Vorblatt

Problem:

1.      Der Zugang zur Berufsreifeprüfung ist zu sehr auf Absolventen schulischer Ausbildungen eingeschränkt.

2.      Die Ablegung der Teilprüfungen ist mit einer gleichzeitig erfolgenden Lehrausbildung schwer vereinbar. Besondere Begünstigungen bestehen derzeit nur für Lehrlinge von vierjährigen Lehrberufen.

3.      Qualitative Verbesserungen insbesondere in den Bereichen „Deutsch“ und „Fachbereich“ sind möglich. Gleichzeitig erschweren unterschiedliche Lehrgangsangebote die Beurteilung der Gleichwertigkeit der absolvierten Prüfungen.

4.      Eine organisierte Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung ist derzeit nur durch Erwachseneneinrichtungen, die vom Bund als Förderungsempfänger anerkannt sind, vorgesehen.

Ziel:

1.      Öffnung des Zugangs zur Berufsreifeprüfung auch für nichtschulische (Berufs-)Ausbildungen.

2.      Stärkere Bedachtnahme auf die besondere Situation von Lehrlingen. Höhere Flexibilität bei der Organisation und Durchführung, der Anerkennung von Prüfungen und Wahl des Fachbereiches.

3.      Qualitative Verbesserungen in den genannten Bereichen (Deutsch, Fachbereich). Schaffung der Möglichkeit zur Erlassung kompetenzbasierter Curricula.

4.      Öffnung des Angebotes zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung auch für Schulen im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit.

Inhalt/Problemlösung:

1.      Ergänzung des § 1 hinsichtlich der Zulassung zur Berufsreifeprüfung.

2.      Abgehen von der Altersgrenze von 17 Jahren (für die 1. Teilprüfung) und Ermöglichung, bis zu drei Teilprüfungen vor dem Lehrabschluss (oder der sonstigen Zulassungsvoraussetzung) zu absolvieren. Anerkennung von bereits absolvierten Prüfungen sowie Wahl der Themenstellung der Projektarbeit auch nach Zulassung zur Berufsreifeprüfung.

3.      Schriftliche und mündliche Ablegung der Teilprüfung „Deutsch“. Ermöglichung der Ablegung der Teilprüfung über den Fachbereich auch in Form eines Projektes. Aufnahme einer Verordnungsermächtigung zur Erlassung von kompetenzbasierten Curricula.

4.      Gleichstellung von Schulen im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit mit Erwachsenenbildungseinrichtungen, die vom Bund als Förderungsempfänger anerkannt sind.

Alternativen:

Beibehaltung der derzeitigen Rechtslage.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die im Entwurf vorgesehenen Verbesserungen im Bereich der Berufsreifeprüfung werden längerfristig das Bildungsniveau der in Österreich Beschäftigten anheben und damit positive Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich entfalten.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Es sind keine Informationspflichten für Unternehmen vorgesehen.

Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Höherer Anreiz zur (Weiter)Bildung sowie deren finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand stellen deutliche Verbesserungen vor allem in sozialer Hinsicht dar.

Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Die letzte Novelle zum Berufsreifeprüfungsgesetz, BGBl. I Nr. 91/2005, brachte insbesondere für Lehrlinge in vierjährigen Lehrberufen bedeutende Verbesserungen. Des Weiteren wurden qualitätssichernde Maßnahmen gesetzt, die sich sehr bewährt haben. Die grundlegende Intention schon dieser (damaligen) Novelle, nämlich das nähere Zusammenführen von Lehre und Matura mit dem Ziel der Steigerung der Attraktivität der Berufsreifeprüfung, gilt nach wie vor und soll weiter ausgebaut werden. Dies betrifft sowohl den Zugang zur Berufsreifeprüfung als auch die Ablegung der Berufsreifeprüfung selbst. Dies alles unter der Grundvorgabe, soziale Schranken beim Zugang zur Bildung abzubauen.

Der weitere Ausbau der Berufsreifeprüfung unter Einbindung der Ziele aus dem Regierungsübereinkommen ist auch als Ergebnis der Regierungsklausur vom 10./11. Jänner 2008 zu verstehen, die den Bezug zur Fachkräfteausbildung herstellt und leistungsstarke Jugendliche in den Vordergrund der Maßnahme (Möglichkeit der Berufsreifeprüfung schon – weitgehend – während der Berufsschulzeit) stellt. In diesem Sinne soll die Attraktivität der Lehre erhöht werden und sollen die Chancen auf Höherqualifizierung nach Abschluss der Lehre als ein wichtiger Beitrag zur vertikalen Durchlässigkeit des Bildungssystems gesteigert werden.

Die einzelnen Maßnahmen im Sinne obiger Zielstellung sind:

-       Öffnung des Zugangs für öffentlich-rechtlich oder vertragsrechtlich Bedienstete des Bundes,

-       Öffnung des Zugangs für Personen mit zumindest dreijähriger Berufstätigkeit, die über einen erfolgreichen Abschluss zumindest des III. Jahrganges einer berufsbildenden höheren Schule verfügen sowie für Absolventen des 4. Semesters von berufsbildenden höheren Schulen für Berufstätige (jeweils einschließlich der Bildungsanstalten),

-       Öffnung des Zuganges für weitere mindestens dreijährige bzw. 30 Monate umfassenden Berufsausbildungen im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe,

-       Überprüfung der mündlichen Ausdrucks- und Diskursfähigkeit in der deutschen Sprache im Rahmen des Prüfungsgebietes „Deutsch“ oder „Fachbereich“ (Projektarbeit) als Maßnahme der Qualitätssicherung im Bereich der Sprachkompetenz,

-       Ermöglichung der Ablegung der Teilprüfung über den Fachbereich auch in Form einer Projektarbeit,

-       Ermöglichung der Ablegung von bis zu drei Teilprüfungen vor Abschluss der Lehre (oder der sonst in § 1 vorgesehenen Ausbildung bzw. Prüfung),

-       Erstreckung der für die Ablegung von Teilprüfungen nach bestimmten Lehrplan- und Prüfungsvorschriften vorgesehenen Frist von drei auf fünf Jahre,

-       Verpflichtung der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, erforderlichenfalls (im Hinblick auf die Gleichwertigkeit der Abschlüsse) Curricula zu erlassen.

Im Detail wird auf den besonderen Teil der Erläuterungen verwiesen.

In der Regierungsklausur am 10./11. Jänner 2008 wurde als gemeinsames Anliegen festgelegt, dass das Nachholen formaler Bildungsabschlüsse der Sekundarstufe I und II in Zukunft von Lernenden aller Altersstufen gebührenfrei in Anspruch genommen werden können soll. Daher ist parallel zu diesem Entwurf beabsichtigt, auf der Basis von Kooperationen mit den Ländern Konzepte zur Vorbereitung von Lehrlingen auf die Berufsreifeprüfung zu erarbeiten, auszubauen und aus Bundesmitteln zu unterstützen. Dadurch soll, mit Wirksamkeit ab September 2008, die Attraktivität der Lehre zusätzlich gesteigert werden. Leistungsstärkere Lehrlinge sollen, allenfalls unter Verlängerung der Lehrzeit, auf höherem Niveau bessere Abschlussmöglichkeiten erhalten, ohne dafür finanzielle Lasten übernehmen zu müssen. Die Erfahrungen mit dem Projekt „Lehre mit Matura“ im Bundesland Kärnten lassen die Prognose zu, dass voraussichtlich ca. 4 Prozent aller Lehrlinge von der Möglichkeit, neben der Lehrausbildung die Berufsreifeprüfung abzulegen, Gebrauch machen werden. Österreichweit handelt es sich somit um ca. 1600 Lehrlinge pro Jahr (aufsteigend), für die Unterstützungsmaßnahmen in Form eines Lehrgangsplatzförderprogramms wirksam werden sollen, wobei die Basis einer Förderung vor allem in der Gewährleistung bundesweit einheitlicher Qualitätsstandards liegt und die Länder für die organisatorische Umsetzung verantwortlich sein werden.

Finanzielle Auswirkungen:

Ein dem Entwurf entsprechendes Bundesgesetz wird keine finanziellen Mehraufwendungen für den Bund oder andere Gebietskörperschaften mit sich bringen.

In einer weiteren Phase sollen in Zusammenarbeit mit den Ländern finanzielle Unterstützungsmaßnahmen für Berufsreifeprüfungskandidaten und -kandidatinnen  geschaffen bzw. ausgebaut werden, wobei vor allem die Situation von Lehrlingen besondere Berücksichtigung finden soll. Dieses Projekt, welches Lehrlingen einen gebührenfreien Zugang zur Berufsreifeprüfung ermöglichen soll, ist für den vorliegenden Entwurf einer Novelle zum Berufsreifeprüfungsgesetz nicht kostenrelevant.

Ausgehend von der prognostizierten Zahl von 1600 Teilnehmern pro Kurs und einem Mitteleinsatz von maximal € 6.000,-- pro Teilnehmer ist im Vollausbau mit einem finanziellen Aufwand von maximal € 9.600.000,-- pro Jahrgang zu rechnen.

Kompetenzrechtliche Grundlage:

Ein dem Entwurf entsprechendes Bundesgesetz gründet sich kompetenzrechtlich auf Art. 14 Abs. 1 B‑VG.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Ein dem Entwurf entsprechendes Bundesgesetz unterliegt nicht den besonderen Beschlusserfordernissen des Art. 14 Abs. 10 B-VG.

Der Gesetzentwurf unterliegt der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 1 Abs. 1 Z 4 und 5 – Zugang zur Berufsreifeprüfung):

Die neugefassten Z 4 und 5 nennen jene gesetzlichen Grundlagen, auf deren Basis verschiedene (nichtschulische) Ausbildungen im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe absolviert werden können. Im Sinne einer Gleichstellung mit den mindestens dreijährigen mittleren Schulen (berufsbildende mittlere Schulen, Land- und forstwirtschaftliche Fachschulen) soll auch bei nichtschulischen Berufsausbildungen auf die Dreijährigkeit abgestellt werden. Die zitierten Gesetze gelten gemäß § 11a des Berufsreifeprüfungsgesetzes in ihrer jeweils geltenden Fassung, sodass Weiterentwicklungen in diesen Bereichen mit umfasst sind. Für Prüfungskandidatinnen und -kandidaten mit einer in Z 4 oder 5 genannten Ausbildung werden im Sinne des § 3 Abs. 3 des Berufsreifeprüfungsgesetzes – mangels entsprechender höherer Schulausbildungen – Themenstellungen vorwiegend aus dem Bereich des höheren technischen Schulwesens in Betracht kommen.

Zu Z 2 (§ 1 Abs. 1 Z 8, 9 und 10 – Zugang zur Berufsreifeprüfung):

Das Berufsreifeprüfungsgesetz (als Bundesgesetz) bewirkt, dass Absolventen der Berufsreifeprüfung im Wirkungsbereich des Bundes die mit der Reifeprüfung verbundenen Berechtigungen erlangen (siehe § 1 Abs. 1 erster Satz des Berufsreifeprüfungsgesetzes). Zu diesen Berechtigungen zählt expressis verbis auch die Erfüllung der Ernennungserfordernisse gemäß Z 2.11 der Anlage 1 zum BDG 1979 (siehe § 1 Abs. 2 des Berufsreifeprüfungsgesetzes). Diese Ernennungserfordernisse können von Bundesbediensteten, die nicht die Zulassungsvoraussetzungen des § 1 des Berufsreifeprüfungsgesetzes erfüllen, nur bzw. auch im Wege über die Beamten-Aufstiegsprüfung (Z 2.13 der Anlage 1 zum BDG 1979) erlangt werden. Es scheint daher zweckmäßig und gerechtfertigt, den Zugang zur Berufsreifeprüfung für einen gewissen Bereich der unterschiedlichen Bundesdienstverhältnisse grundsätzlich und generell zu öffnen.

Der Abschluss der III. Jahrgänge berufsbildender höherer Schulen bzw. der 3. Klassen von höheren Anstalten der Lehrer- und Erzieherbildung sowie der Abschluss des 4. Semesters der (jeweiligen) Form für Berufstätige entspricht ebenfalls dem Niveau einer Lehrabschlussprüfung bzw. einer mittleren Schule, sodass Absolventen dieser Jahrgänge/Klassen/Semester ebenfalls der Zugang zur Berufsreifeprüfung ermöglicht werden soll. Auch hier ist das Anknüpfen an eine Berufstätigkeit im Sinne der Intentionen des „Berufs“reifeprüfungsgesetzes wesensnotwendig. Eine Öffnung für Schulabbrecher soll unterbunden werden, sodass hinsichtlich der Absolventen von III. Jahrgängen bzw. 3. Klassen höherer Schulen das Erfordernis der mindestens dreijährigen beruflichen Tätigkeit hinzukommt (bei Schulen für Berufstätige erscheint dieses Erfordernis entbehrlich).

Zu Z 3, 4 und 10 (§ 3 Abs. 1 Z 1, Abs. 1a und § 7 Abs. 1 – schriftliche und mündliche Prüfung im Prüfungsgebiet „Deutsch“):

Eine zusätzliche mündliche Prüfung im Prüfungsgebiet „Deutsch“ soll den Nachweis von Kompetenzen in der Ausdrucks- und Diskursfähigkeit in der deutschen Sprache auf Reifeprüfungsniveau sicherstellen.

Hauptanliegen dieser qualitätsverbessernden Maßnahme ist die Steigerung der Akzeptanz der Berufsreifeprüfung insbesondere bei den tertiären Bildungseinrichtungen, zu welchen mit der Berufsreifeprüfung der Zugang eröffnet wird. Die Anforderungen sind sowohl im schriftlichen, als künftig auch im mündlichen Bereich grundsätzlich jene einer Reifeprüfung einer höheren Schule, wenngleich sich die mündliche Teilprüfung nicht auf Lehrstoffinhalte des Pflichtgegenstandes Deutsch an höheren Schulen bezieht, sondern allein die Sprachkompetenz auf höherem Niveau überprüft (Präsentation der schriftlichen Arbeit und Diskussion derselben). Die Beurteilung der mündlichen Sprachkompetenz fließt – nach Abwägen der Beurteilungsgrundlagen gemäß § 7 Abs. 1 des Entwurfes – in die Gesamtbeurteilung des Prüfungsgebietes „Deutsch“ mit ein.

Ein weiterer Vorteil der mündlichen Prüfung in Deutsch liegt darin, dass negative schriftliche Prüfungen mündlich bzw. negative mündliche Prüfungen schriftlich ausgebessert werden können (durch Gesamtbeurteilung des schriftlichen und mündlichen Prüfungsteiles). Diese „Kompensationsmöglichkeit“ ist dem österreichischen Schulwesen immanent und bedeutet in keinem Fall einen Automatismus im Sinne des Ausbesserns einer negativen schriftlichen Leistung durch eine positive mündliche Leistung (wie es in verschiedenen Reifeprüfungsvorschriften durch „zusätzliche mündliche Prüfungen“ bei negativer Klausurarbeit ermöglicht wird und auch in diesen Fällen nicht zwingende Konsequenz ist). Vielmehr ist in jedem Fall durch die beurteilende Instanz (Vorsitzende bzw. Vorsitzender der Prüfungskommission – siehe § 7 Abs. 1 des Berufsreifeprüfungsgesetzes) nach gewissenhafter Abwägung der erbrachten Leistungen eine Gesamtnote festzusetzen, die gegebenenfalls auch dann auf „Nicht genügend“ lauten kann, wenn zB der mündliche Teil der Prüfung positiv beurteilt wurde oder bei positiver schriftlicher Arbeit ein Mangel in der Kompetenz der deutschen Sprache überwiegt.

Die mündliche Prüfung (Präsentation der schriftlichen Klausurarbeit und Diskussion) entfällt gemäß § 3 Abs. 1a des Entwurfes, wenn der Prüfungskandidat oder die Prüfungskandidatin die Teilprüfung über den Fachbereich als Projektarbeit absolviert, im Rahmen derer eine Präsentation der Projektarbeit (einschließlich Diskussion unter Einbeziehung des fachlichen Umfeldes) zu erfolgen hat. In diesem Fall beruht die Beurteilung der Teilprüfung „Deutsch“ allein auf der schriftlichen Klausurarbeit und findet die Beurteilung der mündlichen Sprachkompetenz Eingang in die Gesamtbeurteilung der Teilprüfung über den Fachbereich. Auch hier im Sinne obiger Ausführungen nach den Anforderungen der Prüfungsteile eine Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 1 des Entwurfes zu erfolgen haben.

Zu Z 4, 5, 7, 10, 11, 17 und 20 (§ 3 Abs. 1a und 3, § 4 Abs. 2, § 7 Abs. 1 und 5, § 8a Abs. 4 und § 9 – Teilprüfung über den Fachbereich auch in Form einer Projektarbeit):

Die im Regelschulwesen an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen seit vielen Jahren verankerten „Abschlussarbeiten“ und „Diplomarbeiten“, die im Rahmen der Abschlussprüfungen bzw. der Reife- und Diplomprüfungen abgelegt werden können, haben sich dort sehr bewährt. Die Zahl von Prüfungen in dieser Form ist im Hinblick auf den hohen Praxisbezug unter gleichzeitiger theoretischer Untermauerung auch bei Prüfungskandidaten und -kandidatinnen stark angestiegen, zumal – ungeachtet der Beliebtheit bei Prüfungskandidaten und -kandidatinnen – das Interesse der Wirtschaft an Schulabgängern und Schulabgängerinnen, welche Erfahrungen in der praktischen Umsetzung des Lehrstoffes nachweisen können, sehr hoch ist.

Dieses Erfolgsmodell der Prüfung in Form einer projektorientierten Arbeit kann auch für Personen in beruflicher Ausbildung einen besonderen Anreiz darstellen, ihr Wissen und Können in praktischer Anwendung auf höherem Niveau unter Beweis zu stellen.

Die Berufsreifeprüfung beruht auf dem Gedanken, berufliche Erfahrungen in Bereichen, die einer Ausbildung an einer höheren Schule entsprechen oder zumindest dem Ausbildungsziel einer höheren Schule zugeordnet werden können, einer (außerberuflichen) Weiterbildung mit dem Ziel der Erlangung der allgemeinen Universitätsberechtigung zu Grunde zu legen. Da somit die Teilprüfung über den Fachbereich dem beruflichen Umfeld des Prüfungskandidaten bzw. der Prüfungskandidatin entstammt, bietet sie sich besonders dafür an, den schriftlichen Teil dieser Prüfung in Form einer Projektarbeit abzulegen, welche als Grundlage für die mündliche Prüfung (mit dem Ziel einer Auseinandersetzung auf höherem Niveau) dienen kann. Diese neue Form kommt dem ursprünglichen Gedanken der Berufsreifeprüfung näher als die bisherige (ausschließlich schriftliche und mündliche Prüfungsform) und soll daher in das Berufsreifeprüfungsgesetz Eingang finden.

Das Nutzbarmachen der Erfahrungen mit solchen Prüfungsarbeiten und -methoden des berufsbildenden Schulwesens (Abschlussarbeiten, Diplomarbeiten) darf nicht zu dem Schluss führen, dass die neue Prüfungsform der Projektarbeit nur in jenen Bereichen zulässig ist, in welchen das öffentliche Schulwesen (in den jeweiligen Reife- und Diplomprüfungsvorschriften) eine Abschluss- oder Diplomarbeit vorsieht. Vielmehr eröffnet der vorliegende Entwurf die Möglichkeit der Projektarbeit für alle Teilprüfungen über den Fachbereich (in jedem Fachbereich).

Im Fall der Ablegung der Teilprüfung über den Fachbereich in Form einer Projektarbeit sind die Anforderungen dieselben, wie bei „normalen“ schriftlichen und mündlichen Prüfungen über den Fachbereich, nämlich die Auseinandersetzung auf höherem Niveau. Dabei soll der Präsentations- und Diskussionsteil der Projektarbeit (als Ersatz für die schriftliche Klausurarbeit) Kompetenzen im Bereich der Ausdrucks- und Diskursfähigkeit in der deutschen Sprache nachweisen, wie sie vergleichbar auch im Rahmen von Reifeprüfungen an höheren Schulen nachgewiesen werden. Die Themenstellung sollen im Zuge des Antrags auf Zulassung zur Berufsreifeprüfung oder auch zu einem späteren Zeitpunkt vorgeschlagen werden können. Die Wahl der Prüfungsform „Projektarbeit“ führt zum Entfall der mündlichen Teilprüfung in „Deutsch“, da die zweimalige Überprüfung ein- und derselben Kompetenzen nicht sinnvoll ist (siehe auch die Ausführungen zu § 3 Abs. 1 Z 1 und Abs. 1a des Entwurfes).

Die Festlegung der Themenstellung und des fachlichen Umfeldes soll im Hinblick auf die Vielfältigkeit der Möglichkeiten in Abstimmung mit dem Zulassungswerber oder der Zulassungswerberin erfolgen und hat gemäß der Vorgabe des § 3 Abs. 1 Z 4 des Berufsreifeprüfungsgesetzes dem Berufsfeld (einschließlich des fachlichen Umfeldes) des Prüfungskandidaten oder der Prüfungskandidatin zu entstammen. Die Themenstellung ist weiters so zu wählen, dass die Abnahme der Prüfung durch eine öffentliche höhere Schule unter Zugrundelegung der jeweiligen Lehrpläne mit dem Fachpersonal der Prüfungsschule möglich ist.

Die Zeugnisse (über die Teilprüfungen sowie über die Berufsreifeprüfung) sollen eine Angabe der Themenstellung enthalten, um die Form der abgelegten Prüfung als Projektarbeit auch nach außen transparent zu machen.

Zu Z 6 (§ 4 Abs. 2 Z 5 und 6 – Klarstellungen im Bereich der Zulassung zur Berufsreifeprüfung):

Die Neuformulierung der Z 5 des § 4 Abs. 2 trennt nicht hinsichtlich der Anerkennung von Teilprüfungen gemäß § 8b Abs. 1 und solchen nach Abs. 2. In beiden Fällen soll eine Antragstellung auf Anerkennung allenfalls als Absicht in Aussicht gestellt werden können und jedenfalls auch erst nach erfolgter Zulassung zur Berufsreifeprüfung zulässig sein. Demgemäß bezieht sich die folgende Z 6 des § 4 Abs. 2 nur auf die vor der Externistenprüfungskommission abzulegenden Teilprüfungen und nicht auf solche, die der Prüfungswerber bzw. die Prüfungswerberin etwa im Rahmen von anerkannten Lehrgängen an Erwachsenenbildungseinrichtungen abzulegen gedenkt und auf sonstige Prüfungen gemäß § 8b Abs. 2.

Zu Z 8 (§ 4 Abs. 3 – Erleichterungen bei der Ablegung der Berufsreifeprüfung):

Die Neufassung des § 4 Abs. 3 soll wesentliche Erleichterungen bei der Ablegung der Berufsreifeprüfung schaffen. Zunächst ist vorgesehen, die Altersgrenze von 17 Jahren entfallen zu lassen. Dies kann die Entscheidung für einen Lehrberuf erleichtern, wenn der Lehrling (auch mit Unterstützung des Lehrberechtigten) von Beginn an beabsichtigt, parallel zur Lehre höhere Bildung anzustreben. Die Altersgrenze von 19 Jahren (für die letzte Teilprüfung) bleibt im Hinblick auf die Dauer der schulischen Ausbildung an berufsbildenden höheren Schulen erhalten.

Ebenfalls zum Zweck der Steigerung der Attraktivität der Lehre soll es künftig in allen Lehrberufen (statt wie bisher nur in den vierjährigen Lehrberufen) möglich sein, bis zu drei Teilprüfungen bereits vor dem Abschluss der Lehrabschlussprüfung zu absolvieren. Gleiches gilt natürlich für die anderen in § 1 des Berufsreifeprüfungsgesetzes genannten Zulassungsvoraussetzungen, wonach ebenfalls bis zu drei Teilprüfungen vor der Erlangung der Zulassungsvoraussetzung abgelegt werden können.

Zu Z 9 (§ 6 Abs. 1a – Erstreckung der für die Ablegung von Teilprüfungen nach bestimmten Lehrplan- und Prüfungsvorschriften vorgesehenen Höchstdauer):

Die Ausdehnung der für die Ablegung von Teilprüfungen nach bestimmten Lehrplan- und Prüfungsvorschriften vorgesehenen Zeitspanne von derzeit drei Jahren auf fünf Jahre soll es insbesondere Berufstätigen oder in der Lehrausbildung stehenden Prüfungswerbern und Prüfungswerberinnen erleichtern, mit der Doppelbelastung Beruf (bzw. berufliche Ausbildung) und Reifeprüfung umzugehen.

Zu Z 10 (§ 7 Abs. 1 letzter Satz – mündliche Sprachkompetenzen in der deutschen Sprache):

§ 7 Abs. 1 letzter Satz legt die Grundlagen für die Beurteilung in Noten fest. Dabei wird der Sprachkompetenz bislang kein besonderes Augenmerk geschenkt, sodass mangelnde Sprachkompetenz derzeit nicht beurteilungsrelevant ist. Mit der mündlichen Prüfung in „Deutsch“ oder (alternativ) der „Projektarbeit“ im Rahmen der Teilprüfung über den Fachbereich (in beiden Fällen ist eine Präsentation und eine Diskussion vorgesehen) soll nunmehr der Nachweis von Kompetenzen in der Ausdrucks- und Diskursfähigkeit in der deutschen Sprache erbracht werden. Dies gilt allerdings nur für die Präsentation und Diskussion im Rahmen der genannten Teilprüfungen und nicht für die mündliche Prüfung im Fachbereich.

Zu Z 12, 14, 15, 16 und 21 (§ 8 Abs. 1 erster Satz und 3, § 8a Abs. 1 und 3 sowie § 11 Abs. 1 – Einbeziehung von Schulen zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung):

Die in Rede stehenden Bestimmungen der §§ 8 und 8a sollen dem Stellenwert der österreichischen Schulen auch in der Weiterbildung von Schulabsolventen oder von Schülerinnen und Schülern Rechnung tragen. Das Engagement vieler Schulen, vor allem von Berufsschulen und berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, aber auch von allgemein bildenden höheren Schulen in der Weiterbildung bzw. in der Vorbereitung zur Berufsreifeprüfung ist so hoch, dass deren Gleichstellung als Bildungsanbieter zur Erlangung höherer Befähigungen mit den Einrichtungen der Erwachsenenbildung gerechtfertigt erscheint. Bereits derzeit verfügen die (nicht-maturaführenden) Schulen, also die berufsbildenden mittleren Schulen und die Berufsschulen, über den öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung (siehe die §§ 46 und 52 des Schulorganisationsgesetzes). Dies hat durch Maßnahmen der Differenzierung im Unterricht sowie durch ein Angebot an Freigegenständen zu erfolgen. Ein Ausbau von Angeboten insbesondere von Berufsschulen im Bereich des § 46 des Schulorganisationsgesetzes kann interessierten Schülerinnen und Schülern schon während der Lehr- und Berufsschulzeit einen fachlichen Einstieg in die höhere Bildung aufzeigen, der durch weiterführende Bildungsangebote (Lehrgänge) noch perfektioniert werden kann.

Das Anbieten von Lehrgängen, wie sie derzeit von Erwachsenenbildungseinrichtungen angeboten werden (im Rahmen der Erwachsenenbildung und nicht als schulische Angebote nach dem Privatschulgesetz), fällt nicht in die Aufgabe der österreichischen Schule, wie sie in Art. 14 Abs. 6 erster Satz B-VG definiert ist. Ungeachtet dessen können berufsbildende Schulen ebenso wie allgemein bildende Schulen auf Grund der bei ihnen verfügbaren Kompetenzen und Ressourcen solche Kurse (ohne den dem Schulbetrieb immanenten Erziehungsauftrag) sehr effizient und zielorientiert anbieten.

Um nicht durch das enge Korsett der Aufgabendefinition der öffentlich Schule an der Durchführung solcher Lehrgänge gehindert zu sein, bietet die Teilrechtsfähigkeit für Schulen den Rahmen für eine rechtmäßige und von der öffentlichen Hand weitgehend verselbständigte Organisation und Durchführung von Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung. Rechtsgrundlage sind der § 128c des Schulorganisationsgesetzes für sämtliche Bundesschulen sowie bereits bestehende und allenfalls noch zu schaffende landesgesetzliche Bestimmungen für Berufsschulen. In diesem Zusammenhang sind etwa § 7a des Oberösterreichischen Pflichtschulorganisationsgesetz 1992, LGBl. Nr. 35/1992, § 16a des Kärntner landwirtschaftlichen Schulgesetzes 1993, LGBl. Nr. 16/1993, und § 18a des Salzburger Berufsschulorganisations-Ausführungsgesetz 1995, LGBl. Nr. 65/1995, zu erwähnen. Diese Landesgesetze räumen bereits derzeit öffentlichen Pflichtschulen Teilrechtsfähigkeit ein.

§ 11 Abs. 1 erster Satz sieht die Abgeltung der Prüfungstätigkeit nicht nur für Vorsitzende, sondern künftig auch für Prüfer vor, sofern diese durch den Landesschulrat gemäß § 8a Abs. 1 aus dem Bereich des öffentlichen Schulwesens bestellt wurden.

Zu Z 13 und 14 (§ 8 Abs. 1 und 3 – zentral verordnete Curricula für anerkannte Vorbereitungslehrgänge):

Unterschiedliche Lehrgangsangebote (allenfalls auch unter Zugrundelegung unterschiedlicher Lehrpläne öffentlicher höherer Schulen) können es erforderlich erscheinen lassen, einheitliche Curricula vorzugeben. Diese wären dann die Grundlage für die Gestaltung des Lehrganges sowie für die im Rahmen des Lehrganges abzunehmende Teilprüfung der Berufsreifeprüfung. Anders als die für Schulen verordneten Lehrpläne sollen (erforderlichenfalls verordnete) Curricula nicht inputorientiert, sondern kompetenzbasiert sein. Dadurch wird dem Umstand der außerschulischen Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung, dem Charakter der Berufsreifeprüfung als Externistenprüfung (Ergebnisorientierung) und dem Anforderungsprofil der im Berufsleben bzw. in der Berufsausbildung stehenden Personen entsprochen.

Zu Z 18 (§ 8a Abs. 5 – redaktionelle Klarstellung hinsichtlich der Wiederholung von Abschlussprüfungen im Rahmen von anerkannten Lehrgängen):

Hier wird mit dem Ziel der Rechtssicherheit und der bundesweit einheitlichen Vollziehung klargestellt, dass hinsichtlich der Wiederholungsmöglichkeiten von Teilprüfungen kein Unterschied zwischen der Ablegung vor der Externistenprüfungskommission oder im Rahmen von anerkannten Lehrgängen (an Erwachsenenbildungseinrichtungen oder Schulen im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit) besteht.

Zu Z 19 (§ 8b Abs. 2 – redaktionelle Ergänzung):

Hier wird um Fachhochschul-Studiengänge und um die seit 1. Oktober 2007 existierenden Pädagogischen Hochschulen ergänzt.

Zu Z 21 (§ 11 Abs. 1 – Abgeltung der Prüfungstätigkeit bei Projektarbeiten):

Die Teilprüfung über den Fachbereich ist in Form einer fünfstündigen schriftlichen Klausurarbeit und einer mündlichen Prüfung abzulegen. Gemäß § 11 des Berufsreifeprüfungsgesetzes gebührt den Prüfern dieser Teilprüfung eine für schriftliche und für mündliche Prüfungen zustehende Prüfungsgebühr.

Für den Fall der Ablegung des schriftlichen Teiles dieser Prüfung in Form einer Projektarbeit (§ 3 Abs. 3 Z 2 des Entwurfes) ist – im Sinne der Durchführung der (Teilprüfungen der) Berufsreifeprüfung als Externistenprüfungen – eine Betreuung des Prüfungskandidaten bzw. der Prüfungskandidaten durch den Prüfer nicht vorgesehen, sodass auch die für Abschluss- oder Diplomarbeiten vorgesehenen Prüfungstaxen nicht angemessen wären. Es wird somit gesetzlich klargestellt, dass hinsichtlich der Abgeltung der Prüfungstätigkeit eine allfällige Projektarbeit wie eine schriftliche Klausurarbeit zu werten ist.

Zu Z 22 (§ 11b – Übergangsbestimmung):

Diese Bestimmung stellt auf bereits zur Berufsreifeprüfung zugelassene Personen ab und räumt diesen ein Optionsrecht ein: Einerseits haben sie das Recht, die Berufsreifeprüfung nach den zum Zeitpunkt der Zulassung geltenden Rechtslage fortzusetzen, andererseits können sie eine neuerliche Zulassung begehren, um die Berufsreifeprüfung nach den Bestimmungen des Berufsreifeprüfungsgesetzes in der Fassung des vorliegenden Entwurfes zu absolvieren. Auf diese Weise können vor allem mehr Teilprüfungen als bisher vor Beendigung der Lehrabschlussprüfung oder sonstigen die Zulassung begründenden Prüfung absolviert werden und kann die Teilprüfung über den Fachbereich (im schriftlichen Teil) in Form einer Projektarbeit abgelegt werden.

Zu Z 23 (§ 12 Abs. 5 – In-Kraft-Treten):

Der neue Abs. 5 des § 12 regelt das In-Kraft-Treten sämtlicher Bestimmungen des vorliegenden Entwurfs mit 1. September 2008.