4761/AB XXIII. GP

Eingelangt am 09.09.2008
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

Anfragebeantwortung

 

JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

 

An die                                                                                    Zl. LE.4.2.4/0123 -I 3/2008

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

 

 
Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 8. Sept. 2008

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Mag. Johann Maier,

Kolleginnen und Kollegen vom 11. Juli 2008, Nr. 4826/J,

betreffend Ökostromgesetz

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen vom 11. Juli 2008, Nr. 4826/J, teile ich Folgendes mit:

 

Einleitend verweise ich auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 4827/J durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, in dessen Kompetenzbereich das Ökostromgesetz fällt. Meine Anfragebeantwortung bezieht sich vorwiegend auf die biogasrelevanten Fragestellungen.

 

 

 

 

Zu Frage 1:

 

Ergänzend zur Beantwortung durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit sei nachfolgend auf Ergebnisse aus der vom BMLFUW bei der Österreichischen Energieagentur (AEA) beauftragten Evaluierung zum Ökostromgesetz (Oktober 2007) hingewiesen.

 

Demnach ist es für eine belastbare Abschätzung des Reduktionseffekts der Ökostromerzeugung in Folge der Substitution von Strom aus konventionellen Kraftwerken notwendig, jene Technologien bzw. Brennstoffe zu ermitteln, die in der Realität durch Ökostrom substituiert werden. Seitens der AEA wurden in diesem Zusammenhang u.a. Vergleiche mit Referenzsystemen wie beispielsweise dem österreichischen Kraftwerkspark, dem österreichischen thermischen Kraftwerkspark, mit Referenzkraftwerken wie Erdgas-GuD oder dem UCTE-Mix durchgeführt.

 

Die Ergebnisse dieser Abschätzungen hinsichtlich der ermittelten CO2-Reduktion durch die Erzeugung von Sonstigem Ökostrom (ohne Kleinwasserkraft) ergeben für 2006 folgende Bandbreite:

 

 

Auf dieser Grundlage kann davon ausgegangen werden, dass im Jahr 2006 durch die Produktion von sonstigem Ökostrom etwa 2,4 Mio. t CO2 vermieden wurden.

 

Zu Frage 2:

 

Grundsätzlich ist anzumerken, dass die Höhe der Kosten pro eingesparter Tonne CO2 sehr stark davon abhängt, welche Annahmen in den Berechnungen (z.B. Lebensdauer der Anlagen, reduzierte CO2-Menge pro kWh erzeugtem Ökostrom, Entwicklung des Strommarktpreises etc.) getroffen werden. Dementsprechend groß ist die Bandbreite der ermittelten und publizierten Daten.

 

Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass die alleinige Betrachtung der Kostenseite nur ein verzerrtes, weil unvollständiges Bild der Ökostromförderung ergibt, da die zweifelsohne vorhandenen Vorteile unberücksichtigt bleiben. Es ist daher notwendig, in Hinkunft auch Nutzenbetrachtungen einfließen zu lassen, um ein realistischeres, weil vollständigeres Bild der Ökostromförderung zu erhalten. Erste grobe Analysen der AEA im Rahmen der erwähnten

Evaluierungsstudie 2007 legen nahe, dass der geschätzte Nutzen in der Größenordnung der geschätzten Kosten liegt.

 

Zu Frage 3:

 

Es darf auf den jährlich von der E-Control gemäß § 25 Abs. 1 Ökostromgesetz erstellten „Ökostrombericht“ sowie auf die auf der Homepage der E-Control (www.e-control.at)  publizierten Daten verwiesen werden.

 

Zu Frage 4:

 

Laut § 11a des Ökostromgesetzes mussten die Anlagenbetreiber von Ökostromanlagen, die mit flüssiger oder gasförmiger Biomasse betrieben werden, bis 30.6.2008 eine Rohstoffbilanz an die OeMAG übermitteln, in der auch Angaben zur Lieferantenstruktur der eingesetzten Rohstoffe anzugeben waren.

 

Für die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Anlagen ist aber die Fragestellung nach eigenen bzw. „neu gekauften“ Rohstoffen prinzipiell irrelevant, da die Rohstoffkosten (bzw. Opportunitätskosten) in jedem Fall in Abhängigkeit von den geltenden Marktpreisen angesetzt werden müssen.

 

 

 

 

Zu Frage 5:

 

Die wichtigsten Rohstoffe zur Herstellung von Ökostrom aus Biogas sind Mais und in manchen Regionen Weizen; die wichtigsten Rohstoffe bei der Herstellung von Ökostrom aus flüssiger Biomasse sind Altspeiseöle, Altfette sowie Rapsöl.

 

Diese Rohstoffe stiegen bzw. steigen entgegen der allgemeinen Expertenmeinung seit dem 2. Halbjahr 2007 massiv an. So zeigen etwa die Notierungen an der Börse für Landwirtschaft-liche Produkte in Wien, dass der Körnermaispreis im Maisjahr 2004/05 sehr konstant mit durchschnittlich 96,90 Euro pro Tonne notierte, sich die Preise im Maisjahr 2007/08 gegenüber 2004/05 aber auf über 200 Euro pro Tonne erhöht und damit mehr als verdoppelt haben.

 

Durch den Rohstoffpreisanstieg liegen die tatsächlichen Stromgestehungskosten bei Biogasanlagen und bei Anlagen mit flüssiger Biomasse deutlich über den verordneten Einspeisetarifen, was zu massiven wirtschaftlichen Problemen der Anlagenbetreiber führt: Werden etwa die Gestehungskosten für Strom aus Biogasanlagen mit aktuellen Rohstoffpreisen kalkuliert zeigt sich, dass diese – in Abhängigkeit von der Anlagenleistung – um 5,3 bis 6,9 Cent/kWh-el über den verordneten Einspeisetarifen liegen.

 

Daher wurde im Februar 2008 eine „kleine Ökostromgesetznovelle 2008“ beschlossen, die in § 11a Ökostromgesetz einen auf das Kalenderjahr 2008 begrenzten Rohstoffzuschlag für Anlagen auf Basis von flüssiger Biomasse oder Biogas in Höhe von 4 Cent/kWh-el vorsieht (der damit nur einen Teil der oben beschriebenen Rohstoffkostensteigerungseffekte abdeckt). Diese Novelle wurde am 10. Juni 2008 von der EK genehmigt. Grundlage für die Genehmigung durch die EK bildeten ausführliche Kostenberechnungen und -analysen sowie dokumentierte Rohstoffpreisentwicklungen, die von Österreich vorzulegen waren.

 

Die am 8. August 2008 kundgemachte „große Ökostromgesetznovelle 2008“ sieht in § 11a nun auch die Möglichkeit vor, über das Jahr 2008 hinaus einen Rohstoffzuschlag von bis zu 4 Cent/kWh-el zu verordnen.

 

 


Zu Frage 6:

 

Von Seiten des BMLFUW gibt es folgende Investitionsförderungen für Ökostromanlagen:

 

o        Die „Umweltförderung im Inland“ (UFI), und zwar außerhalb des „Österreichischen Programms für die Entwicklung des ländlichen Raums“ (Ländliche Entwicklung).

o        Die UFI und zwar als Maßnahme M321 der Ländlichen Entwicklung.

o        Die Maßnahme M311 der Ländlichen Entwicklung „Diversifizierung land- u. forstwirtschaftlicher Betriebe“ bzw. deren Vorgängermaßnahme in der Ländlichen Entwicklung „Förderung der Anpassung und Entwicklung von ländlichen Gebieten - Energie aus Biomasse“.

o        Die rein nationale Förderung „Sparte 69 Energie aus Biomasse“.

 

In der UFI ist die Wärmeauskopplung (Wärmeverteilnetze) – weil nicht Gegenstand des Ökostrom­gesetzes – von Biogas- und Pflanzenölanlagen förderungsfähig (Förderungs-schwerpunkt „Wärmeverteilung“). Weiters sind in der UFI Biodiesel/Pflanzenöl BHKW´s grundsätzlich förderungsfähig (Förderungsschwerpunkt „Biomasse KWK“). Bei BHKW´s zur Eigenversorgung (keine Ökostromtarife) werden strom- und wärmerelevante Investitionskosten gefördert.

 

Biogasanlagen mit Netzeinspeisung sind nicht förderungsfähig (Ausnahme Biogasanlagen im Inselbetrieb, diese sind jedoch nicht relevant); demgegenüber sind Biogasanlagen, die nach AWG genehmigt sind (= Einsatz von biogenen Abfällen) und den Strom überwiegend innerbetrieblich einsetzen, förderungsfähig (Förderungsschwerpunkt „Energiegewinnung aus Abfällen biogenen Ursprungs“). Die Begutachtung der Förderungsprojekte erfolgt durch die Kommunalkredit Public Consulting (KPC).

 

In der Maßnahme M311 der Ländlichen Entwicklung „Diversifizierung land- u. forstwirtschaft-licher Betriebe“ (bzw. auch in deren Vorgängermaßnahme in der Ländlichen Entwicklung) sind Biogas- und Biomasse-Flüssig-Anlagen unter spezifischen Bedingungen förderbar. Diese Förderungsmaßnahme zielt dabei auf die Entwicklung bzw. Diversifizierung landwirtschaft-licher Betriebe ab und soll bei Biogas auch in Bezug auf die Güllethematik unterstützen.

Die Förderung „Sparte 69 Energie aus Biomasse“ ist nicht mehr aktuell, da im Jahr 2006 ausgelaufen.

 


Zu den Fragen 7 und 8:

 

Die Investitionsförderung des BMLFUW ist unter Anwendung strenger Kriterien erfolgt und hat in den vergangenen Jahren nur einen Bruchteil der Gesamtkapazität bei den Biogas- und Biomasse-Flüssig-Anlagen im Bereich der Ökostromanlagen erfasst.

 

In der UFI wurden folgende Förderungen gewährt:

 

 

2005

2006

2007

Anzahl der genehmigten Anlagen

3

4

1

Leistung el in kW:

10 - 200

14 - 400

20

Investitionskosten gesamt in €

640.623

299.497

81.368

Umweltrelevante Kosten gesamt in €

212.457

273.609

67.352

Förderung gesamt in €

51.135

71.899

23.573

 

In der Maßnahme M311 der Ländlichen Entwicklung bzw. deren Vorgängermaßnahme in der Ländlichen Entwicklung sowie in der ausgelaufenen Förderungssparte 69 wurde größen-ordnungsmäßig wie folgt gefördert bzw. seitens der KPC begutachtet:

 

 

2005

2006

2007

Anzahl der Projekte

50

7

2

Einzelleistung in kWel

max. 250

max. 250

max. 250

Leistungssumme in MWel

7,9

0,7

0,2

Umweltrelevante Kosten gesamt in Mio. €

20,0

17,0

3,6

Förderung gesamt in Mio. €

5,9

5,2

1,1

 

In den vergangenen Jahren liegt eine rückläufige Tendenz vor und es kann unter gleich bleibenden Rahmenbedingungen auch keine Dynamik erwartet werden, demnach wäre das Förderungsausmaß für die Jahre 2008 und 2009 ähnlich niedrig dem Jahr 2007 einzuschätzen.

 


Zu Frage 9:

 

Bei Anlagen, die seitens des BMLFUW gefördert wurden, sind keine Schließungen bekannt. Die ursprünglich befürchtete Schließungswelle konnte mit dem „Rohstoffzuschlag für Ökostromanlagen auf Basis von flüssiger Biomasse oder von Biogas“ gemäß „kleiner Ökostromgesetz-Novelle 2008“ vermieden werden.

 

Zu Frage 10:

 

Der Evaluierungsbericht der Österreichischen Energieagentur (Oktober 2007) befasst sich in ausführlichen Detailanalysen mit der Wirtschaftlichkeit von Ökostromanlagen. Die Stromgestehungskosten liegen derzeit bei Ökostromanlagen, die mit Biogas und flüssiger Biomasse betrieben werden, in allen Tarifklassen erheblich höher als die gewährten Einspeisetarife.

 

Damit wird im Evaluierungsbericht sehr anschaulich dargestellt, dass bei rohstoffbetriebenen Ökostromanlagen die geltenden Einspeisetarife ohne Rohstoffkostenzuschlag zu einem raschen Verzehr der Eigenkapitalausstattung führen würden. Die konkrete weitere Entwicklung der Eigenkapitalsituation wird in den Folgejahren im Wesentlichen von der Entwicklung der Rohstoffkosten und der entsprechenden Gewährung von kostendeckenden Einspeisetarifen abhängen.

 

Zu den Fragen 11 bis 15:

 

Diese Fragen fallen in den Kompetenzbereich des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit.

 

Der Bundesminister: