206/AB XXIII. GP

Eingelangt am 22.02.2007
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMF-310205/0115-I/4/2006

»

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien

 

Erledigungstext:

»Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. »216/J vom »22. Dezember 2006 der Abgeordneten »Petra Bayr, Kollegen und Kolleginnen, be­treffend »Auflagen zur Exportförderung für das Projekt Ilisu Staudamm, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

»Staatliche Exportkreditsysteme wie das österreichische Ausfuhrförderungs­verfahren sichern österreichischen Exporteuren das wirtschaftliche und/oder politische Risiko bei Auslandsprojekten gegen risikoadäquate Ent­gelte ab. Diese Systeme sind nicht zuletzt aufgrund internationaler Vorgaben subventionsfrei zu gestionieren.

 

Das von Ihnen angesprochene Projekt wird seit Dezember 2005 von drei renommierten Exportkreditversicherungen (ECAs), nämlich neben der Oesterreichische Kontrollbank AG auch von der deutschen Euler Hermes und der schweizer SERV (vormals ERG) v.a. auch auf Umweltaspekte hin geprüft.

 

Auf Anfragen zu diesem Projekt anlässlich der Beratungen des Haupt­ausschusses des Nationalrates zu den vorzulegenden Quartalsberichten gemäß Ausfuhrförderungsgesetz wurde von meinem Ressort laufend über den aktuellen Stand informiert.

 

Zu 1.:

Bei den von Sektionschef Mag. Thomas Wieser in der ZIB 2 angesprochenen Auflagen handelt es sich um Aufgaben, die vom türkischen Projekterrichter DSI vor Umwandlung der bestehenden Promesse in eine Garantie durch das Bundesministerium für Finanzen zu erfüllen sind.

 

Konkret handelt es sich um Aufgabenstellungen zu den kritischen Bereichen des Projektes, die in sogenannten Terms of Reference („TORs“) festgehalten sind. Jeder TOR beinhaltet neben einer Bezeichnung, eine Beschreibung der durchzuführenden Aufgabe, eine Begründung, wieso diese Aufgabe noch zu erfüllen ist, ein Fertigstellungsdatum (in diesem Fall „before final commitment“) sowie eine Festlegung, wer den TOR zu erfüllen hat.

 

Gleichzeitig wird bei jedem TOR festgehalten, ob die Erfüllung auf der Website öffentlich zugänglich gemacht werden muss.

 

Inhaltlich handelt es sich um TORs zu Umweltaspekten; wie u.a.

-    Maßnahmen zur Sicherstellung der Wasserqualität im freien Flusslauf
      und im Reservoir (inkl. Kläranlagen)

-    Maßnahmen gegen Eutrophierung, Sicherstellung eines Mindestdurch-
      flusses für die Anrainerstaaten

-    Maßnahmen zum Schutz von Fauna und Flora

-    Planungs- und Budgetierungsthemen.

 

Beim Themenbereich kulturelles Erbe ist u.a. die rechtliche Basis zum Transfer der Monumente in Hasankeyf an den Standort des Kulturparks sicherzustellen.

 

Die Informationen zur Umsiedlung, die vor Promessenumwandlung zu erfüllen sind, umfassen u.a.

-    Maßnahmen zur Einkommenswiederherstellung

-    Beschwerdemechanismus

-    Verpflichtung zur Bereitstellung von geeignetem Ersatzland

-    Budget- und Rechtsaspekte.

 

Weitere Auflagen sollen verbindliche türkische Zusagen für die budgetäre Bedeckung für die außerhalb der reinen Bautätigkeit erforderlichen Maß­nahmen für Resettlement, Schutz der Kulturgüter, Umweltmaßnahmen etc. sicherstellen.

 

Darüber hinaus ist ein begleitendes Projektmonitoring durch ein unabhän­giges Expertenkomitee, das sich aus international anerkannten und lokalen Experten zusammensetzt, vorgesehen.

 

Zu 2., 3. und 12.:

Die TORs können zur Zeit wegen einer entsprechenden Vereinbarung mit der DSI nicht veröffentlicht werden.

 

Im Ausfuhrförderungsgesetz ist unter § 5 Absatz 6 ausdrücklich die Ver­schwiegenheit über in Ausübung der Tätigkeit der Behandlung und Begut­achtung von Ansuchen um Haftungsübernahmen bekannt gewordene Amts-, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse normiert. Hinsichtlich der Umwelt­informationen ermöglicht das Umweltinformationsgesetz grundsätzlich eine Bekanntgabe von Umweltinformationen; es werden dort jedoch ausdrücklich der Umstand von unfertigen Dokumenten sowie bereits die Möglichkeit eines nicht nur geringfügigen Schadens als hinreichende Hinderungsgründe aus­gewiesen.

 

Im gegenständlichen Fall wurde mit der türkischen Seite vereinbart, die Erfüllung der TORs erst bei Promessenumwandlung öffentlich zugänglich zu machen, wodurch bereits in einer frühen Phase ausdrücklich auf die Befriedigung öffentlichen Interesses Bezug genommen wurde. Eine vorzeitige Veröffentlichung - welche im Widerspruch zu den schriftlich getroffenen Ver­einbarungen mit DSI stehen würde - wäre ein einseitiger Vertragsbruch. Dieser könnte gravierende nachteilige Folgen für die Interessen der gesamten österreichischen Exportwirtschaft in der Türkei haben.

 

Zu 4.:

Grundsätzlich geht das Bundesministerium für Finanzen davon aus, dass die Oesterreichische Kontrollbank AG in Wahrnehmung ihrer vom Bundes­ministerium für Finanzen auf Basis des Ausfuhrförderungsgesetzes über­tragenen Aufgaben die Erfüllung der Auflagen überprüft. Weiters ist eine Information des Beirates gemäß Ausfuhrförderungsgesetz anlässlich der geplanten Umwandlung der Promesse in eine Garantie vorgesehen. Ich gehe davon aus, dass die Oesterreichische Kontrollbank AG mir eine Umwandlung nur dann vorschlagen wird, wenn die TORs in materieller Hinsicht internationale Standards, wie zum Beispiel Weltbank-Standards zufrieden stellend erfüllen.

 

Zu 5.:

Seitens der zuständigen staatlichen Stellen der Lieferanten aus Österreich, Deutschland, Schweiz sowie deren Exportkreditagenturen (ECAs) gibt es keinen Stichtag für die Erfüllung der Auflagen.

 

Es ist jedoch anzumerken, dass von Seiten des türkischen Bauherrn eine definitive Garantiezusage bereits per Ende November 2006 erwartet wurde, um die Projektabwicklung nicht zu verzögern.

 

Zu 6.:

Ein genauer Zeitpunkt für eine Zusage steht derzeit nicht fest, hängt jedoch von der endgültigen Erfüllung der TORs und der Vorbereitung der Pro­messenaktivierung durch die Exportkreditagenturen ab. Eine formale Absage ist nicht Teil des Verfahrens, sondern resultiert indirekt aus einer Nicht­umwandlung der Promesse.

 

Zu 7.:

Die Begutachtung der im Jahr 2005 beigebrachten Dokumente erfolgte im Wesentlichen durch die Umweltfachleute der befassten Exportkreditver­sicherungen. Dabei wurden auch renommierte externe Spezialisten ein­geschaltet, die mit Rücksicht auf den Datenschutz nicht genannt werden. Es handelt sich in jedem Fall um kompetente Personen, die von den Spezia­listen der Exportkreditversicherungen ausgewählt wurden.

 

Zu 8.:

Die Dokumente von 2005 wurden basierend auf einer ersten Runde von durch die ECAs (und externe Spezialisten sowie Beiträge der Zivilgesell­schaft) geforderten Verbesserungs-, Erweiterungs- und Aktualisierungs­anforderungen überarbeitet und sind seit Juli 2005 gleichfalls - auch auf ausdrücklichen Wunsch der ECAs - auf der Website des Lieferkonsortiums (www.ilisu-wasserkraftwerk.com) ersichtlich.

 

Die auf Basis der Terms of Reference zu überarbeitenden Problemkreise werden, wie in der Antwort zu den Fragen 2, 3 und 12 bereits festgehalten, anschließend öffentlich zugänglich gemacht. Damit wird der Öffentlichkeit ein vollständiges und aktuelles Bild aller maßgeblichen Aspekte vorliegen. Ein komplett neuer Umweltverträglichkeitsreport erscheint den involvierten ECAs und deren zuständigen staatlichen Stellen nicht nötig und ist daher auch nicht vorgesehen.

Zu 9. bis 11.:

Die Zusage Österreichs zur „Exportförderung“ des Projektes, nämlich zur Übernahme einer Bundeshaftung für ein kommerzielles Exportgeschäft gegen risikoadäquates Entgelt wird, wie bereits ausgeführt, wesentlich von der Erfüllung der TORs abhängen. Die erfüllten Tors zusammen mit den bereits vorliegenden Dokumenten sollten ein internationalen Standards ent­sprechendes Projekt dokumentieren können. Dies stellt eine Voraussetzung für eine Promessenumwandlung dar.

 

Die Gesamtheit der dann vorliegenden Dokumentation (einschließlich ergänzender Unterlagen und Studien, gutachterlicher Stellungnahmen sowie verbindlicher Vereinbarungen zu einzelnen TORs) wird ein umfassendes Bild der Umweltauswirkungen des Projektes geben. Zu den erwähnten TORs werden unabhängige Experten, die das Vertrauen der ECAs genießen, sowie die Experten der ECAs weitere Kommentare und Begutachtungen bei­bringen. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen.

Mit freundlichen Grüßen

Mag. Wilhelm Molterer eh.