592/AB XXIII. GP

Eingelangt am 25.05.2007
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

 

 
JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

An die                                                                                    Zl. LE.4.2.4/0042 -I 3/2007

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 24. Mai 2007

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Petra Bayr, Kolleginnen

und Kollegen vom 30. März 2007, Nr. 618/J, betreffend Melde-

pflicht von Pannen um Österreich liegender Atomkraftwerke

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen vom 30. März 2007, Nr. 618/J, betreffend Meldepflicht von Pannen um Österreich liegender Atomkraftwerke, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Der Anfragestellerin ist zuzustimmen, dass – solange es Kernkraftwerke und andere kerntechnische Anlagen in der „Nähe“ der österreichischen Staatsgrenzen gibt – frühzeitige und umfassende Informationen über Ereignisse in kerntechnischen Anlagen von großer Bedeutung sind. Dies gilt vor allem für Ereignisse, die grenzüberschreitende Auswirkungen haben oder haben könnten.

 

Informationen über andere Ereignisse lassen zwar Rückschlüsse auf die Sicherheitskultur in der betreffenden Anlage und allenfalls auf gewisse technische Probleme zu, vorrangig sind aber jedenfalls Informationen von unmittelbarer Relevanz im Hinblick auf den Schutz der österreichischen Bevölkerung und Umwelt.

 

Umfassende Meldepflichten sind in den bilateralen „Nuklearinformationsabkommen“ enthalten. Derartige „Nuklearinformationsabkommen“ bestehen mit allen Nachbarstaaten Österreichs, die Kernkraftwerke betreiben, das sind die Schweiz, Deutschland, die Tschechische Republik, die Slowakische Republik, die Republik Ungarn und die Republik Slowenien, sowie mit einer Reihe weiterer Staaten, darunter z.B. Polen oder die Ukraine.

Auf internationaler Ebene ermöglicht das IAEO Übereinkommen vom 26. September 1986 (BGBl. Nr. 86/1988) über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen, dem Österreich angehört, den Vertragsparteien bei einem Unfall in einem anderen Staat möglichst frühzeitig Schutzmaßnahmen einzuleiten. Die Benachrichtigungspflicht im Rahmen dieses Übereinkommens ist allerdings – wie der Titel besagt – auf Unfälle beschränkt. Durch die erwähnten bilateralen „Nuklearinformationsabkommen“ wird der durch dieses Übereinkommen vorgesehene Informationsweg vor allem im Verhältnis zu Österreichs Nachbarstaaten abgekürzt und die Vorbereitung der Durchführung von Schutzmaßnahmen durch ergänzende Informationen über Kernanlagen in diesen Staaten erleichtert und verbessert.

 

Auch auf europäischer Ebene besteht ein vergleichbares multilaterales Informationssystem namens ECURIE. Darüber hinaus wird von der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) ein Informationssystem (INES-NEWS) betrieben, an das von den Teilnehmerstaaten auf freiwilliger Basis auch nukleare Ereignisse, die keine grenzüberschreitenden Auswirkungen haben, gemeldet werden. Dieses Informationssystem ist über das Internet öffentlich zugänglich.

 

Die Zuständigkeit für den Abschluss und die Durchführung bilateraler „Nuklearinformations­abkommen“ liegt im nunmehrigen Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten. Meldekopf und Kontaktstelle für Mitteilungen über Ereignisse in kern­technischen Anlagen ist in jedem Falle die Bundeswarnzentrale im Einsatz- und Krisen­koordinations-Center (EKC) des Bundesministeriums für Inneres. Mein Haus ist in der Folge für die Bewertung der Meldungen und falls notwendig für die Empfehlung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zuständig.

 

Grundsätzlich ist es unser Bestreben, diese Informationssysteme, aber auch die damit in Zusammenhang stehenden Frühwarnsysteme, laufend zu verbessern. Der Ausbau des österreichischen Frühwarnsystems ist folglich auch explizit im Regierungsprogramm für die laufende Legislaturperiode enthalten.

 

 

 

Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1:

 

Erwähntes Übereinkommen über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen stellt sicher, dass Ereignisse, die grenzüberschreitende Auswirkungen haben oder haben können oder von Bedeutung für die radiologische Sicherheit eines anderen Staates sein könnten, von allen Staaten gemeldet werden müssen, die Kernkraftwerke betreiben, da alle diese Staaten gegenständliche Konvention ratifiziert haben. Für den engeren Bereich der Europäischen Union wird dies zusätzlich durch ECURIE gewährleistet. Bilaterale Nuklearinformationsabkommen bestehen mit den eingangs erwähnten Nachbarstaaten sowie mit Polen, der Russischen Föderation, der Ukraine, Tadschikistan und Belarus.

 

Zu den Fragen 2 bis 4:

 

Nein.

 

Zu Frage 5:

 

Grundsätzlich konzentriert Österreich derzeit seine Anstrengung auf die Verbesserung des Informationssystems der Europäischen Union. Gerade im Hinblick auf die besonderen Anforderungen, die an Informationssysteme bei nuklearen Ereignissen zu stellen sind, ist einer europaweit einheitlichen Vorgangsweise der Vorzug zu geben.

 

Zu Frage 6:

 

Hier sei nochmals auf die federführende Zuständigkeit des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten verwiesen. Im Hinblick auf den Ausbau des Strahlenfrühwarnsystems wird seitens meines Hauses derzeit die Zweckmäßigkeit des Abschlusses eines bilateralen Abkommens mit Italien geprüft. Aber auch hier ist jedoch die Vernetzung der Strahlenfrühwarnsysteme mit jenen Staaten, die Kernkraftwerke betreiben und mit denen bereits ein bilaterales „Nuklearinformationsabkommen“ besteht, vorrangig.

 

 

 

 

Zu Frage 7:

 

Angesichts des Umstandes, dass nach wie vor an der Optimierung des Informationsaus­tausches mit der Tschechischen Republik, insbesondere bezüglich des KKW Temelín, gearbeitet wird, erscheinen konkrete Schlussfolgerungen verfrüht.

 

Zu Frage 8:

 

An dieser Stelle sei zunächst darauf hingewiesen, dass sich das Gefährdungspotential im Wesentlichen aus der Eintrittswahrscheinlichkeit von radioaktiven Freisetzungen in einer bestimmten kerntechnischen Anlage und der Wahrscheinlichkeit eines Transportes von radioaktiven Stoffen nach Österreich ergibt. Derartige Analysen sind hochkomplex und mit gewissen Unsicherheiten behaftet. Unbeschadet dessen wurden bereits bislang bilaterale „Nuklearinformationsabkommen“ unter dem Aspekt der Optimierung des Schutzes der österreichischen Bevölkerung und Umwelt abgeschlossen.

 

 

Der Bundesminister: