1665/J XXIII. GP

Eingelangt am 18.10.2007
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ANFRAGE

des Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Al-Kaida in Österreich

Am 12.9.2007 hat der Innenminister in einer eilig einberufenen Pressekonferenz über die Verhaftung von drei radikalen Islamisten berichtet. Dabei hat er einen Zusammenhang zwischen den Verhafteten und Al Kaida hergestellt.

Die Zeitungen berichteten:

Bei den drei nach einem "Großen Lauschangriff" Festgenommenen handle es sich um einen 20-jährigen Hauptverdächtigen, seine 21-jährige Frau und einen 26-jährigen Mittäter. Allesamt österreichische Staatsbürger, in Wien lebende "Muslime der zweiten Generation", deren Familien aus dem arabischen Raum stammen, so Platter.

   Das Trio steht im Verdacht, eine am 9. März im Internet auf einer "Medienplattform" des Terrornetzwerkes Al Kaida als "Nachricht an die Regierungen von Deutschland und Österreich" veröffentlichte Videobotschaft verfasst zu haben. Darin fordert ein maskierter Sprecher die Bundesregierung auf, die vier österreichischen Soldaten vom Friedenseinsatz in Afghanistan abzuziehen, verknüpft mit indirekten Drohungen ("Zerstört nicht die Sicherheit eines ganzen Landes").

   Unmittelbar nach der Verhaftung seien bei Hausdurchsuchungen Gegenstände, darunter ein Laptop, beschlagnahmt worden. Platter geht davon aus, dass die Verdächtigen Verbindungen zu Al Kaida gehabt haben, diese aber nicht deren Zelle, sondern "eine Art Franchise-Ableger des Terrornetzwerks" gewesen seien. (Oberösterreichische Nachrichten 13.9.2007)

Die Gruppe der Verhafteten hatte Kontakt zum islamistischen Terrornetzwerk El Kaida. (Salzburger Nachrichten 13.9.2007)

Auch in Österreich steigt die Rekrutierung durch das Terrornetzwerk Al-Kaida. Das sagte Innenminister Platter am Mittwoch nach der Festnahme von drei mutmaßlichen Islamisten. Diese sollen für ein Video verantwortlich sein, in dem von Österreich unter Terrordrohungen ein Truppenabzug aus Afghanistan gefordert wird. Bei den Verdächtigen bestand eine Vernetzung zur Al-Kaida, so Platter im ORF. (Salzburger Nachrichten 13.9.2007)

Der Innenminister behauptete damit in einer einzigen Pressekonferenz:

1. Al Kaida betreibe in zunehmendem Maß Rekrutierung in Österreich.

2. Die Internetseite der GIMF sei eine Medienplattform von Al Kaida.

3. Die verhaftete Gruppe sei eine Art Franchise-Unternehmen von Al Kaida. Sie sei damit Teil des weltweiten Al Kaida-Systems und berechtigt, unter dem Namen „Al Kaida“ aufzutreten.

4. Die verhaftete Gruppe war mit Al Kaida vernetzt.

Die ÖVP stellte dem Minister darauf unverzüglich einen politischen Freibrief für weitere Überwachungsinstrumente und weitere Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten und Grundrechte aus: "Eines hat sich eindrucksvoll gezeigt: Instrumente wie den großen Lauschangriff, die wir den Behörden bewilligt haben, haben sich nun bewährt", meint ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon zur "Presse". "Und sollte der Innenminister weitere Instrumente - wie die Online-Durchsuchung - brauchen, die ÖVP steht parat." (Die Presse 14.9.2007)

In den letzten Wochen hat sich herausgestellt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung über keinen einzigen Hinweis auf eine konkrete Verbindung von Al Kaida nach Österreich verfügt. Die Hinweise mehren sich, dass Innenminister und Verfassungsschutz ohne sachliche Begründung Ängste in der Bevölkerung schüren, um daraus politisches Kapital schlagen zu können.

Wer terroristische Gefahren verharmlost, schadet dem Kampf gegen den Terrorismus ebenso wie jemand, der Gefährdungen übertreibt oder gar erfindet. Die gezielten Falschmeldungen britischer Nachrichtendienste im Vorfeld der Irak-Intervention haben das eindrucksvoll belegt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.       Sie haben behauptet, die drei Verhafteten seien "eine Art Franchise-Ableger des Terrornetzwerks" gewesen. Was ist ein „Franchise-Ableger“ von Al Kaida?

2.       Allgemein ist ein Franchise-System durch vier Merkmale gekennzeichnet:

          a) Selbständige Unternehmer vereinbaren vertraglich eine auf Dauer angelegte Zusammenarbeit.

          b) Der Franchise-Nehmer erhält gegen Bezahlung eines einmaligen Betrages und/oder laufender Beträge die Erlaubnis, über genau festgelegte Rechte des Franchise-Gebers zu verfügen.

          c) Diese Rechte sind u.a.: Benutzung von Markennamen/Firmennamen, Anwendung einer Rezeptur, Erzeugung und/oder Vertrieb einer Warengruppe.

          d) Unterstützung vom Franchise-Geber beim Aufbau sowie der laufenden Führung des Betriebs. (Definition aus Wikipedia)

          ad a) Welche Vereinbarungen über Zusammenarbeit bestehen zwischen den Verhafteten und Al Kaida?

          ad b) Über welche Rechte von Al Kaida dürfen die Verhafteten verfügen?

          ad c) Dürfen die Verhafteten den Namen „Al Kaida“ verwenden?

          ad c) Hat Al Kaida die Gruppe der Verhafteten unterstützt?

2.       Sie haben behauptet, die drei Verhafteten hätten „Kontakt zum islamistischen Terrornetzwerk Al Kaida“ gehabt. In welcher Art und zu welchen Repräsentanten von Al Kaida hatten die Verhafteten Kontakt?

3.       Sie behaupten eine „steigende Rekrutierung“ von Al Kaida in Österreich. Wie viele Fälle von derartigen Rekrutierungen für Al Kaida sind dem Innenministerium bekannt geworden?

4.       Kennen Sie eine einzige Person, die von Al Kaida in Österreich „rekrutiert“ worden ist?

5.       Wenn ja, warum ist diese Person, die Teil eines terroristischen Netzwerkes ist, nicht verhaftet worden?

6.       Haben Sie dem Unterausschuss des Innenausschusses zur Kontrolle des BVT Fakten nennen können, die eine Tätigkeit von Al Kaida in Österreich belegen?

7.       Können Sie ausschließen, dass Sie vom Direktor des BVT falsch über die Zusammenhänge zwischen Al Kaida und der Gruppe der Verhafteten informiert worden sind?

8.       Haben Sie bereits zum Zeitpunkt der genannten Pressekonferenz gewusst, dass es keinerlei Hinweise auf eine Tätigkeit von Al Kaida in Österreich und auf eine Funktion der Verhafteten im Al Kaida-Netzwerk gibt?

9.       Sind Sie bereit, die Bevölkerung in Zukunft seriös und ohne Übertreibungen über die terroristischen Bedrohungen zu informieren?

10.     Sind Sie bereit, in Zukunft von Al Kaida-Übertreibungen zum Zweck der Durchsetzung neuer Überwachungsinstrumente Abstand zu nehmen?