1368/J XXIII. GP
Eingelangt am 17.09.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend „Prümer Vertrag - Erfahrungen und Ergebnisse"
Mit dem Prümer-Vertrag
vereinbarten die EU-Mitgliedsstaaten Deutschland, Österreich,
Frankreich, Luxemburg, Belgien, Spanien und Slowenien (27.Mai 2005) eine
verstärkte
zwischenstaatliche polizeiliche Zusammenarbeit. Österreich und Deutschland
begann bereits im
Dezember 2006 mit dem Austausch von
DNA-Daten und mit dem automatisierten Austausch von
Fingerabdruckdaten Anfang Juni 2007.
Dieser Vertrag soll nun nach Auffassung
der europäischen Innenminister auch in den
gemeinschaftlichen Rechtsbestand (d.h. von
den 27 EU-Mitgliedsstaaten) übernommen werden.
Eine Vorgangsweise die von vielen Verfassungsexperten heftig kritisiert
wurde, da damit der
reguläre Weg der Gesetzgebung in der EU gezielt umgangen wurde. Diese
Vorgangsweise
widerspricht aus deren Sicht grundsätzlich einem demokratischen und
transparenten
Gesetzgebungsverfahren.
Bereits im Jahre 2002 wurde zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland ein
bilaterales Abkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur polizeilichen
Gefahrenabwehr und in strafrechtlichen Angelegenheiten unterzeichnet.
Der Prümer-Vertrag geht aber darüber weit hinaus. Dies sieht man vor allem an der erstmalig in
dieser Form vorgesehenen wechselseitigen Einräumung direkter (Online)-Zugriffe auf
polizeiliche Datenanwendungen. In Art. 3 bzw. Art. 8 des Überkommens ist die wechselseitige
Einräumung von Onlinezugriffen auf DNA-Profile verurteilter oder mutmaßlicher Krimineller
sowie von Fingerabdrucksdaten ebensolcher vorgesehen. In Art. 12 verpflichten sich die
Vertragsparteien zur wechselseitigen Öffnung ihrer Kfz-Zulassungsregister.
Zur Gewährleistung eines hohen Datenschutzstandards wird der Abruf allerdings nur mit
anonymisierten Indexdateien vorgenommen, dem sogenannten Hit-No-Hit-Verfahren.
Die Innenminister der EU haben bei
ihrem Ratstreffen am 15.Februar 2007 die Überführung des
Vertrages von Prüm in den Rechtsrahmen der Gemeinschaft beschlossen.
Das zunächst 2005
von Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Spanien
und Österreich
getroffene Übereinkommen soll eine vertiefte Phase der
grenzüberschreitenden Bekämpfung des
Terrorismus, der
Kriminalität und der illegalen Migration begründen. Im Mittelpunkt
steht der
Informationsaustausch. Dazu können etwa DNA-, Fingerabdruck- und
Fahrzeugregisterdaten
elektronisch unter bestimmten Voraussetzungen ausgetauscht werden. Der Vertrag
ermöglicht
neben grenzüberschreitenden polizeilichen Einsätzen und Streifen auch
den
Informationsaustausch zu präventiven Zwecken "im Rahmen von
Großveranstaltungen über
reisende Gewalttäter, wie etwa
Hooligans (z. B. bei Fußballspielen, Tagungen des Europäischen
Rates oder anderen internationalen Gipfeltreffen)".
Wenngleich der
Prümer Vertrag umfangreiche Datenschutzbestimmungen enthält (Art. 33
ff)
fehlt in der EU weiterhin ein übergeordnetes Konzept für den
Datenaustausch im Rahmen der
polizeilichen Zusammenarbeit: Gemeinsame
Regelungen und Standards für den Datenschutz im
Polizei- und Sicherheitsbereich fehlen noch immer.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres nachstehende
Anfrage:
1. Wie oft
übte Österreich (Nationale Kontaktstelle) einen Zugriff auf die
Fundstellendatensätze
von DNA
Analysedateien anderer Prümer-Vertragsstaaten aus? Welche strafrechtlichen
Delikte betrafen diese Zugriffe?
2.
Zu wie vielen Treffern (Hit- / No-Hit-Verfahren) haben diese Zugriffe
geführt? Wie viele
Verbrechen konnten
damit aufgeklärt werden?
3.
In wie vielen Fällen konnten ungelöste Kriminalfälle
abgeschlossen und die Täter einer
Verurteilung
zugeführt werden?
4. In wie vielen Fällen konnten dadurch Polizei- und/oder Justizirrtümer aufgeklärt werden?
5.
Wie oft übten andere Prümer Vertragsstaaten einen Zugriff auf
Fundstellendatensätze von
DNA-Analysedateien in
Österreich aus (Aufschlüsselung der Staaten)? Welche
strafrechtlichen Delikte betrafen diese Zugriffe?
6.
Zu wie vielen Treffern (Hit-/No-Hit-Verfahren) haben diese Zugriffe
geführt? Welche und
wie viele Verbrechen
konnten damit aufgeklärt werden?
7.
In wie vielen Fällen konnten ungelöste Kriminalfalle
abgeschlossen und die Täter einer
Verurteilung
zugeführt werden?
8. In wie vielen Fällen konnten dadurch Polizei- und/oder Justizirrtümer aufgeklärt werden?
9.
Wie oft übte Österreich (Nationale Kontaktstelle) einen
Zugriff auf die Fundstellendatensätze
von
Fingerabdrucksdatenbanken anderer Prümer-Vertragsstaaten aus? Welche
strafrechtlichen Delikte betrafen diese Zugriffe?
10.
Zu wie vielen Treffern (Hit- / No Hit Verfahren) haben diese Zugriffe
geführt? Wie viele
Verbrechen konnten
damit aufgeklärt werden?
11.
In wie vielen Fällen konnten ungelöste Kriminalfalle
abgeschlossen und die Täter einer
Verurteilung
zugeführt werden?
12. In wie vielen Fällen konnten dadurch Polizei- und/oder Justizirrtümer aufgeklärt werden?
13.
Zu wie vielen Treffern (Hit-/No-Hit Verfahren) haben diese Zugriffe
geführt? Welche und
wie viele Verbrechen
konnten damit aufgeklärt werden?
14.
In wie vielen Fällen konnten ungelöste Kriminalfälle
abgeschlossen und die Täter einer
Verurteilung
zugeführt werden?
15.
Wie beurteilen Sie nach den bisherigen Erfahrungen insgesamt das
„Hit - / No- Hit-
Verfahren"?
16.
In wie vielen Fällen kam es bislang zwischen Österreich und
einem anderem Vertragsstaat zu
einem
Informationsaustausch zu präventiven Zwecken im Rahmen von
Großveranstaltungen
über reisende Gewalttäter (z.B. Hooligans)? Wie viele Personen waren
davon betroffen?
17.
Kam es bereits zu einem Massenabgleich nach Art. 4 des Prümer
Vertrages? Wenn ja, wie
viele Personen waren
betroffen?
18.
Wie viele Kontrollen durch die nationale
Datenschutzkontrollbehörde (DSK) hinsichtlich der
Rechtmäßigkeit der Datenübermittlungen fanden in
Österreich bereits statt? Zu welchen
Ergebnissen kam diese Kontrollbehörde?
19.
Wie wird das Auskunftsrecht (Rechtsgrundlage, Herkunft der Daten etc.)
Betroffener bei
Übernahme
des Prümer-Vertrages in das Gemeinschaftsrecht abgesichert und in der EU
durchgesetzt
werden?
20. Wie ist der
Zugang von europäischen Bürgern zu den unabhängigen (nationalen)
Datenschutzkontrollbehörden bei Übernahme des Prümer-Vertrages
in das
Gemeinschaftsrecht
abgesichert?
21. Soll im Zuge
der Übernahme des Prümer Vertrages in das Gemeinschaftsrecht die
bestehende
Durchführungsvereinbarung
des Prümer Vertrages neu geregelt bzw. geändert werden? Wenn
ja, in welchen konkreten Punkten?
22. Wann haben
die einzelnen Vertragsstaaten den Prümer-Vertrag ratifiziert und wann ist
dieser
Vertrag für Österreich im Verhältnis zu anderen Vertragsstaaten
in Kraft getreten (ersuche um
Aufschlüsslung der Staaten und des jeweiligen Zeitpunktes)?
23. Welche Haltung hat das
Innenressort bei den Gesprächen und Verhandlungen (Deutsche
Ratspräsidentschaft) auf
europäischer Ebene für einen Rahmenbeschluss zum Datenschutz im
Sicherheitsbereich eingenommen und vertreten?
24. Woran und an welchen Staaten ist ein Beschluss bislang gescheitert?