1787/AB XXIII. GP

Eingelangt am 03.01.2008
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0112-Pr 1/2007

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 1923/J-NR/2007

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „die Personalknappheit am Landesgericht Salzburg“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 und 2:

Grundlage der Planstellenbewirtschaftung des Justizressorts ist zunächst die Art und Anzahl der im jährlichen Stellenplan ihm zugewiesenen Planstellen. Die Aufteilung dieser Planstellen auf die vier Oberlandesgerichtssprengel erfolgt in formaler Hinsicht durch einen nach Kundmachung des jährlichen Bundesfinanzgesetzes ergehenden Erlass. Zur Erzielung größtmöglicher Auslastungsgerechtigkeit werden vor dieser Aufteilung in meinem Ressort umfangreiche Berechnungen angestellt, die auf drei Komponenten, nämlich auf

-          dem Gesamtanfall

-          dem richterlichen Sonderanfall und

-          den richterlichen Erledigungen

aufbauen. Diese drei Faktoren werden bei der Aufteilung der Planstellen für Richter bzw. für nichtrichterliche Bedienstete unterschiedlich gewichtet: Während bei den Richtern die drei Basisdaten im Verhältnis 10 (Gesamtanfall) : 45 (richterlicher Sonderanfall) : 45 (richterliche Erledigungen) gewichtet werden, wird bei den nichtrichterlichen Bediensteten ausgehend davon, dass für sie schon die Erfassung und Weiterbearbeitung des anfallenden Geschäftsstückes unabhängig von der Erledigungsart einen wesentlichen Teil der Arbeitsbelastung bewirkt, der Gesamtanfall mit 50% und der richterliche Sonderanfall sowie die richterlichen Erledigungen mit je 25% in den Aufteilungsschlüssel einbezogen. Auch die Aufteilung der dem jeweiligen Oberlandesgerichtssprengel zugewiesenen Planstellen auf die einzelnen Gerichte erfolgt auf Basis der so ermittelten Planstellenidealverteilung.

Unter Heranziehung der aktuellen Berechnungen der Planstellenidealverteilung bei den Bezirksgerichten und den Gerichtshöfen erster Instanz, die auf den Anfalls- und Erledigungszahlen der Jahre 2004 bis 2006 aufbauen, weist das Landesgericht Salzburg ein Verschiebungspotenzial von rund einer Planstelle für nichtrichterliche Bedienstete auf. Für den genannten Gerichtshof wurde ein Idealwert von 66,41 nichtrichterlichen Planstellen ermittelt. Seit der Planstellenaufteilung für das Jahr 2007 verfügt das Landesgericht Salzburg über 67,4 systemisierte Planstellen. Bei den Gerichtshöfen erster Instanz im OLG-Sprengel Linz steht einer Idealdotierung von insgesamt 198,08 nichtrichterlichen Planstellen eine tatsächliche Systemisierung von 201,8 Planstellen gegenüber, sodass eine rechnerische „Überdotierung“ von 3,72 Planstellen im nichtrichterlichen Bereich besteht.

Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass auch durch weitere Planstellenaufstockungen - die nach dem verfassungsmäßigen Auftrag zur Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nur in dem Ausmaß möglich sind, das zur Aufgabenbewältigung unbedingt notwendig ist - Personalengpässe nicht in jedem Fall vermieden werden können. Zu solchen Engpässen kann es bei einzelnen Dienststellen immer dann kommen, wenn eine Häufung unvorhergesehener und überraschender Ausfälle wie insbesondere bei lang dauernden Krankenständen auftritt und die Kapazitäten der beim Oberlandesgericht eingerichteten Personaleinsatzgruppe ausgeschöpft sind.

Zu 3:

Auf Grundlage der der Justiz zur Verfügung stehenden Informations- und Controllingsysteme hat der für die Personalbewirtschaftung bei den Dienststellen in seinem Kompetenzbereich berufene Präsident des Oberlandesgerichtes Linz in Umsetzung der budgetären Vorgaben bereits eine Reihe von Umstrukturierungsmaßnahmen in die Wege geleitet, die einen verzögerungsfreien Geschäftsgang bei Gericht auch mit einem entsprechend abgeschlankten Personalstand gewährleisten sollen. Von den verfügten Maßnahmen sind naturgemäß alle Organisationseinheiten betroffen, also auch die in § 44 der Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz näher umschriebenen besonderen Schreibdienste. Diese Bestimmung ermöglicht es, bei allen Gerichten mit größerem Geschäftsumfang einen Schreibdienst einzurichten, in dem ausschließlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt werden, die überdurchschnittliche Schreibleistungen zu erbringen in der Lage sind.

Der angespannten Personalsituation wurde durch das Bundesministerium für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und den Organen der Personalvertretung schon frühzeitig dadurch begegnet, dass in Verwirklichung der durch Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten verzögerungsfreien Erledigung von Verfahren innerhalb möglichst kurzer Frist für (karenzierte) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gerichte die Möglichkeit eröffnet wurde, Schreibleistungen am eigenen PC zu Hause zu erbringen. Erst dadurch konnte der durch die Maßnahmen der Bundesregierung zur Redimensionierung der öffentlichen Verwaltung und zur Konsolidierung des Personalstandes bedingte Planstellenabbau kompensiert und ein geordneter Dienstbetrieb aufrecht erhalten werden.

Zur Sammlung und sprengelweiten Verteilung des Schriftguts samt Prüfung der Abrechnung wurde in jedem Oberlandesgerichtssprengel eine „Clearingstelle“ eingerichtet. Demnach übermitteln die Schreibdienste ihre mit eigenen Kräften nicht zu bewältigenden Diktate der Clearingstelle, die diese wiederum den einzelnen Schreibkräften zuweist, die Erledigung überwacht und von ihnen die Übertragung zwecks Abrechnung wieder zurück erhält. Nach Auskunft der mit diesen Aufgaben betrauten Mitarbeiterin vom 13. Dezember 2007 datiert der älteste, zur Übertragung eines Diktates unerledigte Akt im Sprengel des Oberlandesgerichtes Linz vom 30. November 2007. Da der derzeit für notwendig erachtete zeitliche Aufwand zur Bewältigung der angefallenen Schreibarbeit im gesamten Oberlandesgerichtssprengel bei ca. 500 Stunden liegt, besteht kein Grund zu der Annahme, dass es infolge von nicht fristgerecht erledigtem Schriftgut zu Verzögerungen oder Wartezeiten bei gerichtlichen Verfahren kommt.

Zu 4:

Primäre Aufgabe der Organe der Justizverwaltung ist die Gewährleistung der personellen und sachlichen Voraussetzungen für einen qualitätsvollen Betrieb der Gerichte und Staatsanwaltschaften unter Beachtung der Grundsätze der Gesetzmäßigkeit, Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. In Ausübung des gesetzlichen Auftrages einer an diesen Grundsätzen orientierten Planstellenbewirtschaftung hat das Bundesministerium für Justiz dafür Sorge zu tragen, dass unter Einhaltung des budgetären Rahmenbedingungen folgenden jährlichen Stellenplans die personellen Ressourcen so auf die einzelnen Organisationseinheiten verteilt werden, dass eine die Rechtsschutzinteressen der Bevölkerung wahrende Rechtspflege sichergestellt ist und die Justiz die ihr obliegende Rechtsgewährungspflicht erfüllen kann. Neben der Gesetzeskonformität gerichtlicher Entscheidungen kommt vor allem einer angemessenen Dauer gerichtlicher Verfahren zentrale Bedeutung zu, wobei auf eine gleichmäßige und angemessene Auslastung aller Bediensteten sowie die Beibehaltung eines hohen Kostendeckungsgrades besonders zu achten ist. Zwangsläufige Folge ist es, personelle Über- oder Unterbesetzungen möglichst zu vermeiden.

In Anbetracht des äußerst begrenzten Entscheidungsspielraumes bezüglich des Personaleinsatzes, bedingt einerseits durch die Bindung an die dienstrechtlichen Vorgaben und andererseits durch die auch vom Justizressort mitzutragenden Maßnahmen zur Erreichung der Ziele für den Personalrückbau, wurde angesichts der unter dem Aspekt einer ausgewogenen Planstellenbewirtschaftung ausreichenden personellen Dotierung des Landesgerichtes Salzburg im nichtrichterlichen Bereich seitens der Zentralstelle kein Grund gefunden, im Rahmen der Dienstaufsicht steuernd in die Personalbewirtschaftung des Oberlandesgerichtes Linz einzugreifen. Das Bundesministerium für Justiz wird die Anfallsentwicklung auch weiterhin genau beobachten und bei den Überlegungen zur Erstellung der Systemisierungspläne berücksichtigen.

 

. Jänner 2008

 

(Dr. Maria Berger)