184/AB XXIII. GP

Eingelangt am 14.02.2007
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BM für Wirtschaft und Arbeit

Anfragebeantwortung

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                                                           Wien, am 14. Februar 2007

 

                                                                                                                           Geschäftszahl:

                                                                                            BMWA-10.101/0166-IK/1a/2006

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 180/J betreffend rechtliche Situation von FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen in österreichischen Betrieben und im öffentlichen Dienst, welche die Abgeordneten Christian
Füller, Kolleginnen und Kollegen am 14. Dezember 2006 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu Punkt 1a und b der Anfrage:

 

Diesbezüglich darf ich auf die Beantwortung der Anfrage 169/J durch den Herrn Bundeskanzler verweisen.

 

 

Antwort zu Punkt 1c der Anfrage:

 

Für die Beschäftigung von Ferialpraktikant/inn/en in ausgegliederten Betrieben des Bundes gelten – soweit keine sondergesetzlichen Bestimmungen zur Anwendung kommen – die allgemeinen Regelungen des Arbeitsrechts.

 

 

Antwort zu den Punkten 1d, 1l bis 1o der Anfrage:

 

Die Ferialarbeit von Schüler/inne/n, aber auch von Student/inn/en kann grundsätzlich

in zwei Erscheinungsformen auftreten, nämlich einerseits als „echtes“ Pflichtpraktikant/inn/enverhältnis („Ferialpraktikum“ bzw. „Pflichtpraktikum“), andererseits als  Ferialarbeitsverhältnis. Zu klären ist daher für den Einzelfall zunächst, ob das jewei-lige Vertragsverhältnis als „echtes“ Pflichtpraktikum oder als Ferialarbeitsverhältnis zu qualifizieren ist.

 

Das Arbeitsvertragsrecht kennt keine Legaldefinition der Begriffe „Ferialpraktikum“ bzw. „Pflichtpraktikum“; es findet sich lediglich im Ausländerbeschäftigungsgesetz sowie in einigen Kollektivverträgen eine Definition des Begriffes „Ferialpraktikum“.

 

Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung sind Pflichtpraktikant/inn/en Personen, deren Aufenthalt in einem Betrieb dem Erwerb von praktischen Kenntnissen und Fertigkeiten entsprechend den jeweiligen (zumeist schulrechtlichen oder universitären) Ausbildungsvorschriften dient. Allgemein soll das Pflichtpraktikum der Ergänzung und Vervollkommnung der in einer theoretischen, meist schulischen/universitären Ausbildung erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse dienen, aber auch dazu beitragen, dass Schüler/innen oder Student/inn/en schon im Rahmen ihrer theoretischen Ausbildung die Berufswirklichkeit kennen lernen. Im Vordergrund der Tätigkeit als Pflichtpraktikant/in steht jedenfalls der Lern- bzw. Ausbildungszweck.

 

Wird ein auf Grund der einschlägigen (schulrechtlichen oder universitären) Ausbildungsvorschriften vorgeschriebenes Pflichtpraktikum unter Zugrundelegung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze in einem Verhältnis der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit erbracht, liegt ungeachtet des Willens der Vertragsparteien oder der Bezeichnung des Vertrages ein Arbeitsverhältnis vor, auf das sämtliche für den jeweiligen Betrieb geltenden arbeitsrechtlichen Normen einschließlich des jeweiligen Kollektivvertrages und der Betriebsvereinbarung zur Anwendung kommen. Zudem richtet sich der Inhalt des Pflichtpraktikums nach den jeweiligen schulrechtlichen oder universitären Ausbildungsvorschriften.

 

Daraus ergibt sich nach Ansicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, dass ein Praktikum grundsätzlich als Arbeitsverhältnis, das als Ausbildungsverhältnis gestaltet ist, absolviert werden kann. Für dieses Arbeitsverhältnis gelten alle einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften. Weiters können Praktikant/inn/enverhältnisse schon auf Grund der jeweiligen Ausbildungsvorschriften nur für eine bestimmte Zeit abgeschlossen werden; sie sind somit befristete Arbeitsverhältnisse, die durch Zeitablauf enden.

 

Ferialarbeitsverhältnisse hingegen sind immer als echte Arbeitsverhältnisse zu qualifizieren: Die Tätigkeit der Schüler/innen oder Student/inn/en hat nichts mit einer verpflichtend vorgeschriebenen Ergänzung der schulischen Ausbildung zu tun. Die Beschäftigung ist grundsätzlich von keinem Ausbildungszweck bestimmt.

 

Sowohl für Pflichtpraktika im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, als auch für       Ferialarbeitsverhältnisse gelten alle einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften, insbesondere besteht auch ein arbeitsrechtlicher Entgeltanspruch gegenüber dem/der Arbeitgeber/in. Die Höhe des Entgelts bestimmt sich grundsätzlich nach dem auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Kollektivvertrag bzw. nach der jeweiligen einzelvertraglichen Vereinbarung.

 

 

Antwort zu den Punkten 1e bis 1k und 3 der Anfrage:

 

Die Beantwortung dieser Fragen fällt nicht in die Zuständigkeit des Bundesministe-riums für Wirtschaft und Arbeit.

 

 

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

 

Im Bereich des Arbeitsrechts bestehen gesetzliche Sonderregelungen weder in der Frage der Zulässigkeit der Beschäftigung von Ferialpraktikant/inn/en (im Rahmen von Arbeitsverhältnissen) noch hinsichtlich ihrer arbeits(vertrags)rechtlichen Stellung. Wie bereits ausgeführt, unterliegen Ferialpraktikant/inn/en, deren Ausbildungsverhältnis im Einzelfall als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist, den allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen.

 

 

Antwort zu den Punkten 4 bis 7 der Anfrage:

 

Eingangs ist festzuhalten, dass, wie aus der Beantwortung zu Punkt 1 der Anfrage 169/J durch den Herrn Bundeskanzler hervorgeht, im Bereich der Bundesverwaltung die Möglichkeit zur Ablegung eines unentgeltlichen Praktikums besteht.

Im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit waren in den Jahren 2000 bis 2006 nachfolgende von der Anfrage umfasste Personen zu den angegebenen Bedingungen beschäftigt:

 

In der Zentralleitung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit wurden acht  Praktikant/inn/en im Rahmen eines Volontariates sowie 17 Volontäre im zeitlichen Ausmaß eines Monates betreut. In diesen Fällen wurde kein Entgelt bezahlt, die Betreffenden waren jedoch unfallversichert.

 

In der Bundesmobilienverwaltung wurden drei Praktikant/inn/en in der Dauer von je einem Monat beschäftigt. Es handelte sich hierbei um eine entgeltliche Tätigkeit.

 

Im Bereich der Arbeitsinspektorate wurden 96 Ferialpraktikant/inn/en beschäftigt. Davon waren 90 Praktikant/inn/en je ein Monat und sechs Praktikant/inn/en je sechs Wochen beschäftigt. Es handelte sich hierbei um eine entgeltliche Tätigkeit.

 

Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen beschäftigte im nachgefragten Zeitraum 369 Vermessungsarbeiter in der Dauer von je vier Wochen. Es handelte sich hierbei um eine entgeltliche Tätigkeit.

 

Auf  Grundlage des jährlich beschlossenen und von mir genehmigten Personalplans nützen die Landesorganisationen des Arbeitsmarktservice die Möglichkeit zur Aufnahme von Ferialkräften. Die in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Arbeitsverträge folgen dem Kollektivvertrag der Bediensteten des Arbeitsmarktservice     sowie den sonstigen geltenden arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Bestimmungen. In den Jahren 2000 bis 2006 waren bei den einzelnen Landesor-ganisationen des Arbeitsmarktservice in Summe 396 Personen als Ferialkräfte beschäftigt.

 

Die Beschäftigung der angegebenen Personengruppen in ausgegliederten Betrieben stellt keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit dar.

 

 

Antwort zu den Punkten 8 bis 10 der Anfrage:

 

Für eine Änderung der gesetzlichen arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Beschäftigung von Ferialpraktikant/inn/en und Ferialarbeiter/inne/n wird seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit zurzeit kein unmittelbarer Handlungsbedarf bzw. keine sozialpolitische Notwendigkeit gesehen. Allfällige Vorschläge für Änderungen im Bereich der Ferialarbeitsverhältnisse wären jedenfalls zuvor mit den Sozialpartnern zu diskutieren.

 

 

Antwort zu Punkt 11 der Anfrage:

 

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit wird auch weiterhin Schüler/inne/n und Student/inn/en die Möglichkeit bieten, Praktika im BMWA zu absolvieren.

Generell gehören Fragen der beruflichen Qualifikation und Weiterbildung mit zu den wichtigsten Aspekten der Arbeitswelt. Weiterbildungschancen für Arbeit-nehmer/innen sollten jedenfalls Teil einer wettbewerbsfähigen und humanen        Arbeitswelt sein. Eine fundierte Aus- und Weiterbildung ist daher im ureigensten Interesse von Arbeitnehmer/inne/n und Arbeitgeber/inne/n gelegen.

 

Dazu zählt auch die Ermöglichung von Pflichtpraktika in Ergänzung einer theoretischen, meist schulischen oder universitären Ausbildung. Auf diesem Weg können Schüler/innen und Student/inn/en ihre theoretischen Kenntnisse perfektionieren und sich effektiv auf das spätere Berufsleben vorbereiten.