410/A XXIII. GP

Eingebracht am 17.10.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Dr. Aspöck, Dr. Haimbuchner

und weiterer Abgeordneter

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof wegen Verletzung des Grundrechts auf persönli- che Freiheit (Grundrechtsbeschwerde-Gesetz - GRBG), BGBl. Nr. 864/1992, geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof wegen Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit (Grundrechtsbeschwerde-Gesetz - GRBG), BGBl. Nr. 864/1992, geän- dert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz über die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof wegen Ver- letzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit (Grundrechtsbeschwerde-Gesetz - GRBG), BGBl. Nr. 864/1992, wird wie folgt geändert:

Dem § 10 wird folgender Satz angefügt:

„Der Oberste Gerichtshof entscheidet über das Vorliegen von Tatverdacht und Haft- gründe nach Maßgabe eigener Beweiswürdigung und eigener Tatsachenfeststellun- gen aufgrund der Aktenlage."


Begründung

Die im Nationalrat vertretenen Parteien und Vertreter des Grundrechtskonvents ein- schließlich gewichtiger Vertreter der Justiz und der Rechtsanwaltschaft sowie des langjährigen Richters beim europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Univ.-Prof. DDr. Franz Matscher haben sich dazu bekannt, dass im Rahmen des Grundrechts- beschwerdegesetzes der Oberste Gerichtshof über das Vorliegen von Tatverdacht und Haftgründen nicht anhand von Nichtigkeitsgründen, sondern nach Maßgabe ei- gener Beweiswürdigung und eigener Tatsachenfeststellungen aufgrund der Aktenla-

ge entscheiden sollte, weil nur dies dem Sinn und Zweck des Gesetzes sowie den damit seinerzeit verbundenen gesetzgeberischen Intentionen entsprächen. Eine Ge- setzesinitiative wäre diesbezüglich dann erforderlich, wenn die Judikatur in verfestig- ter Weise in eine andere Richtung ginge und eine Selbstkorrektur sich nicht abzeich- nete. Dies ist nach den Expertenberichten der Fall, wobei insbesondere auch von den Justizvertretern klargestellt wurde, dass die aktuelle Rechtsprechung des Obers- ten Gerichtshofes in diesem Punkt keinerlei Abgehen von ihrer zuletzt eingeschlage- nen Richtung zeigt und eine solche im Zuge der Judikaturentwicklung nicht erwartet werden kann.

Somit bedarf es nunmehr des Einschreitens des Gesetzgebers. Da der Vertreter des Bundesministeriums für Justiz bereits im Vorfeld keine Bereitschaft zu einer vom BMJ ausgehenden Gesetzesinitiative zeigte, sondern die (von Expertenseite - ein- schließlich der hochrangigen Vertreter der Justiz selbst - beim Konvent einhellig kri- tisierte) jüngere Judikaturlinie befürwortete und beim Konvent nach seiner im Rah- men der Diskussion abgegebenen, die neu Judikatur verteidigenden Stellungnahme wegging, ohne die - durchwegs ablehnenden - Reaktionen anzuhören und sich mit ihnen argumentativ auseinanderzusetzen), wird dies realistischerweise nur in Form eines Initiativantrages möglich sein.

Angesichts des Umstandes, dass das Grundrechtsbeschwerdegesetz 1993 auf kur- zem Wegen aus einem von allen Parlamentsparteien getragenen Initiativantrag her- aus entstanden ist, sollte es nun auf ebenso kurzem Wege (sei es so wie damals durch einen Initiativantrag im Nationalrat, sei es im Wege einer entsprechenden Re- gierungsvorlage) ermöglicht werden, den ursprünglichen Zweck dieses Gesetzes wiederherzustellen und solcherart den (vom Gesetzgeber bereits damals intendier- ten) umfassenden Rechtsschutz durch den OGH als Tatsacheninstanz in diesem spezifischen Bereich der Provisiorialhaft wieder voll zu gewährleisten.

Dies entspricht auch den im juristischen Schrifttum erhobenen Forderungen an den Gesetzgeber (vgl. etwa den eindringlichen Aufruf des langjährigen Leiters der Sekti- on für Strafrechts- und Gnadensachen im Bundesministerium für Justiz Generalan- walt Prof. Dr. Christoph Mayerhofer in: Das österr. Strafrecht Dritter Teil - 1. Halb- band, 5. Auflage, Nebenstrafrecht, Seite 478: „ Ein zusätzlicher Satz im § 10 Grund- rechtsbeschwerdegesetz könnte den ursprünglichen Sinn des Gesetztes wiederher- stellen. Das Anliegen wäre eine solche Novelle wert".)

Angesichts der aufgezeigten Entwicklung in dem essenziellen Bereich des Schutzes des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Artikel 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention liegt insofern ein Einschreiten des Gesetzgebers im Interesse der Justiz, der Wissenschaft, der Rechtsanwaltschaft und der (übrigen) Bevölkerung.

In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Le- sung dem Justizausschuss zuzuweisen.