2206/AB XXIII. GP

Eingelangt am 16.01.2008
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BM für Wissenschaft und Forschung

Anfragebeantwortung

 

 

                                                                                                                                                 GZ: BMWF-10.000/0230-C/FV/2007

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Wien, 15. Jänner 2008

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2133/J-NR/2007 betreffend EU-konforme Lösung des Universitätszugangs, die die Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen am 16. November 2007 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

 

Zu Frage 1:

Diese Frage ist insofern irreführend, als die Ausbildung ausländischer Medizinstudentinnen und -studenten per se als nachteilig dargestellt wird. Die negativen Auswirkungen sind jedoch nur soweit gegeben, als keine ausreichenden Ausbildungschancen für Personen mit Sekundarabschlüssen in Österreich bestünden bzw. die Studierenden nach Abschluss des Studiums Österreich verlassen.

 

Zurzeit finden zwischen Österreich und der Europäischen Kommission Gespräche darüber statt, welche Daten während der Zeit des Moratoriums von fünf Jahren gesammelt werden müssen, um am Ende dieser Frist die Situation in Österreich neu bewerten zu können. Es ist gegenwärtig zu früh, um über die künftigen möglichen Studien zum Thema Auskunft zu geben. In jedem Fall hat Österreich ein hohes Interesse daran, mit der Europäischen Kommission eine gemeinsame Grundlage für das Monitoring des österreichischen Medizinstudiums zu schaffen.

 

 

Zu Fragen 2 und 3:

Infolge der Probezählung 2006 gemäß § 9 des Registerzählungsgesetzes (BGBl. I Nr. 33/2006) war die Bundesanstalt Statistik Österreich in der Lage festzustellen, wie viele der Absolventinnen und Absolventen der Human- oder Zahnmedizin der Studienjahre 2003/04 und 2004/05 zum 31. Oktober 2006 noch einen Hauptwohnsitz in Österreich aufwiesen. Demnach hatten 63% der Ausländerinnen und Ausländer dieser beiden Abschlussjahrgänge Österreich bereits verlassen; bei den Deutschen betrug dieser Anteil 68%, bei den Südtirolerinnen und Südtirolern 87%. Diese Fakten können künftig auf Basis des neuen § 10 Abs. 4 des Bildungsdokumenta-tionsgesetzes jährlich durch Statistik Austria dargestellt werden.

 

 

Zu Frage 4:

Die Stichhaltigkeit der österreichischen Argumentation war 2007 ausreichend, um ein fünfjähriges Moratorium seitens der Europäischen Kommission zu erwirken. Es ist gegenwärtig weder möglich, die österreichische Argumentation des Jahres 2012 vorwegzunehmen, noch die Stichhaltigkeit dieser künftigen Argumentation gegenüber der Europäischen Kommission einzuschätzen.

 

Die Bemühungen Österreichs gehen in die Richtung, mit der Europäischen Kommission eine gemeinsame Vorgehensweise für die kommenden fünf Jahre zu vereinbaren. Auf dieser Grundlage erhöht sich die Chance, dass beide Seiten am Ende zu ähnlichen Schlussfolgerungen gelangen.

 

Die Verantwortung für die Erarbeitung von Argumentationen zum Gegenstand obliegt mir in meiner Funktion als Bundesminister für Wissenschaft und Forschung.

 

Das Moratorium endet nach fünf Jahren, sodass zu diesem Zeitpunkt eine umfassende Argumentation im Lichte der Entwicklung vorgelegt werden wird.

 

 

Zu Fragen 5,6,8 und 9:

Der Hochschulzugang als solcher liegt in der Kompetenz der Mitgliedsstaaten. Durch die von der Europäischen Kommission initiierte rechtliche Diskussion wurde diese Kompetenzfrage tangiert. Nun ist es Österreich gelungen, anlässlich zahlreicher bi- und multilateraler Zusammenkünfte ein Bewusstsein auf europäischer Ebene zu schaffen, dass es in einzelnen Bereichen und für einzelne Länder Problemstellungen gibt, die Lösungen im europäischen Geiste notwendig machen (Stichwort: Hochschulzugang Medizin).

 

Darüber hinaus haben die bisherigen Bemühungen in Österreich im Ausbau des tertiären Sektors Wirkung gezeigt. So wurden die Absolvent/innenzahlen im Zeitraum 2001 bis 2006 von 19.100 auf 27.100 um rund 42% gesteigert und die Erstzugelassenen von 31.500 auf 43.500 um rund 38% erhöht. Langfristig werden sich die hohen Abschlussquoten und hohen Zugangsquoten steigernd auf die Akademikerquote auswirken (das ist jener Anteil der Bevölkerung der 25-bis 64-Jährigen, die über einen tertiären Abschluss verfügen). Dieser Entwicklung Rechnung tragend erhalten die Universitäten in der laufenden Leistungsvereinbarungsperiode 525 Mio. Euro zusätzlich zum Budget; weiters ist eine Generalsanierungsoffensive in der Höhe von 500 Mio. Euro bis 2010 in Umsetzung.

Bis 2010 wollen wir eine tertiäre Zugangsquote von ca. 40% erreichen.

Alle Fragen, die Weiterentwicklung des Hochschulzugangs betreffend, werden unter Einbindung der hochschulpolitisch relevanten Kräfte diskutiert werden.

 

 

Zu Frage 7:

Österreich bekennt sich zum offenen Europäischen Hochschulraum, der grundsätzlich von der freien Mobilität der Studierenden getragen werden soll. Diesem Bekenntnis entspricht auch das Engagement Österreichs im Bologna-Prozess.

 

Die Idee, die Mobilität von Studierenden europaweit gegen zu verrechnen, widerspricht dem Geist und dem Ziel des Europäischen Hochschulraums.

 

Das gelegentlich zitierte Beispiel für einen Lastenausgleich zwischen den skandinavischen
Ländern ist aus zwei Gründen irreführend: Erstens findet dieser Ausgleich zwischen Ländern mit ähnlichen Kostenstrukturen statt, wohingegen ein Lastenausgleich beispielsweise zwischen
Österreich und Rumänien prohibitiven Charakter für rumänische Studienwerberinnen und
-werber hätte. Zweitens ist der Lastenausgleich zwischen den nordischen Ländern lediglich ein Kostenbeitrag und deckt in keiner Weise die tatsächlichen Studienkosten ab, sodass von einer echten Gegenfinanzierung keine Rede sein kann.

 

Der Bundesminister:

 

Dr. Johannes Hahn e.h.