünen hier heute gewählt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ.)

Wir sollen und müssen den unterschiedlichen Zugang, den die Grünen, die Sozialde­mokraten, aber vor allem auch die Österreichische Volkspartei zu diesem Thema hat, wirklich diskutieren und auch die Unterschiede herausarbeiten. Diese Unterschiede ha­ben sich meiner Meinung nach klar gezeigt, denn das, was die Kolleginnen und Kolle­gen von der grünen Fraktionen heute hier beim Rednerpult zu diesem wichtigen The­ma von sich gegeben haben, richtet sich von selbst und stellt keine verantwortungsbe­wusste Asyl- und Integrationspolitik für dieses Land dar. (Abg. Öllinger: Ach so?)

Es hat auch nichts mit dem Wahlkampf zu tun, weil das Thema zu wichtig ist, um in den Wahlkampf hineingewurschtelt zu werden. (Abg. Öllinger: Da sollten Sie aber besser zuhören!) Ich stehe dazu, dass wir gerade mit dieser Bundesregierung, mit Frau Bundesministerin Prokop an der Spitze dieses Ressorts jene verantwortungsvolle Poli­tikerin haben, die mit diesem Thema verantwortungsbewusst und zum Wohle Öster­reichs umzugehen weiß. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit Integration wirklich funktionieren kann, sind auch Voraussetzungen notwendig, und eine der Voraussetzungen ist, dass die Personen auch wirklich integrationswillig sind. Und eine der Voraussetzungen hiefür ist die Sprache. Es gibt einige Maßnahmen, die wir auch im Bereich der Schul- und Bildungspolitik durchgeführt haben, um dieser Sprachbarriere, die einfach überwunden werden muss, auch wirklich dementsprechend etwas entgegensetzen. Es ist aber auch notwendig, dass man unserer Kultur, unserer Religion und auch unseren gesellschaftlichen Grundsätzen und Sitten mit Respekt und Anerkennung gegenüber steht.

Integration verlangt Regeln, und ich bin froh, dass auch die grüne Partei erkannt hat, dass ein gesellschaftliches, gemeinschaftliches Zusammenleben Regeln benötigt. Mit dem neuen Fremdenrechtspaket haben wir diese Regeln auch klar aufgestellt. Ich den­ke, dass es in Österreich viele positive Beispiele einer wirklich gelungenen Integration gibt. Ich selber bin Bürgermeister in der Gemeinde Pfaffstätten im Bezirk Baden und möchte nur kurz zwei Beispiele nennen.


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Bei uns in Paffstätten wird die Kantine am Sportplatz von einem ehemaligen Gastarbei­ter-Ehepaar geführt, die mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft haben, die voll im Vereinsleben und im Gesellschaftsleben integriert sind.

Zweites Beispiel: Wir haben einen Pächter eines Gasthauses in Pfaffstätten, Sedat Yilmaz, der 1980 nach Österreich eingereist ist und 2004 die Gastwirtschaft übernom­men hat, wohin wir vergangenen Donnerstag, Fronleichnam, den Pfarrer, die ganze Pfarrgemeinde, die Feuerwehr und die Musik eingeladen haben, um dort gemeinsam das Fronleichnamsfest ausklingen zu lassen.

Das sind positive Beispiele einer erfolgreichen Integrationspolitik, oder wie Herr Abge­ordneter Rädler aus Muckendorf erzählt hat, wo ein ehemaliger Gastarbeiter Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und dort auch vollends in das öffentliche Leben integriert ist. Das sind Beispiele einer erfolgreichen Integrationspolitik! Die sind genauso zulässig wie Ihre Beispiel, die Sie auch genannt haben. Allerdings sind das nachvollziehbare Einzelfälle – und Ihre sind aus dem Zusammenhang gerissene Vorfälle. (Abg. Öllin­ger: Ach, so ist das also: Unsere Beispiele sind aus dem Zusammenhang gerissen und Ihre nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereitschaft zur Integration muss vor allem von Seiten der zu Integrierenden vorhanden sein. Österreich hat eine lange Tradition einer sehr, sehr engagierten Asylpolitik. Eine vernünftige Asylpolitik ist auch die Vor­aussetzung für eine erfolgreiche Integrationspolitik. Gerade diese Bundesregierung mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Liese Prokop an der Spitze ist Garant dafür, die Herausforderungen in der Asyl- und Fremdenpolitik auch in Zukunft anzunehmen und erfolgreich zu bewältigen. Ich sage ein klares Ja zu jenen, die Asyl brauchen, weil sie aus politischen oder religiösen Gründen ihr Land verlassen müssen. Ich sage aber auch ein klares Nein zu jenen, die aus wirtschaftlichen Gründen in unser Land kom­men.

Mit dem Fremdenrechtspaket 2005 haben wir eine konsequente und effektive Möglich­keit zur Verfahrensbeschleunigung geschaffen, wir haben verschärfte Maßnahmen ge­gen Schlepperei und wirksame Maßnahmen bei straffälligen Asylwerbern geschaffen.

Ich selber bin – ich habe es bereits erwähnt – Bürgermeister der Gemeinde Pfaffstät­ten; 250 Meter nach unserer Ortsgrenze ist das Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen. Ich denke, dass wir im Bezirk Baden die Hauptlast der Asylpolitik tragen. Wir können aber auch beweisen, dass sich diese Asylpolitik in den letzten Jahren sehr positiv ent­wickelt hat, positiv auch im Sinne und zum Wohle der Bevölkerung. Herr Abgeordneter Pendl sitzt ja auch da; er wird nach mir sprechen. Auch er ist ein Anrainer-Bürgermeis­ter. Gemeinsam haben wir in dieser wichtigen Frage – abseits von der parteipolitischen Dimension – Probleme wirklich gelöst.

An dieser Stelle möchte ich auch Frau Innenminister Prokop danken, die beim Sicher­heitsgipfel in Pfaffstätten, auch mit dem Kollegen Pendl, mit Herrn Bezirkshauptmann Leiss, versucht hat, Lösungen zu erarbeiten. Das Ergebnis lässt sich sehen. Wir haben das subjektive Sicherheitsgefühl in Traiskirchen gestärkt, und zwar durch mehr Polizei­präsenz und zusätzliche Kontrollen, und wir haben dadurch auch die richtigen Rah­menbedingungen geschaffen. – Dank in diesem Zusammenhang auch an die Polizei in Traiskirchen, aber auch im Bezirk Baden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Asyl- und Integrationspolitik bedeutet, Staatsverant­wortung für die Betroffenen, aber vor allem auch für die Österreicherinnen und Öster­reicher wahrzunehmen. Diese Bundesregierung mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Bundesministerin Liese Prokop nimmt diese Verantwortung wahr und ist der Ga-


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rant für eine erfolgreiche Politik. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Frei­heitlichen – BZÖ.)

16.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin für Inneres Prokop. Ihre Redezeit: 10 Minuten; Obergrenze! – Bitte.

 


16.49.40

Bundesministerin für Inneres Liese Prokop: Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Ich darf noch einmal kurz auf einige der angesprochenen Themen eingehen; so auch auf das Thema der Beauftragung dieser Studie.

Diese Studie wird von der SIAK gefördert, auch vom Bundesministerium ist grundsätz­lich Unterstützung zugesagt, daher sind auch die beiden Logos darauf. In Auftrag hat es der Verein Kompetenzzentrum für Integration gegeben. Der Verfasser hat sich weder distanziert, noch hat er sich desavouiert gefühlt. Er hat eindeutig gesagt, er habe von einer hohen Distanz von 45 Prozent gesprochen. Auch das habe ich hier be­tont. Ich habe betont, dass eine Distanz auch eine gewisse Problematik der Willigkeit mit sich bringt. (Abg. Öllinger: Da geht es um beide Seiten!)

Festgestellt werden kann auch, dass 40 Prozent der Österreicher eine große Distanz zum Bereich Integration haben. Auch das sagt diese Studie. (Abg. Mandak: Eben!) Daher ist es, sehr, sehr wichtig, dass wir alle miteinander betonen, dass wir Angst neh­men müssen und dass das Aufeinander-Zugehen so wichtig ist. Nur so werden wir die­ses Problem lösen können. Zudecken dürfen wir es nicht!

Zum von Herrn Abgeordnetem Darabos angesprochenen Thema Schengen: Ich habe niemals gesagt, mit 1. Jänner 2008 wird die Schengen-Grenze ... (Abg. Mag. Darabos: Das steht so im „Kurier“!) – So steht es nicht einmal im „Kurier“. (Abg. Mag. Darabos: Oh ja!) Sie haben dort nur den Termin genannt. Allerdings habe ich nicht gesagt, dass es so ist, weil ich das nicht sagen kann, denn das Ziel war 1. Jänner 2007. Tatsache ist, dass es sowohl legistische als auch noch technische Probleme gibt, dass zualler­erst der Probeversuch laufen muss – und dass ausdrücklich in jedem Beschluss bein­haltet ist, dass die Schengen-Normen von den neuen Mitgliedstaaten zu erfüllen sind. Die Kommissionen sind noch nicht abgeschlossen.

Die Evaluierung der Kommissionen wird erst mit Ende des Jahres festgestellt – und erst danach wird festgestellt werden können, ob die Normen erfüllt sind. Erst danach kann darüber gesprochen werden, ob Schengen erweitert wird. Das sind die Tatsa­chen; Sie können das übrigens in jedem Protokoll nachlesen.

Zum Zweiten: Auch die Frage des Asylrechtes, des Haager Programms, die gemein­same Asyllösung für Europa steht im Haager Programm mit Ziel 2010. Ich nehme an, Sie haben das gelesen. Wir haben während unserer Präsidentschaft erstmals sehr in­tensiv an operativen Bereichen gearbeitet. Wir werden sicherlich unseren Beitrag leis­ten, damit wir dorthin kommen. Ich bin Ihrer Meinung, dass wir in diesen Bereichen Ge­meinsames wollen und ein gemeinsames Ziel haben müssen.

Zum Asylgerichtshof: Die Vorarbeiten sind vom Bundesministerium für Inneres ge­macht worden. Wir haben auch mit den Fachleuten intensive Gespräche geführt. Es wurde darin eindeutig definiert, dass die Übergangsproblematik auch eine Zeitverzö­gerung der Verfahren mit sich bringen wird. Wir haben bereits jetzt trotz Aufstockung, Verdoppelung des UBAS das Problem, dass nur eine geringe Beschleunigung einge­treten ist. Noch schlimmer wird es sein, wenn die Überführung in einen Asylgerichtshof stattfindet. Wir stehen dazu, dass wir daran arbeiten. Ob allerdings vom Grundsatz her eine Insellösung geschaffen werden soll, das muss das Parlament entscheiden. Diese Frage ist hier zu entscheiden.


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Ich möchte auch klarstellen, dass die von Frau Abgeordneter Weinzinger eingebrach­ten Dinge einfach falsch sind, denn Schwangere dürfen nicht in Schubhaft genommen werden. Sie sind haftunfähig! Daher brauchen wir da keine Maßnahmen zu setzen. Ich habe auch deutlich gesagt, dass wir Schritt für Schritt die vorgeschlagenen Maß­nahmen des Menschenrechtsbeirates umsetzen, soweit sie gesetzmäßig machbar sind und soweit wir die Möglichkeit dazu haben, aber Schwangere, wie Sie gesagt haben, werden nicht in Schubhaft genommen.

Ganz kurz zu den drei Fällen noch. Ich möchte den einen Punkt noch einmal anschnei­den, obwohl es von Frau Abgeordneter Partik-Pablé schon deutlich gesagt wurde. Zum einen ist die Mutter dieses achtjährigen Kindes nicht in Schubhaft genommen worden, sondern sie ist zur Einvernahme auf der Polizeistation gewesen. Um das Kind nicht unbeaufsichtigt zu lassen, ist die Polizei in die Schule gegangen. Und jetzt muss ich Ihnen eines sagen: So viel Angst vor der Polizei in den Schulen ist Gott sei Dank nicht vorhanden! Wir haben die „Kinderpolizei“ zu einem der maßgeblichen Dinge gemacht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich halte es für eine enorm wichtige und präventive Arbeit, dass Kinder das sehr wohl kennen. In diesem Falle ist also sorgfältig und zum Schutze des Kindes damit umge­gangen worden. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es war zudem auch noch eine Polizistin!)

Zum zweiten Fall, zu dieser Frau aus China: Diese Frau ist im Jahre 1999 nach Öster­reich gekommen und hat erstmals im Jahre 2005 bei ihrer Heirat, beim Antrag nach dem Niederlassungsgesetz ihre Identität bekannt gegeben, diese erstmals genannt. Auch das sind Tatsachen; auch das ist belegbar.

Zum letzten Punkt bezüglich Familienbeihilfe: Es ist einfach so, dass subsidiärer Schutz gleichzusetzen ist mit Asyl. Das war und ist so, begründet jedoch keine Berech­tigung für den Erhalt einer Familienbeihilfe. Wenn der Gesetzgeber es anders will, so kann und soll es anders geregelt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir können klar sagen: Die Gesetze, die das Parlament mit einer breiten Mehrheit beschlossen hat, greifen. Die Zahl der Asylan­träge geht deutlich zurück. Traiskirchen ist genannt worden: Wir haben seit rund einem Monat einen Tiefstand, wie wir ihn seit mehr als 15 Jahren nicht mehr hatten. Wir sind daran, und wir müssen daran arbeiten, das Recht auch da klar zu machen.

Ich möchte nur noch einen Punkt anführen, nämlich, dass unter den derzeit um Asyl ansuchenden Nationen Serbien, Türkei und Montenegro miteinander deutlich über 40 Prozent stellen. Jene werden kaum Asyl bekommen, werden selten die Chance auf ein positiv abgeschlossenes Verfahren haben. Daher müssen wir diese Verfahren so schnell wie möglich erledigen. Das ist sehr wichtig. Und das ist auch menschlicher, als sie umgekehrt warten und in Unsicherheit zu lassen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Das gilt für die Zuwanderer, das gilt für die Fremden: Sie brauchen eine faire Chance. Wir müssen ihnen ehrlich sagen, wie es bei uns ist, und wir müssen auch klare Vorga­ben machen. Eine rasche Abwicklung ist sehr wichtig; die Zahlen zeigen es. Und ganz besonders wichtig – das möchte ich am Schluss sagen – ist es natürlich auch für alle hier in Österreich Lebenden, egal, ob sie hier zugezogen sind oder hier erst vor kurzem die Staatsbürgerschaft bekommen haben: Der Österreicher/die Österreicherin braucht Sicherheit in diesem Bereich, und ich glaube, dass wir das mit unseren Gesetzen gut geschafft haben. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

16.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. 4 Minu­ten Wunschredezeit. – Bitte.

 



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16.57.04

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen auf der Regierungs­bank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Fremdenpolitik ist eine sehr sensible Materie, und wir sollten gerade auch da sehr sachlich an die einzelnen Pro­blemfelder herangehen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben im Laufe der Verhandlungen viele für uns sehr wichtige relevante Fragen nicht nur zur Debatte gestellt, sondern ich glaube auch, dass schlussendlich für uns gemeinsam ein Gesetz herausgekommen ist, mit dem die überwiegende Mehrheit der Österreicherin­nen und Österreicher leben kann.

Wir sollten uns meiner Meinung nach alle gemäß unserer Verfassung eindeutig zur Ge­waltentrennung bekennen, und ich mache nur darauf aufmerksam: Vieles ist im Vollzug zu kritisieren, und das gehört auch kritisiert. Kritik an dem, was in der Verwaltung passiert, muss man sich auch gefallen lassen – das Gesetz jedoch, meine geschätzten Damen und Herren, kann da nichts dafür. Es wird auch nicht besser, wenn man Fälle diskutiert, so schmerzlich sie auch sind und so sehr sie mich persönlich stören – alte Rechtslage, neue Rechtslage –, und in Wirklichkeit haben wir in der überwiegenden Mehrheit ein Vollzugsproblem. Ich meine, dass wir gemeinsam sehr sachlich an diese Fragen herangehen sollten. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Frau Ministerin, wir haben uns darauf verständigt, und Sie waren die Erste, die selbst gesagt hat: Ja, wir brauchen einen Asylgerichtshof! Wir haben ja auch einen Vier-Parteien-Entschließungsantrag hier eingebracht, weil wir alle der Meinung sind, dass es aus rechtsstaatlichen Überlegungen, auch aus demokratiepolitischen Überlegungen heraus besser ist, wenn ein Asylgerichtshof installiert wird. Und dazu, dass wir diesbe­züglich vom Termin 1. Jänner 2006 gehört haben: Es waren sogar Sie, Frau Bundes­minister Prokop, die das gesagt hat; niemand sonst. Ich darf nur daran erinnern und dazu einladen und wirklich darum bitten, diesen Gerichtshof sehr rasch zu installieren. Es kann auch nicht die Frage sein, wo der angesiedelt wird und welches Ressort da federführend ist. Wichtig ist, dass dieser Asylgerichtshof so rasch wie möglich installiert wird. Lassen Sie mich dazu noch folgenden Satz sagen: Natürlich, Frau Ministerin Pro­kop, haben wir noch einige Jahre Zeit, aber Österreich leistet mit seiner Bevölkerung Hervorragendes in diesem Bereich, über den wir gerade diskutieren, und ich werde mir dann auch noch erlauben, meinen Bezirk, auf den schon Kollege Kainz hingewiesen hat, explizit anzusprechen. Nur: Auch unsere europäischen Freundinnen und Freunde gehören so rasch wie möglich an diesen Tisch, damit wir hiezu zu einer einheitlichen Regelung kommen, denn wir haben es nicht nur europäisch damit zu tun, sondern wir hatten es auch innerösterreichisch sehr lange damit zu tun, wie ungerecht Lasten ver­teilt wurden. Da denke ich beispielsweise nur daran, welche Mehr- und Überbelastun­gen wir, und zwar über viele Jahre hinweg, alleine in Traiskirchen zu tragen hatten, eben im Vergleich zu anderen Bundesländern in unserer schönen Republik.

Dazu darf ich ausführen, dass unsere gemeinsame und sehr – sage ich einmal – un­spektakuläre Arbeit in der Region dazu geführt hat, dass wir derzeit in Traiskirchen einen Stand von ungefähr 480 haben, während wir über Jahre hinweg immer nur ge­stritten haben, wenn bei einem Stand zwischen 1 500 und 2 500 bei in Wirklichkeit un­menschlichen Bedingungen dieses „Lager“ – unter Anführungszeichen – immer wieder übervoll war.

Frau Bundesminister Prokop, ich meine aber auch, dass wir gemeinsam danach trach­ten müssen, die Lage noch weiter zu verbessern, denn es ist schon klar – ich habe das schon seinerzeit gesagt –, dass wir mit einem Gesetz alleine die Aufarbeitung nicht schaffen werden, denn das ist auch eine Frage der Vollziehung, für die man ganz einfach Personal braucht. Die Fälle, die nach wie vor offen sind, sind ja nicht unbedeu­tend. Das betrifft die zweite Instanz. Ich glaube, da kann kein Gesetz helfen, da können


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wir nur schauen, dass wir in der Verwaltung so schnell wie möglich weiterkommen, da­mit wir diesen „Berg“, wenn ich es so formulieren darf, abarbeiten können.

Geschätzte Damen und Herren, ich meine, dass wir gemeinsam mit vielen Freiwilligen-Organisationen, mit NGOs, aber vor allem auch mit den österreichischen Gemeinden einen wesentlichen Beitrag für eine positive Integration leisten, für Menschen, die sich bei uns wohl fühlen. Unsere gemeinsame Anstrengung muss, wie ich meine, dahin ge­hen, dass wir das noch verbessern und die offenen Fragen so rasch wie möglich einer Realisierung zuführen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Scheibner. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.02.49

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen Bundesministerinnen! Meine Damen und Herren! Kollege Pendl, ja, so kann oder sollte man sich diesem Thema wirklich annähern: Sachlich orientiert (Abg. Mag. Gaßner: So sachlich wie der Westenthaler!), sagen, dass viel geschehen ist, dass es aber noch viele Probleme gibt und dass wir gemeinsam versuchen, eine Lösung zu finden. Leider haben nicht alle, auch nicht in Ihrer Fraktion, diese sachliche Meinung und den sachlichen Zugang dazu, besonders aber fehlt dieser sachliche Zu­gang bei den Einbringern dieser Dringlichen Anfrage, bei den Grünen.

Meine Damen und Herren, da wird immer wieder genau Sachlichkeit und Menschlich­keit und auch Vorsicht, dass man nur ja keine Rechte missachtet, eingefordert. In Ord­nung. – Auch bei der Wortwahl wird immer zur Vorsicht gemahnt, aber dann versucht man, genau mit diesem sensiblen Thema Parteipolitik zu machen (Abg. Öllinger: Der Westenthaler macht das! Der Westenthaler!), versucht man, Stimmung zu machen in einer Phase, wo man selbst vielleicht ein politisches Problem in der Öffentlichkeit hat, Herr Kollege Öllinger.

Natürlich kann man einen unterschiedlichen Zugang haben. Man kann das kritisieren, man kann, so wie Sie das seit Jahr und Tag predigen, sagen: Wir wollen nicht das Mo­dell der Integration, nämlich dass eine kleinere Gruppe, die hier zuwandert, sich nach den Kriterien, die wir aufstellen, in unsere Gesellschaftsordnung integriert, nämlich ein­bindet, nein, das wollen wir nicht, sondern wir wollen die multikulturelle Gesellschaft, so wie Sie das immer propagiert haben, mit einem offenen Zugang und einem völligen Nebeneinander – denn miteinander, wie man sieht, geht es eben nicht – von auf völlig gleicher Ebene befindlichen verschiedenen Gruppen.

Wohin das führt, haben wir gesehen oder sehen wir leidvoll in Deutschland. Nach die­sem System kommt eben nicht die multi-kulturelle Gesellschaft heraus, sondern eine Parallelgesellschaft: mit unglaublichen sozialen und menschlichen Problemen. Sie schauen so gelangweilt (Abg. Öllinger: Nein, wirklich nicht!), aber die Probleme, die man dann in diesen Regionen hat, fallen dann in die Verantwortung von solchen linken Sozial-Utopisten. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) Das wollten wir nie, und das wollen wir auch jetzt nicht.

Jetzt kann man noch immer sagen, nein, das hat nicht funktioniert, aber man soll das trotzdem anders machen. Sie können sagen, Sie sind dagegen, dass man illegale Aus­länder abschiebt (Abg. Dr. Van der Bellen: Wer sagt denn das? Aber geh! Wer sagt denn das?), Sie sind dagegen – Sie schütteln jetzt den Kopf, aber wir haben gerade gehört, geschätzte 300 000 Illegale befinden sich in Österreich –, dass man Straffällige abschiebt. Genau das hat Kollege Westenthaler verlangt: dass man die Illegalen und


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die Straffälligen abschiebt (Abg. Öllinger: Nein, die Arbeitslosen wollte er abschieben!) und die Langzeitarbeitslosen.

Ich sage noch einmal: Man kann dagegen sein. Da gibt es unterschiedliche Meinun­gen, da kann man dagegen sein, aber das dann mit Begriffen aus einer sehr, sehr dunklen Zeit unserer Republik zu bezeichnen, das mit der Deportation von Hunderttau­senden Juden in die Konzentrationslager – Deportation! – oder mit dem Begriff „ethni­sche Säuberung“, wie ihn Kollege Van der Bellen auch heute wieder hier gebracht hat, zu vergleichen, obwohl wir im letzten Jahrzehnt Hunderttausende Flüchtlinge hatten, die vor dem Terrorregime Milošević geflüchtet sind, wo es auch Konzentrationslager, Massenvergewaltigungen, Menschenrechtsverletzungen, Folter gegeben hat, das, nämlich vielleicht unterschiedliche Zugänge in der Integrations- und Ausländerpolitik, damit zu vergleichen und das so zu bezeichnen, Herr Kollege Van der Bellen, das weise ich wirklich auf das Schärfste zurück! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Für uns ist Integration das Modell, doch Sie mixen ja in Ihrer Dringlichen Anfrage auch andauernd Asyl und Arbeitsmigration und bringen dann Beispiele, die, wenn sie so wä­ren, wie Sie das schildern, wirklich furchtbar wären. Das soll man auch untersuchen, aber wenn dann die Aufklärung kommt von der Frau Minister und von der Frau Abge­ordneten Partik-Pablé, dass das eben ganz anders ist, dass in Wahrheit tatsächlich der Verdacht besteht, dass genau diese Rechtsordnung in Österreich missbraucht worden ist, und dass man da dann geschaut hat, dass den Kindern wirklich nichts passiert, dann nehmen Sie das nicht zur Kenntnis – und der nächste Ihrer Redner bringt die ver­drehte Version schon wieder so daher.

Wir wollen mit diesen Emotionen nicht spielen. Ich will auch nicht umgekehrt die grauslichen Beispiele von ausländischen Rechtsbrechern und von Drogendealern brin­gen – das bringt uns alles nicht weiter, das haben wir hier auch schon oft diskutiert –, sondern es geht darum, wie wir den sozialen Frieden in Österreich in diesem Bereich aufrechterhalten und wie wir verhindern, dass wir solche katastrophalen Zustände, wie sie derzeit in Deutschland herrschen, hier in Österreich haben. Das wollen wir nicht.

Wir wollen hier geordnete Zustände sowohl für die Österreicher als auch für die Zuge­wanderten haben, und wir wollen ein Asylgesetz haben – Gott sei Dank haben wir es geschaffen –, mit dessen Hilfe wir die Anerkennungsquote steigern – das ist gelun­gen – und den Missbrauch verhindern. Gott sei Dank zeigen 40 Prozent Minus in man­chen Monaten bei den Asylanträgen, dass es auch ein Signal vor allem an die Schlep­perorganisationen ist, nicht zu versuchen, das Asylrecht in Österreich zu missbrau­chen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist die richtige Politik, diese Politik werden wir auch weiterführen, und wir werden hier auch in Wettstreit gehen mit Ihren Konzepten. Das ist in Ordnung. Aber bitte ver­gleichen Sie unterschiedliche Konzepte nicht mit Methoden aus dem Nationalsozialis­mus oder aus diktatorischen Regimen, wie das Serbien unter Milošević gewesen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

17.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dr. Lopatka. Gesamtrestredezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Jetzt kommt die „feine Klinge“!)

 


17.08.42

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Als vor einigen Tagen die Grünen ihr Modell zur Erwerbsmigration mit dem Punktesystem vorgestellt haben, habe ich mir


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gedacht, eigentlich ist die Wende zur Vernunft eingekehrt. (Abg. Neudeck: Man soll sich nicht täuschen! – Abg. Öllinger: Und da sind Sie furchtbar enttäuscht worden!) Ja, ich bin enttäuscht worden. (Abg. Neudeck: Enttäuscht, aber nicht überrascht!) Jetzt möchte nicht ich das entscheiden, sondern diese Wende zur Vernunft ist von einigen Kommentatoren so gesehen worden, und ich konnte mich diesen Kommentaren durch­aus anschließen. (Abg. Öllinger: Sie sind zu leichtgläubig!) Heute sind Sie wieder rückfällig geworden: Ihre alten Schemata waren wieder das Beherrschende in dieser heutigen Debatte.

Meine Vorredner haben das schon angeschnitten: Meine Damen und Herren, man soll diese sensible Frage nicht auf dieser Ebene abführen, wie Sie das gemacht haben (Abg. Mag. Kogler: Oder wie der Westenthaler! Genau!), denn da tut man der Sache nichts Gutes, und man soll auch nicht den Österreichern oder der Politik einreden, dass wir hier zu wenig tun für Integration und für jene, die zu uns gekommen sind, denn: Österreich hält da jedem Vergleich in Europa stand, meine Damen und Herren!

Wir haben mehr als 800 000 Ausländer bei uns, und wir hatten seit 1980 in Österreich 460 000 Einbürgerungen, also 460 000 Neo-Österreicher. Mit Ausnahme von Luxem­burg, das, bei 400 000 Einwohnern, nur schwer mit Österreich vergleichbar ist, gibt es kein zweites Land in Europa mit einer solchen Integrationsleistung. Das möchte ich schon auch in Richtung der grünen Fraktion sehr, sehr deutlich sagen. Also wir haben überhaupt keinen Anlass, da auch nur in irgendeiner Form ein schlechtes Gewissen zu haben.

Noch ein Zweites: Natürlich war es der Lauf der Geschichte gerade am Balkan – wor­auf wir eigentlich keinen Einfluss nehmen konnten, wo wir aber massiv gefordert wa­ren, Flüchtlinge aufzunehmen –, dass wellenartig sehr, sehr viele Flüchtlinge zu uns nach Österreich gekommen sind. Auf Grund der damaligen Politik – einer der zwei Minister, die damals zum Beispiel das Fremdengesetz 1995, das Fremdengesetz 1997 ganz entscheidend mit vorbereitet haben, Minister Einem, sitzt als Abgeordneter hier – haben wir damals Beschlüsse gefasst, wo wir einfach zu großzügig waren. Das Pro­blem ist ja in Wirklichkeit in den letzten Jahren nicht die Frage gewesen, welche Quo­ten wir bei der Niederlassungsverordnung haben oder so, sondern das Problem war der mit Abstand größte Anteil derjenigen, die zu uns gekommen sind – und das waren jene, die auf Grund der Familienzusammenführung hierher gekommen sind.

In den Jahren 2001 bis 2005 haben in Österreich 149 206 Menschen eine Niederlas­sungsbewilligung bekommen; 132 000 davon, das sind 88 Prozent, durch Familien­zusammenführung und von diesen wiederum mehr als 100 000 – das sind mehr als 70 Prozent – innerhalb der quotenfreien Familienzusammenführung. Das heißt, bei uns hat sich in den letzten Jahren ungesteuert, undifferenziert und bis zu einer Grenze gehend diese Situation entwickelt, die gerade in jenen Stadtteilen, wo sich dann jene, die gekommen sind, massiv angesiedelt haben, schwer zu verantworten ist.

Daher war das, was unter Strasser, unter Prokop hier geleistet worden ist an gesetz­lichen Änderungen ... (Abg. Mag. Darabos: Wer war denn damals an der Regierung beteiligt?) Das waren die Spätfolgen genau der Regierung, in der Innenminister Einem tätig war – an Schlögl werden Sie sich nicht mehr so gerne erinnern, aber an Einem hoffentlich doch; ich glaube, dass er auf keiner Liste oder in keiner Organisation ist, die unvereinbar ist, sodass er in Zukunft nicht mehr dem Parlament angehören sollte, er ist ja kein führender Gewerkschaftsfunktionär, soviel ich weiß, sondern war ja seinerzeit nur bei der Arbeiterkammer –, also das waren die Minister, die damals die Grundlage geschaffen haben für die Einbürgerungen der Menschen, die gekommen sind. Und auf Grund dieser Einbürgerungen gab es automatisch – ich wiederhole mich – Familien­nachzug in der Größenordnung von beinahe 150 000 Menschen, die zu uns gekom­men sind. Daher war es richtig, hier Maßnahmen zu setzen.


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Aber die SPÖ hat ja hier keine Linie. Schauen Sie, die Novelle zum Staatsbürger­schaftsgesetz, die wir zuletzt beschlossen haben, mussten wir gegen die SPÖ und ge­gen die Grünen beschließen – sie haben das auch noch im Bundesrat blockiert –, um hier notwendige Schritte zu setzen und unsere Verantwortung wahrzunehmen.

Und das ist Ihr Problem: Bei Ihnen gibt es keine Linie. – Bei uns hingegen gibt es eine klare Linie: Hilfe, wo es tatsächlich um Asylsuchende geht, Härte, wo es um Miss­brauch geht, und natürlich auch Strafe, wo es um Verbrechen geht.

Das ist verantwortungsvolle Integrations- und Asylpolitik, das ist verantwortungsvolle Sicherheitspolitik. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

17.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Parnigoni. Wunschredezeit: 4 Minuten; Gesamtrestredezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


17.14.09

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Vieles wurde ja in den letzten zwei Stunden zu diesem Thema gesagt, aber Faktum ist, dass diese Bundesregierung (Abg. Kainz: Das hervorragend gemeistert hat!) ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat.

Frau Innenministerin, Sie müssen natürlich schon eingestehen, dass Sie in großem Maße für die nunmehrige Situation die Verantwortung übernehmen müssen, denn nie­mand anderer als Sie hat trotz Vorliegens konkreter Fakten aus Ihrem Ressort wieder­holt falsche Zahlen, was etwa die Integrationswilligkeit oder -unwilligkeit von muslimi­schen Bevölkerungsgruppen in Österreich betrifft, genannt. Sie haben damit natürlich schon für Verwirrung und für Unruhe – bewusst oder unbewusst, mit politischem Kalkül oder nicht – in diesem äußerst sensiblen Bereich gesorgt. Dafür müssen Sie natürlich selbst die Verantwortung übernehmen.

Leider, meine Damen und Herren, muss man auch feststellen, dass Sie den EU-Vorsitz Österreichs nicht genutzt haben, um im Bereich des Asylwesens auf europäischer Ebene etwas weiterzubringen. Ich bestreite nicht, dass es in einem anderen Bereich durchaus eine Leistung gegeben hat, die wir alle gemeinsam getragen haben – etwa beim Abschluss des Prümer Vertrages, der sich auf europäischer Ebene nunmehr durchaus erfolgreich entwickelt –, aber im Bereich des Asylwesens waren Sie auf euro­päischer Ebene nicht erfolgreich.

Anstatt den neuen Mitgliedsländern quasi einen Freibrief für den Wegfall der Grenz­kontrollen im Jahre 2008 auszustellen, wäre es sicher besser gewesen, Frau Bundes­ministerin, ein einheitliches Asylverfahren für Europa zu lobbyieren und auch durchzu­setzen. Und ich glaube, es kann auch nicht sein, dass Sie – nämlich die ÖVP und das BZÖ und auch die Teile der FPÖ, die sich in diesem Klub befinden – mit der Grenzöff­nung im Rahmen von Schengen Tür und Tor öffnen, während Österreich in Europa die Hauptlast der Asylwerber trägt und andere Länder wie Deutschland, Tschechien und die Slowakei, wie es ja schon erwähnt wurde, unverhältnismäßig wenig Asylwerber an­erkennen.

Ich möchte – ohne Bewertung – klarmachen, wie in den letzten zehn Jahren die Ent­wicklung bezüglich Zahl der Asylwerber war: Von 1995 bis 1999 waren es etwa 53 000, von 2000 bis 2004 waren es etwa 145 000. Bei den Einbürgerungen waren es von 1995 bis 1999 etwa 91 000, von 2000 bis 2004 waren es etwa 180 000. – Ich bewerte das nicht, aber es ist ganz klar, dass Sie den wichtigen Schritt, dass es zu einer fairen Lastenverteilung in Europa im Bereich des Asylwesens kommt, eindeutig vertan haben.


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Sie von den Koalitionsparteien haben auch die Chance vertan, in Österreich das Asyl­verfahren wesentlich zu beschleunigen. Und trotz eines Vier-Parteien-Antrages und der gesellschaftspolitischen Zustimmung waren Sie nicht in der Lage oder waren Sie auch nicht willens, Frau Bundesministerin, einen Asylgerichtshof zu schaffen. Ich darf Sie da an Ihre Aussage erinnern – ich zitiere aus der „ZiB“ vom 14. Juni 2005 –:

Liese Prokop: Mit 1. Jänner nächsten Jahres, also die Vorbereitungen müssen heuer noch fallen. – Das sagten Sie auf die Frage: Was ist da Ihr Zeithorizont? Wie schnell wollen Sie das regeln? – Heute haben wir sechs Monate später, bald den 1. Juli, bis heute ist nichts geschehen.

Meine Damen und Herren, die Integrationspolitik dieser Bundesregierung war keines­wegs so erfolgreich, wie Lopatka das sagte. Ihnen geht es nur darum, billige ausländi­sche Arbeitskräfte ins Land zu holen. Ich erinnere daran: Die Saisonnier-Quote wurde verdreifacht. Wir hatten in Österreich im Jahre 2000 5 500 Saisonarbeitskräfte; im Jah­re 2005 waren es 15 000.

Das ist ganz eindeutig die falsche Politik. Unter Integration, Hohes Haus, verstehen wir Sozialdemokraten eindeutig etwas anderes. (Beifall bei der SPÖ.)

17.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dr. Pilz. Wunschredezeit: 7 Minuten; Gesamtrestredezeit: 9 Minuten. – Bitte.

 


17.18.52

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine Damen und Herren! Eine Frage ist von Frau Innenministerin Prokop so beantwortet worden, dass die Studie, die so genannte Integrationsstudie (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundesministerin Prokop. – Abg. Parnigoni: Sie hört nicht zu! Sie führt Koalitions­verhandlungen! – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Er hat keinen Anstand!) – danke –, dass die so genannte Integrationsstudie im Internet zu lesen ist.

Ich habe mir diese Studie jetzt im Internet abgerufen und habe einen Suchbegriff ein­gegeben, den Suchbegriff „45 Prozent“. Das Suchprogramm hat gearbeitet, und die Antwort hat gelautet: Sie haben das Dokument bis zum Ende durchsucht. Soll die Suche am Anfang fortgesetzt werden?

Dann habe ich den Begriff „integrationsunwillig“ eingegeben. – Das Resultat der Suche war: Sie haben das Dokument bis zum Ende durchsucht. Soll die Suche am Anfang fortgesetzt werden? (Abg. Mag. Molterer: Jetzt wissen wir, was Sie gearbeitet haben: nämlich nichts!)

Frau Bundesminister Prokop, weder das Wort „integrationsunwillig“ noch das aus zwei Begriffen zusammengesetzte „45 Prozent“ findet sich auch nur irgendwo in dieser Stu­die! Der Begriff „integrationsunwillig“ und die dazugehörigen 45 Prozent sind freie Erfin­dungen der österreichischen Innenministerin! Und ich frage mich: Warum betätigt sie sich als politische Erfinderin?

Es kann ja einmal etwas schief gehen in der Interpretation. Man hat ja als Ministerin wenig Zeit. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Frau Präsidentin, ich stelle fest: 45 Prozent der Anwesenden sind offenbar hörunwillig, aber das ist ein altes Problem der Regie­rungsmehrheit. (Beifall bei den Grünen. – Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie werden schon noch sehen: Wer nicht hören will, muss abgewählt werden (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), und das trifft vor allem auf das BZÖ zu!

Es kann ja passieren, dass eine Ministerin, die zahlreichen Belastungen ausgesetzt ist, jede Menge an Terminen hat, eine Studie schlampig liest, Zahlen falsch addiert und glaubt, da sei irgendetwas von Integrationsunwilligkeit drinnen gestanden. Wenn so


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etwas im Zeitdruck passiert ist, dann geht eine Ministerin her und sagt, wenn sie den Fehler bemerkt hat: Es tut mir Leid, diese Aussage kann missverstanden werden, ich stelle richtig.

Na, was wäre bei dieser Richtigstellung dabei gewesen?

Wenn Sie aber, Frau Bundesministerin Prokop, bei Beantwortung unserer Dringlichen Anfrage darauf beharren, dass es gestimmt habe und sachlich gerechtfertigt sei, dass 45 Prozent der muslimischen Bevölkerung in Österreich integrationsunwillig seien, wenn aber nachgewiesen ist, dass das eine freie politische Erfindung ist, dann stellt sich schon die Frage nach Ihrer Absicht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molte­rer: Wenn Sie etwas behaupten, ist das noch kein Nachweis! Das muss nicht stim­men!)

Sie zitieren den Studienautor, Herrn Universitätsprofessor Mathias Rohe. Im Gegen­satz zu Ihnen werde ich ihn wörtlich zitieren. Zitat Rohe: „Das hat niemand gesagt und das gibt die Studie auch nicht her.“ – Wörtliches Zitat des Studienautors in Bezug auf Ihre Aussage, Frau Bundesministerin Prokop, dass 45 Prozent integrationsunwillig seien.

Alle, die mit dieser Studie zu tun haben, alle, die die wahren Verhältnisse kennen, dis­tanzieren sich von Ihrer politischen Irreführung der österreichischen Bevölkerung. – Das ist das Erste, was hier festzustellen ist. (Abg. Neudeck: Von Ihrer Vereinnahmung auch!)

Welche Absicht steckt da dahinter? Welche Absicht steckt dahinter, Menschen in Ös­terreich zu suggerieren, da gäbe es eine große Gruppe in der Bevölkerung (Ruf: Sind Sie blind?), die eigentlich eine Gefahr für die Sicherheit Österreichs darstellt, von der man einen Teil abschieben müsse? Kaum ist das in der Öffentlichkeit, greift der neue Obmann des BZÖ das Stichwort der Innenministerin auf und sagt: Ja, 300 000 sind es, die abgeschoben werden müssen! – Das hat funktioniert. Und das ist für mich Aus­druck eines politischen Wettlaufs, nämlich: Wer kann sich hier auf Kosten einer integ­rationswilligen – und jeden Tag stellen das diese Menschen unter Beweis – Minder­heit politisch in einem Wahlkampf profilieren? Deshalb kommt es auch zu solchen Aus­sagen wie 150 000 oder dazu, dass man die Österreicher und Österreicherinnen unter ihnen nicht abschieben könne.

Da reicht es ja vollkommen, wenn man zusammenzählt, wer von diesen Menschen, die zum überwiegenden Teil in Österreich arbeiten, leben und Verantwortung übernehmen wollen, noch nicht die österreichische Staatsbürgerschaft hat, wenn man also nur die hernimmt. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist – da wird es für mich auch menschlich völlig unverständlich; da habe ich mitgeschrieben und das Stenographische Protokoll wird das bestätigen –: Be­treffend den Fall des achtjährigen Kindes, der im „profil“ ausführlich geschildert wurde und den Alexander Van der Bellen detailliert dargestellt hat, haben Sie auf die Frage, warum das Kind von zwei uniformierten Polizeibeamten während des Unterrichts aus der Schule abgeholt worden ist, geantwortet, das wäre „zur Sicherung des unversorg­ten Kindes notwendig“ gewesen.

Und auf die Frage von mehreren Abgeordneten, warum das geschehen sei, haben Sie geantwortet: „... denn die Mutter war in Schubhaft genommen“. – Das war die erste Antwort. Und das werden wir uns aus dem Stenographischen Protokoll holen.

Das sind die Verhältnisse nach einem Fremdenrechtspaket: Die Mutter wird in Schub­haft genommen, es müssen uniformierte Polizeibeamte in die Schule, um dort das Kind mitten aus dem Unterricht abzuholen! Das ist Österreich nach dem Fremdenrechtspa­ket, das ist Österreich unter dieser jetzigen Bundesregierung! (Beifall bei den Grünen.)


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Dann kommt ein Abgeordneter der SPÖ, Herr Abgeordneter Darabos, und sagt: Das hat doch nichts mit unserer Zustimmung zu tun!

Diese Frau ist ein so genannter Dublin-Flüchtling. Der Status „Dublin-Flüchtling“ ist erst mit diesem Paket eingeführt worden. Und die Praxis Dublin-Flüchtling – also: ist sofort in Schubhaft zu nehmen – hat erst nach der Zustimmung der SPÖ zu genau dieser Art von Fremdenrechtspaket stattgefunden.

Die Abschiebung der Chinesin, der in Österreich verheirateten Chinesin, hat erst statt­gefunden, weil die SPÖ der Regelung zugestimmt hat, dass man den Antrag aus dem Ausland stellen muss. (Ruf bei der SPÖ: Geh, Blödsinn!)

Und – und das ist heute noch gar nicht zur Sprache gekommen – bereits elf Personen sind zum Zweck der Zwangsernährung überstellt worden! Das geht aus der Beantwor­tung einer parlamentarischen Anfrage durch die Innenministerin hervor.

An diesem Punkt sind wir jetzt. Die Mitverantwortung und die Mitunterschrift der SPÖ ist nicht zu leugnen. Natürlich ist die SPÖ nicht hauptverantwortlich, aber es reicht doch völlig, mitverantwortlich zu sein. Und das, meine Damen und Herren von der So­zialdemokratie, wenn schon die Regierungsparteien hier gänzlich lernunwillig sind, soll­ten Sie sich überlegen, nämlich ob Sie sich an diesem ÖVP-Westenthaler-Wettkampf wirklich politisch beteiligen wollen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Darabos: Die Geschichte mit der Chinesin ...!)

17.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Darabos, Kolleginnen und Kollegen betreffend umgehende Einrichtung eines Asylgerichtshofes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das findet nicht die Mehrheit. Dieser Antrag ist damit abge­lehnt. (Abg. Gradwohl – in Richtung ÖVP –: Wo ist eure Zustimmung?)

17.28.0511. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unter­ausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betref­fend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der Gebarung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer Aufsichtsrechte und -pflichten in Bezug auf die Versorgung mit Arzneimitteln unter besonderer Berücksichti­gung von Arzneimittelkosten, des Umgangs mit der Gewährung von so genann­ten „Naturalrabatten“, der Zurverfügungstellung von neuesten, hoch innovativen Arzneimittelspezialitäten für die gesamte Bevölkerung, sowie des Vollzuges des Arzneimittelgesetzes (1544 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

 


Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Wunschredezeit: 5 Mi­nuten. – Bitte.


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17.29.07

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Gesundheitsminis­terin! Hohes Haus! Ich bin ja eigentlich sehr froh darüber, dass es – sozusagen für die Ewigkeit – einen schriftlichen Bericht dazu gibt, wie Sie von den Regierungsparteien mit dem Thema Medikamente umgehen. Das ist schwarz auf weiß festgehalten.

Ich möchte nur ein paar Punkte aus den Schlussfolgerungen aufgreifen, die eine glatte Unwahrheit sind.

„Erst BM Rauch-Kallat“ – ist hier in Ihrem Bericht zu lesen – „hat erfolgreiche, nach­haltige Maßnahmen zur Dämpfung der Heilmittelkostenentwicklung getroffen ....“. (De­monstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Das ist ja ein kompletter Unsinn, und Sie applaudieren hier ein bisschen voreilig, habe ich den Verdacht.

Im ersten Quartal 2006 gab es wieder eine Zunahme der Kosten um 8,1 Prozent. Wenn man jedoch seriöse Statistiken anschaut, so sind es in Wirklichkeit 11,13 Pro­zent. Und Sie schreiben in den Bericht hinein, dass „nachhaltige Maßnahmen“ getrof­fen worden seien. (Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Oder ein anderes Beispiel, weil ich den Zuruf „seriös“ gehört habe.

Da gibt es ein Gutachten von Universitätsprofessor Dr. Rebhahn. Sie haben es ge­schafft, dieses Gutachten hier nur zu erwähnen, aber mit keinem einzigen Wort – ob­wohl sich das gesamte Gutachten im Protokoll wieder findet – sind Sie auf die Schluss­folgerungen eingegangen, und die sprechen wirklich für sich.

Worum geht es? – Um die Geldrabatte, die Sie hier als Lösung in dem ganzen Rabatt­unwesen neu eingeführt haben. Was sagt Herr Professor Rebhahn? – Jeder Rabatt – jeder – nimmt Einfluss auf die Medikamentenverschreibung des Arztes, verzerrt den Wettbewerb und ist unter unlauterem Wettbewerb zu subsumieren. In Wirklichkeit ge­hörte die Rabattierung den Sozialversicherungen zugeschrieben. – Zitatende.

Deutlicher als der von Ihnen letztlich selbst beauftragte Gutachter kann man es über­haupt nicht sagen.

Sie waren auch nicht verlegen, hier eine Chuzpe hineinzuschreiben, indem Sie sagen, die SPÖ habe versucht, „das e-card-Projekt zu thematisieren beziehungsweise zu skandalisieren, das mit dem vorliegenden Prüfgegenstand in keinem inhaltlichen Zu­sammenhang steht“.

Bitte, was soll denn das heißen? Dass die e-card mit Medikamenten nichts zu tun hat? – Das ist wirklich ein Gedankengang, da muss man schon echte Verrenkungen vollführen, damit man sich so etwas überhaupt vorstellen kann. Sie sagen doch selbst, dass schon in über 1 000 Ordinationen Versuche durchgeführt werden, was die Arznei­mittelbewilligung mittels e-card betrifft.

Warum Sie mit der e-card nichts zu tun haben wollen, weder hier noch in anderen Be­reichen, ist klar. Dazu gibt es nämlich eine wirklich harsche Kritik des Rechnungshofes, die da lautet: um 13 Millionen € überschritten. Sind Zahlungen an Ärzte notwendig? Das sei wesentlich teurer. Der Rechnungshof kritisiert auch die Doppelstruktur. Diese sei nicht notwendig – und vieles, vieles mehr. Sie kennen das alles.

Der Hauptverband feiert das ab und sagt: Das läuft perfekt! Das sind keine Standard­modelle. Die Zahlungen an die Ärzte sind erträglich und so weiter.

Den Vogel abgeschossen hat Herr Kandlhofer im Ausschuss. Wir erinnern uns alle mit Entsetzen, Herr Neudeck, als Kandlhofer sagte, eigentlich müssten die Abgeordneten


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in Jubel ausbrechen, wenn sie mit dem Projekt e-card konfrontiert werden. – Bitte, nicht!

Er hat dann selbst einen Beweis über die Vergabesituation, die eine Manipulation ist, gegeben, als er gesagt hat, die Vergabe sei Chefsache. – Also bitte: Eine Vergabe kann nicht Chefsache sein, sondern eine Vergabe muss objektiv erfolgen! (Abg. Neu­deck: Kollege Kräuter, Sie gehen davon aus, dass bei Ihnen die Chefs ...!)

Wenn man sich vergegenwärtigt, wie es im Medikamentenbereich insgesamt aus­schaut und zugeht, Frau Ministerin, dann muss man Ihnen Folgendes vorwerfen: Sie haben nicht nur nichts gemacht, sondern Sie haben die Situation in Wirklichkeit ver­schlechtert, nämlich mit der vollkommen untauglichen Maßnahme, aus Naturalrabatten Geldrabatte zu machen. Und alles, was mit dem Projekt der e-card zusammenhängt, zu loben, dazu gehört schon wirklich eine Stirn.

Die Gesundheitspolitik ist insgesamt in einem denkbar schlechten Zustand. (Beifall bei der SPÖ.)

17.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Tancsits zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.33.17

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Während mein Vorredner sein Wunschdenken über diesen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses vorgebracht hat, möchte ich Ihnen ein wenig über die Ergebnisse dieser sehr intensiven Auseinandersetzung mit dem Arznei­mittelwesen in Österreich berichten.

Gegenstand war es, die Aufsichtsrechte und -pflichten der Bundesministerin in Bezug auf das Arzneimittelwesen zu prüfen, auch hinsichtlich der Kosten und Naturalrabatte. Die Vorgeschichte ist weitgehend bekannt: Zwischen 1994 und 2004 hatten wir in Ös­terreich bei Arzneimitteln eine Kostensteigerung von 132 Prozent zu verzeichnen, die Versicherungsleistungen allgemein sind aber um nicht einmal 50 Prozent gestiegen.

Sozialdemokratische Minister und Hauptverbandsfunktionäre haben – Sie werden es erraten – nichts getan. Nichts dagegen getan! Herr Sallmutter – ist hier noch bekannt: Multifunktionär, GPA-Präsident, langjähriger Aufsichtsrat der BAWAG – hat empfohlen, die Beiträge der Versicherten zu erhöhen. – Na ja. Herr Gusenbauer, der uns heute nicht mehr mit seiner Anwesenheit beehrt, hat das erst heuer im Jänner auch getan. (Abg. Öllinger: Sie haben es doch gemacht! Die Beiträge ...!)

Aber, meine Damen und Herren, Bundesministerin Rauch-Kallat hat Maßnahmen er­griffen. Betreffend Arzneimittelkosten-Dämpfungspaket, das ich Ihnen im Einzelnen jetzt nicht mehr darzulegen brauche, werden Sie sich überlegt haben, warum Sie sei­nerzeit dagegen gestimmt haben. Dieses hat jedoch gegriffen: Während man für 2004 noch 7 bis 9 Prozent Kostensteigerung erwartete, waren es in Wirklichkeit nur 3,5 Pro­zent.

Ich kann mich erinnern, ich habe damals gefragt, ob die SPÖ, weil sie dagegen ge­stimmt hat, mit den internationalen Pharma-Multis sozusagen in Kooperation ist. Heute müsste man fragen, ob sie Beteiligungen in diesem Bereich hat. Dagegen spricht aber, dass sie bisher keine erfolgreichen Beteiligungen irgendwo aufweisen konnte.

Nun zum Thema Naturalrabatte. Rechtlich gesehen sind sie okay. Wir haben jedoch eine Beeinflussung der Verschreibepraxis befürchtet, wollten aber gleichzeitig die Mög­lichkeiten für Krankenanstalten, wie sie uns auch von Vertretern der Länder aus Salz­burg, Niederösterreich und Wien im Rechnungshof-Unterausschuss als notwendig dar-


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gelegt wurden, erhalten, sodass die Frau Ministerin mit der Regelung, in öffentlichen Apotheken und in ärztlichen Hausapotheken Naturalrabatte zu unterbinden, eine ver­nünftige Lösung getroffen hat.

Aus meiner Sicht fasse ich den Unterausschuss so zusammen, dass ein erstklassiges Arzneimittel-Management nach Jahrzehnten des Missmanagements bestätigt wurde. Wir haben einen Zugang für alle zu notwendigen Medikamenten im entsprechenden Ausmaß, sinkende Kosten und weniger Patientenschikanen – Stichwort „Chefarzt­pflicht“.

Der Rechnungshof-Unterausschuss fasst die Ergebnisse wie folgt zusammen (Abg. Mag. Kogler: Ein Mehrheitsbericht!) – ich darf zitieren –:

„Die von der SPÖ-Fraktion im Prüfverlangen aufgestellte Behauptung, die Bundes­ministerin für Gesundheit und Frauen hätte ihre Aufsichtsrechte und -pflichten ... nicht wahrgenommen, entbehrt jeder Grundlage ...“.

Und weiters: „Vielmehr verhält es sich so, dass sich das Problem der extremen Heilmit­telkostensteigerungen bereits seit Jahren und somit vor allem unter SP-Gesundheits­ministern, die allerdings untätig geblieben sind, gestellt hat. Erst BM Rauch-Kallat hat erfolgreiche, nachhaltige Maßnahmen zur Dämpfung der Heilmittelkostenentwicklung getroffen und auch zur Behebung des Missstands der Gewährung von ausufernden Naturalrabatten eine vernünftige Lösung gefunden.“ (Abg. Mag. Kogler: Geh, bitte! Ist Ihnen das nicht peinlich, Frau Minister?)

Das ist der Schlussbericht. Frau Ministerin, ich gratuliere! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Weihrauch und Myrrhe! – Abg. Mag. Kogler: Es lebe die parlamentarische Kontrolle!)

17.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


17.38.12

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Das, was Kollege Tancsits hier zum Schlechten gegeben hat, ist ja nicht die Lösung der Sache, sondern das Problem – nämlich zumindest jenes des Unterausschusses, der eigentlich ein Kontrollausschuss sein sollte. Was das jetzt bringen soll, dass Sie hier so tun, als ob es einen geradezu einvernehmlichen Bericht gegeben hätte, weiß ich nicht. Das ist ein Mehrheitsbericht. Und – Kunststück! – bei dem Zustand des öster­reichischen Parlamentarismus ist es nun einmal zunächst so – das wäre noch nicht das Schlimme –, dass die Mehrheitsparteien, die die Regierung stellen, im Haus auch alles tun, was der Regierung nützt und nicht ein Mal auf die Idee kommen, irgend­einen Beitrag zu leisten, der eines Parlamentariers in dem Punkt würdig wäre, wenn er sich in einen Kontrollausschuss begibt.

Sie haben vielleicht gerade wieder zum Besten gegeben – sage ich halt „zum Besten“ und nicht „zum Schlechtesten“ –, dass Sie hier mit einer ganz anderen Haltung arbei­ten. Ich will sofort auf dieses Problem eingehen.

Im Übrigen – kleiner Nachsatz –: Man müsste sich jetzt wirklich in den Reihen der So­zialdemokratie überlegen, ob, wann und unter welchen Umständen man da überhaupt noch ein Kontrollthema in diesen Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofaus­schusses einbringt, denn einerseits ist natürlich zu beklagen, was ich hier wieder ma­che, dass die Mehrheit mit ihren Möglichkeiten eigentlich das übliche Kontrollieren fast verhindert, in bestimmten Teilen jedenfalls ganz sicher. (Abg. Hornek: He! He!) – Ganz sicher sogar, nicht he, he, sicher!  Und andererseits stellt sich schon auch die Frage


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für uns – nun einmal – Oppositionsparteien, was wir dort überhaupt lösen wollen. Diese Frage stellt sich schön langsam.

Im Übrigen erinnere ich daran, dass ich zu diesem Ausschuss schon mehrmals – und ich bin immer überzeugter davon – eine Geschäftsordnungs-Novelle angeregt habe. Man kann natürlich so tun, als ob – so wie Sie eben, und sagen, es gibt eh so etwas wie parlamentarische Kontrollinstrumente. Schön haben wir es in der Republik: Der Schüssel regiert den ORF, das macht nicht viel, einen Kontrollausschuss haben wir, und in dem Rechnungshofausschuss wird auch das gemacht, was die Mehrheit will – und aus und Pause. Ob zum Beispiel, genauso wie hier wieder, Auskunftspersonen geladen werden oder nicht, die in der Regel auch aus der Sphäre der mit Vorwürfen belasteten Institutionen kommen – das ist so; dazu haben wir ja diese Einrichtung unter anderem –, das beschäftigt Sie eigentlich akribisch nur dann, wenn es um ein Thema geht, das Ihnen in den Kram passt. Dazu werden wir noch kommen.

Wenn das die ganze Konsequenz ist nach der mehrjährigen Praxis dieses Ständigen Unterausschusses, dann sage ich Ihnen – und ich darf mir da schon etwas herausneh­men, glaube ich, wir beschäftigen uns ja schon lange genug mit parlamentarischer Kontrolle –: Sperren wir dieses Institut zu! – Schauen Sie nicht so traurig, Herr Vorsit­zender des Unterausschusses! Es wird sich schon ein Amterl für Sie finden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hornek: Reg dich nicht auf!) – Dann sperren wir dieses Institut zu! Es ist nicht mehr erträglich, wie hier Kontrolle vorgetäuscht wird, aber ganz etwas an­deres fabriziert wird. (Abg. Hornek: Hast du Angst, dass bei der BAWAG etwas her­auskommt? Was befürchtest du?)

Das ist ja das, was Ihnen grundsätzlich zusteht. Das ist so in der Demokratie. Ich wun­dere mich, warum Sie bis jetzt nicht auf diesen intelligenten Zwischenruf gekommen sind, denn ein Fünkchen Wahrheit steckt ja drinnen. Natürlich ist die Mehrheit entschei­dend, aber wenn wir nicht in der Lage sind, im Kontrollbereich bestimmte Minderheits­rechte zu etablieren, dann lassen wir es lieber bleiben, dann duellieren wir uns auf anderer Ebene! (Abg. Hornek: Sehr interessant, Herr Kollege!) Aber heucheln wir nicht Parlamentarismus vor! Das werfe ich Ihnen vor – Ihrer Fraktion, nicht Ihnen persönlich, denn Sie sind ja viel zu gutmütig, um besonderen Schaden in Ihrer Vorsitzrolle zu stiften, aber letztlich sind Sie immer wieder in diese Rolle gedrängt worden. Es gelingt Ihnen nur nicht immer – gratuliere! Positiv gemeint.

Jetzt aber zum zukünftigen Wesen dieses Ausschusses und dessen, was dranhängt. Wieder taucht das Problem auf: Warum keinen Untersuchungsausschuss? Ich bin jetzt bei dem Thema, das die Regierungsparteien in dem Unterausschuss untergebracht ha­ben, und ich sage wieder dazu: Völlig zu Recht ist die BAWAG-Angelegenheit, ist der BAWAG-Skandal – und das ist wirklich einer! – Gegenstand von parlamentarischer Un­tersuchung, weil viele Fragen zu klären sind, nicht nur die im bankinternen Bereich, das wäre noch eher eine privatwirtschaftliche Angelegenheit, nein, sondern vor allem in den Bereichen, die sehr viel mit der öffentlichen Verflechtung im Allgemeinen zu tun haben, wo natürlich die Vollziehung im Besonderen gefragt ist.

Etwas anderes dürften wir ja gar nicht untersuchen. Sie wissen, dass ich Ihnen da sehr entgegenkomme und sage: Gut, untersuchen wir eigentlich mehr, als wir dürften! – Von Ihnen hört man das nie, das tun Sie nie! Da ist es immer umgekehrt: Da wird immer alles planiert, obwohl eigentlich ein Auftrag zur Untersuchung vorliegt. Die sozialdemo­kratische Fraktion hat, als sie das Thema eingebracht hat, eine Reihe von Auskunfts­personen laden wollen, unter anderen Minister Bartenstein: Njet! Aber auch zu anderen Auskunftspersonen hat es geheißen: Njet!

So, wie machen wir es denn bei der BAWAG? Nicht wir haben weniger Auskunftsper­sonen vorgeschlagen, sondern Sie! Sie wollen das nächste Mal den Herrn Tumpel ver-


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arzten, völlig zu Recht im Übrigen. Ich halte den Herrn Tumpel mittlerweile in seiner Rolle angesichts dessen, was er getan hat, für untragbar. Ich halte ihn für untragbar! (Beifall der Abgeordneten Dr. Fekter und Neudeck.)

Dass der Ausschuss da jetzt herumdoktert und -fuhrwerkt, soll auch sein, aber legen Sie bitte doch Ihre Pläne offen! Wie gehen wir denn bis zur Wahl in dem Ausschuss vor, Herr Vorsitzender? Wie machen wir denn das? Einmal Tumpel – passt, aber wer­den wir in diesem Ausschuss jemals darüber reden, warum ein ganz harscher Prüfbe­richt der zuständigen Aufsicht im zuständigen Finanzministerium keine Konsequenzen erzeugt hat, zumal nach der Geschäftsordnung eigentlich nur das Untersuchungsge­genstand sein darf und sicher nicht die Arbeiterkammer? Schauen wir uns trotzdem die Arbeiterkammer an! Aber dass Sie sich dauernd nur aussuchen, was kontrolliert wird und was nicht, das wird kein gutes Licht auf die Sache werfen. Und ich sage das auch im Interesse der BAWAG-Aufklärung.

Es ist ja nur konsistent, dass Sie einen Untersuchungsausschuss ablehnen. Wir hatten diese Abstimmung, und Sie haben dagegen gestimmt. Aber vielleicht – legen Sie Ihre Pläne offen! – machen wir es ja so: Oh Wunder, es ist der 17. Juli, plötzlich bricht wie­der ein Thema über uns herein, die nächste BAWAG-Facette. (Abg. Scheibner: So würdet ihr es machen!) Jetzt brauchen wir vielleicht doch einen Untersuchungsaus­schuss. Die Kooperation mit der „Kronen Zeitung“ funktioniert in dem Punkt ja blen­dend. Das soll das Parlament freuen. Oder, Herr Vorsitzender, erklären wir vielleicht den Unterausschuss permanent über den Sommer? – Lauter Fragen, die nicht beant­wortet werden. Das wird nicht elegant sein, wenn Sie mit Ihrer Mehrheit dann einfach irgendetwas dekretieren.

Oder machen wir es so, dass wir ihn vielleicht nicht permanent erklären, weil vielleicht später gewählt wird, nicht Mitte/Anfang Oktober, sondern aus irgendwelchen Gründen später, die natürlich jetzt nichts mit Ihnen zu tun haben, Herr Hornek, damit Sie nicht glauben, dass ich Ihnen diese Bedeutung beimesse, aber Sie sind ja dann der Hand­langer dieser Angelegenheit? (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Legen Sie doch den Fahrplan offen! Warum machen wir denn keine fraktionellen Fahr­planbesprechungen? Warum ist es denn so, dass der Unterausschuss seine Termine relativ leicht durchsetzen kann, aber man sich im Vollausschuss drei Monate anstellen kann, bis sich ein Minister einmal bequemt, Zeit zu haben? (Abg. Öllinger setzt an, Beifall zu spenden.) – Das ist der Zustand der Kontrolle, den Sie nicht nur zu verant­worten haben, sondern den Sie als Parlamentarier auch noch decken! Das ist diese Demokratie, die Sie da aus Ihrem Wahlkreis kommend offensichtlich pflegen, nämlich jene Garderoben-Demokratie, die nichts anderes heißt – Karl Öllinger wird zu Recht klatschen in einer Minute (Heiterkeit) –, als dass Sie Ihr Gewissen an der Garderobe abgeben! Aber denken Sie daran: Sie sind immer noch Abgeordnete und nicht nur Handlanger der Regierung! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren auf der Galerie, ich muss Sie darauf aufmerksam machen, es kann in diesem Haus keine Beifallskundge­bungen von Seiten der Zuhörerinnen und Zuhörer geben. (Abg. Neudeck: Schon, aber nur lautlos! – Abg. Dr. Jarolim: Das sind ja alles junge Leute!)

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Lichtenegger zu Wort. Wunschredezeit: 4 Mi­nuten. – Bitte.

 


17.47.11

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Es geht um das Thema Gesundheit. Zu den Fakten ganz kurz:


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1,8 Milliarden € gaben wir im Jahr 2005 für Medikamente aus. Die Zuwachsraten an Arzneimittelkosten von 1998 auf 1999 lagen im zweistelligen Bereich. Auf Grund von Strukturmaßnahmen und Preisdämpfungsmaßnahmen konnten sich diese Zuwachsra­ten im letzten Jahr auf 3 bis 4 Prozent einpendeln, obwohl sie mit 7 bis 9 Prozent pro­gnostiziert worden sind.

Es sind nicht nur Preisdämpfungsmaßnahmen, wie sie vor zehn, 15 Jahren der Ein­fachheit halber gesetzt worden sind, beschlossen worden, sondern es ist wirklich auch strukturell etwas verändert worden: die Einrichtung der Heilmittel-Evaluierungs-Kom­mission, die Übertragung der Einholung ärztlicher Bewilligungen des chef- und kontroll­ärztlichen Dienstes der Sozialversicherung auf den verschreibenden Arzt/die verschrei­bende Ärztin, die Reduktion von Bewilligungshandlungen für Heilmittel durch Imple­mentierung einer besonderen Dokumentation und nachfolgenden Kontrolle.

Preisdämpfungsmaßnahmen wie Senkung der Handelsspanne, umsatzbezogene Son­derrabatte und Preisbildungsvorschriften sind ebenfalls in diesem Paket beinhaltet.

Gesundheitspolitik heißt für uns, Qualität sicherzustellen, auch was die Versorgung mit Arzneimitteln betrifft. Insbesondere die Zulassung von Arzneimitteln im europäischen Raum wird sehr streng gehandhabt, in Österreich ganz besonders; hier muss ein Arz­neimittel eine Reihe von Kontrollinstanzen durchlaufen, bis es endlich zugelassen wird. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Vertrieb von Arzneimitteln. Insgesamt 2 232 Stellen in Österreich vertreiben die Produkte, sodass die Arzneimittel für jedermann zugänglich sind.

Im Vollzug des Arzneimittelgesetzes war allerdings immer wieder festzustellen, dass es hier schon seit mehreren Legislaturperioden Probleme gegeben hat. Auf Grund dessen wurde eine Behörde vorgesehen, die PharMed Austria, die diesem Problem entgegen­treten soll.

Leider Gottes ist über diese außergewöhnlich gute Gesundheitspolitik, die nicht nur Qualität verspricht, sondern auch zukunftsweisend ist, vom Kollegen Kogler überhaupt nichts gesagt worden. Er hat sich lediglich über den Rechnungshofausschuss beklagt und sich über die Zukunft des Rechnungshofausschusses Gedanken gemacht. Kollege Kräuter ist mit dem Bericht von Herrn Professor Rebhahn gekommen, obwohl in der Fußzeile eindeutig zu lesen ist: Diese Fassung ist nicht zur Veröffentlichung bestimmt. Für eine Publikation sind noch Bearbeitungen erforderlich. – Sie arbeiten da mit Mitteln und Unterlagen, die eigentlich noch gar nicht fertig gestellt sind, und verwenden diese für Ihre Argumentation. So wollen Sie Gesundheitspolitik machen? Ihnen geht es offen­bar nicht um die Sache. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Abschließend: Ich habe die Vermutung, dass es Ihnen gar nicht um die Sache geht, sondern wahrscheinlich um Parteipolitik. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber es liegt die Vermutung nahe, und ich würde Sie bitten, das Thema ernst zu nehmen, denn Ge­sundheit ist ein Thema, das wirklich ernst zu nehmen ist, was Sie aber derzeit über­haupt nicht machen. Sie sagen immer nur, wie schlecht alles ist und dass das öster­reichische Gesundheitssystem keine Qualität hat. Ich glaube, Sie selber wissen genau, dass es nicht so ist, und ich würde Sie bitten, in Zukunft das Thema etwas ernster an­zugehen.

Wir versuchen wirklich, für die Patientinnen und Patienten in Österreich eine gute Lö­sung zu finden, arbeiten immer zukunftsorientiert, und ich glaube, es gibt wirklich kei­nen Grund, sich über diese Gesundheitspolitik nur irgendwelche schlechte Gedanken zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

17.51



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Faul zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


17.51.17

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Tancsits hat heute moniert, dass wir nicht mehr über den Bericht referiert haben. – Kollege Tancsits, Sie haben wahrscheinlich diesen Minderheitsbericht nicht gelesen, den wir in sehr ausführlicher Form dargelegt haben, aber Sie wollen halt auch immer nur das hören, was Sie selber gern sagen.

Kollege Lichtenegger hat den Rebhahn-Bericht angesprochen. In Wirklichkeit müssen wir davon ausgehen, dass die darin angeführten Dinge doch stimmen, und Sie können das nicht alles verniedlichen, Kollege Tancsits. Man kann doch nicht Rabatte zwischen 50 und 200 Prozent als eine niedliche Angelegenheit betrachten! – Abgeordneter Lich­tenegger, Ihr Kollege Dr. Pumberger hat schon ein paar Mal gesagt, sogar auch im Parlament: Wenn er davon abhängig wäre, was er allein mit seiner Ordination verdient, müsste er schön hungern! Mit seiner Hausapotheke kann er das Zwei- und das Drei­fache lukrieren!

Frau Bundesministerin! Wenn man das Gezerre um die Hausapotheken sieht, wenn man weiß, dass Apotheken schon allein beim Ansehen eines Rezeptes feststellen kön­nen, von welchem Arzt das kommt, wenn man beobachten kann, dass Ärzte, die sehr sparsam in der Bezahlung ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind, plötzlich Leute zu Firmenurlauben einladen, und man weiß, dass das alles die Pharmalobby zahlt, dann wird einem schon klar, dass da sehr viel dahinter stecken muss.

Frau Bundesministerin, das Pikante an der ganzen Geschichte, an der Untersuchung war ja, dass Sie einen Vertreter der Pharmaindustrie, nämlich Herrn Dr. Gleitsmann, als Interessenvertreter für sich lukriert haben. Das heißt, Sie haben den Bock zum Gärtner gemacht. Da darf es einen nicht wundern, wenn dann die Pharmaindustrie bei Ihnen anklopft und sagt: Macht mir ja die Medikamente nicht billiger!

Das ist eine billige Polemik, wenn Kollege Tancsits die alten Zahlen von 1994 bis 2004 aufwirft. – Kollege Tancsits! Dr. Kandlhofer hat gesagt, dass diese Entwicklung weiter­geht, dass die Einnahmen der Sozialversicherungen und die Ausgaben für die Medika­mente weiter auseinander driften, und dem können Sie nicht begegnen, Frau Bundes­ministerin! (Beifall bei der SPÖ.)

17.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Rauch-Kallat zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 


17.53.27

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß schon, es tut weh, dass diese Bundesregierung es geschafft hat, die Arzneimittelkosten zu dämpfen – nicht, weniger auszugeben, das war nämlich gar nicht das Ziel, denn wir brauchen auf Grund der me­dizinischen Entwicklung, des medizinischen Fortschritts und unserer demographischen Entwicklung laufend mehr Geld für das Gesundheitswesen. Wir wissen das. Aber es geht darum, dass uns die Kosten nicht aus dem Ruder laufen.

Ich darf sagen, dass die Kosten seit 1990 allein im Arzneimittelwesen um das Drei­fache gestiegen sind, also um 150 Prozent, und die Zahlen sprechen Bände: Im Jahre 1990 waren es noch 859 Millionen €. Bis 1995 sind sie um 460 Millionen auf 1,319 Milliarden gestiegen. In den nächsten fünf Jahren, zwischen 1995 und 2000, sind sie um 550 Millionen gestiegen; das war unter Verantwortung sozialdemokratischer


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Gesundheits- und Sozialminister. Bis 2005 verlief dann der Anstieg schon etwas ge­dämpft und lag Gott sei Dank wieder unter 500 Millionen.

Mit diesem Arzneimittelpaket, das sehr bewusst alle in die Pflicht genommen hat – nämlich die Pharmaindustrie, die Apotheken, die Hausapotheken, die Ärzte in ihrer Verschreibepraxis, aber auch die Patienten in der Aufklärung darüber, dass Generika vollwertige Medikamente sind –, ist es uns gelungen, die prognostizierten Kostenstei­gerungen von 7 bis 9 Prozent auf die von uns angestrebten 3 bis 4 Prozent zu dämp­fen.

Im Dezember 2003 in diesem Haus beschlossen, 2004 in Kraft getreten: Im Jahre 2004 war die Steigerung nicht 7 bis 9, sondern 3,5 Prozent, im Jahre 2005 sogar nur 2,18 Prozent. Daher ist es kein Wunder, Herr Kollege Kräuter, dass sie heuer wieder angestiegen sind. Das ist relativ normal, nachdem sie im vergangenen Jahr etwas zu­rückgegangen sind. Und wir werden sehr darauf achten, dass sie nicht weiter steigen werden.

Wir haben auch alles dazu getan, dass Missstände in diesem Bereich hintangehalten werden, dass die Verschreibepraxis eines Arztes durch Naturalrabatte bis zu 100 Pro­zent – zumindest wurde das behauptet – nicht beeinflusst wird. Ich glaube, dass wir damit ein gutes System gefunden haben, diese Kosten auch tatsächlich laufend zu be­obachten, auch mit dem neuen Zulassungsverfahren, auch mit dem ABS-System, das dank der Gesundheitskarte möglich ist und wo derzeit die Bewilligungsdauer zwischen 5 und 10 Minuten im Schnitt liegt.

Ich denke, dass wir in diesen letzten drei Jahren entscheidende, wichtige Schritte im Gesundheitswesen gesetzt haben, sowohl was die Modernisierung im Technologiebe­reich mit der Gesundheitskarte anbelangt als auch was die Kostendämpfung anbe­langt, wenngleich uns allen klar ist, dass die Gesundheitskosten, eben auf Grund die­ser beiden Faktoren: demographische Entwicklung, medizinischer Fortschritt, auch in Zukunft ständig ansteigen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

17.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Abgeordneter gelangt Herr Abge­ordneter Hornek zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.57.19

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bedauerlicherweise ist von der grünen Fraktion beinahe niemand mehr da. Umso mehr bedauere ich, dass selbst der Herr Rechnungshofsprecher bereits gegangen ist. Mit großer Verwunderung habe ich festgestellt, dass er gerade in einer dramatischen Situation in dieser Republik, wo es darum geht, dass die Republik Österreich eine Haftung in der Höhe von mehr als 900 Millionen € für ein Bankinstitut übernimmt, der Meinung ist, dass man genau jenes Kontrollgremium, das sich damit befassen muss, zeitgerecht ausschalten sollte. Aber so sehr verwundert es mich gar nicht, wenn ich an sein Verhalten in der letzten Zeit denke, das bereits in diese Richtung tendiert hat, daran, wie schwierig es war, Ter­mine in dieser wichtigen Thematik festzulegen.

Und noch eines – und das sei hier für das Protokoll angemerkt –: Selbst die SPÖ hatte zu diesem Prüfverlangen diesem Termin bereits zugestimmt, die Grünen jedoch noch nicht. Dahinter kann ich nur taktische Spielchen vermuten, und das hat in diesem Haus nichts verloren, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wenn er im Zusammenhang mit dieser Prüfung im Bereich des Gesundheitswesens Kritik übt, dann muss man schon klar und deutlich festhalten, dass ihm vermutlich nicht


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gefällt, dass das, was das Prüfverlangen ursprünglich tendenziell zum Ziel hatte, näm­lich Missstände in Bezug auf den Bereich der Naturalrabatte aufzuzeigen, nicht darge­stellt werden konnte, ja dass sich nachweislich das Gegenteil herausgestellt hat.

Ich darf Ihnen hier einige Zahlen nennen. In den Unterlagen zu dem Prüfverlangen heißt es, dass man vermutet, dass 240 Millionen € in diesem Bereich verloren gingen, und dass diese gesamte Thematik der Naturalrabatte ein sehr großes Problem sei. Wenn aber der gesamte Aufwand für die Heilmittel im Jahre 2004 280 Millionen € aus­macht, dann sieht man bereits daran, dass das nicht logisch sein kann und irreal ist.

Interessant war auch eines: dass die Herrschaften, die dieses Begehren eingebracht haben, konkret der Kollege Kräuter bereits in der zweiten Sitzung kein Interesse mehr an diesem Prüfverlangen hatte, sondern ganz elegant abgeschwenkt ist zur e-card – auch kein Volltreffer aus seiner Sicht, sondern eher einer aus Sicht der Regierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben mit der e-card ein tolles Produkt zur Verfügung, das eine Amortisationszeit hat, von der man in der Wirtschaft nur träu­men kann – nicht einmal drei Jahre! –, ein hochwertiges Produkt, das weltweit ein Vorbild ist und das in hohem Maße nachgefragt ist. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Prüfungen haben ergeben, dass das Gesundheitssystem auch finanztechnisch noch nie so gesund war wie jetzt – und kein Geld ist davon „stiften gegangen“! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

18.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lapp zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.00.44

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Nach der Rede meines Vorgängers, die eher zu einer Faschingsgilde passt als zu einem Vorsitzenden des Unterausschusses des Rechnungshofausschusses (Beifall bei der SPÖ – Abg. Steibl: Also das ist eine Beleidigung!), möchte ich mich wieder dem eigentlichen Thema widmen.

Das Gesundheitssystem, meine Damen und Herren, ist für die Patientinnen und Pati­enten, für die Versicherten wesentlich, und zwar ein effizientes. Weil sich die Frau Mi­nisterin vorher gerühmt hat, dass sie es jetzt mit der ÖVP-bunten Regierung geschafft hat, dass die Medikamentenpreise und die Medikamentenausgaben gesunken sind, dann muss ich sagen: Sie hat natürlich nicht das heurige Jahr erwähnt, denn in diesem gibt es wieder Steigerungen um 11 Prozent. – Auch daran sehen Sie wieder, dass Husch-Pfusch und Drübertaumeln das Motto der Bundesregierung ist.

Ich möchte aber auch darauf zu sprechen kommen, dass zu Beginn der Diskussion über Naturalrabatte und Geldrabatte Herr Dr. Rasinger immer davon gesprochen hat, dass das ja wie bei Autokäufen ist: dass man Rabatte bekommt und dass man sich das selber aussuchen kann. – Gott sei Dank sind Sie auf Seiten Ihrer Fraktion dann wieder von diesem Thema abgekommen, weil Sie gesehen haben: Das ist für die Menschen, die Medikamente brauchen, die jetzt wesentlich längere Wege haben, um zu Medika­menten zu kommen, ein Schlag ins Gesicht. – Von dem haben Sie sich Gott sei Dank wieder abgewendet.

Sie bieten ja keine Lösungen an, denn ein Übergehen von den Naturalrabatten zu den Geldrabatten ist keinerlei Änderung im System, sondern es geht in die Richtung, dass bei den Pharmafirmen die Marketingausgaben wesentlich höher sind als die For­schungsausgaben. Hier gibt es also keinen Ansatz zu einer Lösung.


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Auch der Bereich der Qualitätssicherung ist einer, der Ihnen nicht am Herzen liegt. Sie tragen zum Gesundheitssystem dadurch bei, dass Sie Selbstbehalte steigern und Pfu­schereien machen.

Bei den Forderungen von uns SozialdemokratInnen stehen die Patienten im Mittel­punkt, wir stehen für Information und Transparenz, auch im Medikamentenbereich. Es soll Schluss sein mit Rabatten. – Diese Regierung hat im Gesundheitssystem versagt! (Beifall bei der SPÖ.)

18.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.03.11

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um die­sem Befund zu folgen, werte Frau Kollegin, dass die Regierung im Gesundheitswesen versagt hat, muss man schon an einem gerüttelten Maß an Realitätsverweigerung leiden, wie wir es in Ihrer Fraktion leider auch am Beispiel anderer Themen feststellen können. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter, der einen Zeitungsartikel in die Höhe hält.)

Wenn Sie nämlich die Menschen in diesem Land fragen und wenn Sie sich die Situa­tion objektiv ansehen, dann werden Sie feststellen, dass wir ein Gesundheitssystem haben, das wirklich auf der ganzen Welt Beachtung findet, das eine sehr hohe Versor­gungsqualität bietet. Schauen Sie sich einmal andere Länder an, durchaus auch sozial­demokratisch regierte! Fragen Sie zum Beispiel Tony Blair in Großbritannien! Alle Men­schen, die einmal einige Jahre im Ausland verbringen und dann nach Österreich zu­rückkommen, werden Ihnen bestätigen, wie wunderbar das Gesundheitssystem in Ös­terreich ist und wie gut dieses funktioniert, welche Qualität hier bei der Gesundheitsver­sorgung geboten wird. – Bleiben wir also bitte bei den Tatsachen!

Ich glaube, dass das Thema Gesundheitswesen ein ganz besonders wichtiges ist, weil es den Menschen sehr nahe liegt, weil es gerade in schwierigen Situationen notwendig ist, eine medizinische Versorgung in hoher Qualität angeboten zu bekommen. Es ist daher auch legitim, dass wir uns im Unterausschuss diesem Thema gewidmet haben und auch gemeinsam, in gemeinsamer Kontrollarbeit überprüft haben, wie das eigent­lich funktioniert.

Der Bericht, der hiezu letztlich abgeschlossen wurde, zeigt ja, dass die Vermutungen, die da immer wieder angestellt wurden, nicht richtig sind, sondern dass hier gute Quali­tät vorhanden ist und dass wir vor allem mit den finanziellen Mitteln auch auskommen. Dies wird wiederum an dem Ergebnis deutlich, dass 2005 – erstmalig, bitte! – auch ins­gesamt unter den Sozialversicherungen kein Defizit mehr gemacht wurde, sondern ein Überschuss erwirtschaftet werden konnte.

Was dieses Ergebnis allerdings auch zeigt – und das mag für Sie von der SPÖ schmerzlich sein –, ist, dass gerade die sozialistisch verwalteten – und es gibt im Bereich der Sozialversicherungen ja Selbstverwaltung – Sozialversicherungen leider nichts zu diesem positiven Ergebnis beitragen, sondern, im Gegenteil, dass sie die positiven Ergebnisse anderer Sozialversicherungen auch noch auffressen.

Darum geht es! Es geht nicht um Beitragserhöhungen, es geht nicht um Skandalisie­rungsversuche, sondern es geht darum, dass es auch denjenigen, denen es bis jetzt nicht gelungen ist, noch gelingt, in ihrem Bereich positiv zu wirtschaften. Wenn Sie da mehr Energie einsetzen, lieber Kollege Kräuter, dann, glaube ich, wäre das auch von Ihnen ein konstruktiver Beitrag zum Gesundheitswesen – und nicht nur, so wie wir es


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bisher gewohnt sind, ein rein destruktiver Beitrag. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gaßner zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.06.07

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Kollege Donnerbauer, wenn Sie mit den Leuten reden und sie fragen, was sie von den Kosten im Zusammenhang mit der Gesundheit halten, dann werden Sie die Erfah­rung machen, dass sich zunehmend mehr Menschen in Österreich diese Kosten nicht mehr leisten können. – Das sind die Fakten! (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt überhaupt nicht! – Abg. Murauer: Zum Beispiel welche Kosten?) Na, die für die Medikamente zum Beispiel! – Aber Sie werden ja wahrscheinlich mit diesen Leuten gar nicht spre­chen, die sich diese Kosten nicht leisten können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer: Na, bitte! Da hab’ ich schon früher als Sie ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unterm Strich ist bei dieser Rabattdebatte als einzige Änderung übrig geblieben: Es dürfen jetzt keine Naturalrabatte mehr gegeben werden, sondern nur mehr Geldrabatte.

Wer, bitte, kann mir erklären, wo da der Unterschied liegt? Was ist, unterm Strich, der Unterschied zwischen einem Natural- und einem Geldrabatt? (Abg. Mag. Molterer: Fragen Sie den Weninger!) – Danke, Herr Klubobmann. Ich weiß schon, wen ich fra­gen muss. Ich kann auch nachschauen. Ich kann Ihnen die Bücher der kaufmänni­schen Schulen empfehlen, darin werden die Rabatte erklärt! Und dort steht nichts davon drinnen (Abg. Gahr: Da steht das genau drin!), dass es da einen Unterschied gäbe. – Das ist aber die einzige Maßnahme, die übrig geblieben ist.

Es gibt ein Gutachten von einem Universitätsprofessor, das wir in diesem Unteraus­schuss gerne in Verhandlung genommen hätten. Das aber haben Sie mit Ihrer Mehr­heit immer wieder verhindert. Sie wollten nicht reden über das Gutachten von Reb­hahn, der ganz klar und deutlich sagt, dass diese Maßnahmen nicht zielführend sind. Nur die Ausnützung der Geschäftsordnung hat es uns möglich gemacht, dieses Gut­achten auch noch in Verhandlung zu bringen. Und in diesem Zusammenhang, Frau Bundesministerin, hätte ich eine Frage: Wieso hat man denn der Frau Geschäftsfüh­rerin Hartinger verboten, dass sie dieses Gutachten in Auftrag gibt – wieso? –, um es dann zwei Monate später trotzdem in Auftrag zu geben?

Wissen Sie, was darin herausgekommen ist, was Herr Professor Rebhahn unterm Strich in diesem Gutachten gesagt hat? – Er hat gemeint, sollte das Geldrabattunwe­sen zunehmen, dann „hätte das Verbot nur der Naturalrabatte die Lage der Kranken­versicherungen verschlechtert statt verbessert“.

„Die Lage der Krankenversicherungen“, das heißt: derjenigen, die dort versichert sind. – Auf dem Rücken der Versicherten spielen Sie Ihre Spielchen! Das ist Gesund­heitspolitik à la ÖVP! (Beifall bei der SPÖ.)

18.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Lentsch zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.09.00

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! In ganz Europa steigen die Kosten für das Gesundheitswesen. Das ist eine Tatsache, die natürlich allen be-


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wusst ist. Die Kosten sinken nur dort, wo die Versorgung schlechter wird, aber dort wollen wir alle nicht hin – höchstens ein paar Tage auf Urlaub.

Der Weg, der eingeschlagen wird, um das Gesundheitswesen zu erhalten, ist sehr un­terschiedlich. Manche Länder, wie zum Beispiel England, setzen auf Privatisierung und Selbstbehalte. Anders beispielsweise in Deutschland: da setzt man auf höhere Steu­ern, die zweckgebunden sind. Beide Wege sind weder populär, noch können sie das Problem insgesamt lösen.

Aber die Oppositionsparteien haben ja nun einen neuen Ansatzpunkt gefunden, und das sind die Naturalrabatte der Pharmaindustrie. Diese Naturalrabatte sind laut ihrer Darstellung schuld am Defizit, weil sie angeblich die Kosten hinauftreiben. – Geschätz­te Damen und Herren von den Oppositionsparteien! Das ist bestenfalls ein Nebenthe­ma – das ist eine Tatsache, die sicherlich auch Ihnen bewusst ist.

Wenn man unbedingt einen Zusammenhang zwischen Naturalrabatten für Ärzte und den Gesundheitskosten herstellen will, dann kann man das natürlich tun, weil man da­mit den Neid schüren kann – und es stehen ja bekanntlich Wahlen vor der Tür. Das ist nichts anderes als Wahlkampfrhetorik, geschätzte Damen und Herren von den Opposi­tionsparteien!

Was wir wirklich brauchen, das ist eine behutsame Reform, um die Bevölkerung nicht zu verunsichern. Und diese behutsame Reform macht unsere Bundesministerin bezie­hungsweise Gesundheitsministerin, und der Erfolg gibt ihr Recht! Daher kann man ihr dazu nur gratulieren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

18.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.11.20

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Thema Naturalrabatte lässt sich klar nachzeichnen, dass Sie, Frau Ministerin, Ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind. Mein Kollege Gaßner hat es ja schon ausgeführt: Zuerst haben Sie an Naturalrabatten nichts gefunden, dann sind Sie dazu übergegangen, eine Grenze von 7 500 € einzuführen, und dann, als der öffentliche Druck so groß wurde, hat es die Geldrabatte gegeben. Aber das macht die Sache nicht besser, denn es besteht kein Unterschied!

Den Schaden haben die Versicherten, denn die haben keinen Preisvorteil. Die Patien­ten haben nichts davon, dass die Pharmafirmen jährlich Rabatte in einer Gesamthöhe von 240 Millionen € gewähren, und müssen dabei mit ansehen, wie die Medikamenten­kosten steigen. Und das ist keine Gräuelpropaganda, sondern das sind die offiziellen Zahlen des Hauptverbandes der Sozialversicherung: Im ersten Quartal dieses Jahres sind die Medikamentenkosten bereits um über 11 Prozent gestiegen!

Taurige Realität: Im Laufe von sechs Jahren blau-orange-schwarzer Bundesregierung haben die Menschen immer mehr für Gesundheit bezahlen müssen, aber die Leistun­gen werden ständig gekürzt. Wir haben seit 2 000 um 36 Prozent höhere Rezeptge­bühren, und bei den Spitalsgebühren verhält es sich ähnlich, die sind um 97 Prozent gestiegen. Das heißt, eine gute medizinische Versorgung zu haben, ist längst eine Frage des Geldes geworden.

Das wissen auch die Österreicherinnen und Österreicher: Im Gegensatz zu den Aussa­gen des Kollegen Donnerbauer – er ist gerade nicht im Saal; doch, Entschuldigung! – fürchten nämlich laut einer IMAS-Umfrage 62 Prozent der Österreicherinnen und Ös­terreicher um ihre Gesundheitsversorgung. Auch das ist Grund genug (Abg. Mag. Don­nerbauer: ... die Reformen anzugehen! – Abg. Lentsch: Die Sie versäumt haben!) für


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die Wählerinnen und Wähler, dieser unsozialen Politik ein Ende zu bereiten! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.13



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster kommt Herr Abgeordneter Gahr zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.13.41

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist ja äußerst seltsam, dass Kollege Kogler heute hier wieder einmal sein Lied auf die parlamentarische Kontrolle wieder­gegeben hat. Als Rechnungshofsprecher erlebe ich in letzter Zeit, dass die Rundläufe meistens im Grünen Klub hängen bleiben und eigentlich die Grünen diejenigen sind, die in letzter Zeit die meisten Rechnungshofausschuss-Termine blockiert haben. Es ist ja auch seltsam, dass Kollege Kogler nach seiner Rede das Plenum verlässt (Abg. Steibl: So ist es!), hier nur die Kritik im Raum stehen lässt, aber selbst seiner demo­kratischen Pflicht hier nicht nachkommt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheib­ner.)

Ich glaube, es steht außer Streit, dass wir gerade beim Bezug und bei der Abgabe von Medikamenten mit größtmöglicher Transparenz, Effizienz, aber auch Sparsamkeit vor­gehen müssen.

Herr Kollege Gaßner, sie können offensichtlich die Naturalrabatte und die Geldrabatte nicht voneinander unterscheiden. Es steht in jedem kaufmännischen Lehrbuch, dass es da sehr wohl Unterschiede gibt, dass es Draufgaben und Dreingaben und auch noch manch andere Dinge gibt! – Aber ich glaube, Sie haben ja ohnehin genügend Möglichkeiten, sich über dieses Thema besser zu informieren.

Ich denke, die Preisfrage ist im Medikamentenbereich insgesamt eine sehr wesentliche Frage, weil es ja darum geht, Steuergeld sinnvoll einzusetzen. Es steht aber auch außer Streit, gerade für die Vertreter der ländlichen Regionen, dass wir in der Medika­mentenversorgung ein Nebeneinander zwischen Apotheken und Hausärzten aufrecht­erhalten müssen, um insgesamt die Qualität der Medikamentenversorgung sichern zu können.

Wer glaubt, dass ein reines Preisregulierungssystem funktionieren kann, der sollte be­denken: Monopole wollen wir, glaube ich, nicht! Monopole schaffen Abhängigkeit, und daher lehnen wir solche auch ab.

Frau Bundesminister Rauch-Kallat hat ja in dieser Frage sehr rasch reagiert, und auch die Ergebnisse dieses Unterausschusses zeigen ganz deutlich, dass man sehr viele Schwächen im System abbauen konnte, dass eben die Gewährung von Naturalrabat­ten mit 1. Juni 2006 verboten wurde und dass es in Österreich ein außerordentlich gu­tes und ein in sehr positiver Art und Weise funktionierendes Gesundheitssystem gibt.

Es gibt keinen Skandal – entgegen dem, was Kollege Kräuter in den Medien immer wiedergibt. Es gibt Rundumschläge der SPÖ, durch die ein System, das bestens funk­tioniert, schlecht gemacht wird.

Wir stehen aus Gründen der Sparsamkeit und aus Verantwortung für den Bürger und für die Patientinnen und Patienten zur Medikamentenversorgung, wie sie derzeit funk­tioniert. Man kann vieles verbessern und wird noch manches verbessern, aber ich glaube, Österreich steht in diesem Bereich europaweit an vorderster Stelle, und in dieser Richtung wollen wir weiterarbeiten – und nicht mit Kritik ein System schlecht machen, das funktioniert. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

18.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Prä­hauser zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.16.56

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Diese Diskussion zeigt wieder einmal, wie nahe Wahrheit und Fiktion bei­einander liegen. Man unterstellt uns nämlich hier, keinen Unterschied zwischen Bar­rabatten und Naturalrabatten zu kennen. Ich darf das nur einmal auf den Tisch legen, es ist leicht nachvollziehbar: Geldrabatte erleichtern das Leben des Einzelnen auf ein­fache Weise, mit Naturalrabatten muss man sich weiter um Kunden kümmern. – Das heißt also: Es ändert nichts an der Sache.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, Sie haben ein Problem: Sie wollen auf der einen Seite die Industrie, die Medikamente herstellt, stärken und sie nicht vor den Kopf stoßen. Auf der anderen Seite wollen Sie die Apothekerkammer be­ziehungsweise ihre Mitglieder auch ordentlich forcieren und nicht vor den Kopf stoßen, damit sie auch Entsprechendes absetzen. Und drittens wollen Sie natürlich die Haus­apotheken führenden Hausärzte auch bei Laune halten. Und das Ganze ist natürlich noch mit dem Problem verbunden, dass Sie letztendlich die Konsumenten dieser Pro­dukte, also die kranken Menschen – sprich: Wählerinnen und Wähler – ebenfalls bei Laune halten wollen. – Das ist natürlich eine Quadratur des Kreises. Das ist so einfach nicht möglich.

Da muss man eben ehrlich zugeben: Was wollen wir? – Gesundheitspolitik kostet et­was, und da muss man natürlich auch ehrlich an die Sache herangehen, den Leuten sagen, was Sache ist – und nicht irgendwelche Märchen erzählen, etwas vorgaukeln. Die beste Aussage hat ja vorhin Kollege Donnerbauer gemacht, als er meinte, Tony Blair wäre stolz auf unser System. – Nun, Tony Blair hat ein Problem: Er musste Thatchers Regierung übernehmen. Sie hingegen haben den Vorteil gehabt, eine sozi­aldemokratische Regierung ablösen zu dürfen – mit einem funktionierenden Gesund­heitswesen! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Molterer.)

18.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Lack­ner zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.18.44

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Wenn ich jetzt auf all das, was da von Seiten der Regierungsparteien an Unsinnigkeiten in den Raum gestellt worden ist (Abg. Großruck: Was hast du gesagt? – Sag es noch einmal!), eingehen würde (Abg. Dr. Niederwieser: Dann redest du eine halbe Stunde!), dann würde das den Rahmen meiner Ausführungen in dieser heutigen Sitzung sicher sprengen. (Abg. Großruck: Sag es noch einmal! Die Präsidentin täte es gerne hören!)

Einer der Aufträge, meine Damen und Herren, wäre ja auch gewesen, die Zurverfü­gungstellung von innovativen Medikamenten festzustellen. Wenn ich mir jetzt aber anschaue, was die Frau Bundesministerin am 12. Juni in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zum Besten gegeben hat, dann habe ich meine Zweifel daran, dass sie beab­sichtigt, auch in Zukunft jemals irgendwie in diesem Bereich tätig zu werden. Ich darf Ihnen das kurz vorlesen:

„... sprach sich die österreichische Ressortchefin dafür aus, das Arzneimittelsortiment zu durchforsten, um eine effizientere Versorgung zu ermöglichen. ,Wir müssen uns die Frage stellen, ob es dieser Vielzahl von Medikamenten und Produkten bedarf oder ob wir uns besser auf das konzentrieren, was in der großen Masse notwendig ist‘, ...“


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Frau Bundesministerin, was heißt das? Heißt das, dass man in Zukunft die Medika­mente für Menschen mit seltenen Krankheiten nicht mehr zur Verfügung stellen wird? Heißt das, dass man sich in Zukunft lebensnotwendige Medikamente zum Teil selbst besorgen muss? Ich habe nach dieser Aussage, Frau Bundesministerin, doch den Verdacht, dass offensichtlich geplant ist, den Umfang in der Medikamentenversorgung weiterhin empfindlich einzuschränken.

Schon aus diesem Grund, meine Damen und Herren, war es notwendig, diesen Aus­schuss zu führen, obwohl gerade in diesem Bereich die Regierungsparteien und auch die Regierungsvertreter nicht sehr auskunftsfreudig gewesen sind.

Es droht weiteres Ungemach, Frau Bundesministerin! Es gibt offensichtlich in der Phar­mig eine Studie, worin steht, dass das, was Sie jetzt planen oder was geplant ist, und zwar dieses Erstattungssystem, nicht mit den EU-Transparenz-Richtlinien in Einklang zu bringen ist.

Ich kann nur sagen, Frau Bundesministerin: Das ist schon wieder etwas, was in die Ho­sen gehen wird! Wir haben Ihnen bereits bei der Festsetzung von Mindestpreisen bei den Tabakwaren gesagt, dass das EU-rechtswidrig wird – und genau das gleiche scheint sich hier in diesem Bereich zu wiederholen.

Herr Kollege Tancsits, ich war auch in diesem Ausschuss. Es ist schon irgendwie ver­wunderlich. In diesem Bericht steht: Rabatte sind grundsätzlich für die Finanzierung der Heilmittel sowohl in den Krankenanstalten als auch durch die Sozialversicherung unabdingbar. – Diese Meinung kann ich teilen. Nur: Gerade im Bereich der Haus­apotheken, im Bereich der Naturalrabatte und Geldrabatte kommt ausgerechnet dieser Preisvorteil nicht der Sozialversicherung zugute. Aber genau das haben wir eingefor­dert! Meine Damen und Herren, in Ihrer Gesetzgebung haben Sie wieder darauf ver­zichtet, dies zu tun. Daher ist dies natürlich auch danebengegangen.

Meine Damen und Herren, der Kollege Tancsits hat heute behauptet, in der Zeit der großen Koalition, wo wir den Gesundheitsminister oder die Gesundheitsministerin ge­stellt haben, sei in dem Bereich der Medikamentkostenentwicklung nichts passiert. – Herr Kollege Tancsits, das ist schlicht und ergreifend unrichtig. Das wissen Sie auch! Natürlich hat es auch damals Verabredungen und Preissenkungen gegeben.

Sie sagten hier am Rednerpult, dass alles so gut sei, was Sie gemacht haben. Dazu muss ich Ihnen sagen: Sie wissen genau, dass es letztes Jahr und vorletztes Jahr den Solidarbeitrag gegeben hat – den übrigens nicht alle bezahlt haben; das kommt ja noch dazu – und dass sich die Kosten für die Heilmittel im ersten Quartal des Jahres 2006 bereits auf 11 Prozent eingependelt haben, meine Damen und Herren.

Sie sagten, dass ohnehin alles so super ist. – Das ist schlicht und ergreifend nicht wahr! Der Ausschuss war mehr als gerechtfertigt. Nur: Er hat sich leider in der Weise abgespielt, dass es von Seiten der Regierungsparteien permanent Auskunftsverweige­rung gegeben hat und man sich eigentlich nur mit Polemik abmühen musste. Das ist schade!

Abschließend: Das, was Sie, Herr Donnerbauer hier am Rednerpult bezüglich der Krankenkassen gesagt haben, kann ich so nicht im Raum stehen lassen. Sie wissen nur allzu gut, dass im Jahre 2005 deshalb ein Überschuss zustande gekommen ist, weil Sie eine Anleihe bei der AUVA genommen haben. Da wird sich die Situation natür­lich im Jahre 2006 und in weiterer Folge in den Jahren 2007 und 2008 wesentlich ver­schlechtern. Dem sollten Sie nicht so gelassen entgegensehen, weil es nicht so ist, wie Sie annehmen – ob Sie das wollen oder nicht. Und was das Schlusslicht bei den Ge­bietskrankenkassen betrifft, so ist eine ÖVP-dominierte Krankenkasse, nämlich die-


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jenige aus Tirol, führend. Diese Polemik haben Sie nicht notwendig! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin Rauch-Kallat hat sich nun zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


18.24.30

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Präsiden­tin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Lackner, ein einziger Satz zur Richtigstellung und Klarstellung, damit nicht eine von Ihnen bewusst oder unbewusst missverstandene Interpretation eines Zitates aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zu weiteren Missverständnissen führt. – Die Pharmig versucht das ja auch, aber ich verstehe nicht, warum Sie sich zum Lobbyisten der Pharmaindustrie machen.

Ich möchte hier festhalten: Wir brauchen nicht 97 verschiedene Medikamente (Zwi­schenruf des Abg. Faul), die alle dasselbe bewirken. Wir wollen ganz bewusst auch die Patientinnen und Patienten davon überzeugen, dass Generika zum Beispiel – und auch da brauchen wir nicht 45 gleiche – genauso gut wirken wie Originalpräparate, da­mit wir eben Geld frei haben für genau jene Bereiche, von denen Sie meinen, dass sie jetzt nicht mehr behandelt werden, oder von denen die Pharmig meint, dass sie nicht mehr behandelt werden, nämlich für die ganz seltenen Krankheiten. Diese Bundesre­gierung hat für diese ganz seltenen Krankheiten mehr gemacht als alle Bundesregie­rungen der SPÖ in den letzten 50 Jahren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG in 1544 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofaus­schusses, seinen Bericht 1544 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

.26.4712. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 822/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (1545 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

 


Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.


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18.27.15

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Ja, Herr Abgeordneter Lackner, ich muss mich mit dir beschäftigen (Abg. Lackner: Schon wieder?), du liegst mir so am Herzen. (Abg. Lackner: Echt?) Es ist irgendwie eigenartig. Entweder hörst du nicht zu oder warst du nicht anwesend.

Du hast Angst oder du machst Angst – das ist der bessere Ausdruck –, dass Österrei­cher und Österreicherinnen keine ausreichende Medikamentenversorgung bekommen. Letztes Mal habe ich dir etwas bewiesen: Nicht ich, sondern die Wiener Gebietskran­kenkasse hat eine Aussendung an alle Vertragsärzte gemacht, dass man zusammen­fassend feststellen kann, dass die Versorgung mit innovativen Medikamenten auf ho­hem Niveau international gesichert ist. Und was sagst du heute hier? – Furchtbar, grauslich, die armen Patienten bekommen die für sie notwendigen Medikamente nicht!

Lieber Manfred Lackner, Ängste von Patienten sind zu ernst, dass man damit spielt! Es ist wirklich nicht richtig von dir, dass du wider besseres Wissen Sachen behauptest, die du eigentlich nicht behaupten kannst! Im Gegenteil: Erst gestern habe ich mit einer Pa­tientin zu tun gehabt, die in St. Pölten an Brustkrebs behandelt wurde. Ich sage dir, sie hat – ohne dass sie es weiß! – die modernste Therapie der Welt bekommen. Die ist sehr teuer, die kostet 32 000 €! Es wurde nicht gespart. Ich nenne bewusst nicht Wien, sondern einmal ein anderes Bundesland. Ich denke, wir sollten eher stolz sein, als uns irgendwelche falschen Argumente an den Kopf zu werfen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Kollege brachte zuerst das Argument, die Kosten bei den Medikamenten würden steigen und die Leute könnten sich die Medikamente nicht mehr leisten. Außerdem be­zog er sich auf die Selbstbehalte. – Bitte, glaubt euren Pressediensten nicht alles, was sie euch vorgeben! Die Selbstbehalte sind gesunken! Ich kann es Ihnen beweisen – auch das habe ich das letzte Mal vorgerechnet –, aber wenn man in der Cafeteria sitzt und nicht aufpasst, dann kann man sich das nicht merken!

Bleiben wir bei der Wahrheit: Die Selbstbehalte beim Arztbesuch sind durch die e-card gesunken, und zwar von durchschnittlich – sagen wir – 28 € auf 10 €, vor allem für chronisch kranke Patienten. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Von mir aus können wir uns zusammensetzen und das nachrechnen. Aber es ist so. (Abg. Dr. Matznetter: Re­den Sie einmal mit den Pensionisten!)

Heute habe ich in der Säulenhalle eine Ausstellung über Finnland gesehen. Finnland hat die höchste Zufriedenheit in der ganzen EU mit dem Gesundheitswesen. Ich kann das nur damit begründen, dass die Finnen viel aushalten. Ich habe mich mit dem finni­schen Gesundheitssystem genau beschäftigt und muss feststellen: Finnland ist viermal größer als Österreich und hat fünf Helikopter. Wissen Sie, wie viele Helikopter Öster­reich zur Notarztversorgung hat? Raten Sie einmal! Etwa 30. (Abg. Dr. Matznetter: Bei uns ...)

Wenn ich das also umlege, dann kann ich sagen, dass Österreich eine etwa 25-mal größere Versorgung mit Helikoptern hat als Finnland. Bei einer Notversorgung, wenn man einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall hat, dann ist man sehr froh, dass man ins Spital gebracht wird. (Abg. Dr. Matznetter: Das ist ja unglaublich!) Wir wissen heute ganz genau – ich sage es denjenigen, die es vielleicht nicht so genau wissen –, wenn man nicht binnen drei Stunden das Gerinnsel beim Schlaganfall auflöst, dann ist die Chance um 30 Prozent höher, dass man einen Gehirnschaden davonträgt und die Rehabilitation schlechter ist.

In Finnland wird das gar nicht möglich sein, weil der Helikopter nicht kommt, und
damit ist die Zahl bezüglich der Chance auf Rehabilitation automatisch anders. (Abg. Dr. Matznetter: Wieso sagen Sie das?)


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In Deutschland hat es die rot-grüne Regierung zugelassen, dass im ehemaligen Ost­deutschland die Distanz zum nächsten Spital 80 Kilometer beträgt. Das wollen wir nicht! Wir wollen, dass in Österreich die Versorgung von Spitälern so ist, dass alte Menschen dort versorgt werden können, rechtzeitig von der Rettung gebracht werden können und dass die Angehörigen sie auch besuchen können. – Das verstehe ich unter Patientenrecht – und nicht eine billige Polemik mit Sachen, die Sie nicht bewei­sen können. Nur deshalb, weil Ihnen die BAWAG um die Ohren fliegt, versuchen Sie hier, das Gesundheitswesen herunterzumachen. (Abg. Pfeffer: Na geh!)

In diesem Sinn meine ich: Kehren Sie von der Polemik zurück zur Realität (Abg. Pfef­fer: Das ist keine Polemik!) und seien Sie wirklich ein verlässlicher Partner – wie Sie das früher einmal in der Gesundheitspolitik waren! (Beifall bei der ÖVP.)

18.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lack­ner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.31.53

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Lie­ber Kollege Rasinger, ich weiß nicht, welche Veranstaltungen du ständig besuchst. Ein Großteil der Vorlagen, die wir heute behandeln, werden einstimmig abgehandelt. Ich verstehe das nicht: Natürlich gibt es unterschiedliche Auffassungen, was die Finanzie­rung betrifft. Aber deine Polemik, lieber Kollege Rasinger, dass die Selbstbehalte gesunken sind, ist höchstens für die Märchenstunde im ÖVP-Klub geeignet, das muss man schon sagen. Das entbehrt jeder Grundlage. (Abg. Neugebauer: Sagen und Mär­chen spielt’s eh bei euch zurzeit!)

Nicht umsonst macht die Ärztekammer diese Aktion. Und da steht schon: Streicht der Rotstift moderne Behandlung und Heilmittel? – Das müsstest du als Ärztekammerfunk­tionär, lieber Freund Rasinger, ja wissen, weil vermeintlich hast du es mitgetragen und mitbeschlossen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du da nicht dabei warst. (Abg. Dr. Rasinger: Lieber Freund Lackner, ich mache nicht Ärztepolitik, ich mache ...!)

Wenn du schon etwas behauptest, lieber Kollege Rasinger, dann solltest du dich infor­mieren. Ich könnte jetzt alles vorrechnen, tue es aber nicht. Ich gebe es dir gerne in die Hand, damit du es durchlesen kannst.

Allein die Rezeptgebühren sind um 36,1 Prozent gestiegen, der Spitalkostenbeitrag um 96 Prozent. Da sagst du in aller Ruhe: Nein, es ist nichts passiert. – Man sollte sich schon noch ein bisserl in der Realität bewegen. Das fehlt dir mittlerweile ganz, und deswegen haben wir auch so große Probleme. Etwas realitätsbezogener sollte man auch bei einer Diskussion sein. Zu sagen, dass da nichts passiert ist, halte ich einfach für eine Grausamkeit. Das sage ich dir in aller Deutlichkeit, lieber Freund Rasinger! (Beifall bei der SPÖ.)

Und noch etwas, lieber Freund Rasinger: Ich bin immer für gute Gesundheitspolitik zu haben. Du weißt, ich bin wirklich überzeugt davon, dass ein gutes Gesundheitssystem notwendig ist. Ich bekenne mich zum Solidaritätsprinzip und hoffe, dass uns diesbe­züglich nichts unterscheidet.

Du unterstellst uns aber etwas und ziehst irgendwelche Vergleiche, die völlig aus der Luft gegriffen sind, die du überhaupt nicht beweisen kannst! (Abg. Dr. Rasinger: Finn­land!) – Du immer mit Finnland! Ich könnte auch ein paar Sachen von den Rettungs­hubschraubern erzählen, wenn der Schenk mit der SchenkAir durch die Gegend fliegt und die Leute irgendwo abholt, wo man sie mit dem Rettungswagen auch hinbringen kann. Das sagen mir Unfallärzte, lieber Freund! (Abg. Dr. Rasinger: Bist du gegen Rettungshubschrauber?) Also wenn wir schon reden, dann reden wir über etwas, was


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den Realitäten entspricht, und nicht irgendeinen Schmafu, den du mir jetzt erzählen willst! (Beifall bei der SPÖ.)

Also wenn, dann können wir an der Realität zusammenkommen, aber so machst du mit mir und mit der SPÖ sicher nicht Gesundheitspolitik. – Ich danke für Ihre Aufmerk­samkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lichten­egger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.34.51

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Mi­nisterin! Hohes Haus! Es gibt Gott sei Dank einen Unterschied zwischen Gesundheits­politik und Gesundheitspolemik. (Abg. Dr. Matznetter: Aha!) Man hat es gerade ge­hört.

Der Ordnung halber möchte ich sagen: Durch das Epidemiegesetz, das wir heute be­schließen, werden meldepflichtige Krankheiten ins Gesetz übernommen. Davor waren sie nur in einer Verordnung betreffend arzneipflichtige, übertragbare Krankheiten.

Es werden vor allem auch veraltete Krankheitsbezeichnungen auf den neuesten Stand der Wissenschaft gebracht. Das betrifft zum Beispiel Epidemien wie H5N1, Lepra, Kin­derlähmung, infektiöse Hepatitis.

Österreich nimmt ja auch immer wieder an internationalen Programmen der WHO teil, weil Gesundheitspolitik nicht nur eine nationale Agenda ist, sondern auch von interna­tionalem Interesse. Wir sind auch an großen Lösungen interessiert, und da ist Öster­reich ja durchaus ein Vorreiter.

Gesundheitspolitik heißt für uns ja nicht nur reagieren, sondern auch agieren und prä­ventiv Maßnahmen setzen. Mit dem Epidemiegesetz ist uns einiges davon gelungen.

Ich möchte noch kurz auf die Reden des Kollegen Lackner eingehen, den ich an sich sehr schätze. Früher einmal hat er gesagt, der Rechnungshofausschuss war eine Farce. Ich habe mir Folgendes angesehen: In der 24. Sitzung des Rechnungshofaus­schusses am 22. November 2005 waren von der roten Fraktion die Abgeordnete Be­cher, Bures, Csörgits, Gaßner, Kräuter und Lapp anwesend. Der Herr Lackner war gar nicht im Rechnungshofausschuss. (Abg. Lackner: Richtig! Da war ich krank!) Deswe­gen kann er gar nicht wissen, dass es eine Farce war. (Abg. Silhavy: Aber wir kommu­nizieren miteinander! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ihr kommuniziert hauptsächlich über den ÖGB! – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Die Steigerung der Selbstbehalte ist diskutiert worden – ob sie gesunken oder gestie­gen sind. Der Grund, warum wir überhaupt über Selbstbehalte diskutieren, ist, weil sie ja jemand eingeführt hat! Ich habe mir ganz kurz zusammengeschrieben: Rezeptge­bühr eingeführt von Maisel 1955, SPÖ; Heilbehelfe eingeführt von Dallinger 1981, SPÖ; Hilfsmittel eingeführt von Dallinger, Hums 1996, Weißenberg 1978, SPÖ; Hilfs­mittel GSVG eingeführt von Dallinger 1981. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das tut weh! – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Das sind alles Überbleibsel aus Ihrer Gesund­heitspolitik.

Es ist jetzt müßig, darüber zu diskutieren, ob die Selbstbehalte gestiegen oder gefallen sind. Das war ein System, das Ihnen eingefallen ist, und wir versuchen jetzt so gut als möglich Strukturmaßnahmen zu setzen, dass wir die Qualität in der Gesundheitspolitik erhalten und zugleich aber nicht vergessen, dass Gesundheit auch für jeden Patienten gleich zugänglich sein muss. Das ist unser Ziel. Und ich denke, wir haben das mehr als bewiesen in den letzten drei Jahren beziehungsweise in den letzten sieben Jahren,


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dass wir das gekonnt haben. (Abg. Dr. Kräuter: Sie müssen noch die Ministerin loben! Dass Sie das am Schluss nicht vergessen!) Hoffentlich wird das auch noch in dieser Art und Weise weitergehen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mo­ser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.37.52

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Zum Epidemiegesetz werden Sie un­sere Zustimmung erhalten. Es ist ganz klar, es geht jetzt um weitere Aspekte. Es geht um eine Erweiterung auf der einen Seite, es geht um eine Aktualisierung der epide­mischen Krankheiten auf der anderen Seite, die mittels dieses Gesetzes bekämpft oder behandelt werden sollen.

Kollege Rasinger beziehungsweise Kollege Lackner haben sich ein bisschen allgemein in der Gesundheitsdebatte geäußert oder haben quasi eine persönliche Auseinander­setzung über gesundheitspolitische Grundsätze geführt. Aus meiner subjektiven Wahr­nehmung – ich habe ja in den Jahren 1994 und 1995 in dem Metier ein bisschen inten­siver politisch gearbeitet – möchte ich festhalten: Teurer ist es schon geworden – ganz simpel.

Ich nenne Ihnen nur ein Beispiel. Ich war einmal ganz kurz heiser, und zwei Tage drauf war der Verkehrsausschuss. Ich musste also meine Heiserkeit in relativ kurzer Zeit behandeln oder beenden. Da bin ich das erste Mal in meinem Leben wegen Heiserkeit zum Arzt gegangen. Was glauben Sie, was unterm Strich dann zu zahlen war? Es war ein Vertragsarzt, ein Kassenarzt beziehungsweise habe ich die Medikamente mit den Rezeptgebühren beglichen. – Unter dem Strich hat mich dieser Verkehrsausschuss schlichtweg mindestens 60 € gekostet. Und es war eine simple Heiserkeit. (Abg. Dr. Rasinger: Frau Moser, Märchenstunde!) Also ich muss schon sagen, wenn man sich behandeln lässt, muss man mit einigen Kosten rechnen.

Das war kein ausgesprochen teurer Arzt und das waren keine ausgesprochen teuren Medikamente. Ich habe sie ja heute noch zu Hause liegen, denn in zwei Tagen kann man ja nicht eine ganze Packung einnehmen. Aber trotzdem: Ich wurde geheilt, ers­tens vor Verkehrsausschüssen, wenn man heiser ist, und zweitens vom Zum-Arzt-Gehen, wenn man heiser ist, denn teuer ist das System schon. Das muss hier schon deponiert werden. (Abg. Dr. Rasinger: Unsinn!) – Es stimmt aber! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dipl.-Ing. Hütl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.40.10

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Moser, man sollte schon zuerst auf die Gesundheit schauen, bevor man solche Aktivitäten unternimmt.

Ich möchte jetzt auch auf das Epidemiegesetz eingehen. Im Zuge dieser Änderung werden nun die anzeigepflichtigen Krankheiten, die derzeit in vielen Verordnungen ent­halten sind, in dieses Gesetz aufgenommen. Es gibt ja schon einen Katalog von mel­depflichtigen Krankheiten, wie zum Beispiel das Vogelgrippevirus, virusbedingtes hä­morrhagisches Fieber, ein bestimmtes Influenzavirus, SARS und so weiter, all das kommt zu dem großen Katalog der infektiösen Krankheiten dazu.


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Ein Abänderungsantrag sieht zudem vor, dass die Meldepflicht für Labors explizit in das Gesetz aufgenommen wird. Weiters werden auch veraltete Krankheitsbezeichnun­gen dem Stand der Wissenschaft angepasst.

Wie schaut es nun mit der Meldepflicht aus? – Jede Erkrankung, jeder Sterbefall an einer anzeigepflichtigen Krankheit, jeder Verdacht einer solchen Krankheit ist der Be­zirksverwaltungsbehörde binnen 24 Stunden zu melden. Diese Behörde kann dann im Hinblick auf das Auftreten einer meldepflichtigen Erkrankung diverse Verbote ausspre­chen, wie Veranstaltungen untersagen, Gebäude räumen, Verkehrsbeschränkungen festlegen und so weiter.

Ich möchte darauf hinweisen, dass es sich bei einer solchen Anordnung der Behörde um eine Anordnung einer Behandlungspflicht handelt. Bei Verweigerung der angeord­neten Behandlung wird nun ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Diese Möglich­keit hat es vorher nicht gegeben.

Das Epidemiegesetz hat bislang eine Unterstützung der Gesundheitsbehörde zur Durchsetzung verschiedener Maßnahmen durch die Organe eines öffentlichen Sicher­heitsdienstes nicht vorgesehen. Dafür wird nun eine Rechtsgrundlage geschaffen.

Ich denke, dass die Erweiterung der Meldepflicht eine wesentliche Verbesserung brin­gen wird. Diesen Änderungen steht auch unsere Bezirkshauptfrau Dr. Anna-Marga­retha Sturm sehr positiv gegenüber. Ich denke, Frau Bundesministerin, das ist ein wei­terer Schritt in unserer erfolgreichen Gesundheitspolitik. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Silhavy. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.42.43

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Herr Kollege Rasinger, am Anfang war ich ein bisschen enttäuscht oder em­pört, als Sie gemeint haben: Wenn man immer in der Cafeteria sitzt, dann ist es kein Wunder, dass man nicht weiß, wovon man redet. Mittlerweile beglückwünsche ich Sie zu Ihrer Selbsteinschätzung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Was ist denn heute los mit euch SPÖ-Frauen? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zum Inhalt dieser Vorlage ist schon relativ viel gesagt worden. (Abg. Steibl: Was kön­nen wir dafür, wenn ihr Probleme habt?) Die Erkrankung an Röteln wird neu aufgenom­men, weil wir am WHO-Eliminierungsprogramm dieser Krankheiten teilnehmen. Wei­ters werden veraltete Krankheitsbezeichnungen dem Stand der Wissenschaft ange­passt, und die Verordnungsermächtigung zur Einbeziehung weiterer Krankheiten wird aktualisiert.

Damit kann ich auch sagen – das haben wir auch im Ausschuss kundgetan –, dass wir dieser Vorlage unsere Zustimmung geben sollten. (Abg. Steibl: Das ist unterste Schublade! Was habt ihr SPÖ-Frauen heute?) – Frau Kollegin Steibl, ich würde mich an Ihrer Stelle beruhigen, oder Sie gehen zur Beratung zum Kollegen Rasinger. Aber es war die Aussage des Kollegen Rasinger und nicht meine; er hat Cafeteria mit Nicht-Wissen interpretiert. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Rasinger.)

Nachdem er Arzt ist und Eigendiagnosen stellen möchte, möchte ich ihm in diesem Fall nicht widersprechen. – Das war meine Aussage.

Kollege Rasinger! Es ist aber auch ein Zeichen einer großen Schwäche, wenn Sie die verfehlte Gesundheitspolitik dieser Bundesministerin und dieser Bundesregierung mit dem Sitzen in der Cafeteria argumentieren wollen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt sind


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wir wieder bei der Cafeteria!) Sie sollten sich doch besser mit den Fakten beschäftigen. Sie sollten wissen, dass Selbstbehalte, neue Selbstbehalte und Erhöhungen der Selbstbehalte deswegen notwendig waren (Abg. Steibl: Ihr zieht euch immer selbst hinein in ein Loch!), weil Sie mit Ihren Maßnahmen die Krankenkassen immer mehr verpflichtet haben und die Krankenkassen immer mehr finanzielle Aufwendungen tra­gen mussten. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wer Butter auf dem Kopf hat, sollte nicht in die Sonne gehen!) Sie haben die Patientinnen und Patienten belastet, und letzten Endes haben Sie jetzt 100 Millionen der AUVA entzogen, damit Sie ein positives Gebarungs­ergebnis vortäuschen können.

Das ist die falsche Politik, und diese Politik lehnen wir ab! (Beifall bei der SPÖ.)

18.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Rauch-Kallat zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 


18.44.51

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Mit der vorliegenden Novelle zum Epidemiegesetz wer­den die meldepflichtigen Krankheiten, die derzeit noch in einer Verordnung betreffend anzeigepflichtige übertragbare Krankheiten enthalten sind, in das Gesetz aufgenom­men. Neu aufgenommen werden auch die Röteln – dies im Hinblick auf das Masern- und Rötelneliminierungsprogramm der Weltgesundheitsorganisation, an dem Öster­reich teilnimmt.

Unter den bakteriellen Lebensmittelvergiftungen sind zum Beispiel Salmonellosen, Shi­gellose und noch eine Reihe anderer, unter den viralen Lebensmittelvergiftungen sind zum Beispiel Erkrankungen an Noroviren zu verstehen.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu sagen, dass jetzt eine Meldepflicht für La­bors explizit in das Gesetz aufgenommen wird. Die Ärzte/Ärztinnen beziehungsweise auch Fachärzte/Fachärztinnen waren bisher auch schon verpflichtet. Damit werden erstmals die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, die zentralen Stellen auch die Möglichkeit haben, lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche zu erkennen und die notwendigen Schritte einzuleiten.

Damit werden wir aber auch erstmals die Landeshauptleute als Zoonosen-Koordinato­rinnen und -Koordinatoren in die Lage versetzen, ihre im Zoonosengesetz auferlegten Verpflichtungen überhaupt erfüllen zu können, und zwar sowohl im Bundesland als auch Bundesländer übergreifend, weil sie durch diese Meldepflicht sehr rasch davon erfahren können.

Lassen Sie mich noch zwei Sätze zu den Erfolgen in der Salmonellosen-Bekämpfung sagen. In diesem Bereich gibt es einen deutlichen Rückgang der Erkrankungen. Grund ist nicht die Verschlechterung der Meldemoral der Ärztinnen und Ärzte, sondern die seit einigen Jahren laufenden Bemühungen der Primärproduzenten, das Auftreten von Salmonellen in der Primärproduktion zu eliminieren. Das sind Maßnahmen wie die Zer­tifizierung von freien Beständen mit Hilfe der noch von – jetzt Klubobmann – Landwirt­schaftsminister Molterer ins Leben gerufenen Qualitätsgeflügelverordnung oder die freiwillige Impfung von Legehennen in Qualitätsprogrammen sowie die Einhaltung weit reichender Hygienemaßnahmen durch die Tierhalter. Das sind nur einige Beispiele der Maßnahmen, die zu diesem erfreulichen Ergebnis geführt haben; unter anderem auch Maßnahmen, die wichtig sind, um die Geflügelpest in unseren Ställen hintanzuhalten.

Die heute zu beschließenden gesetzlichen Regelungen werden sicherlich zu einer wei­teren Verbesserung der Lebensmittelsicherheit beitragen, da nun auch vom Ende der Lebensmittelkette her, also aus der Erfahrung der Verbraucherinnen und Verbraucher


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entsprechende Informationen eingeholt werden können. – Ich danke daher für Ihre Zu­stimmung zu diesem Gesetz. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Höllerer zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.48.10

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Bun­desministerin! Ich führe die sehr polemisch abgeführte Diskussion über das Gesund­heitssystem in Österreich auf die bevorstehenden Wahlen zurück, denn wir alle wissen, dass wir in Österreich über ein hervorragendes Gesundheitssystem verfügen und dass die Gesundheitsreform, wie sie von unserer Frau Bundesministerin Maria Rauch-Kallat durchgeführt wurde, auch zur künftigen Finanzierung der medizinischen Versor­gung aller Menschen in Österreich beitragen wird und dass im Jahr 2005 erstmals seit 1998 ein positiver Saldo geschrieben werden konnte (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP) und 20,3 Millionen € als Plus für die Absicherung der Finanzierung des österrei­chischen Gesundheitssystems aufscheinen.

Zum Epidemiegesetz möchte ich sagen, dass für mich besonders bedeutsam ist, dass die anzeigepflichtigen Krankheiten, die ursprünglich in einer Verordnung geregelt wa­ren, jetzt in dieses Epidemiegesetz aufgenommen wurden und damit auch den Ängs­ten der Bevölkerung vor einer Pandemie Rechnung getragen wird. Wir haben erst in den vergangenen Monaten hautnah verspürt, welche Bedrängungen und Ängste in der Bevölkerung aufkommen können. Es war vor allem die Angst vor H5N1, also diesem Vogelgrippevirus, präsent.

In der Nähe meines Heimatortes gab es auch einen Schwan, der mit diesem Virus infi­ziert war und der tot aufgefunden wurde. Jeder Bewohner hat natürlich sofort die Reak­tionen der Verwaltungsbehörde verspürt, da Sperrzonen eingerichtet werden mussten. Durch dieses Gesetz wird vor allem den Bezirkshauptmannschaften ein Mehr an Ein­griffsmöglichkeiten geboten, damit sie auf mögliche epidemische Erkrankungen noch wirksamer reagieren können.

In diesem Gesetz neu dazugekommen ist, wie die Frau Bundesministerin bereits ange­führt hat, auch die Meldepflicht der Labors, wodurch lebensmittelbedingte Erkrankun­gen frühzeitig erkannt werden können und die Bevölkerung entsprechend informiert werden kann. Auch erfolgte die Aufnahme von Röteln in dieses Epidemiegesetz. Damit wird dem Abkommen gegenüber der WHO Rechnung getragen, in dem es um die Eli­minierung von hoch ansteckenden Krankheiten geht.

Ich denke, dass mit diesem Epidemiegesetz den Anforderungen und dem Schutzbe­dürfnis der Bevölkerung, wenn es um die Weiterverbreitung ansteckender Krankheiten geht, Rechnung getragen wird und dass ein sehr gutes Gesetz auf den Weg gebracht wird. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen – BZÖ sowie des Abg. Dr. Niederwieser.)

18.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kräuter zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.51.17

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Es ist eine Konsensmaterie und es ist ja schon alles mehrfach referiert worden. Aber dass Regierungsfraktionen das zum Anlass nehmen, die Gesundheitspolitik der Ministerin Rauch-Kallat abzufeiern, das halte ich schon für ein starkes Stück.


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Hervorragende Reform, hat die Vorrednerin gesagt, Herr Donnerbauer hat gesagt, ein Gesundheitssystem, um das uns die Welt beneidet. Herr Lichtenegger hat gesagt, alles in Ordnung, um das Gesundheitssystem braucht man sich keine Sorgen zu machen. (Abg. Neudeck: Ehre, wem Ehre gebührt!) – Wenn man aber die „Ärztezeitung“ zur Hand nimmt, dann liest man: Protest gegen: schlechte Arbeitsbedingungen, überbor­dende Bürokratie, steigende Belastung für Ärzte, nicht eingehaltene politische Verspre­chungen.

Da Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer gerade den „Kurier“ in der Hand hält, würde ich gleich einmal empfehlen, die Seite 4 aufzuschlagen: „Ärzte: ,Auch Streik ist denk­bar‘“. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Lesen Sie lieber das Tagebuch von Herrn Verzetnitsch und nicht die „Ärztezeitung“!)

Wenn Sie das unter diesen Umständen hier abfeiern, dann muss ich Ihnen sagen: Die­ses Gesundbeten der Politik der Frau Ministerin, das ist ja ganz schön krank, wie Sie das machen! (Beifall bei der SPÖ.)

18.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Eßl zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.52.31

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Frau Präsi­dentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Der Wunsch nach Gesundheit steht zweifelsohne ganz vorne in der Liste der Sehnsüchte, die die Menschen in Österreich haben. Und da gibt es natürlich die verschiedensten Möglichkeiten. Frau Dr. Moser ist jetzt nicht mehr anwesend, aber vielleicht sollte sie einmal probieren, ihre Heiserkeit mit Hausmitteln zu kurieren. Kollege Franz Böhm hat mich schon in meiner Auffassung unterstützt, dass man es einmal mit heißer Milch mit Honig versuchen könnte. Da be­kommt man ungefähr um 1 € schon eine wirksame Dosis, die vielleicht dann zur Hei­lung führen könnte. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber ich möchte durchaus jetzt auch auf ein paar Äußerungen eingehen, die von Frau Kollegin Silhavy gekommen sind und auch von Herrn Kollegem Kräuter: Wenn da von einer verfehlten Gesundheitspolitik der Regierung gesprochen wird, dann möchte ich das natürlich schon energisch zurückweisen, denn genau das Gegenteil ist der Fall. Gesundheitspolitik wird in Österreich verantwortungsbewusst und kostenbewusst be­trieben! (Abg. Dr. Kräuter hält eine Ausgabe der „Ärztezeitung“ in die Höhe.)

Man könnte es sich natürlich auch einfacher machen – so wie zum Beispiel Landes­hauptfrau Burgstaller in Salzburg. Sie sagt: Dann müssen wir eben die Beiträge erhö­hen, wenn man als Gesundheitsreferentin nicht in der Lage ist, die Kosten in den Griff zu bekommen.

Herr Kollege Kräuter, ich frage Sie: In welchem anderen Land in Europa oder auf der übrigen Welt möchten Sie das Gesundheitswesen in Anspruch nehmen, wenn nicht in Österreich?

Die Sozialversicherung, die Ärzte und die Patienten sind mit in die Verantwortung ein­bezogen. Das ist, wie ich meine, eine gute Gesundheitspolitik.

Was das Epidemiegesetz 1950 selbst betrifft, sind eigentlich in den Ausführungen der vorangegangenen Redner schon die wesentlichen Dinge gesagt worden, nämlich dass die meldepflichtigen Krankheiten, die jetzt in der Verordnung waren, eben ins Gesetz aufgenommen werden, und viele andere Dinge mehr, die ich auf Grund der vorge­schrittenen Zeit jetzt nicht mehr anführen kann.


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Ich darf nur noch einmal zusammenfassend feststellen, dass dieses Gesetz sicherlich ein gutes Gesetz ist, dass die Änderungen berechtigt sind und dass es gut ist, wenn wir diesem Gesetz auch die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird, samt Titel und Eingang in 1545 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

18.56.0213. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Petition (66/PET) betreffend „Ver­bot des direkten Verkaufs von Frettchen in Tierhandlungen“, überreicht von den Abgeordneten Klaus Wittauer und Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (1546 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer zu Wort. Wunschrede­zeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.56.34

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wittauer und ich haben im Gesundheitsausschuss eine Petition zur Erweiterung des neuen Tierschutz­gesetzes eingebracht, wo wir anregen, darüber nachzudenken, den Verkauf von Frett­chen in Tierhandlungen zu verbieten. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vor­sitz.)

Wir haben diesen Antrag gestellt, da Frettchen ein ähnliches Verhalten haben wie Hun­de und Katzen. Im Tierschutzgesetz haben wir festgehalten, dass Katzen und Hunde in Tierhandlungen nicht direkt abgegeben werden dürfen. Der Grund war, dass diese Tiere dann oft so verstört sind, dass ihr Sozialverhalten gestört wird und es dadurch zu Problemen kommt.

Die Frettchen haben ein ähnliches Sozialverhalten, und sehr viele landen leider nach sehr kurzer Zeit in irgendwelchen Heimen oder werden ausgesetzt, und das wollten wir hintanhalten.

In der Zwischenzeit haben wir durch verschiedene Gespräche erfahren, dass von eini­gen Experten die Ähnlichkeit im Sozialverhalten mit Hunden und Katzen angezweifelt wird. Wir wollen das daher weiterverfolgen und mit Experten – vorwiegend mit jenen, mit denen wir auch das Tierschutzgesetz gemacht haben, also mit Herrn Gsandner,


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Herrn Troxler oder mit Herrn Pechlaner, dem Tiergartendirektor in Wien – darüber dis­kutieren, was in diesem Fall angebracht ist.

Da wir im Tierschutzbereich ein sehr positives Miteinander haben, möchte ich einen Vier-Parteien-Antrag ankündigen, den meine Kollegin Brigid Weinzinger einbringen wird. Darin haben wir uns darauf geeinigt, dass wir auch das im Tierschutzgesetz ver­ankerte Verbot der Wildtierhaltung in Zirkussen weiterhin aufrechterhalten wollen. Wir wollen das nicht nur aufrechterhalten, sondern wir wollen auch, dass auf EU-Ebene Initiativen gesetzt werden, durch die die österreichischen Tierschutzstandards über­nommen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Krainer 3 Minu­ten. – Bitte.

 


18.59.07

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden den vorliegenden Bericht positiv zur Kenntnis nehmen und unterstützen die Forderung, dass Frettchen in Zukunft wie bereits Hunde und Katzen nicht mehr über Tierhandlungen oder direkt in Tier­handlungen gekauft beziehungsweise verkauft werden dürfen, sondern Tierhandlungen hierbei nur Vermittlungstätigkeit zugestanden wird.

Wir unterstützen selbstverständlich auch den Vier-Parteien-Entschließungsantrag, den Kollegin Weinzinger einbringen wird, betreffend Aufrechterhaltung des österreichischen Verbots der Wildtierhaltung in Zirkussen, Varietés und ähnlichen Einrichtungen. (Abg. Neudeck: Wer ist jetzt der Frettchensprecher?) Ich muss in diesem Zusammenhang ausdrücklich die österreichische Stellungnahme zur entsprechenden Aufforderung der EU-Kommission loben, weil sie inhaltlich und rechtlich sehr gut ist und wohl auch einen Beitrag dazu leisten wird, dass, was man aus europäischen Kreisen so hört, das Ver­fahren eingestellt wird und wir hiermit auch einen Erfolg haben.

Tierschutz ist damit in Österreich allerdings nicht erledigt. Ich darf in diesem Zusam­menhang an einen weiteren Vier-Parteien-Antrag erinnern, an einen Entschließungsan­trag, in dem Sie, Frau Bundesministerin, aufgefordert wurden, dem Gesetzgeber einen Gesetzentwurf vorzulegen, in dem eine Deklarationspflicht beziehungsweise ein Verbot von Hunde- und Katzenfellen enthalten sein soll. Da sind Sie bis jetzt säumig. Mich würde natürlich interessieren, wann Sie diesen Gesetzesvorschlag vorlegen wollen, weil das hier ein Vier-Parteien-Antrag war und alle Parteien hinter dieser Forderung stehen und uns natürlich interessiert, wann Sie auch diesem Ersuchen des Hohen Hauses nachkommen wollen.

Weiters glaube ich, dass es auch noch in anderen Bereichen Handlungsbedarf gibt, unter anderem in der Frage, ob es wirklich tierschutzkonform ist, Fasane oder andere Tiere für die Jagd zu züchten, extra und ausschließlich für die Jagd. Ich bin der Mei­nung, dass man dieses Thema auch angehen muss, wie auch nach wie vor die Mög­lichkeit, schwere körperliche Eingriffe bei Tieren wie Kastration, Enthornung ohne Schmerzausschaltung vorzunehmen und ohne dass das von einem Tierarzt durchge­führt werden muss, wie das in einzelnen Bundesländern bereits vor der Erlassung des bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes der Fall war. Das hat somit in einigen Bundes­ländern einen Rückschritt bedeutet. Ich glaube, dass auch in dieser Frage noch einiges zu klären ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Wittauer ist der nächste Redner. Sind die 4 Minuten Redezeit ernst gemeint? – 2 Minuten. – Danke. (Heiterkeit.)

 



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19.01.45

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche - BZÖ): So einen Präsidenten kann man sich wünschen! – Frau Bundesminister! Hohes Haus! Tierschutz – da haben wir Einig­keit. Es ist auch gesagt worden, für den Tierschutz müsste noch mehr gemacht wer­den; da bin ich der gleichen Meinung.

Bei den Frettchen bin ich nicht glücklich darüber, dass wir das verschieben, aber der Vorschlag der Frau Abgeordneten Baumgartner ist ein guter, dass wir mit den Experten darüber diskutieren, dass er auch umgesetzt wird.

Es gibt ein paar Dinge, die mich stören. Es ist nicht so, dass das Gesundheitsministe­rium unseren Vorschlag, den wir vom Hohen Haus unterstützt haben, umgesetzt hat oder umsetzen will, sondern es hat eher eine negative Stellungnahme dazu abgege­ben. Ich hoffe also, dass sich das ändern wird.

Ich frage mich überhaupt: Wer hat eine Veranlassung, Frettchen zu kaufen? Wir haben Millionen Katzen, also einen Haufen Katzen, die auf der Straße leben, wir haben Hun­de, also viele Tiere, die ohnehin in unserer Gesellschaft leben. Vielleicht verbieten wir grundsätzlich, Frettchen zu verkaufen, um sie als Haustiere zu halten. Sie schauen nett und lieb aus, sind aber meiner Meinung nach nicht geeignet dafür. Also das wäre sicher eine gute Diskussion. Wenn wir da so wie bei anderen Dingen zu einer gemein­samen Lösung kommen könnten, dann sind wir, wie ich meine, auf dem richtigen Weg.

Ich würde auch gerne mit den Ombudsleuten in den Ländern diskutieren, damit sie gleichgeschaltet sind und es nicht unterschiedlich ist, etwa in Vorarlberg ein Veterinär­direktor, in einem anderen Bundesland ein Tierarzt und im nächsten Bundesland je­mand, der regelkonform weisungsfrei ist. Es wäre gut, wenn wir bei der nächsten Dis­kussion da mehrere Punkte hervorheben und gemeinsam vielleicht eine gute Entschei­dung treffen würden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

19.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Scheibner: Herr Präsident! Da fragen Sie nicht, ob das ernst gemeint ist!)

 


19.03.44

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Klubobmann Scheibner, er fragt mich weise nicht, denn sonst denke ich darüber nach, ob ich statt fünf vielleicht zehn Minuten reden möchte, um Ihnen genau zu erläutern, was Frettchen wirklich sind und brauchen. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Regierungsparteien regen sich schon auf, bevor ich noch zum Inhalt gekommen bin. (Abg. Mag. Molterer: Bitte sich nicht zu überschätzen!) Das finde ich ja ganz besonders aufmerksam, dass Sie so genau zuhören, noch dazu, wo es in diesem Fall einen Antrag gibt, den wir gemeinsam ein­bringen.

Zum Thema Frettchen als Allererstes: Ich werde mir jetzt ersparen, Sie – jene, die da die Zwischenrufe gemacht haben – darüber zu informieren, was eigentlich ein Frett­chen ist. (Abg. Neudeck: Wie ist die weibliche Form von Frettchen?) – Ich glaube, Herr Neudeck ist wieder einmal ganz besonders witzig und versucht, seine geschlechts­spezifischen Äußerungen einzubringen, was seine Spezialität ist. Als Nächstes werden Sie mich dann vielleicht wieder fragen, warum ich denn so negativ bin. Jetzt lache ich Sie schon extra an in Erwartung dessen.

Ich darf nur feststellen, dass Sie offensichtlich häufiger sachliche Kritik nicht auseinan­der halten können von persönlicher Befindlichkeit. Vielleicht sollten Sie nicht von sich auf andere schließen, Herr Abgeordneter. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Das Thema, das allerdings mit der Petition aufgeworfen wird, denke ich, sollte uns ernsthaft beschäftigen, auch in Zukunft, nämlich die Frage: Welche Formen der Wild­tierhaltung sollen unter welchen Haltungsbedingungen zulässig sein? – Da kann man sicher feststellen, dass es in vielen Tierhandlungen auch viele Tierarten gibt, wo die Haltungsanforderungen jedenfalls nicht gewährleistet sind.

Ganz besonders wichtig ist aber, dass wir die Errungenschaften, die Österreich mit dem Bundestierschutzgesetz im Bereich der Wildtierhaltung schon hat, auch internatio­nal, wo sie unter Druck geraten sind, aufrechterhalten und verteidigen. Ich spreche da­von, dass das österreichische Bundestierschutzgesetz die Wildtierhaltung in Zirkussen verbietet, weil dort eine auch nur einigermaßen tiergerechte und artgemäße Haltungs­form auf Grund der Mobilität der Unternehmen nicht gegeben ist.

Seitens der EU gab es eine Beschwerde dazu, und ich freue mich, einen Vier-Parteien-Entschließungsantrag einbringen zu können, in dem argumentiert wird, wie wichtig es ist, diese österreichische gesetzliche Regelung erstens aufrechtzuerhalten, zweitens der EU gegenüber sehr deutlich zu argumentieren und drittens dafür Sorge zu tragen, dass generell die Tierschutzstandards in der EU verbessert und angehoben werden.

Ich darf deshalb folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Baumgartner-Gabitzer, Krainer, Wittauer, Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung des österreichischen Verbots der Wildtier­haltung in Zirkussen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der österreichischen Bundesregierung werden ersucht,

das österreichische Verbot der Haltung bzw. der Mitwirkung von Wildtieren in Zirkus­sen, Varietés und ähnlicher Einrichtungen (§ 27 Abs. 1 Tierschutzgesetz) durch alle notwendigen Maßnahmen abzusichern und auf EU-Ebene zu verteidigen und

auf EU-Ebene Initiativen zu setzen, um die Tierschutzstandards EU-weit zu verbes­sern.

*****

Mit diesem Beispiel ist Österreich zwar Vorreiter, in anderen Bereichen sehen wir aber, dass sowohl das Bundestierschutzgesetz selber noch seiner Umsetzung harrt und auch in Österreich noch einiges an Aufholbedarf gegeben ist. Ich darf daran erinnern, dass im Tierschutzgesetz einige Verordnungsermächtigungen enthalten sind und längst noch nicht alle Verordnungen vorliegen, obwohl das schon überfällig ist. Zum Beispiel fehlt noch die Stallzertifizierungsverordnung, und, Frau Ministerin, die Qual­zuchtverordnung ist ebenfalls ausständig. Es würde mich interessieren, ob Sie das vor dem Sommer noch vorlegen wollen.

Schließlich muss man, glaube ich, darauf hinweisen, dass wir uns in Zukunft gerade im Bereich der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung, der jagdlichen Verwendung von Tie­ren, der angesprochenen Fasanenzuchten, oder auch etliches an nicht waidgerechten Methoden, die leider noch immer zulässig sind, einiges – hoffentlich auch wieder Vier­parteieneinigungen – für weitere Verbesserungsschritte im Tierschutz vornehmen soll­ten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.08



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Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Weinzinger eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Baumgartner-Gabitzer, Krainer, Wittauer, Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen ist hinreichend unterstützt und steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Baumgartner-Gabitzer, Krainer, Wittauer, Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung des österreichischen Verbots der Wildtier­haltung in Zirkussen

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 13 der Tagesordnung vom 22. Juni 2006

In einem Mahnschreiben vom 12.10.2005 hat die EU-Kommission die österreichische Bundesregierung aufgefordert, zu einer Verletzung der gemeinschaftsrechtlich gewähr­leisteten Dienstleistungsfreiheit im Zusammenhang mit § 27 Abs. 1 des österreichi­schen Bundesgesetzes über den Schutz der Tiere Stellung zu nehmen.

Nach § 27 Abs. 1 des österreichischen Bundestierschutzgesetzes dürfen nämlich in Zirkussen, Varietés und ähnlichen Einrichtungen keine Arten von Wildtieren gehalten oder zur Mitwirkung verwendet werden.

Bereits in der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zur Verbesserung des Tierschutzes im allgemeinen und im besonderen im außerlandwirtschaftlichen Bereich haben sich die Bundesländer darauf geeinigt, dass ab 1. Jänner 2005 keine Wildtiere in Zirkussen, Varietés und ähnlichen Einrichtungen mehr verwendet werden dürfen, da eine tierge­rechte Haltung nicht möglich ist.

Eine Aufhebung des österreichischen Verbotes der Haltung und Mitwirkung von Wild­tieren in Zirkussen darf aus der Sicht des Tierschutzes jedenfalls nicht erfolgen und wird von den im Nationalrat vertretenen Fraktionen, die das Bundestierschutzgesetz einstimmig beschlossen haben, abgelehnt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der österreichischen Bundesregierung werden ersucht,

das österreichische Verbot der Haltung bzw. der Mitwirkung von Wildtieren in Zirkus­sen, Varietés und ähnlicher Einrichtungen (§ 27 Abs. 1 Tierschutzgesetz) durch alle notwendigen Maßnahmen abzusichern und auf EU-Ebene zu verteidigen und

auf EU-Ebene Initiativen zu setzen, um die Tierschutzstandards EU-weit zu verbes­sern.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


19.08.48

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete zum Nationalrat! Das österreichische Bun-


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destierschutzgesetz und seine Verordnungen sind nunmehr eineinhalb Jahre in Kraft. Die Umsetzung und Vollziehung des Gesetzes durch die dafür verantwortlichen Behör­den der Bundesländer ist bereits angelaufen, und wir sehen heute noch viel klarer, dass dieses von Ihnen einstimmig beschlossene Gesetz tatsächlich einen Meilenstein in der österreichischen Tierschutzgesetzgebung darstellt.

Die sehr intensive Zusammenarbeit zwischen Bundesbehörden und Landesbehörden, aber auch die Arbeit des Tierschutzrates zeigten, dass Tierschutz nicht durch ein Ge­setz einmal geregelt werden kann und nun auf Dauer die Gültigkeit behält, sondern dass die Entwicklung von Tierschutzstandards sich an den wissenschaftlichen Entwick­lungen orientieren muss, aber auch an die internationalen Rahmenbedingungen an­lehnen muss. Überhastete Anpassungen sind ebenso wenig zielführend wie das auf Dauer ausgerichtete Festhalten an dieser historischen Einigung aus dem Jahre 2004.

Daher möchte ich die heutige Debatte auch dazu nützen, um auf die Anfragen, die Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, hier auch am Rednerpult gestellt haben, ein­zugehen und Ihnen über die Entwicklung in Richtung Tierschutz auf europäischer Ebe­ne im Rahmen der österreichischen Präsidentschaft auch kurz zu berichten.

Bereits im Februar wurde über den Aktionsplan der Gemeinschaft für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren 2006 bis 2010 beraten. Im März haben wir in Brüssel erstmals in der Geschichte der Union gemeinsam mit der Kommission die erste Tier­schutzkonferenz, „Tierschutz als Teil der Lebensmittelkette“, veranstaltet, die sowohl die Produzenten als auch die Tierschützer erstmals mit einer Teilnehmerzahl von mehr als 400 geeint und zu einer sehr interessanten Diskussion geführt hat.

Im Rahmen der letzten Sitzung des Rates Landwirtschaft wurde dem Wunsch der Mit­gliedstaaten auch Rechnung getragen, noch einmal eine sehr umfassende Diskussion zur weiteren Entwicklung der europäischen Tierschutzstandards zu führen.

Es war auch der Wunsch der Minister, nach den unzähligen Arbeitsgruppen auf Exper­ten‑ und Expertinnenebene sich grundsätzlich zu diesem Dossier zu äußern, dem nicht nur die Bürgerinnen und Bürger Europas, sondern auch unsere landwirtschaftlichen Er­zeuger, die bereits in mehreren Produktionsbereichen Normen für das Wohlergehen der Tiere anwenden, einen großen Stellenwert beimessen.

Ich möchte Sie auch auf die neue EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung hinweisen, die letzte Woche vom Europäischen Rat für Gesundheit angenommen wurde. Auch da bekräftigen alle Mitgliedstaaten unisono, dass sie im Bereich der Landwirtschaft weite­re Anstrengungen für den Tierschutz unternehmen wollen.

Und die Kernpunkte: Auf Grund der stattgefundenen Diskussion sind auch umfassende Schlussfolgerungen der österreichischen Präsidentschaft zum Tierschutz gezogen wor­den, die von beinahe allen Mitgliedstaaten, nämlich von 23 von 25, der Europäischen Union unterstützt wurden. Diese Schlussfolgerungen sind sehr umfassend, meine Da­men und Herren, Sie können sie auf der Homepage des Bundesministeriums für Ge­sundheit und Frauen nachlesen. – Ich danke Ihnen für Ihre Berichte. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

19.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 2 Mi­nuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


19.12.25

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die in Diskussion stehende Petition, wo es darum geht, ein Verbot des Verkaufs von Frettchen in Tierhandlungen zu erwirken, wurde im Ausschuss be­reits von allen Fraktionen unterstützt.


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Das neue Tierschutzgesetz sieht, wie vor mir bereits ausgeführt, vor, dass Hunde und Katzen in Tierhandlungen nicht verkauft werden dürfen. Dieselbe Regelung soll auf Grund von gleichen Eigenschaften nunmehr auch für Frettchen gelten, wobei eine Gleichbehandlung durchaus sinnvoll erscheint.

Die Gleichstellung in anderen Rechtsbereichen, zum Beispiel Heimtierausweis bei Transport durch Europa, gibt es jetzt schon. Da auch der Vogelgrippevirus bisher so­wohl bei Katzen als auch bei Frettchen gefunden wurde, ist es durchaus sinnvoll, dass Frettchen nicht einfach von jedermann im Vorbeigehen gekauft werden können.

Die Unterzeichner der Petition glauben, dass viele Tiere unüberlegt und spontan in Tierhandlungen gekauft werden. Wenngleich die Frettchen durchaus interessante Tiere und vermeintlich pflegeleicht sind, so zeigt die Tierhaltepraxis dann doch oft etwas an­deres, mit dem Ergebnis, dass viele Tiere wieder ausgesetzt werden.

Um diese Odyssee und damit unnötiges Tierleid zu verhindern, wollen wir die Absicht der Petition gerne unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.14


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1546 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig und daher angenom­men.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Baumgartner-Gabitzer, Krainer, Wittauer, Weinzinger betreffend Aufrechterhaltung des österreichischen Verbots der Wildtierhaltung in Zirkussen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig ange­nommen. (E 199.)

19.15.0714. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1329 d.B.): Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (1547 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 825/A (E) der Abgeordne­ten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Manfred Lackner, Dr. Kurt Grüne­wald, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der ambulanten Neuro-Re­habilitation“ und über den

Antrag 706/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Ausbau der ambulanten Neuro-Rehabilitation (1548 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 14 und 15 der Tagesordnung, worüber die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


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155. Sitzung / Seite 197

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. Wunschredezeit: 4 Minu­ten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


19.15.52

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mir wurde vorgeworfen, dass ich gesundheitspolitisch zu hart mit der Opposition vor­gehe. (Rufe bei der ÖVP: Nein!) Als Arzt will ich das nicht auf mir sitzen lassen und möchte die Diskussion über diesen Antrag jetzt dazu nützen, um Folgendes zu sagen: Wir alle, alle Parteien sind einem Antrag des Herrn Grünewald von den Grünen beige­treten, der den Ausbau der ambulanten Neuro-Rehabilitation verstärken will. Das ist sehr sinnvoll.

20 000 Österreicher erleiden jährlich einen Schlaganfall. 60 000 Österreicher haben überlebt mit den Folgen eines Schlaganfalls. Es handelt sich also um praktisch insge­samt 80 000 Personen, wobei wir wissen, dass sich alle fünf Jahre, wenn die Lebens­erwartung steigt, die Zahl verdoppelt, also der 70-Jährige hat ein doppelt so hohes Risiko wie der 65-Jährige et cetera. Es ist es ein Wettlauf Hase – Igel, Bereitstellung der Betten, der Rehabilitationsmöglichkeiten, Ausbildung et cetera. Wir reden hier vom Bürger, der einen Schlaganfall hat. Über die Gruppe jener, die einen Hirntumor ha­ben – diese ist noch ärmer –, reden wir gar nicht, die ist noch mehr betroffen, der geht es noch schlechter, oder über Leute mit Lateralsklerose, mit schwerem Parkinson. Ich weiß, wovon ich rede. Man kann da gar nicht genug machen.

Stellen Sie sich vor, Sie fallen da zusammen. Stellen Sie sich vor, Sie werden super ins Spital gebracht. Dann müssen Sie sich darauf verlassen können, dass alles ge­macht wird, denn Sie haben nur drei Monate Zeit – vielleicht noch einmal drei Monate, aber dann ist der Ofen aus: alles, was nicht an Funktion kommt, ist vorbei.

Das ist natürlich auch gesundheitspolitisch wichtig, denn es ist schon ein Unterschied, ob Sie rund um die Uhr gepflegt werden müssen oder ob Sie sich noch selber anzie­hen können, noch selber essen können, noch selber auf die Toilette gehen können. Darum macht es auch aus finanziellen Gründen einen Sinn, so einem Antrag beizutre­ten.

1989 hatte ich das Vergnügen, mein allererstes Gesundheitsregierungsprogramm mit Minister Ettl zu verhandeln. Wir haben damals hineingeschrieben: Ausbau der Neuro-Rehabilitation. Es hat mehrere Jahre gedauert, und heute sind wir an der Weltspitze. Trotzdem, sage ich, ist der Antrag mehr als notwendig. Es fehlen 1 600 Plätze ambu­lant, es fehlen 700 stationäre Plätze. Er ist daher mehr als notwendig.

Wir haben vor einigen Jahren, noch unter SPÖ-Ministern, gesagt, wir wollen die Stroke Units – Spezialbehandlung der Schlaganfallpatienten im Akutbereich – aufbauen. 40 wurden gefordert, 29 haben wir. Wenn der Patient binnen drei Stunden ins Spital kommt, kann man das Gerinnsel auflösen, und der Schlaganfall kann praktisch rück­gängig gemacht werden.

Österreich hat hier eine Weltspitzenrolle. Ich habe die letzten Daten gelesen: Wir retten dreimal so viele – dreimal so viele! – Menschen wie das großartige Amerika. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Sie haben zuerst ein bisschen gelacht, als ich von den Hubschraubern gesprochen habe. In Wien ist die durchschnittliche Zeit der Rettung acht Minuten, bis Sie ins Spital kommen, acht Minuten, bis die Rettung bei Ihnen zu Hause eintrifft. Das spielt schon eine Rolle, ob ein Helikopter am Land da ist oder nicht. Das spielt schon eine Rolle, ob ein Spital 80 oder 10 Kilometer entfernt ist.

Das ist meiner Überzeugung nach angewandte Gesundheitspolitik. Daher treten wir von der ÖVP ein für eine menschliche Gesundheitspolitik für alle, unabhängig von Alter


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und Einkommen, und ich bin froh, dass sich alle Parteien in diesem so wichtigen The­ma gefunden haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ sowie des Abg. Öllinger.)

19.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Scharer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.20.11

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die Regierungsvorlage über die Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte zwischen Bund und Land Salzburg, womit nun in allen Bundeslän­dern ein bilateraler Abschluss erfolgt ist, findet unsere Zustimmung.

Bund und Länder verpflichten sich zur Sicherstellung der wesentlichen Patienten­rechte. Recht auf Behandlung und Pflege, Achtung der Würde, Selbstbestimmung, Information und Dokumentation, besondere Bestimmungen für Kinder, Vertretung von Patienteninteressen und Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen sind die Kern­bereiche dieser Patientencharta.

Aufbauend auf diese Grundlage der Charta bedarf es einer lückenlosen Umsetzung und Weiterentwicklung, um die Rechte aller Menschen in Österreich sicherzustellen. Unter anderem ist gefordert, dass der Zugang zu Gesundheitsleistungen ohne Unter­schied des Alters, des Geschlechtes, der Herkunft und des Vermögens möglich sein muss.

Laut einer IMAS-Studie sind 62 Prozent der Befragten in Sorge und fürchten bereits um ihre Gesundheitsversorgung. Wie reagieren Sie, Frau Ministerin, auf die Sorgen der Menschen? – Ihre Reformen sind geprägt von: Kosten steigern und gleichzeitig Leistungen senken! Sie tragen dazu bei, dass Gesundheitsleistungen zunehmend zur Handelsware werden. Vor allem ältere Menschen – die ein Recht auf beste medizi­nische Versorgung haben! – warten zum Beispiel monatelang, jahrelang auf Hüft- und Kniegelenksoperationen.

Es ist auch Pflicht, eine flächendeckende Versorgung in für die Betroffenen zumutbarer Entfernung sicherzustellen. Die Unterversorgung in den ländlichen Regionen erschwert und verhindert die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und beschert den Be­troffenen, die dann auch noch hohe Selbstbehalte zu tragen haben, zusätzlich hohe Zeit- und Fahrtkostenaufwendungen. Die Situation der Landärzte dürfte Ihnen bekannt sein. – Das ist nur ein kleiner Teil der massiven Benachteiligung in der medizinischen Versorgung.

Ein Zwei-Klassen-Gesundheitssystem lehnen wir entschieden ab – die Österreicherin­nen und Österreicher haben ein Recht auf die beste Versorgung! (Beifall bei der SPÖ.)

19.22


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lichtenegger; 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.22.59

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Auf der einen Seite kann man sagen, es läuft schon wieder das alte Tonbandl, das wir schon seit drei Jahren hören. Aber es nützt nichts, auch wenn Sie es noch so oft wiederholen, es wird deswegen nicht wahrer. Es ist schlimm, dass Sie immer wieder verleugnen, dass Österreich eine sehr gute, zukunftsorientierte, qualitativ hochwertige Gesundheitspolitik, ein Gesundheitssystem anbieten kann, das seinesglei­chen sucht. Das sei auch einmal gesagt. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)


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Was wir heute vollenden, ist etwas, das schon in den neunziger Jahren begonnen wor­den ist, nämlich die Kodifizierung der Patientenrechte mit allen Bundesländern, heute mit Salzburg als letztem Bundesland. Es hat lange gedauert. Ich bin jetzt seit mehr als dreieinhalb Jahren im Haus, und in den letzten Jahren haben wir vier oder fünf 15a-Vereinbarungen bearbeitet. Das zeigt uns, in den letzten Jahren ist wirklich einiges weitergegangen. Endlich gibt es mit allen Bundesländern diese so wichtige 15a-Verein­barung, die uns die Patientenrechte sichert und sie endlich auf eine gesetzliche Basis stellt.

Zweiter Verhandlungspunkt, Kollege Rasinger hat schon darüber gesprochen: Ausbau der ambulanten Neuro-Rehabilitation. – Das ist Parlamentarismus, wie man ihn sich eigentlich wünscht. Auf Basis einer Studie haben wir festgestellt, dass es fehlende Kapazitäten gibt, dass es fehlende Plätze gibt, dass wir mehr Kapazitäten brauchen, dass wir mehr Betten brauchen, obwohl wir im internationalen Vergleich schon an vor­derster Spitze liegen. Kollege Grünewald – er ist heute nicht da; alles Gute an dieser Stelle, er ist, wie ich gehört habe, im Krankenhaus – hat die Initiative ergriffen, hat sich mit den Gesundheitssprechern zusammengesetzt, und wir haben dann einen gemein­samen Antrag formuliert, der schlussendlich auch zum Ziel geführt hat.

Genau das ist der Weg, den wir uns in der Gesundheitspolitik wünschen. In Zukunft können wir auch so weiterarbeiten. Leider war es in der Vergangenheit oft nicht mög­lich, in der Gesundheitspolitik eine breite Basis zu finden, weil offensichtlich doch im­mer wieder die Parteipolitik im Vordergrund gestanden ist. (Beifall bei den Freiheit­lichen – BZÖ und der ÖVP.)

19.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Haidlmayr. 4 Minu­ten Wunschredezeit. – Bitte.

 


19.25.28

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Entschließungsantrag der Grünen für die Neuro-Rehabilitation ist zumindest einmal ein erster Schritt, dass man akzeptiert, dass es in diese Richtung Handlungsbedarf gibt, und dieser Handlungsbedarf endlich einmal in Worte gefasst ist. Das heißt aber noch lange nicht, dass es tatsächlich schon eine Er­weiterung der Neuro-Rehabilitation gibt, sondern es ist lediglich ein Entschließungsan­trag. Das heißt, Hoffnungen, dass da jetzt ab morgen irgendetwas passiert, sollte man sich nicht machen, sonst würde man enttäuscht werden. Aber es ist zumindest einmal ein erster Schritt in diese Richtung.

Unsere Forderungen wurden in diesem Antrag fast alle erfüllt, mit Ausnahme der Zeit­fixierung. Wir wollten einen klaren Termin haben, bis wann die Regierung eine Regie­rungsvorlage erarbeiten muss, aber darauf hat sich die Regierung dann nicht eingelas­sen. Wir haben heute den 22. Juni, eine Gesetzesvorlage wäre sich, realistisch ge­sehen, ohnehin nicht mehr ausgegangen. Man kann aber sagen, die Grünen haben dieses Thema zumindest forciert und waren damit erfolgreich. Ich möchte mich bei all jenen bedanken, die eingesehen haben, dass in diesem Bereich Handlungsbedarf besteht und dass man endlich reagieren muss. (Beifall bei den Grünen.)

Heute wird auch die letzte Patientencharta mehr oder weniger verabschiedet. Lange hat es gedauert, bis alle neun Bundesländer bereit waren, diese anzuerkennen. Wie sie umgesetzt wird, müssen wir verfolgen.

Frau Ministerin, es wird nicht mehr in Ihren Aufgabenbereich fallen, aber grundsätzlich möchte ich es sagen: Die Patientencharta, die jetzt alle neun Bundesländer unter­schrieben haben, ist dringend reformbedürftig, weil wesentliche Anliegen – ich habe es


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schon mehrmals gesagt – speziell von blinden und gehörlosen PatientInnen in diesen Patientenchartas nicht enthalten sind. Da ist Handlungsbedarf gegeben, um sie wirklich auf den letzten Stand zu bringen. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn die Novellierung genauso viel Zeit braucht, wie die neun Bundesländer ge­braucht haben, um die Patientencharta zu unterschreiben, dann habe ich nicht un­bedingt Hoffnung, dass sich da schnell etwas tut. Wir Menschen mit Behinderungen werden den Druck entsprechend verstärken müssen, damit Sie endlich einsehen, dass unsere Rechte als PatientInnen, wenn wir im Spital sind, gleichgestellte Rechte von nicht behinderten PatientInnen sind. Und das werden wir hier auch einfordern. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin! Ich könnte Ihnen jetzt im Zusammenhang mit der Neuro-Rehabilitation noch einiges aufzählen, was fällig ist, und ich möchte Sie auch bitten, nicht zu verges­sen, dass es seit Jahren eine Resolution der österreichischen Behindertenbewegung, „Rehabilitation – gleiches Recht für alle“, gibt. Das heißt, nicht nur der Neuro-Rehabi­litationsbereich muss für alle gelten, sondern alle Rehabilitationsmaßnahmen, die in Österreich angeboten werden, müssen für alle gelten, und das nach den höchsten Standards, nämlich den Standards der Allgemeinen Unfallversicherung. (Allgemeiner Beifall.)

Sie haben mir schon einmal gesagt, dass Sie damit überhaupt keine Freude haben, dass die Rehabilitation gehoben werden soll. Ich bin auch nicht da, um Ihnen eine Freude zu machen, sondern meine Aufgabe ist es, die Rechte von Menschen mit Be­hinderungen in allen Bereichen zu vertreten. Und das mache ich; ob es jemandem Freude macht oder nicht, ist für mich nicht relevant. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

19.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


19.29.42

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Haidlmayr, ich weiß nicht, wieso Sie darauf kommen, dass Sie mir damit keine Freude machen! – Seit 20 Jahren, sogar seit 25 Jahren kämpfe ich sehr intensiv dafür, dass genau das, was Sie jetzt verlangen, in Österreich Realität wird, nämlich: dass Rehabilitation, und zwar in der besten Form, für alle glei­chermaßen zur Verfügung steht, und das unabhängig vom Versicherungsstatus, unab­hängig vom Alter und unabhängig von der Tatsache, ob jemand selbst versichert oder mitversichert ist.

Da gibt es in der Tat noch unterschiedliche Entwicklungen, aber wir bemühen uns sehr, da zu einem Ergebnis zu kommen, so wie zum Beispiel kürzlich mit dem Projekt betref­fend ambulante kardiovaskuläre Rehabilitation – Herr Abgeordneter Sonnberger setzt sich ja intensiv dafür ein –, die zwar für Selbstversicherte möglich ist, für Mitversicherte jedoch nicht. Das sind Unsinnigkeiten – noch dazu, wo die ambulante Rehabilitation kostengünstiger als die stationäre ist.

Das Gesetz betreffend Patientenrechte beziehungsweise die Vereinbarung des Landes Salzburg, der Artikel-15a-Vertrag über den Ausbau der Patientenrechte, ist in der Tat ein freudiger Anlass. Salzburg ist das letzte Bundesland, das die Patientencharta im Landtag beschlossen hat. Damit ist uns jetzt die Möglichkeit gegeben, diese Charta weiterzuentwickeln.

Sie haben vollkommen richtig gesagt, Frau Abgeordnete Haidlmayr, dass seit Ab­schluss dieses Artikel-15a-Vertrages Weiterentwicklungen erfolgt sind, denen man na-


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türlich Rechnung tragen muss, aber Sie wissen auch, dass das legistisch erst dann möglich ist, wenn alle Bundesländer diesen Artikel-15a-Vertrag ratifiziert haben.

Jedenfalls: Wir werden das sehr intensiv angehen, was die Rehab-Zentren für die Neu­ro-Rehabilitation beziehungsweise die ambulante Neuro-Rehabilitation anlangt. Mir, meine Damen und Herren, ist es ein Anliegen, die Rehabilitation in Österreich generell zu verbessern, inklusive der Rehabilitation für Kinder; ein langjähriges Anliegen auch des Herrn Abgeordneten Rasinger.

Im Rahmen des Kindergesundheitsplanes haben wir ja auch das Kinder-Rehab-Zent­rum entwickelt und sind auf der Suche nach einer Einrichtung hiefür. Unabhängig da­von, ob die Kinder von angeborener Behinderung betroffen oder infolge eines Unfalles oder durch Krankheit behindert sind: Wir müssen dem Rechnung tragen und uns dar­um kümmern.

Das Gleiche gilt auch für die Rehabilitation nach Krankheiten wie zum Beispiel Brust­krebs. Ähnlich wie die Stroke Units werden wir Mammazentren einrichten, in denen eine ganzheitliche Behandlung und Betreuung sowohl der Patientinnen als auch der Angehörigen erfolgen wird, sodass wir auch da eine Verbesserung der an sich ohnehin guten Situation herbeiführen werden. – Ich danke Ihnen jedenfalls für die Zustimmung zu dieser Gesetzesvorlage. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitli­chen – BZÖ.)

19.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Donabauer, und zwar für 3 Minuten. – Bitte.

 


19.33.04

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn in einigen Wochen Bilanz gezogen werden wird über diese Gesetzgebungsperiode, werden es die Oppositionsparteien schon sehr schwer haben, den Bürgerinnen und Bürgern zu erzählen, was sie in diesen vier Jah­ren nicht alles an Gutem für Österreich bewegt hätten. – Die Regierung hat es da je­denfalls viel, viel leichter (ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen), können wir doch auf eine große Zahl wirklich engagierter und zukunftsorientierter Arbeitsme­thoden und Entscheidungen verweisen: sei es in der Finanzpolitik oder in der Sicher­heitspolitik, in der Investitionspolitik für die Betriebe Österreichs, et cetera. Ebenso verweisen können wir auf eine erfolgreiche Europapolitik. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Bildungspolitik haben Sie vergessen!)

Nicht zuletzt können wir auch darauf verweisen, dass die Gesundheits- und Sozialpoli­tik in Österreich wirklich herzeigbar ist. – Da Frau Kollegin Scharer vorhin sagte, dass die Bürger ein Recht auf eine gute Sozialpolitik haben, möchte ich ihr erwidern: Zeigen Sie mir bitte ein anderes Land, in dem es auch nur eine ähnliche qualitativ hochste­hende Sozialpolitik für alle Bürgerinnen und Bürger gibt! (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Nennen Sie mir ein solches Land!

Da Sie von der SPÖ immer über die angeblich vorherrschende Zwei-Klassen-Medizin in Österreich reden: Schauen Sie sich doch die Versicherungen an, in denen Sie das Sagen haben, so zum Beispiel die Versicherungsanstalt der Eisenbahner! Dort gibt es tatsächlich eine Zwei-Klassen-Medizin: eine sozusagen für gewöhnliche Angestellte und eine für die Pragmatisierten. Aber niemand von Ihnen von der SPÖ findet das schlecht! – Das ist gelebte Zwei-Klassen-Politik! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir machen es anders, wir machen das einfach gut – und das müssen auch Sie von der Opposition anerkennen, egal, ob Ihnen das passt oder nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Die Sozialquote in Österreich ist gestiegen, und zwar auf 29,1 Prozent. Nehmen Sie zur Kenntnis – und dafür, Frau Minister, ein Kompliment –: Die Sozial- und Gesund­heitspolitik ist in Österreich nicht schlechter, sondern gerechter geworden! Und es war ja auch höchste Zeit!

Wir befinden uns jedenfalls auch da auf gutem Weg, auf einem Weg, den wir sicherlich weitergehen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Haidlmayr meinte zuvor, dass sie sich auch weiterhin engagiert für die Anliegen Behinderter einsetzen werde – egal, ob uns das gefalle oder nicht. – Dazu nur: Uns gefällt es, Frau Abgeordnete Haidlmayr, dass Sie mit unserem Behinderten­sprecher Dr. Franz-Joseph Huainigg hervorragend zusammenarbeiten und sich ge­meinsam mit ihm für die Anliegen behinderter Menschen einsetzen. Unser Kollege Dr. Franz-Joseph Huainigg – das möchte ich hier betonen – hat uns wirklich sehr viele Ezzes gegeben und hat gute Vorschläge eingebracht. Danke dafür! Auch das soll hier einmal gesagt werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Und was machen Sie damit?)

Lassen Sie mich nur noch auf ein paar Dinge Bezug nehmen!

Patientencharta – dabei geht es um das Recht auf Behandlung, darum, dass das alles ordentlich dokumentiert wird. Es geht also auch um das Recht auf Dokumentation, und ich kann nicht verstehen, dass die Ärzte jetzt zum Streik auffordern. Was stört sie? – Wir haben in der Patientencharta das Recht auf Dokumentation festgeschrieben. Da kann man doch nicht auf der anderen Seite hergehen und sich darüber beklagen, dass man zu viel arbeiten muss. Das ist ein Grundrecht jedes Bürgers, und ich glaube, um mit den Worten von Erwin Rasinger zu reden, es ist besser, man bekennt sich zu den Dingen, die man verhandelt hat, als man protestiert gegen sie, weil halt vielleicht die eine oder andere Frage offen geblieben ist.

Neuro-Rehabilitation – ich denke, dass wir hier mit den heute schon an die 1 500 Bet­ten ein herzeigbares Anbot haben, aber wir brauchen wesentlich mehr, und das wissen wir in der Sozialpolitik. Wir müssen Patienten nicht nur nach einem Schlaganfall helfen können, sondern vor allem auch nach schweren Unfällen oder anderen Erkrankungen. Das ist eine wichtige Maßnahme. Es verbessert die Lebenssituation, die Befindlichkeit, es bringt dem Bürger etwas, und es spart Geld beim Pflegegeld. Ich denke, es ist alle­mal besser, man hilft dem Bürger, sich wieder selbst zu finden, aktiv zu werden, als ihm nur finanzielle Unterstützung in Form des Pflegegeldes zu gewähren.

Das ist nicht unsere Politik! Wir machen es besser, unsere Politik ist herzeigbar – des­halb werden wir diesen Regelungen auch zustimmen! (Beifall bei der ÖVP.)

19.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Mag. Maier 2 Minu­ten. – Bitte.

 


19.37.09

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dieser halb misslunge­nen Wahlkampfrede des Kollegen Donabauer (Rufe bei der ÖVP: Nein! Nein! Nein! – Abg. Dr. Rasinger: Die war ausgezeichnet!) sollten wir wieder zur Gesundheitspolitik zurückkommen. Ich meine, Kollege Lichtenegger hat etwas Richtiges gesagt, warum in der Gesundheitspolitik nichts weitergegangen ist – Kollege Donabauer ist das klassi­sche Beispiel dafür! –, nämlich: weil Parteipolitik eine Rolle gespielt hat. Ich weiß nicht, warum Kollege Lichtenegger Kollegen Donabauer so gut kennt, aber in dieser Frage hat mir Kollege Lichtenegger aus dem Herzen gesprochen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man über Patienten­rechte redet, dann redet man in erster Linie über Fragen der Medizinhaftung. Ich möch­te schon darauf hinweisen, dass im Gegensatz zum Produktbereich im Dienstleistungs­bereich – und dazu gehört auch der Medizinbereich – eines fehlt, nämlich eine ver­schuldensunabhängige Dienstleistungshaftung oder Medizinhaftung. Ich sage Ihnen, das müssen wir langfristig gemeinsam mit der Justizsprecherin im Justizausschuss, mit Kollegin Fekter anstreben. Das ist ein Justizthema der Zukunft. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei Patientenrechten geht es aber auch um Fragen des Schutzes der Daten der Patienten. Und hier, Frau Bundes­ministerin, verstehe ich eines nicht: dass Fragen der Sicherheit von Daten in der Gesundheitspolitik eine so geringe Rolle spielen. Ich erinnere nur an die Diskussion um die Vorsorgeuntersuchung neu. Ich bin nicht damit einverstanden, dass die freiwillig er­mittelten Daten der Ärzte – zwar pseudonymisiert, wie es heißt – an den Hauptverband weitergegeben werden. Ich lehne das auch als stellvertretender Vorsitzender des ös­terreichischen Datenschutzrates ab.

Aber ich möchte Sie auf ein Problem aufmerksam machen. § 11a Versicherungsver­tragsgesetz ermöglicht es den Versicherungen, Gesundheitsdaten von Patienten zu ermitteln. Ich habe versucht, über parlamentarische Anfragen herauszufinden, wie die Sozialversicherungsträger mit derartigen Anfragen von Versicherungen umgehen. – Frau Bundesministerin, hier haben Sie Handlungsbedarf. Es gibt keinen Rechtsan­spruch auf diese Patientendaten, und ich würde mir wünschen, dass Daten, die von Sozialversicherungsträgern kommen, nicht direkt den privaten Versicherungen gege­ben werden, sondern den Versicherungsnehmern, das heißt den Arbeitnehmern, die dann entscheiden können, ob diese Daten an die privaten Lebensversicherungen und dergleichen weitergegeben werden.

Abschließend: Wir werden in diesem Haus in der kommenden Legislaturperiode ver­stärkt unser Augenmerk auf die Frage der Sicherheit der Gesundheitsdaten richten müssen – nicht nur wegen der Vorsorgeuntersuchung-neu, sondern generell wegen des Einsatzes der neuen Kommunikationstechnologien im Gesundheitsbereich. Das muss für uns alle eine Herausforderung sein! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. 5 Mi­nuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


19.40.46

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Rasinger, der gerade vielleicht ge­sundheitshalber handytelefonierend hinausgeht, hat darauf hingewiesen, dass es auf eine Initiative meines Kollegen Dr. Grünewald zurückgeht, dass es jetzt endlich eine Rehabilitation für Schlaganfallpatienten in möglichst frühem Stadium geben soll. Ich meine, das, was jetzt bei Schlaganfallpatienten möglich sein wird, muss in anderen Be­reichen, sei es bei Herzinfarktpatienten oder in anderen rehabilitationsintensiven Berei­chen, ebenfalls Fuß fassen, denn – und da, Frau Ministerin, werden Sie mir sicherlich zustimmen – je früher man mit Wiederbelebungsmaßnahmen und Reaktivierungsmaß­nahmen ansetzt, desto geringer ist dann sozusagen die Restleidezeit beziehungsweise die Restbeeinträchtigung und desto geringer sind auch die Kosten. Ich glaube, da sollte man mit einem generellen Programm ansetzen, nicht nur beschränkt auf die SchlaganfallpatientInnen.

Denken Sie zum Beispiel auch an die vielen Kuraufenthalte! Denken Sie daran, dass die Verhaltensweisen, die man auf einer Kur sozusagen vorgeführt bekommt, ja eigent-


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lich im Alltag dann Platz greifen müssten und erst dann prophylaktisch, gesundheits­vorbeugend, gesundheitsschützend wirken sollten! Ich glaube, da wären Sie in Ihrer Gesundheitspolitik gut beraten, Ihr Augenmerk mehr darauf zu richten.

Wir werden sicherlich – und auch der Kollege Maier sprach davon, auf den Daten­schutz in künftigen Legislativperioden vermehrt Augenmerk zu lenken – auch zukünftig in der Gesundheitspolitik noch verstärkt Initiativen in Vorbeugemaßnahmen setzen, die sehr weit gefächert sein werden. Und da hoffen wir auf die Hilfe der zukünftigen Mitar­beiter in den verschiedenen Fraktionen und darauf, dass wir Erfolg haben werden.

Herr Kollege Rasinger, Ihre Aufnahme des Antrages meines Kollegen Grünewald ist für uns ein Zeichen. Ich hoffe, dass auch viele andere grüne Initiativen, sei es im Gesund­heitsbereich, sei es auch in anderen, genauso wichtigen Bereichen, endlich konsen­sual angegangen werden. Das ist nämlich eine Qualität, die es in den wenigsten Aus­schüssen gibt, die leider in anderen Ausschüssen viel zu selten zur Anwendung kommt beziehungsweise gepflegt wird. Wir sollten uns das zum Vorbild nehmen. Deshalb unsere Zustimmung in mehrfacher Hinsicht.

Es ist leider ein Wermutstropfen, dass Sie nicht auf den Antrag von Grünewald gegan­gen sind, sondern dass es sozusagen aus formalen Gründen einen Vier-Parteien-An­trag geben musste. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.43


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.43.23

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Es ist ja schon zur Neuro-Rehabilitation sehr viel und sehr Gescheites gesagt worden. Ich kann mich dem wirklich nur anschließen. Wir sollten bei der Rehabilitation nicht nur an den Schlagan­fall denken, sondern auch an schreckliche Unfälle, aber auch an verminderte Lebens­qualität, die ältere Menschen haben. Die sollen wieder zu sich kommen und zu ihrer Beweglichkeit, die ihnen ihren Tag mobil macht.

Beim Schlaganfall ist es so, dass dessen Folgen der häufigste Grund für Behinderun­gen im Leben des Erwachsenen und vor allem im Leben des älteren Menschen sind, und auf Grund der demographischen Entwicklung ist anzunehmen, dass sich das noch verstärken wird.

Was ist also da zu tun? – Nach der Akutversorgung wird es sicher unterschiedliche Wege geben, dem Patienten zu helfen. Wie rasch er dann wieder seine alte Befindlich­keit zurückgewinnt – einem Drittel der Patienten gelingt das – oder ob er Ergotherapie, Physiotherapie, Psychotherapie oder Logopädie in Anspruch nehmen muss, ist auch davon abhängig, wie gut der Patient vorher beisammen war, wie sehr er schon vorher auf seinen Körper geschaut hat.

Ganz entscheidend ist – das wurde auch schon gesagt –, mit der Rehabilitation gleich nach der Akutphase anzufangen und diese vor allem kontinuierlich anzuwenden. Wenn nur einmal in der Woche eine Behandlung stattfindet, ist das ziemlich wirkungslos.

Einem Teil der Betroffenen wird man im stationären Bereich helfen müssen, ein ande­rer Teil wird ambulant behandelt werden können und weiterhin daheim bleiben können. Das ist auch der Wunsch der älteren Menschen. Das fördert auch ungeheuer die psy­chische Stabilität des Menschen.


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155. Sitzung / Seite 205

Dieser Antrag für den Ausbau der ambulanten Rehabilitation ist in meinen Augen eine sehr gute Investition für die Zukunft und wird bei allem finanziellen Aufwand, der nötig ist, helfen, Folgekosten zu verringern.

Nun habe ich noch eine sehr persönliche Bitte – die Frau Dr. Moser hat das schon an­gesprochen –: Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt die Zeit vor dem Schlaganfall, und für diese Zeit sind wir selbst verantwortlich. Es gibt heute – ich sage das auch des­halb, weil die Frau Gesundheitsministerin darauf angesprochen worden ist – so viele Informationen zur Prävention, wie es sie überhaupt noch nie gegeben hat. Und wir alle können lesen. Das Einzige, was schwierig ist, ist, sich durchzuringen, etwas zur Prä­vention zu tun. Unsere Zeit hat eine Bequemlichkeit, hat eine Scheu, die uns daran hin­dert, etwas in Angriff zu nehmen, was ein bisschen einer Überwindung bedarf. Bitte tun Sie es, es ist im Sinne Ihres künftigen Lebens! Tun Sie es als gescheite, verantwor­tungsvolle Menschen! Es wird nämlich unser Körperkapital, das gratis zur Verfügung steht, nicht voll ausgenützt.

Wir fordern daher von der Regierung, diese Zeit uns zu überlassen, aber dann eine fi­nanzielle Unterstützung für den Ausbau der Rehabilitation zu geben. Und das ist sicher auch ein Teil der Patientencharta: nämlich das Recht auf Pflege, das damit eingelöst wird. (Beifall bei der ÖVP.)

19.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schasching. Ihre Wunschredezeit beträgt 2 Minuten. – Bitte.

 


19.46.55

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Kollege Rasinger hat in seiner Rede gemeint, es wäre ein Zeichen damit gesetzt wor­den, dass man den grünen Antrag aufgegriffen hat. Ich meine, das Zeichen ist noch nicht intensiv genug, denn man hätte sich auf diesen einen Antrag verständigen kön­nen, aber es wurde letztendlich ein Vier-Parteien-Antrag eingebracht.

Auch wir sind der Meinung, dass Neurorehabilitation im ambulanten Bereich ausgebaut werden muss, und zwar ganz dringend ausgebaut werden muss. Wir sind dieser Mei­nung schon wesentlich länger, als Sie festgestellt haben, indem Sie meinten, wir soll­ten jetzt dieser Entschließung doch beitreten. – Sei’s drum.

Jetzt ist die Frau Bundesministerin am Zug. Sie soll laut Antrag die Initiative zur Klä­rung der Finanzierung durch alle für die diversen Gesundheitsbudgets Verantwortli­chen setzen.

Jetzt ist der Ball dort, wo ich meine, dass es vielleicht doch ein wenig schwierig werden wird.

Frau Bundesministerin, Sie sind am Zug! Sie haben die Gesundheitsbudgets in den letzten Jahren ausgeräumt. (Abg. Großruck: Wir arbeiten nicht bei der BAWAG!) Es ist in Wahrheit das Gesundheitssystem von Ihnen nicht wirklich so unterstützt worden, dass man sagen kann, dass die Finanzierung sichergestellt ist. Wir sind schon sehr gespannt darauf, wie Sie es zusammenbringen werden, diese Finanzierung sicherzu­stellen.

Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Verhandlungen. Die Menschen in diesem Land warten auf Ergebnisse. Sie wollen nicht, dass wir nur Anträge beschließen, die dann ins Nirwana führen, sondern sie wollen Ergebnisse, und das heißt, auch schon bald ambulante Betten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.48



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155. Sitzung / Seite 206

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


19.49.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt ja kein ein­heitliches Bundespatientenrechtegesetz, und zwar aus verschiedensten Gründen, aber es wurde schon vor längerer Zeit für gut befunden, dass sich Bund und Länder wech­selseitig zur Sicherstellung der Patientenrechte verpflichten. Nun hat sich auch das Land Niederösterreich, nach Wien als letztes Bundesland, zu diesem bilateralen Ab­schluss bekannt. (Abg. Haidlmayr: Salzburg!)

Der Inhalt ist ... (Abg. Dr. Rasinger: Salzburg!) Entschuldigung! Salzburg. – Der Inhalt ist ja schon weitgehend bekannt; ich werde noch einmal kurz darauf eingehen.

Es geht dabei um die Persönlichkeitsrechte der Patienten und Patientinnen bezie­hungsweise um die Achtung ihrer Würde und Integrität. Weiters geht es um das Recht auf Selbstbestimmung und auf Information beziehungsweise um das Recht auf Doku­mentation.

Ein wichtiger Punkt sind auch die besonderen Bestimmungen für Kinder, denn für Kin­der bedeutet ein Krankenhausaufenthalt eine besonders hohe Belastung, und auch ein Arztbesuch kann große Ängste und Verunsicherung herbeiführen.

Neben der Aufklärung des Erziehungsberechtigten muss es natürlich auch eine Aufklä­rung für die Minderjährigen geben. Des Weiteren sind unabhängige Patientenvertre­tungen einzurichten. Ferner können für Behandlungsfehler Schadensersatzansprüche durchgesetzt werden.

Es haben nun alle Bundesländer Österreichs diese Vereinbarung über die Patienten­charta mit dem Bund abgeschlossen, wodurch die Patientenrechte nachhaltig gestärkt und forciert werden. Damit kann, wie es schon die Frau Bundesministerin gesagt hat, auch die Patientencharta weiterentwickelt werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Ab­geordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

19.50


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Spindelberger. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.51.03

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Meine Damen und Herren! Wenn Kollege Neugebauer gesagt hat, unser Gesundheitssystem ist herzeigbar, dann stimme ich ihm vollkommen zu. Und ich sage auch, warum das so ist. – Weil eben bis zum Jahr 2000 die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dieses Gesundheitssystem federfüh­rend gestaltet haben. (Abg. Kainz: Das war ja das Problem!)

Seit Sie, nämlich seit sechs Jahren, dieses Gesundheitssystem leiten und Gesund­heitspolitik betreiben, hat sich vieles verändert – aber sicherlich nicht zum Besseren für die versicherten Menschen. (Ruf bei der ÖVP: Warum?)

Da Kollege Donabauer gesagt hat, dass alles gerechter geworden ist, frage ich mich wirklich, ob es gerecht ist, dass die Krankenversicherungsbeiträge für die Pensionisten um 1,1 Prozent erhöht wurden oder dass die Selbstbehalte bei Brillen gleich um 256 Prozent gestiegen sind. (Abg. Murauer: Können Sie definieren, was gerecht ist?) Das ist keinesfalls gerecht! – Traurig ist diese Ihre bisherige Bilanz!


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Ich stimme dem Kollegen Lichtenegger zu, wenn er sagt, dass bisher Parteipolitik im Vordergrund gestanden ist. Das gilt für die letzten sechs Jahre, denn bisher wurden alle Anträge der Oppositionsparteien auf die lange Bank geschoben.

Es ist schon ein bisschen schizophren, Kollege Rasinger, wenn du dich hier herstellst und sagst: Toll, dieser Antrag, der vom Kollegen Grünewald eingebracht wurde!, denn das hätten wir schon viel früher haben können, wenn man nicht alles immer nur hin­ausschieben würde. Warum sage ich das? – Weil das einfach unverständlich ist für jemanden, der sich mit Gesundheitspolitik beschäftigt.

Wir alle wissen doch, dass der häufigste Grund für Krankheiten bei den Erwachsenen der Schlaganfall ist, der Behinderungen mit sich bringt, und wir wissen, dass jeder drit­te Österreicher, jede dritte Österreicherin davon betroffen ist. Wir wissen aber auch – und das ist das Entscheidende –, dass ein Drittel der PatientInnen sofort stirbt, dass sich bei einem Drittel der PatientInnen der Gesundheitszustand innerhalb von drei bis vier Wochen wesentlich verbessert und dass das letzte Drittel der PatientInnen eine Langzeitrehabilitation benötigt. Aber genau diese ambulante Rehabilitation – und das wissen wir alle – gibt es nicht. Es belegen auch Studien aus den Jahren 2003 und 2004, dass es einen Fehlbestand von 700 Betten in Österreich gibt. Deswegen ist es so dringend und notwendig, diese Sachen gleich anzugehen, denn ein Sprichwort sagt ja: Nur wer rasch hilft, hilft wirklich! Das sollten Sie künftig bei Ihrem Handeln in der Gesundheitspolitik mit überlegen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dkfm. Dr. Stumm­voll. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


19.53.43

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu diesem Tagesordnungs­punkt nur deshalb zu Wort gemeldet, um aufzuzeigen, dass es Regionen in Österreich gibt, die bereits das umsetzen, was wir heute erst im Entschließungsantrag beschlie­ßen werden, die das umsetzen, was die Gesundheitspolitik unserer Frau Minister Rauch-Kallat ist.

Wir haben am Montag dieser Woche in Allentsteig im Waldviertel die Dachgleiche für ein neues Rehabilitationszentrum Neurologie mit 65 Betten gefeiert. Die Investitions­summe beläuft sich auf 13,5 Millionen. Es werden dadurch 100 Arbeitsplätze geschaf­fen.

Meine Damen und Herren! Das ist praktizierte angewandte Gesundheitspolitik, wie sie unser Gesundheitssprecher Erwin Rasinger apostrophiert hat!

Wir haben noch etwas gemacht: Um die beiden Zielsetzungen der Gesundheitspolitik, nämlich einerseits Qualitätssicherung, Sicherung des medizinischen Fortschritts, ande­rerseits größte Kosteneffizienz, unter einen Hut zu bringen, haben wir aus drei Spitä­lern ein Spital mit drei Standorten gemacht. Es ist ein Riesenunterschied, ob man drei Spitäler oder ein Spital mit drei Standorten hat! Ein Spital mit drei Standorten heißt, dass man den ganzen Verwaltungsaufwand nur einmal hat, dass man nur einen kauf­männischen Leiter, nur einen ärztlichen Leiter und nur einen Leiter des Pflegedienstes hat, dass man aber patientennahe Versorgung und Sicherstellung des medizinischen Fortschritts hat.

In Allentsteig ist die Neurorehabilitation angesiedelt, und in Eggenburg werden wir am 1. Juli ein modernes Spital für Psychosomatik eröffnen. Beides sind Spitalstandorte, die an sich für kleine allgemeine Spitäler nicht zu halten waren. Da haben wir uns eben gefragt: Wo gibt es einen Bedarf?


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155. Sitzung / Seite 208

Wenn wir heute gehört haben, dass der Fehlbestand bei der Neurorehabilitation 700 Betten beträgt, so kann ich jetzt sagen: Es wird mit der Eröffnung des Neuro­rehabilitationszentrums in Allentsteig dieser Fehlbestand um 10 Prozent niedriger wer­den.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich lade Sie ein, kommen Sie ins Waldviertel! Schauen Sie sich das an – und handeln Sie ähnlich! (Beifall bei der ÖVP.)

19.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Marek 2 Minuten. – Bitte.

 


19.55.46

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich begrüße es, dass nun auch das letzte Bundesland, nämlich Salzburg, die Vereinbarung über die Patientencharta mit dem Bund schließt bezie­hungsweise wir das betreffende Gesetz hier heute beschließen werden. Ich glaube, dass das ein wichtiger Schritt für die Wahrung der Rechte der Patientinnen und Patien­ten ist.

Ich möchte als Wiener Abgeordnete diese Gelegenheit nützen, Ihnen einen kleinen Einblick in die Situation der Wiener Patientenrechte zu geben, und auch schildern, wie es mit der Patientenanwaltschaft in Wien bestellt ist.

Da gibt es den Wiener Patientenanwalt Dohr, den kann man eigentlich als wahren Hul­diger der katastrophalen und gescheiterten Gesundheitspolitik im roten Wien bezeich­nen, und diese rosarote Brille, die so rosarot ist, dass sie offensichtlich schon Augen­schäden verursacht, ist wirklich schon fast peinlich, kann man sagen. Dafür braucht er anscheinend auch nicht zu arbeiten. Man muss nämlich monatelang auf seine Berichte warten, und man muss ihn auch richtiggehend sekkieren, wenn es darum geht, dass er seine Tätigkeitsberichte an die politisch Verantwortlichen weiterleitet. Über seine Arbeit berichtet er spärlich bis gar nichts. Seit vier Jahren gibt es keinen Bericht, obwohl er verpflichtet ist, jährlich einen Bericht abzugeben.

Ich kann mir aber vorstellen, dass das eine Art Selbstschutz ist, denn wir sehen, wie es einem geht, wenn man in Wien Zustände, wie sie im Lainzer Pflegeskandal offensicht­lich wurden, kritisiert. Das konnte man in allen Medien in den letzten Tagen und Wo­chen nachlesen. Ich meine damit den Pflege-Ombudsmann Dr. Werner Vogt, der von der damaligen Stadträtin Pittermann – wahrscheinlich ihre einzige positive Aktivität als Gesundheitsstadträtin – eingesetzt wurde, um die Interessen der Patientinnen und Patienten im Pflegebereich und die Interessen ihrer Angehörigen zu wahren und auch die Situation im Pflegebereich zu verbessern.

Er hat sehr engagiert, sehr kritisch gearbeitet, hat Missstände aufgezeigt. Ich glaube, dass man nur so die Situation wirklich verbessern kann. Aber er ist anscheinend der Stadträtin Brauner, die das alles nicht hören will, ins Gehege gekommen, und deswe­gen ist er von heute auf morgen abberufen worden. Das ist einmal mehr ein Sittenbild der SPÖ und leider ein Trauerspiel für die pflegebedürftigen Menschen und ihre Ange­hörigen in Wien. (Beifall bei der ÖVP.)

19.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Vorläufig letzte Rednerin: Frau Abgeordnete Grander. Auch sie spricht 2 Minuten. – Bitte.

 



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155. Sitzung / Seite 209

19.58.10

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte jetzt auf den Ist-Zustand in den Akut-Krankenhäusern und dann weiterfüh­rend in den Rehabilitationszentren, nämlich was die Rehabilitation betrifft, kurz einge­hen.

Neurorehabilitation ist ein dynamischer Prozess. Sie beginnt bereits in der Akutphase im Krankenhaus und steht vor allem unter dem pflegerischen Motto: Hilfe zur Selbst­hilfe.

Neurorehabilitation muss man als Prozess sehen, dessen Qualität nicht nur durch die Summe der einzelnen Therapieeinheiten, sondern vielmehr durch die Vernetzung aller ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Maßnahmen zu einem übergeordneten Ganzen mit gemeinsamen Zielen aller Berufsgruppen bestimmt wird.

Im Mittelpunkt des Rehabilitationsprozesses stehen die Patienten und Patientinnen, die entsprechend ihren Kompetenzen, Ressourcen und Defiziten gefördert werden. Ziel des Rehabilitationsprozesses ist es, die entstandene Behinderung zu reduzieren be­ziehungsweise zu kompensieren, sodass die betroffenen Menschen größtmögliche Selbstständigkeit und bestmögliche Lebensqualität wieder erlangen und je nach per­sönlicher Situation die Anforderungen ihrer familiären, gesellschaftlichen und beruf­lichen Umwelt erfüllen können.

Das oberste Ziel der Pflege in der Neurorehabilitation ist es deshalb, die Selbstpflege­kompetenz der Patienten so zu erweitern und wiederherzustellen, dass sie die im Rah­men des Schlaganfalles oder anderer Ereignisse aufgetretenen Selbstpflegedefizite selbst beziehungsweise mit Hilfe von Angehörigen oder anderen Betreuenden kom­pensieren und das Selbstpflegeerfordernis erfüllen können.

Das Ziel der Pflege in der Angehörigenarbeit besteht vor allem darin, den Angehörigen jene Kenntnisse und Fertigkeiten über pflegerische Maßnahmen zu vermitteln, dass sie in der Lage sind, die erworbenen Kompetenzen zu Hause zur Kompensation der Selbstpflegedefizite der Patienten zu nutzen.

Großes Augenmerk ist auf die multiprofessionelle Kommunikation zu legen. Es braucht auch da regelmäßige Teambesprechungen zur Planung und Evaluierung der gemein­samen patientenzentrierten Ziele. Sie sind dabei ebenso unverzichtbar wie das Wissen der einzelnen Berufsgruppen voneinander. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ.)

20.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfas­sungsgesetz in 1329 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung dazu erteilen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1548 der Beilagen angeschlossene Entschließung.


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Wer hier zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das erfolgt einstimmig und ist daher angenommen. (E 200.)

20.01.3116. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1417 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechts­gesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungs­gesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Richterdienstgesetz geändert werden (1550 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 16. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Neugebauer. Wunschredezeit: 4 Minu­ten. – Bitte, Herr Kollege.

 


20.02.08

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Geschätzte Anwesende! Die Materie enthält drei materiellrechtliche Bestimmungen: zunächst die Ausdehnung der Familienhospiz­freistellung auf die Pflege von Kindern von Lebensgefährten, weiters den Anspruch auf Abgeltung von Fahrtkosten für Verwaltungspraktikanten, und schließlich beziehen wir die vertraglich beschäftigten Aspiranten in das Wachebediensteten-Hilfeleistungsge­setz ein.

Darüber hinaus gibt es zwei verwaltungsvereinfachende Regelungen, nämlich dass wir verschiedene Beratungen und Beschlussfassungen in der Disziplinaroberkommission auch im Umlaufwege durchführen können, und wir haben im Ausschuss in einem zu­sätzlichen Antrag auch einige Bestimmungen des Deregulierungsgesetzes, das ges­tern behandelt und beschlossen worden ist, in dieses Gesetz verfrachtet, um eine un­nötig große Zahl von Novellierungen zu vermeiden.

Letztendlich unterscheiden wir in den höheren Schulen im Titel nicht mehr zwischen Pragmatisierten und Vertragsbediensteten. Die Schüler sagen zu allen „Professoren“; auch das haben wir entsprechend vereinheitlicht. Diese Regelungen sind zwischen der Bundesregierung als Arbeitgeber und meiner Gewerkschaft Öffentlicher Dienst verhan­delt worden. Wie ich dem Protokoll entnehmen kann, werden alle zustimmen. Ich bitte Sie um diese Zustimmung und bedanke mich auch herzlich dafür. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Wunschredezeit: 7 Minuten. (Rufe bei der ÖVP: Oje! Bitte nicht! Gnade!) Restredezeit der Fraktion: 28 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


20.03.33

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Wir werden dieser Novelle natürlich zustimmen, weil sie eine Verbesserung im Allgemeinen bringt. Ganz besonders zu begrüßen ist die Erweiterung der Familienhospizfreistellung auf die Pflege von Kindern von Lebensgefährten. Das ist ein richtiger Weg und ein Schritt in die richtige Richtung, und wir werden auch den an­deren Maßnahmen dieser Novelle zustimmen, weil sie eine Verbesserung darstellen.


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Unerwähnt bleiben soll aber nicht, dass die derzeitige Aufnahme der Polizeischüler auf einer Vertragsbasis erfolgt, die von uns als rechtswidrig angesehen wird, nämlich als vertraglich beschäftigte Aspiranten. Sie erhalten dadurch weniger Geld, als sie es als Polizeischüler mit einem provisorischen Dienstverhältnis erhalten würden. Ich glaube, es ist nicht richtig, wie man mit diesen Schülern umgeht. Sie haben auch keine Zusage für einen Posten. Sie sind zwei Jahre in Ausbildung, und es gibt keine Sicherheit, dass sie dann auch tatsächlich in den Polizeidienst aufgenommen werden.

Das ist kein Umgang, wie ihn der Öffentliche Dienst mit seinen Bediensteten pflegen sollte. Ich glaube, dass das falsch ist. Richtig ist jedoch, dass man diese vertraglich be­schäftigten Aspiranten in das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz mit einbezieht, und deswegen stimmen wir dieser Novelle zu.

Unerwähnt bleiben soll aber bei dieser Gelegenheit nicht, dass Herr Staatssekretär Finz, der zwar nicht zuständig ist, aber vom Bundeskanzler den Auftrag erhalten hat, ein Bundesmitarbeitergesetz vorzulegen, bereits im Dezember versprochen hat, dieses Bundesmitarbeitergesetz vorzulegen. Auf meine Anfrage hin hat er gesagt, nein, es wird Jänner werden, bis ein Bundesmitarbeitergesetz vorgelegt wird. Auf meine weitere Anfrage hat er dann gesagt, im März wird er dieses Bundesmitarbeitergesetz vorlegen. Vor einem Monat hat der Bundeskanzler angekündigt, dass er dieses Bundesmitarbei­tergesetz vorlegen wird. Und vor einigen Wochen hat Herr Staatssekretär Finz noch einmal angekündigt, dass er dieses Bundesmitarbeitergesetz vorlegen wird.

Ich frage mich: Wie oft kann man so etwas ankündigen, bis einem schließlich die Ge­duld reißt? – Das geht an den Koalitionspartner. Ich glaube, wir alle warten auf dieses Bundesmitarbeitergesetz, damit wir endlich wissen, wie das ausschauen könnte. Aber Sie haben sich nicht einmal dazu durchgerungen, irgendwelche Ansätze, Anregungen oder Hinweise zu geben, wie Sie damit umgehen wollen. (Abg. Schöls: Staatssekretär Schlögl ...!) Geben Sie zu, dass Sie gescheitert sind darin, in dieser Legislaturperiode ein Bundesmitarbeitergesetz vorzulegen! (Abg. Steibl: Sie sind gescheitert mit der BAWAG!) Sie sind mit dieser Maßnahme, die oft angekündigt wurde, ganz einfach ge­scheitert. Sie waren nicht in der Lage, bis heute auch nur einen Entwurf vorzulegen oder auch nur einen Hinweis auf ein Bundesmitarbeitergesetz zu geben. (Zwischenrufe des Abg. Großruck.) Und das trotz des Versprechens des Bundeskanzlers!

Wie so oft hat er hier etwas versprochen, was er nicht halten konnte. Er hat Staatssek­retär Finz vorgeschickt. Der arme Kerl musste den Kopf hinhalten, weil der Bundes­kanzler nicht in der Lage ist, dieses Gesetz hier vorzulegen. (Abg. Schöls: Üben Sie sich in Geduld!) Ich warte nach wie vor auf eine Verständigung, wie dieses Gesetz aus­schauen könnte, denn immerhin sind da Verfassungsbestimmungen drinnen. Mit uns wurden keine Verhandlungen aufgenommen. (Abg. Scheibner: Ihr werdet eh wieder dagegen sein!) Ich gehe daher davon aus, dass dieses Bundesmitarbeitergesetz inner­halb der Koalition gescheitert ist und dass die ÖVP nicht in der Lage ist, ein derartiges Gesetz vorzulegen. (Abg. Schöls: Das ist eine falsche Annahme!) Ich würde mich wundern, wenn das noch bis Ende der Legislaturperiode stattfinden könnte.

Aber vielleicht, Herr Staatssekretär, können Sie mir auch noch einen Termin nennen. Dann sind Sie der Dritte im Bunde, der hier Date-dropping betreibt, so wie es die bei­den Vorgänger, unter ihnen auch der Bundeskanzler, betrieben hat. Schade. Sie hätten die Chance gehabt, hier einen Wurf zu landen, aber Sie sind bei Ankündigungen ste­cken geblieben, wie es bei so vielem in dieser Legislaturperiode der Fall war. (Beifall bei der SPÖ.)

20.07



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155. Sitzung / Seite 212

Präsident Dr. Andreas Khol: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Fau­land für 3 Minuten ans Rednerpult. (Abg. Dr. Jarolim: Die Frage ist halt, ob man sich in einen Bund mit dem Herrn Finz ...! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

 


20.08.00

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Bevor ich dann auf die Ausführungen meines Vorredners doch ein wenig einge­he, nur ganz kurz zur vorliegenden Gesetzesmaterie. Wir stimmen da natürlich gerne zu, und auch für uns ist, was Kollege Wittmann auch schon expliziert hat, vor allem der Bereich der Familienhospizfreistellung für die Pflege von Kindern von Lebensgefährten ein sehr wesentlicher Teil.

Was das Bundesmitarbeitergesetz betrifft, ist es mir auch ein Bedürfnis, noch ein paar Worte darüber zu verlieren. Herr Kollege Wittmann, man soll den Tag nicht vor dem Abend loben und ihn auch nicht verfluchen. Es wird schon noch etwas kommen, und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir dem Hohen Haus hier ein Bundesmitarbeitergesetz vorlegen können werden, das auch die Grundzüge dessen, was gerade meine Fraktion sich darunter vorstellt, beinhalten wird.

Für uns ist es eben wichtig, dass im öffentlichen Dienst für die gleiche Leistung endlich die gleiche Bezahlung erfolgt, dass es auch im Bereich der Durchlässigkeiten zwischen den unterschiedlichen Dienstklassen endlich möglich ist, Aufstiegschancen zu schaf­fen. Ganz, ganz wesentlich ist eine flachere Gehaltskurve, um vor allem den jüngeren öffentlich Bediensteten auch eine gewisse Attraktivität, was den Eintritt in den öffentli­chen Dienst betrifft, zu bieten. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das noch hinkriegen werden. Und ich bin auch sehr zuversichtlich, dass Staatssekretär Finz dann etwas vorlegen wird, was unseren Wünschen entspricht, und dann werden wir gerne mit der SPÖ in Gespräche eintreten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits für 5 Minuten ans Rednerpult. – Bitte.

 


20.10.01

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecar! Dieser Abend bekommt ja noch richtig kuriose Züge. (Heiterkeit.) Die Ankündigung von Kollegem Fauland, was hier angeblich noch zu erwarten ist, ist ungefähr so, als würde ich sagen, Österreich wird an der Fußballweltmeisterschaft, die gerade läuft, noch teilnehmen. So kommt mir das vor mit diesem BundesmitarbeiterInnengesetz. (Beifall bei den Grünen.)

Selbstverständlich, Herr Präsident Neugebauer, verschließe ich mich nicht den Wün­schen Ihrer Gewerkschaft; Sie haben ja gesagt: meine Gewerkschaft. (Abg. Dr. Fek­ter: Das ist ja auch deine, nicht?) Die Grünen stimmen diesen Änderungen zu, weil wir davon überzeugt sind, dass sie richtig sind, aber ich schließe mich auch der Kritik an, die Kollege Wittmann als Vorsitzender des Ausschusses hier und die Otto Pendl da­mals im Ausschuss in Bezug auf die vertraglich beschäftigten AspirantInnen vorge­bracht hat.

Jetzt frage ich mich nur: Ist das wirklich so „super“ von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, wenn sie offensichtlich jene, die ohnehin in prekären Verhältnissen beschäftigt sind, ein bisserl links liegen lässt und nicht das Beste, was möglich ist, herausverhan­delt hat? Aber nichtsdestotrotz bin ich versöhnlich.

In Bezug auf das BundesmitarbeiterInnengesetz möchte ich eine wirklich ernsthafte Anmerkung machen und diese allen mit auf den Weg geben, wann immer es hier weitere Bewegung gibt, vielleicht von Seiten des Herrn Staatssekretärs Morak, der ja diese Aufgabe hat. Mir ist es ein Anliegen, hier festzustellen, dass die Frage der Mit-


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aufnahme der RichterInnen und StaatsanwältInnen in dieses BundesmitarbeiterInnen­gesetz und die Frage, wie mit der nicht Sonderstellung in der Weise, dass es eine privi­legierte Stellung ist, aber doch Ausnahmestellung der Justiz in diesem Fall dienstrecht­lich weiter verfahren wird, wesentliche Fragen sind. Die Grünen werden darauf ein Auge haben, und ich hoffe, dass dieses Anliegen auch von den anderen drei Fraktio­nen mit verfolgt wird. Das, was in der Vergangenheit an der Gerüchtebörse hier kur­siert ist – denn Konkretes gab es ja nicht –, gibt Anlass zur Sorge. Mehr gibt es heute dazu nicht zu sagen.

Ich hoffe, dass Kroatien jetzt bei der WM aufsteigt (Beifall bei den Grünen), denn das ist jetzt die Mannschaft, die mir am nächsten liegt. (Die Rednerin dreht sich zu Präsi­dent Dr. Khol um.) Und dem Präsidenten auch? (Präsident Dr. Khol blättert in Unterla­gen.) – Nein, Sie sind für Italien. Gute Nacht! (Allgemeine Heiterkeit.)

20.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Riener. Auch von ihr erwarte ich ungewohnten Humor am Abend. (Heiterkeit.) – Bitte.

 


20.12.52

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Mit der vorliegenden Novelle für den Öffentlichen Dienst wird unter anderem die Familienhospizkarenz verbessert. Wir haben diese Verbesserungen für die Privatwirtschaft am 6. Dezember in diesem Hohen Haus beschlossen, und ich bin froh darüber, dass dieses Mal eine Einvernehmensma­terie besteht, denn wir wissen ja alle, dass im Bundesrat diese Familienhospizkarenz von Rot und Grün blockiert wurde. Da sieht man wieder einmal, wo die Linie ist (Abg. Steibl: ... wo die soziale Gerechtigkeit liegt, nämlich bei uns!), wer eigentlich für die Menschen in Österreich da ist und wer die Verantwortung übernimmt – und nicht nur parteipolitisches Kalkül daraus ziehen will. (Abg. Öllinger: Bitte, bitte, ersparen Sie uns das! Das stimmt ja alles nicht! Das ist verlorene Zeit!)

Für uns von der ÖVP stehen die Menschen im Vordergrund, Herr Kollege Öllinger, mit all Ihren Bedürfnissen, Wünschen und Sorgen. Und wir nehmen unsere Verantwortung auch ernst und wahr. Da können Sie noch so viel reden. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir arbeiten gut für die österreichische Bevölkerung, und auch wenn Sie das nicht er­kennen wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, vor allem der SPÖ, werden Ihnen die österreichischen Wählerinnen und Wähler im Herbst vor Augen füh­ren, auf wen sie sich tatsächlich verlassen können, nämlich auf die ÖVP. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

20.14


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. 3 Minuten Wunschredezeit. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


20.14.23

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Nachdem bereits einige Vorrednerinnen und Vorredner von Verbesserungen gesprochen haben – und wir haben ja im Aus­schuss ausführlich darüber diskutiert –, muss ich sagen, es war natürlich auch für uns eine Selbstverständlichkeit, dass wir bei dieser BDG-Novelle mitgehen. Wir haben es ja im Ausschuss diskutiert, und alle, die sich auskennen, wissen es: Diese Regierung führt eine wesentliche Verschlechterung für junge Beamtinnen und Beamte ein – jetzt muss ich ja sagen: für die Aspirantinnen und Aspiranten –, die ein Drittel weniger Ein­kommen haben, und niemand weiß, ob er in zwei Jahren genommen wird. Und dann


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155. Sitzung / Seite 214

repariert man das, indem man sagt, sie sollen wenigstens ins Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz fallen, wenn ihnen etwas passiert.

Das ist, glaube ich, schon etwas mehr als Zynismus, und ich würde alle einladen, ein wenig darüber nachzudenken, was mit diesen jungen Damen und Herren, diesen Kol­leginnen und Kollegen wirklich passiert. Ein bisschen mehr als 1000


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 € im Monat und ohne Perspektive für die Zukunft – ich lade wirklich einmal alle ein, darüber nachzu­denken, denn der Dienst bei der Exekutive ist schwer genug, und ich glaube, wir alle sollten fair auch mit dem Öffentlichen Dienst, mit unseren Kolleginnen und Kollegen umgehen.

In Summe gesehen gibt es bei der Familienhospiz beginnend bis hin zu Änderungen, was Amtstitel betrifft, was die Verfahren bei der Disziplinaroberkommission bis hin zu Fahrtkostenzuschüssen betrifft, Verbesserungen, und daher stimmen wir auch dieser Vorlage gerne zu. (Beifall bei der SPÖ.)

20.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Franz 3 Minuten zu uns. – Bitte.

 


20.16.30

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ja, es gibt Verbesserungen im Beamtendienstrecht. So soll die Familienhospizkarenz auch für die Pflege von Kindern von Lebenspartnerin­nen und -partnern möglich sein. Es gab eine Ungerechtigkeit im Bereich der Verwal­tungspraktikanten, die ausgeschlossen waren vom Anspruch auf Fahrtkostenzuschuss, aber auch das soll nun behoben werden.

Die Verwendungsbezeichnung „Professor“, die bisher nur für pragmatisierte Lehrer ge­golten hat, soll nun auch für vertraglich beschäftigte Lehrerinnen und Lehrer gelten.

Des Weiteren gibt es Änderungen bezüglich der Disziplinarkommission. Hier gibt es den Umlaufbeschluss, was Verwaltungsvereinfachung, schnellere Verfahren, Kostener­sparnis und Zeitersparnis bedeutet, und das ist gut so. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner: Herr Abgeordneter Praßl. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


20.17.40

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr ge­ehrte Damen und Herren hier im Hohen Haus! Es ist eine Freude, dass wir mit dieser Novelle in vielen Bereichen eine großartige Gesetzesänderung durchführen können, dass es dadurch zu sehr positiven Änderungen kommt, die unser Herr Präsident und Kollege Fritz Neugebauer sehr eindrucksvoll geschildert hat.

Wenn Kollege Wittmann gemeint hat, dass die Regierung beim Ankündigen stecken geblieben sei, muss ich sagen: Das stimmt nicht. Wir fahren noch mit Volldampf, und wir werden so lange fahren, bis wir im Herbst das Ziel erreicht haben und die Welt­meisterschaft gewinnen werden. – Herzlichen Dank und einen schönen Guten Abend! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

20.18


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1550 der Beilagen.

Wer diesem Gesetz zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch dies wird einstimmig erteilt. Das Gesetz ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 841/A bis 849/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 4004/J bis 4424/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 20.20 Uhr – also gleich jetzt – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

20.19.37Schluss der Sitzung: 20.19 Uhr

 

 

 

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