4617/AB XXIII. GP

Eingelangt am 25.08.2008
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                    Wien, am       August 2008

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0102-I/4/2008

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4650/J vom 25. Juni 2008 der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Antipiraterieab-kommen (ACTA) – Verhandlungen durch die Europäische Kommission (EK) beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1. bis 12.:

Die substantiellen Vorbereitungsarbeiten zur Aufnahme von Verhandlungen über ein plurila­terales „Anti-Counterfeiting Trade Agreement" erfolgten im Rahmen der Ratsarbeitsgruppe gemäß Artikel 133 sowie in der Ratsarbeitsgruppe Geistiges Eigentum. Die inneröster­reichische Koordinierung für diese beiden Ratsarbeitsgruppen fällt in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit beziehungsweise des Bundesministeriums für Justiz. Das Mandat für die Europäische Kommission wurde schließlich am 7. April 2008 als A-Punkt vom Rat für allgemeine Angelegenheiten und auswärtige Beziehungen, in welchem Österreich durch die Frau Bundesministerin für europäische und internationale Angelegen­heiten vertreten ist, angenommen.

 

Mit der gegenständlichen schriftlichen parlamentarischen Anfrage werden somit Aufgaben angesprochen, welche nicht in die primäre Zuständigkeit meines Ressorts fallen. Soweit dabei jedoch inhaltlich Agenden des Bundesministeriums für Finanzen angesprochen werden – dies trifft auf jene Teile des „Anti-Counterfeiting Trade Agreement" zu, die Maßnahmen zum Vollzug geistiger Eigentumsrechte an den Grenzen regeln – teile ich Folgendes mit:

 

Maßnahmen zum Vollzug geistiger Eigentumsrechte an den Grenzen werden derzeit in der Gemeinschaft durch die Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 über das Vorgehen der Zoll­behörden gegen Waren, die im Verdacht stehen, bestimmte Rechte geistigen Eigentums zu verletzen, und die Maßnahmen gegenüber Waren, die erkanntermaßen derartige Rechte verletzen, ABl. Nr. L 196 vom 2. 8. 2003, S 7, und die Verordnung (EG) Nr. 1891/2004 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003, ABl. Nr. L 328 vom 30. 10. 2004, S 16, geregelt. Ergänzend dazu wurde in Österreich das Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen über das Vorgehen der Zollbehörden im Verkehr mit Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, erlassen werden (Produktpirateriegesetz 2004 – PPG 2004), BGBl. I Nr. 56/2004, als Durchführungsgesetz erlassen.

 

Diese Vorschriften dienen insbesondere der Umsetzung von Artikel 51 bis 60 des TRIPS-Abkommens, gehen aber doch weit über diese Erfordernisse hinaus. So sehen die EU-Vorschriften beispielsweise Zollkontrollen zur Bekämpfung der Produktpiraterie nicht nur bei der Einfuhr, sondern auch bei der Ausfuhr und beim Transit sowie in Freizonen und Frei­lagern vor. Auch die Liste der geschützten Rechte geistigen Eigentums ist viel weiter als dies im TRIPS-Abkommen vorgesehen ist. Ferner sehen die EU-Vorschriften ausdrücklich eine gebührenfreie Bearbeitung der Grenzbeschlagnahmeanträge vor. Auf die im TRIPS-Abkommen vorgesehene Sicherheit für Schäden, die durch die Rechtsinhaber verursacht werden, wurde verzichtet. Schließlich sehen die EU-Vorschriften ein vereinfachtes Verfahren zur Vernichtung von Pirateriewaren unter Zollaufsicht vor. Die letztgenannten Maßnahmen sollen vor allem Klein- und Mittelbetrieben den Zugang zu den Grenzmaßnahmen erleichtern.

 

Die derzeit im Rahmen der ACTA-Verhandlungen vorliegenden Entwürfe zu den Grenzmaß­nahmen sehen zwar strengere Maßnahmen als die Artikel 51 bis 60 des TRIPS-Abkommens vor, stehen aber im Wesentlichen im Einklang mit den oben geschilderten EU-Vorschriften. Ein Text, nach dem Zollorgane künftig auch die Inhalte der von Reisenden mitgeführten Medienträger kontrollieren und auf mögliche Rechtsverletzungen überprüfen können, ist in diesen Entwürfen nicht enthalten.

 

Es ist davon auszugehen, dass das „Anti-Counterfeiting Trade Agreement" im Bereich der Grenzmaßnahmen keine strengeren Maßnahmen als die bereits geltenden diesbezüglichen EU-Vorschriften vorsehen wird. Dies wohl deshalb, weil diese EU-Vorschriften mittlerweile international immer öfter als vorbildliche und effiziente Mittel zur Bekämpfung der Produktpiraterie durch die Zollverwaltungen genannt werden.

 

 

Mit freundlichen Grüßen