2058/AB XXIII. GP

Eingelangt am 11.01.2008
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                    Wien, am      . Jänner 2008

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0127-I/4/2007

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2031/J vom 12. November 2007 der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen, betreffend Eingangsbesteuerung von Stiftungen, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1. bis 8.:

Vorschläge für ein Erbschafts- und Schenkungsmeldegesetz werden derzeit als Ministerialentwurf von den Expertinnen und Experten meines Ressorts erarbeitet. Dieser Entwurf wird einer Begutachtung zugeleitet und dann als Regierungsvorlage in den parlamentarischen Prozess eingebracht werden. Die Begutachtung strebe ich jedenfalls im ersten Quartal 2008 an, ebenso wie die Vorlage an das Parlament und die Behandlung im Ausschuss. Bei der Erarbeitung dieses Entwurfs sind verschiedene Experten eingebunden. Diese kommen aus den Bereichen IT, Organisation, Verfahrensrecht, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Verfassungs- und Europarecht, Finanzstrafrecht, Stiftungsrecht und Legistik. Nachdem die Vorschläge in einem Begutachtungsentwurf münden sollen - was mein klarer Auftrag war - werden selbstverständlich bei Bedarf auch externe Experten eingebunden werden, wie dies bei jedem Gesetzesentwurf üblich ist.

 

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer letztendlich ein klares Signal an die österreichische Wirtschaft und Bevölkerung ist: Die Eigentumsbildung durch Übertragung von Vermögen von einer Generation auf die nächste - und damit der Einstieg in das Berufsleben sowie die Bildung und Gründung einer Familie - wird durch den Wegfall der Erbschafts- und Schenkungssteuer erheblich erleichtert. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, im Zuge von Steuersenkungen Impulse zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Familien zu setzen, wie jetzt beispielsweise auch im Bereich der Gebühren bei Geburt eines Kindes. Überdies fallen mit der Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer die Hürden für die Unternehmensnachfolge weg. Wie sich auch im Zuge der aktuellen Debatte in Deutschland erweist, benachteiligt die Erbschafts- und Schenkungssteuer vor allem Familienbetriebe massiv. Ihre Abschaffung stellt daher eine wesentliche Entlastung für tausende Betriebe dar, die sich ihr Vermögen erarbeitet und dafür schon einmal Steuer bezahlt haben. Der Wegfall dieser Doppelbesteuerung von Vermögen ist ein wichtiger Faktor für den Wirtschaftsstandort Österreich und stellt eine klare Perspektive für die Entlastung des Mittelstandes dar.

 

Zu 9. bis 11. und 19. bis 21.:

Die Eingangsbesteuerung für Stiftungen soll aufrecht erhalten werden, sei es für Privatstiftungen oder für gemeinnützige Stiftungen. Ich strebe nach einer europarechtskonformen und verfassungskonformen Lösung für Stiftungsfälle, auch für Stiftungen an ausländische Stiftungen und ähnliche Vermögensmassen. Eine seriöse Schätzung von Steuerausfällen bei Entfall der Eingangsbesteuerung kann nicht vorgenommen werden, da keine Daten zur Höhe der Erbschafts- und Schenkungssteuer auf ins Ausland gestiftetes Vermögen verfügbar sind. Die Höhe der Eingangsbesteuerung für inländische Stiftungen betrug 2006 ca. 12 Mio. Euro. Eine Erbersatzsteuer kann nicht eingeführt werden, wenn es keine Erbschaftssteuer gibt.

 

Zu 12.:

Dazu wird die Expertengruppe Vorschläge machen. Selbstverständlich kann nicht jede Schenkung meldepflichtig sein, da in diesem Fall sowohl die administrative Belastung und die Zusatzaufwendungen der einzelnen Bürgerin und des einzelnen Bürgers als auch die Verwaltungskosten der österreichischen Finanzverwaltung immens ansteigen würden.

 

Zu 13. bis 15.:

Jede Umgehung oder Minderung von Abgabepflichten durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts ist bereits derzeit gemäß § 22 Bundes-abgabenordnung unzulässig. Zudem sollen die Meldepflichten durch spezielle Sanktions-mechanismen abgesichert werden. Details werden dem Begutachtungsentwurf zu entnehmen sein. Diesbezüglich darf ich auf meine Ausführungen zu den Fragen 1. bis 8. hinweisen.

 

Zu 16.:

Das System der Erbschafts- und Schenkungssteuer stammt aus dem Jahre 1955 und ist vollkommen veraltet. Die derzeitige Ausgestaltung der Erbschafts- und Schenkungssteuer ist höchst kompliziert, der Tarif mit seinen fünf Steuerklassen schwer verstehbar. Infolge diverser Ausnahmebestimmungen und Befreiungen (erbschaftssteuerliche Befreiung von Geldvermögen im Rahmen der Endbesteuerung, vorübergehende Schenkungssteuer-befreiung von Geldvermögen befristet bis Ende 2003 etc.) ist das Steuersystem letztlich unverständlich. Teilweise führt die Steuerbelastung dazu, dass gegebenenfalls die Teilveräußerung des Vermögens notwendig wird.

 

Trotz Aufkommenserhöhung durch Anhebung der Besteuerungsbasis für inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, inländisches Grundvermögen und inländische Betriebsgrundstücke auf das Dreifache des Einheitswertes durch das Budgetbegleitgesetz 2001 (BGBl. 2000/142) ab 2001 ist die Steuer als „Bagatellsteuer“ zu bezeichnen. Das Aufkommen liegt derzeit bei etwa 150 Mio. Euro. Eine Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer würde das Aufkommen jedenfalls reduzieren, da die Steuersätze massiv nach unten angepasst werden müssten, um verfassungsrechtlich zu halten, sowie die Freibeträge erhöht werden müssten. Das neue System würde dennoch einen hohen Verwaltungsaufwand zur Folge haben, der sich im Hinblick auf die geringen Einnahmen wohl kaum rechtfertigen ließe. Darüber hinaus beseitigt ein Auslaufen der Erbschafts- und Schenkungssteuer die Ungerechtigkeiten bei der Betriebsübergabe, stärkt die Eigenkapitalbasis der übernommenen Betriebe und schafft Spielraum für Investitionen.

 

Zu 17. und 18.:

Ein unmittelbarer jährlicher Einnahmenausfall für den österreichischen Finanzhaushalt ergibt sich aus dem Wegfall des Doppelbesteuerungsabkommens nicht, da das Doppelbesteuerungsabkommen lediglich nationale Besteuerungsrechte einschränkt, aber keine neuen Besteuerungsrechte schaffen kann. Die mit dem Wegfall des Zuzugsanreizes für deutsche Staatsangehörige verbundenen indirekten Steuerausfälle können mangels konkreter Parameter nicht mit ausreichender Sicherheit geschätzt werden.

 

Der deutsche Fiskus ist nach Wegfall des Doppelbesteuerungsabkommens nicht mehr daran gehindert, Teile seiner nationalen Besteuerungshoheit aufzugeben. Die Mehreinnahmen des deutschen Fiskus sind nicht abschätzbar, da diese von der Anzahl der natürlichen Personen, die nach Österreich gezogen sind oder in Zukunft ziehen werden, deren Vermögenshöhe und dem verwandtschaftlichen Verhältnis zwischen Erblasser und Erben abhängen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Mag. Wilhelm Molterer eh.