4696/AB XXIII. GP
Eingelangt am 04.09.2008
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BM für Gesundheit, Familie und Jugend
Anfragebeantwortung
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Maga. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMGFJ-11001/0135-I/A/3/2008
Wien, am 3. September 2008
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 4796/J der Abgeordneten Mag.a Rosa Lohfeyer und GenossInnen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Frage 1:
Da gemäß Art 12. B-VG in Angelegenheiten der Jugendwohlfahrt dem Bund nur die Grundsatzgesetzgebung und den Ländern die Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung obliegt, werden dem Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend von den Jugendämtern keine Informationen über auffälliges Verhalten von Kindern und Jugendlichen zu Hause, in Ausbildungsstätten oder in der Öffentlichkeit übermittelt.
Frage 2:
Frage 3:
Im Rahmen der Plattform gegen die Gewalt in der Familie laufen derzeit folgende gewaltpräventive regionale Projekte:
Im Bereich „Physische, psychische und sexuelle Gewalt gegen Kinder“:
1. „Gewaltprävention in burgenländischen Hauptschulen“ (KISZ-Burgenland „Rettet das Kind“)
2. „Gewaltpräventionsprojekte/Workshops an Volksschulen in Linz“ (Beratungszentrum PIA – Hilfe bei sexuellem Missbrauch – OÖ)
3. „Gewalttradition? – Häusliche Gewalt in Relation zu Schüler-Mobbing“ (KISZ-Salzburg)
4. „Obendrüber - Untendurch“- Psychoedukative Gruppe für Mädchen mit Gewalt- und Missbrauchserfahrung (KISZ-Graz)
5. „Präventionsworkshops an Volksschulen zum Thema Gewalt“ (KISZ-Innsbruck)
6. Fachtagung für Kindergartenpädagog/innen zum Thema: „Hilfe und Aufklärung im Umgang mit sexuellem Missbrauch“ (KISZ - die möwe – Wien)
1. „Ohne Gewalt geht’s auch“ – Gewaltpräventionsprojekt an Schulen (Der Lichtblick –Burgenland)
2. „Gewalt und Sprache – Ich spreche also bin ich (brutal)“ Sensibilisierungsprogramm für jugendliche Migrant/innen und österreichische Jugendliche ohne Migrationshintergrund (Verein maiz – Autonomes Zentrum von & für Migrantinnen – OÖ)
3. „Selbstbewusstsein, Selbstbehauptung und Selbstverteidigungsworkshops zur Prävention von Gewalt und sexualisierter Gewalt“ (Mädchenzentrum Klagenfurt)
4. „Lehrgänge zur Gewaltprävention“ (Friedensbüro Salzburg)
5. „Workshops für Mädchen und junge Frauen zur Prävention von Gewalt und sexualisierter Gewalt - Titel: Beziehungen und Selbstbestimmung erleben“ (Verein MAFALDA- Verein zur Förderung und Unterstützung von Mädchen und jungen Frauen – Steiermark)
6. „Veranstaltungsreihe - Jugendliche mit Migrationshintergrund in der schulischen und außerschulischen Jugendarbeit“ (Verein EfEU – Verein zur Erarbeitung feministischer Erziehungs- und Unterrichtsmodelle – Wien)
7. „Sofie’s Geheimnis – Forumtheater für 13-15-jährige Schüler/innen“ (Verein SOG.THEATER – Verein zur Förderung theaterpädagogischer Projekte in Schulen, Organisationen, Gemeinden und Betrieben)
8. „Vernetzungsangebote mit dem Ziel der Qualitätssicherung im Kontext der Gewaltprävention in Form von Vernetzungstagungen, Workshops & Erarbeitung eines Positionspapier zum Thema „geschlechtsbezogene Jugendarbeit in Vorarlberg“ (Verein KOJE – Koordinationsbüro für Offene Jugendarbeit und Entwicklung – Vorarlberg)
9. „Kinder- und Jugendarbeit: geschlechter-, schicht- und kultursensibel“ (FBI – Institut für gesellschaftswissenschaftliche Forschung, Bildung und Information – Tirol)
Darüber hinaus werden – ebenfalls im Rahmen der Plattform gegen die Gewalt in der Familie – von den Vernetzungsträgern Querschnittprojekte durchgeführt:
Im Kinderbereich: Online-Reader für Multiplikator/innen, wie Lehrer/innen, Kindergärtner/innen, Mitarbeiter/innen der Jugendämter etc. zum Thema „Gewalt gegen Kinder – Sensibilisierung der Familien und der Gesellschaft“.
Im Jugendbereich: Entwicklung eines Plakates und einer Postkartenserie zum Thema „Respekt“.
Sowohl die regionalen als auch die Querschnittprojekte sind großteils für ein Jahr angelegt (1.1.2008 – 31.12.2008).
Die Projekte sind spätestens mit Jahresende abgeschlossen.
Auch in der Jugendarbeit, die gemäß Bundesverfassung in der Kompetenz der Länder liegt, hat mein Ressort einige Projekte initiiert und unterstützt Einrichtungen, die auf lokaler und regionaler Ebene im Lebensumfeld der Jugendlichen verschiedenste Gewaltpräventionsprojekte durchführen. Dazu zählen folgende Projekte:
1. Österreichweiter Vernetzungsprozess der offenen Jugendarbeit
Das BMGFJ hat in den letzten 1,5 Jahren in Kooperation mit der Koordinationsstelle für offene Jugendarbeit und Entwicklung Vorarlberg einen österreichweiten Vernetzungsprozess der offenen Jugendarbeit initiiert, um zu einer verstärkten Zusammenarbeit von Jugendzentren, Jugendinitiativen und der mobilen bzw. aufsuchenden Jugendarbeit in Österreich beizutragen und damit u.a. auch erfolgreiche Maßnahmen und Modellprojekte im Präventionsbereich zu verbreitern.
Dies ist ein laufender Prozess ohne konkretes Projektende.
2. Peer-Mediations-Programm
Ein wichtiger Beitrag zur Konflikt- und Gewaltprävention ist das Peer-Mediations-Programm. Peer-Mediation wirkt als Konfliktlösungsansatz besonders effektiv, weil es an den spezifischen Bedürfnissen, Fragen und Problemen der Jugendlichen anknüpft.
Der Leitfaden Peer Mediation wurde gemeinsam mit Expert/innen der Peer-Mediation in Kooperation zwischen dem Bildungs- und dem Jugendministerium erstellt, wobei es gelang, Qualitätskriterien für Peer-Mediation festzulegen.
Der Leitfaden, der sich ursprünglich an Lehrer/innen und Schuldirektor/ innen richtet, wird derzeit vom BMGFJ für die außerschulische (verbandliche und offene) Jugendarbeit adaptiert.
Das ist ein derzeit laufender Prozess, der Ende 2009 abgeschlossen wird.
3. Handbuch aller einschlägigen Einrichtungen
Nicht alle Kinder wachsen auf ihrem Weg von der frühen Kindheit durch die Jahre der Pubertät ohne Hindernisse auf. Familienangehörige, Lehrkräfte, Jugendleiter/innen, Menschen, die regelmäßigen Kontakt mit Kindern und Jugendlichen haben, bemerken als erste die Probleme Heranwachsender. Um aus dem großen Kreis von Expert/innen jene auswählen zu können, die mit den psychischen Belastungen der jungen Heranwachsenden vertraut sind und ihnen die entsprechende Hilfe geben können, hat das BMGFJ eine Erhebung aller einschlägigen Einrichtungen und Expert/innen in Österreich durchgeführt. Das Ergebnis wird demnächst sowohl online als auch als Handbuch zur Verfügung stehen.
Das ist ein derzeit laufender Prozess, der im Herbst 2008 abgeschlossen werden soll.
Frage 4:
Laut Polizeilicher Kriminalstatistik wurde folgende Zahl an Kindern und Jugendlichen strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben verdächtigt:
Tatver- dächtige |
unter 10 Jahre |
10 bis unter 14 J. |
14 bis unter 18 J. |
2001 |
238 |
836 |
4.536 |
2002 |
269 |
995 |
5.953 |
2003 |
234 |
1.035 |
6.112 |
2004 |
241 |
1.044 |
6.644 |
2005 |
217 |
1.054 |
6.620 |
2006 |
232 |
1.053 |
7.272 |
2007 |
266 |
1.473 |
8.617 |
Wegen Umstellung der Statistik können die Daten erst für die Jahre 2001 bis 2007 vergleichend dargestellt werden. Ab 2007 wurde die Statistik von einer tatorientierten auf eine täterorientierte Zählweise umgestellt. Der Beilage können die bundesländerweise differenzierte Statistik sowie die Opferzahlen entnommen werden.
Bei diesen Zahlen ist zu beachten, dass diese nur die Tatverdächtigen enthalten, aber keine Aussagen über die tatsächliche Tatbegehung enthalten.
Frage 5:
Beim Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur wurde die Arbeitsgruppe „Erarbeitung von Modellen zur pädagogischen Intervention“, in der auch mein Ressort vertreten ist, eingerichtet, deren Zielsetzung es unter anderem ist, die Gewaltprävention an Schulen zu forcieren.
Weiters werden auch einige der unter Frage 3 aufgeführten Projekte in interministerieller Kooperation durchgeführt.
Frage 6:
Gestützt auf wissenschaftliche Ergebnisse bin ich davon überzeugt, dass unsere Jugendlichen mehrheitlich engagiert, selbstbewusst und zielstrebig durchs Leben gehen. Dies zu erhalten ist unser aller Anliegen und Ziel vielfältiger öffentlicher Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene.
Wichtig ist mir, Jugendliche dort besonders zu stärken, wo neue Gefahren ihre psychische Gesundheit bedrohen könnten. So fördert mein Ressort medienpädagogische Projekte, um die Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen im Umgang mit neuen Medien zu stärken und eine problematische Mediennutzung – welche eventuell aggressive Tendenzen verstärken könnte – zu verhindern.
Darüber hinaus stellt die Information und Aufklärung von Kindern, Jugendlichen und Eltern eine zentrale Aufgabe im Sinne der Gewaltprävention dar. Im Zuge der Kooperation mit der Initiative saferinternet.at wurde beispielsweise im Februar 2008 erstmals der "Österreichische Handyfilmpreis" verliehen. Ziel war es dabei, das Handy als kreatives Medium abseits von problematischen Inhalten wie "Happy Slapping" in den Vordergrund zu stellen.
Auch die im Jugendministerium eingerichtete "Bundesstelle für die Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspielen" (www.bupp.at) verfolgt das Ziel, Eltern und Pädagog/innen eine Orientierungshilfe für die Auswahl von Computerspielen zu geben sowie Hintergrundinformationen und didaktische Materialien zur Verfügung zu stellen.
Frage 7:
Gewalt hat vielerlei Ursachen und so auch die Bereitschaft zu Gewalttätigkeit in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. Mangelnde persönliche Sicherheit und unzureichende sprachliche Ausdrucksfähigkeit sind gewiss wesentliche Gründe für Menschen, negative Gefühle gewaltsam auszudrücken. Auch belastende Lebensumstände oder ein „gewalthaltiges“ Lebensumfeld begünstigen die Gewaltbereitschaft von jungen Menschen.
Die Multikausalität von Gewalt ist bei jeder Reaktion zu beachten, sollen die Maßnahmen auf präventiver und reaktiver Ebene wirkungsvoll sein.
Frage 8:
Unterstützung im Familienalltag bieten die vielfältigen Angebote der Elternbildung und Familienberatung, die aus Mitteln meines Ressorts mitfinanziert werden.
In den zahllosen Elternbildungsveranstaltungen in allen Bundesländern können Eltern Informationen zu den Entwicklungsphasen ihrer Kinder sammeln, Erfahrungen mit Expertinnen und Experten und anderen Eltern austauschen, eigene Stärken entdecken und praktische Anregungen bekommen. Ergänzend dazu bietet mein Ressort kostenlose Informationen zu Erziehungsthemen im Internet (www.eltern-bildung.at), in den Elternbriefen und auf multimedialen CDroms.
Rund 400 Familienberatungsstellen bieten in ganz Österreich kostenlose, vertrauliche Aussprache und lösungsorientierte Problembearbeitung für unterschiedliche Lebensbereiche wie Erziehungsprobleme, rechtlichen und sozialen Fragen, Sexualität und Partnerschaft uvm.
Frage 9:
Zu dieser Frage liegt keine aussagekräftige Statistik vor.
Frage 10:
Ich habe im Februar dieses Jahres Arbeitsgruppen zur Reform des Jugendwohlfahrtsrechts eingerichtet, die eine Reihe von Maßnahmen zur Prävention von Vernachlässigung von Kindern und Jugendlichen ausgearbeitet haben:
Der Schutz und die Wahrung des Kindeswohles ist eine Kernaufgabe der Jugendwohlfahrt. Im Jugendwohlfahrtsgesetz des Bundes soll der Rechtsanspruch des Kindes auf Sicherstellung seiner bestmöglichen Entfaltung und Förderung sowie seiner körperlichen, seelischen, emotionalen, sozialen und kognitiven Entwicklung im Sinne der Kinderrechtskonvention ausdrücklich normiert werden.
Primär ist es die Aufgabe der Familie, den Schutz und die Förderung ihrer Kinder sicherzustellen; nur wenn die Familie diese Verantwortung nicht wahrnimmt, muss die Jugendwohlfahrt diese Aufgabe übernehmen. Die Jugendwohlfahrt muss sich daher sowohl am Kind als auch an seinem familiären Bezugssystem orientieren.
Dazu ist es erforderlich, dass ausreichende und adäquate, den jeweiligen Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen entsprechende Hilfsangebote zur Verfügung gestellt werden. Damit die Leistungen der Jugendwohlfahrt transparenter und einheitlicher werden, sollen bundesweite Standards zur Qualitätssicherung ausgearbeitet werden.
Weil ich überzeugt bin, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen der Vernachlässigung von Kindern und Jugendlichen entgegenwirken, werde ich die mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, dass die geplante Reform möglichst rasch umgesetzt werden kann.
Weiters sehe ich in einer Familienpolitik, die Familien finanziell, strukturell und ideell unterstützt, einen wesentlichen Beitrag, um negativen gesellschaftlichen Entwicklungen entgegen zu wirken.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andrea Kdolsky
Bundesministerin
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