185/AB XXIII. GP

Eingelangt am 14.02.2007
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BM für Wirtschaft und Arbeit

Anfragebeantwortung

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                                                           Wien, am 14. Februar 2007

 

                                                                                                                           Geschäftszahl:

                                                                                            BMWA-10.101/0170-IK/1a/2006

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 198/J betreffend scheinselbständige Arbeitskräfte aus neuen EU-Mitgliedstaaten, welche die Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen am 15. Dezember 2006 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu den Punkten 1 und 4 der Anfrage:

 

Dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ist seit Frühjahr 2005 bekannt, dass von der Firma Rafalco, s.r.o. mit dem Sitz in Bratislava im größeren Ausmaß slowakische Staatsangehörige zur Erbringung von Arbeitsleistungen in Österreich angeworben und diese dann in Österreich als Scheinunternehmer tätig werden.   Sofort nach bekannt werden dieser den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes entgegenstehenden Tätigkeiten der slowakischen Staatsangehörigen wurde umgehend mit dem Bundesministerium für Finanzen und der KIAB Kontakt aufgenommen. Nach einer am 1.6.2005 im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit stattgefundenen Sitzung zum Thema Scheinselbstständigkeit wurde am 3.6.2005 das Bundesministerium für Finanzen per E-Mail über die von der Firma  Rafalco, s.r.o. ausgeübte Tätigkeit mit näheren Angaben über die Person deren   inländischen Vertreters informiert. Vom Bundesministerium für Finanzen wurde diese Mitteilung an die KIAB weitergeleitet. In der Folge wurde über Ersuchen des Leiters der KIAB für Wien, Niederösterreich und Burgenland diesem am 8.7.2005 eine    Aufstellung der Namen der slowakischen Staatsangehörigen, deren mit Bescheid erledigte Anträge auf Anerkennung nach § 373c GewO 1994 von der Firma Rafalco, s.r.o. eingebracht wurden, übermittelt. Am 14.7.2005 wurde der KIAB auf Grund der Mitteilung eines Mitarbeiters eines inländischen Unternehmens vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit angezeigt, dass von einem inländischen Elektroinstallationsbetrieb sieben slowakische Staatsangehörige auf einer näher bezeichneten Baustelle in Wien beschäftigt werden. Auf Grund dieser Anzeige wurde von Organen der KIAB die Baustelle überprüft und der verantwortliche Vertreter des inländischen Betriebes wegen illegaler Ausländerbeschäftigung zur Anzeige gebracht. Das Unternehmen ist mittlerweile in Insolvenz geraten.

 

In der Folge wurde von der zuständigen Abteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit mit dem Leiter der KIAB für Wien, Niederösterreich und Burgenland die weitere Vorgehensweise gegenüber der Firma Rafalco, s.r.o. besprochen. Dabei wurde ein weiterer Informationsaustausch vereinbart, um vor allem den Ort der Beschäftigung der von der Firma Rafalco, s.r.o. an inländische Unternehmen zur Verfügung gestellten Scheinunternehmer herauszufinden. Auf Grund weiterer      gegenseitiger Information und Verfolgungshandlungen durch die KIAB wurde ein deutliches Zurückdrängen der Anträge slowakischer Staatsangehöriger nach § 373c GewO 1994 erreicht. Von der zuständigen Abteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit wurden nach Kenntnisnahme der Beschäftigung von slowa-kischen Scheinunternehmern durch inländische Firmen wiederholt Anzeigen an die KIAB  erstattet. Auf Grund einer Beschwerde einer slowakischen Staatsangehörigen über die Praxis von in der Slowakei tätig werdenden, die Überlassung von Scheinunternehmen an inländische Betriebe durchführende Personen wurde das Bundes-ministerium für Auswärtige Angelegenheiten von der zuständigen Abteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit ersucht, der slowakischen Botschaft in Wien die ungesetzliche Vorgangsweise dieser Personen zur Kenntnis zu bringen und das nach dortigem Recht Erforderliche zu veranlassen.

 

 

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

 

Gemäß § 373g Abs.1 GewO 1994 dürfen Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU, die in einem Mitgliedstaat der EU ansässig sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, auf die die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden     wären, bestellte gewerbliche Arbeiten im Inland unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer ausführen. Bei der Ausübung einer den Gegenstand eines reglementierten Gewerbes bildenden Tätigkeit müssen diese vor Erbringung ihrer Leistungen  eine Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikation gemäß § 373c GewO 1994 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit erlangt haben. Diese Anerkennung ist auszusprechen, wenn die Tätigkeiten nach Art und Dauer den in der EU/EWR-Anerkennungsverordnung, BGBl. II Nr.255/2003, festgelegten Voraussetzungen entsprechen. Nach § 2 Abs.1 dieser Verordnung sind die Voraussetzungen für die    Anerkennung erfüllt, wenn der Antragsteller bei Nachweis einer mindestens drei-jährigen vorherigen Ausbildung eine ununterbrochene dreijährige Tätigkeit als Selbstständiger oder Betriebsleiter oder eine ununterbrochene mindestens fünf-jährige Tätigkeit in leitender Stellung in dem den Gegenstand seines Antrages     bildenden Gewerbe nachweist. Ohne vorherige Ausbildung muss der Antragsteller für den Ausspruch einer Anerkennung eine ununterbrochene sechsjährige Tätigkeit als Selbstständiger oder Betriebsleiter nachweisen. Die Art und Dauer seiner Tätigkeit ist vom Antragsteller nach § 373i Abs.1 GewO 1994 durch Vorlage einer Bescheinigung der zuständigen Behörde oder zuständigen Stelle in seinem Herkunftsstaat über seine dort bisher ausgeübten Tätigkeiten nachzuweisen. In der Slowakei werden solche Bescheinigungen von den Kreisämtern ausgestellt.

 

Insoweit einem Antragsteller von der zuständigen Behörde in der Slowakei die Ausübung einer den Bestimmungen der vorgenannten Verordnung entsprechende     Tätigkeit bescheinigt wird, kann dem Antragsteller vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit der Ausspruch einer Anerkennung nach § 373c GewO 1994 nicht verwehrt werden. Die Prüfung der Frage, ob der Antragsteller das Gewerbe in der Slowakei tatsächlich ausübt und daher gemäß § 373g Abs.1 GewO 1994 als Selbstständiger in Österreich tätig werden darf, ist vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im Anerkennungsverfahren nicht vorzunehmen. Die Verweigerung des Ausspruches einer Anerkennung mit der Begründung, dass der Antragsteller das Gewerbe in der Slowakei nicht ausübt, findet im Gesetz keine Deckung. Für die Untersuchung und Bestrafung einer dem § 373g Abs.1 GewO 1994 nicht entsprechenden Tätigkeit ist in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig.

 

 

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

 

Seit der Erweiterung der EU im Jahre 2004 sind vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit an rund 1.600 Einzelpersonen aus den neuen EU-Mitgliedstaaten Anerkennungen gemäß § 373c GewO 1994 ausgesprochen worden. Davon entfallen rund 1.400 auf den Bereich des Bau- und Baunebengewerbes. Im Bau- und Baunebenbereich sind im Jahr 2005 an 571 slowakische Staatsangehörige und im Jahr 2006 an 347 solcher Staatsangehörige Anerkennungen gemäß § 373c GewO 1994  ausgesprochen worden. Der Rückgang der Anerkennungen kann unter anderem auch auf die vom des Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit in Zusammen-arbeit mit der KIAB gegen die Firma Rafalco, s.r.o. gesetzten Maßnahmen zurückgeführt werden.

 

 

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

 

In diesem Zusammenhang ist auf die in Umsetzung der Entsende-Richtlinie geschaffene Regelung des § 7b Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) hinzuweisen. Mit dieser Regelung soll grenzüberschreitend nach Österreich entsandten Arbeitnehmer/inne/n zum einen ein Mindeststandard hinsichtlich insbesondere Entgelt und Urlaub gewährleistet werden; zum anderen sind in dieser Bestimmung Kontroll- und Sanktionsmaßnahmen in Bezug auf grenzüberschreitende Entsendungen festgelegt worden. Insgesamt soll damit sichergestellt werden, dass bei Entsendungen nach Österreich das einheimische Lohnniveau eingehalten wird.

 

Sollte sich in einem konkreten Fall herausstellen, dass so genannte Scheinselbständige in Wahrheit Arbeitnehmer/innen sind, kommen die im Folgenden dargestellten Regelungen zur Anwendung:

Þ       § 7b AVRAG gilt für Arbeitnehmer/inne/n, die von Arbeitgeber/innen aus EWRMitgliedstaaten entsandt werden;

Þ       Entsandte Arbeitnehmer/innen haben für die Dauer der Entsendung Anspruch auf zumindest das gesetzliche, durch Verordnung festgelegte oder kollektivvertragliche Entgelt, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmer/inne/n von vergleichbaren Arbeitgeber/inne/n gebührt;

Þ       Urlaubsansprüche von entsandten Arbeitnehmer/inne/n ergeben sich aus dem österreichischen Urlaubgesetz, sofern das Urlaubsausmaß nach den Regelungen des Heimatstaates geringer ist;

Þ       Arbeitszeitrechtliche Regelungen in Kollektivverträgen gelten auch für entsandte Arbeitnehmer/innen;

Þ       Anspruch besteht auf Bereithaltung der Dienstzettel der entsandten Arbeitnehmer/innen in Österreich;

Þ       Ausländische Arbeitgeber/innen haben die Beschäftigung von entsandten      Arbeitnehmer/inne/n spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme der KIAB zu melden und eine Abschrift der Meldung dem vom/von der Arbeitgeber/in Beauftragten auszuhändigen;

Þ       Arbeitgeber/innen bzw. die von ihnen Beauftragten haben einerseits eine Abschrift der Meldung sowie, falls in Österreich für die entsandten Arbeitnehmer/innen keine Sozialversicherung besteht, Unterlagen über die Anmeldung des/der Arbeitnehmer/s/in zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E101) am Einsatzort in Österreich bereitzuhalten;

Þ       Die Organe der Abgabenbehörden sind berechtigt, die Arbeitsstelle in Österreich zu betreten, das Bereithalten der Unterlagen zu überwachen sowie Abschriften von diesen Unterlagen anzufertigen;

Þ       Wer als Arbeitgeber/in oder als von ihm/ihr Beauftragte/r die Meldung nicht rechtzeitig erstattet oder die erforderlichen Unterlagen nicht bereithält, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit    einer Geldstrafe von bis zu € 726,00, im Wiederholungsfall von € 360,00 bis zu € 1.450,00 zu bestrafen.