4053/AB XXIII. GP

Eingelangt am 09.06.2008
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BM für Wirtschaft und Arbeit

Anfragebeantwortung

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                                                           Wien, am 6. Juni 2008

 

                                                                                                                           Geschäftszahl:

                                                                                            BMWA-10.101/0096-IK/1a/2008

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 4053/J betreffend "Aufsicht über die Wirtschaftskammer", welche die Abgeordneten Alexander Zach, Kolleginnen und Kollegen am 9. April 2008 an mich richteten, stelle ich vorweg fest:

 

Die Organisationen der gewerblichen Wirtschaft sind selbständige, vom Staat verschiedene juristische Personen. Ihre Tätigkeit im eigenen Wirkungsbereich ist ihnen, nicht dem Bund zuzurechnen. Sie unterliegen nicht der Weisungsgewalt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (Art 120b Abs 1 B-VG). Deshalb erstreckt sich die Kontrollbefugnis des Nationalrates auch nicht auf ihr Handeln im eigenen Wirkungsbereich.

 

Die dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit gegenüber der Wirtschaftskammerorganisation zukommenden Ingerenzbefugnisse ermöglichen ihm keine Determinierung des Handelns der Organisationen der gewerblichen Wirtschaft im eigenen Wirkungsbereich.

 

Das Interpellationsrecht besteht somit allein hinsichtlich der Wahrnehmung des Aufsichtsrechts durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit. Diese Aufsicht umfasst die Sorge für die gesetzmäßige Führung der Geschäfte und die Aufrechterhaltung des ordnungsmäßigen Ganges der Verwaltung.

 

Im Zuge der letzten WKG-Novelle wurde durch Einfügung eines Abs. 10 in § 132 leg.cit. klargestellt, dass die Gebarungsprüfung ausschließlich Aufgabe des Rechnungshofes ist und dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit als Aufsichtsbehörde keine Zuständigkeit zukommt.

 

§ 132 Abs. 10 lautet:

"Der Rechnungshof ist befugt, gemäß Art 127b B-VG die Gebarung der nach diesem Gesetz gebildeten Körperschaften öffentlichen Rechts zu prüfen.“

 

In den Erläuterungen wird dazu ausgeführt:

"Durch den Verweis in Abs. 10 soll die in Art 127b B-VG geregelte Prüfbefugnis des Rechnungshofes in keiner Weise verändert werden. Der Verweis dient ausschließlich der Klarstellung und soll verdeutlichen, dass im Bereich der Gebarungsprüfung keine parallelen Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörde einerseits und des Rechnungshofes andererseits bestehen.“

 

Somit ist zweifelsfrei keine aufsichtsbehördliche Zuständigkeit im Hinblick auf die Gebarung der Wirtschaftskammerorganisationen gegeben, weswegen auch keine Angaben zu Fragen der Gebarung gemacht werden können.

 

Im Lichte dieser Rechtslage beantworte ich die an mich gerichteten Fragen wie folgt:

 

Antwort zu den Punkten 1 bis 5 der Anfrage:

 

In der nachstehenden Tabelle wird der Personalstand, unter Berücksichtigung von Ein- und Austritten während des Kalenderjahres, von 2000 bis 2006 dargestellt.

 

Daten für die Jahre 2007 und 2008 liegen in dieser Form derzeit nicht vor, ebensowenig weitere Detaillierungen auf Ebene der einzelnen Tätigkeiten.

 

 

 

 

WKW

WKB

WKNÖ

WKOÖ

WKS

WKST

WKK

WKT

WKV

WKÖ

SUMME

2000

847,8

112,3

546,4

544,2

263,4

401,8

222,5

264,9

153,4

1.428,4

4.785,1

2001

818,6

107,9

533,9

531,5

257,4

369,3

212,3

255,5

149,8

1.454,1

4.690,3

2002

793,6

105,4

519,5

538,8

242,8

373,8

217,8

257,0

149,2

1.335,3

4.533,2

2003

781,1

113,6

507,5

541,2

233,7

354,3

212,5

257,3

151,3

1.028,1

4.180,6

2004

768,4

109,4

510,4

545,5

236,8

314,0

210,0

258,4

149,1

997,2

4.099,2

2005

782,7

113,6

509,8

541,5

235,8

319,9

202,2

265,9

151,3

973,9

4.096,6

2006

793,7

114,8

522,6

545,7

236,4

312,4

203,5

274,7

151,5

996,1

4.151,4

 

 

Die Kriterien für die Personalaufnahme der Bundes- und der Landeskammern sind in der Dienstordnung 1999 für die bei den Wirtschaftskammern Österreichs beschäftigten Angestellten enthalten.

 

§ 1 Dienstordnung 1999 der Wirtschaftskammern Österreichs lautet:

"(1) Für die Anstellung in den Dienst der Wirtschaftskammern sind erforderlich:

a)     die Staatsbürgerschaft eines Staates der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums

b)     Unbescholtenheit

c)      die zur Dienstleistung erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse

d)     ausreichende Gesundheit, auf Verlangen bescheinigt durch ein ärztliches Attest.

 

(2) Die Angestellten werden in die Verwendungsgruppen A, B, C und D eingereiht. Für diese Verwendungsgruppen gelten folgende besondere Anstellungserfordernisse:

 

für die Verwendungsgruppe A: die erfolgreiche Absolvierung einer Universität, Hochschule oder Fachhochschule;

für die Verwendungsgruppe B: die erfolgreiche Absolvierung (Reifeprüfung) einer AHS bzw. Berufsbildenden Höheren Schule, die Ablegung einer Meister- bzw. Konzessionsprüfung, einer Fachakademie oder eine gleichwertige abgeschlossene Ausbildung für die konkrete Verwendung;

 

für die Verwendungsgruppe C: die erfolgreiche Absolvierung einer Handelsschule bzw. der Unterstufe einer Höheren Schule, die erfolgreiche Absolvierung einer Lehrabschlussprüfung, insbesondere als Büro-, Industrie- oder Speditionskaufmann, oder eine der konkreten Verwendung entsprechende andere Fachausbildung;

 

für die Verwendungsgruppe D: die für die jeweiligen Aufgaben notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten.

 

(3) Die Erfüllung der besonderen Anstellungserfordernisse begründet keinen Anspruch auf Einreihung in eine bestimmte Verwendungsgruppe.

 

(4) Die Angestellten der Verwendungsgruppe A bis C haben eine Dienstprüfung vor einer Kommission mit Erfolg abzulegen. Die Ablegung der jeweiligen Dienstprüfung ist dem Angestellten bereits vor Einreihung in die betreffende Verwendungsgruppe zu ermöglichen. Ein Rechtsanspruch auf eine entsprechende Dienstverwendung bzw. Einstufung entsteht dadurch nicht. Der Prüfungskommission ist ein Vertreter des Betriebsrates beizuziehen. Näheres bestimmt die vom Erweiterten Präsidium der WKÖ zu erlassende Prüfungsordnung.“

 

Die in den Wirtschaftskammern ausgeschriebenen Positionen unterliegen nicht der Ausschreibungspflicht des Bundesgesetzes über Transparenz bei der Stellenbesetzung im staatsnahen Unternehmensbereich (Stellenbesetzungsgesetz).

 

In den Wirtschaftskammern werden in Einzelfällen (z.B. Auswahlverfahren von Führungskräften) Personalberater beauftragt. Der Leistungsumfang ist dabei unterschiedlich (von Inseratschaltung bis Durchführung eines Assessment-Centers) und wird im Einzelfall entschieden.

 

 

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

 

Am 31.12.2007 hatten die Wirtschaftskammern österreichweit 477.805 Mitglieder. Gegenüber Ende 2006 ist damit eine Zunahme um 11.118 (+ 2,4%) zu verzeichnen. Der Stand an aktiven Kammermitgliedern (Kammermitglieder mit zumindest einer nicht ruhend gemeldeten Berechtigung) erreichte Ende 2007 mit 378.469 einen Höchstwert. Die Zahl der Kammermitglieder ist im Verlauf der letzten Jahrzehnte ständig gewachsen. Im Vergleich zu Ende 2006 stieg die Zahl der aktiven Mitglieder 2007 um 10.621. Damit konnte das hohe Zunahmeniveau gehalten werden. Die Jahr für Jahr stark steigende Zahl der Wirtschaftskammermitglieder belegt, dass regelmäßig viel mehr Unternehmen gegründet als geschlossen werden. Der Anteil der ruhenden Mitglieder (Nichtbetrieb) am Gesamtmitgliederstand ist 2007 gegenüber 2006 erneut leicht gesunken und beträgt 20,8%.

 

Die Zunahme des Standes an Kammermitgliedern beruhte 2007 auf einem Zugang neuer Kammermitglieder von rund 53.850, dem ein Abgang von rund 42.700 Mitgliedern gegenübersteht. Diese Zu- und Abgänge repräsentieren jedoch keinesfalls nur "echte" Neugründungen oder "echte" Auflösungen. Zugänge können auch auf Betriebsübernahmen, Rechtsformänderungen, Betriebszerlegungen, etc. beruhen. Vielfach stehen solchen Zugängen unmittelbare Abgänge (z.B. bei Rechtsformänderungen) gegenüber, oder die Gründe sind entgegengesetzter Art (z.B. Betriebszusammenlegungen).

 

Trotz der eingeschränkten unmittelbaren Aussagekraft der Zu- und Abgangsdaten ist die dynamische Entwicklung in den letzten Jahren ein Beleg für die erhebliche Zunahme von Unternehmensgründungen und vermehrte Bereitschaft zum Schritt in die Selbständigkeit.

 

Zu- und Abgänge von Kammermitgliedern 1990 - 2007

 

Zugänge

Abgänge

Nettoveränderung

1990-1995

23.700

16.500

7.200

1996

35.600

23.600

12.000

1997

35.800

25.600

10.100

1998

34.800

25.800

9.000

1999

37.700

27.400

10.300

2000

40.000

27.300

12.700

2001

45.000

31.300

13.600

2002

45.200

32.300

12.900

2003

48.900

34.400

14.500

2004

50.613

35.351

15.272

2005

52.653

39.738

12.915

2006

51.675

41.516

10.159

2007

53.850

42.732

11.118

 

Der Frage nach dem tatsächlichen Ausmaß von Unternehmensneugründungen geht eine eigene (jährliche) Untersuchung der Wirtschaftskammern Österreichs nach. In der letzten Veröffentlichung wurde das Gründungsgeschehen der letzten 15 Jahre beleuchtet (Unternehmensneugründungen in Österreich 1993 bis 2007, erschienen im Jänner 2008).

 

Die Zahl der Fachgruppenmitglieder lag Ende 2007 bei 650.354 (einschließlich Mehrfachmitgliedschaften). Davon entfielen 130.707 oder 20,1% auf ruhende Mitgliedschaften.

 

Die meisten Fachgruppenmitglieder haben die Sparten Handel (32,8%) und Gewerbe und Handwerk (28,4%), gefolgt von den Sparten Information und Consulting (17,2%) und Tourismus und Freizeitwirtschaft (14,1%).

 

Nachstehende Tabelle zeigt die 20 - gemessen an der Zahl aktiver Mitgliedschaften - größten Fachgruppen. Insgesamt repräsentieren diese „TOP 20“ rund 46,1% aller aktiven Fachgruppenmitgliedschaften.


 

 

Anzahl

Anteil an den Fachgruppenmitgliedern insgesamt in %

Gastronomie

41.141

6,3

Unternehmensberatung und Informationstechnologie

33.394

5,1

Allgemeiner Fachverband des Gewerbes

32.911

5,1

Werbung und Marktkommunikation

17.273

2,7

Hotellerie

14.865

2,3

Handel mit Maschinen, Computersystemen, technischem u. industriellem Bedarf

13.567

2,1

Lebensmittelhandel

12.930

2,0

Fahrzeughandel

12.058

1,9

Freizeitbetriebe

11.523

1,8

Finanzdienstleister

11.496

1,8

Güterbeförderungsgewerbe

11.268

1,7

Direktvertrieb

11.192

1,7

Bau

11.097

1,7

Eisen- und Hartwarenhandel

9.784

1,5

Textilhandel

9.510

1,5

Bauhilfsgewerbe

9.370

1,4

Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen

9.221

1,4

Handelsagenten

9.160

1,4

Lederwaren-, Spielwaren- und Sportartikelhandel

8.932

1,4

Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure

8.813

1,4

TOP 20-Fachgruppen zusammen:

299.505

46,1

 

 

Antwort zu den Punkten 7 bis 18 der Anfrage:

 

Die Gebarung der nach dem Wirtschaftskammergesetz gebildeten Organisationen hat nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu erfolgen. Die vorgesehenen Kammerumlagen, Grundumlagen und Gebühren für Sonderleistungen sind innerhalb der im Wirtschaftskammergesetz festgelegten Höchstgrenzen nur in solcher Höhe festzusetzen, dass ihr Aufkommen zusammen mit allfälligen sonstigen Erträgen einschließlich der Leistungsentgelte den in den genehmigten Jahresvoranschlägen festgelegten Aufwand deckt. Zum Ausgleich von unvorhergesehenen Schwankungen bei den Erträgen und Aufwendungen sowie zur Bedeckung bestimmter Vorhaben sind angemessene Rücklagen zu bilden.

 

Im Sinne dieser Vorgabe wurden im Zuge der im Jahr 2000 angelaufenen Kammerreform die Bestimmungen über die Kammerfinanzen neu gefasst. Die Eintragungsgebühr für die Mitglieder wurde abgeschafft. Der Höchstsatz für die Kammerumlage 1 wurde von 4,3 Promille auf 3,2 Promille herabgesetzt. Der höchstzulässige Hebesatz bei der Kammerumlage 2 wurde bei der Wirtschaftskammer Österreich von 0,23% auf 0,15% und bei den Landeskammern von 0,32% auf 0,29% herabgesetzt. Die höchstzulässigen Hebesätze für die variablen Grundumlagen wurden herabgesetzt. Insgesamt wurden österreichweit ab dem Jahr 2004 die Umlagen um €  150 Mio. (pro Jahr) reduziert.

 

Die Reduktion auf der Einnahmenseite hat natürlich ausgabenseitige Einsparungen erfordert. Es wurden daher Maßnahmen in verschiedensten Bereichen gesetzt, wie z.B. im Bereich Personal, in der Administration oder in der Außenwirtschaft. Aber auch strukturelle Änderungen in der Kompetenzverteilung wurden durchgeführt. Begleitend wurden Controlling- und Steuerungsinstrumente eingeführt, die dem Management Überblick verschaffen und die Möglichkeit zur laufenden Kurskorrektur bieten.