209/J XXIII. GP

Eingelangt am 20.12.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Stadler und Kollegen
an den Herrn Bundesminister für Finanzen
betreffend illegales Glückspiel in Österreich

In der ORF-Fernsehreportage „Am Schauplatz" vom 10. Oktober 2006 zum Thema
„Glücksmaschinen" wurde Herr Alfred Kreuzer, der sich hinsichtlich seiner Spielsucht selbst
als „abhängiger als ein kleines Kind" bezeichnete, beim Glückspiel in Wien begleitet.

Nach eigenen Angaben hat er während seiner 30-jährigen Spielerkarriere Familie, Freunde
und viel Geld verloren, obwohl dies dem Gesetze nach im Bereich des „Kleinen Glückspiels"
mit einem Höchsteinsatz von 50 Cent und einem maximalen Gewinn von 20 Euro gar nicht
möglich wäre.

Mit versteckter Kamera begleitete das ORF-Kamerateam Herrn Alfred Kreuzer in Wiener
Spielsalons der Admiral-Novomatic-Gruppe, wo er beim Automatenspiel gefilmt wurde.
Dabei erläuterte Herr Kreuzer am Automaten, wie er den Einsatz pro Spielvorgang durch das
betätigen weniger Tasten auf 10 Euro erhöhen könne. Dies ermögliche theoretisch Gewinne
von 20 000-30 000 Euro. Auf Nachfrage des ORF-Teams bestätigte Herr Kreuzer, daß er das
Spielguthaben an dem Automat, an dem er vor der TV-Kamera spielte, über einen
Geldeinzugsschein mit Banknoten bis zu einem Nennwert von 500 Euro aufladen könne. In
Summe läßt sich ein Spielguthaben von 10 000 Euro und mehr an einem solchen Automaten
aufladen.

Innerhalb von nur 5 Minuten verspielte Herr Kreuzer über 200 Euro an dem
Glückspielautomaten, gesamt etwa 4000 Euro an nur jenem Tag, an dem er vom „Schauplatz-
Team" begleitet wurde.

Auf der Homepage des ORF zur „Am Schauplatz"-Sendung vom 10.10.2006 heißt es weiter:
„Mit seinen Vorwürfen gegen die private Glücksindustrie steht der Spieler Alfred Kreuzer
nicht allein da. Aber nur wenige trauen sich, öffentlich gegen die mächtige Firma Novomatic
(Vorstandsvorsitzender bis 2003 war der Wiener ÖVP-Chef Johannes Hahn, im Aufsichtsrat
ist bis heute Karl Schlögl, ehemaliger SPÖ-Innenminister) aufzutreten. Die
Niederösterreichische SPÖ-Landesrätin Christa Kranzl hat sich vergeblich gegen die
Einführung des „Kleinen Glücksspiels" in ihrem Bundesland gewehrt. Sie will vor allem
Jugendliche vor dem Absturz in die Spielsucht schützen. Jetzt hat die Firma Novomatic sie als
Privatperson geklagt. „Zur Einschüchterung und Warnung für andere Politiker", ist sie
überzeugt."

Bemängelt wurde in der Sendung „Am Schauplatz" ferner, daß es selten behördliche
Kontrollen bezüglich der Beschaffenheit der Automaten gebe. Vielmehr handle es sich beim
vorgeblich „Kleinen Glückspiel" um ein reines „Hazard"-Spiel. Alleine in Wien sind rund
2.200 Automaten aufgestellt für die das Land Wien rund 40 Millionen Euro jährlichen an
Automatenabgaben einnimmt.

Während etwa in Wien beim „Kleinen Glückspiel" lediglich 20 v.H. MwSt. vom angegebenen
(!) Umsatz abgeführt werden, gilt für das Glückspiel beim Monopolisten „Casinos Austria"
der Steuersatz von 40 v.H. des Umsatzes, welcher durch Beamte des BMF in den „Casinos
Austria" überprüft wird.


Durch das de facto Glückspiel unter dem Deckmantel des „Kleinen Glückspiels" entgehen
dem Finanzminister jährlich rund 240 Millionen Euro, da wie vorhin erwähnt, beim „Kleinen
Glückspiel" nur 20 v.H. statt 40v.H. abgeführt werden.

Schließlich heißt es in einem internen Schreiben des BMF vom März 2006: „Das BMF teilt
einen Verdacht auf Eingriff in das Glückspielmonopol des Bundes", und weiter im Text zur
Praxis der Geldeinsätze und Gewinnaussichten bei den Spielautomaten des „Kleinen
Glückspiels": „Diese Praxis ist aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen problematisch,
da durch die hohen Spielablaufgeschwindigkeiten insgesamt große Verluste für den Spieler
möglich sind."

Gemäß vorliegenden parlamentarischen Anfragebeantwortungen liegen österreichweit
teilweise hunderte Anzeigen bei Bezirkshauptmannschaften Finanzämtern und diversen
Staatsanwaltschaften wegen des Verdachtes des illegalen Glückspiels und des Verdachtes auf
vorsätzlichen Steuerbetrug vor. Im besonderen ermittelt die Staatsanwaltschaft St. Pölten seit
Monaten wegen des Verdachtes des illegalen Glückspiels und anderer Delikte.

Die illegalen „Hazard"-Spiele finden österreichweit darüber hinaus auch versteckt in
sogenannten „Online- Wett-Terminals" statt. Auf diesen Wett-Terminals (über 10.000 Geräte
in Österreich) kann man neben legalen Sportwetten auch illegale Online-„Haszard"-
Glücksspiele, wie Roulette, Poker, Black-Jack spielen.

Die gesetzlich vorgeschriebenen MWSt. wird offensichtlich dem österreichischen Fiskus zur
Gänze vorenthalten, weil die Betreiber lediglich die kleine Wettgebühr von ca. 1 v.H. des
Umsatzes abführen, tatsächlich aber Spiele betreiben, die mit 20, bzw. 40 v.H. MWSt. zu
belasten wären.

Durch die Untätigkeit des österreichischen Finanzministers entgehen dem österreichischen
Fiskus pro Automat und Monat mindestens 2000 Euro MWSt. Dies bedeutet bei 10.000
Geräten Österreichweit rund 240 Millionen Euro weiterer entgangener MWSt.-Einnahmen.

Die Firmen, welche von Österreich aus illegales „Hazard"-Glücksspiel anbieten, sind
hinlänglich bekannt, z.B. die Firma „Cash-Point", „Bet and Home", „Interwetten" und
„bwin".

In diesem Zusammenhang stellen daher die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn
Bundesminister für Finanzen folgende

Anfrage:

1.) Ist Ihnen der offenkundige Mißstand bekannt, daß mehrere tausend Spielautomaten,
welche im gesetzlichen Rahmen des „Kleinen Glückspiels" in mehreren Bundesländern
aufgestellt sind, Spieleinsätze von bis zu 10 Euro und Gewinnaussichten von teilweise bis
zu 20 000-30.000 Euro ermöglichen? -

Wenn ja, seit wann und aufgrund welcher Ermittlungen und Erkenntnisse?

Wenn nein, warum nicht - und ist dies wenigstens den zuständigen Fachbereichsstellen für

das Glückspielmonopol innerhalb des BMF geläufig?

2.) Wie hoch beziffern Sie bzw. das BMF den jährlichen Entgang an Bundessteuern und
Abgaben durch die praktizierte Ausübung des illegalen Glückspiels, respektive des
„Hazard"-Spiels, unter dem Vorwand des sogenannten „Kleinen Glückspiels"?


3.) Weshalb blieben Sie seit Ihrem Amtsantritt als Bundesminister für Finanzen untätig
bezüglich der weiteren, dramatischen Ausbreitung des sogenannten „Kleinen
Glückspiels", welches ganz offensichtlich nichts anderes als ein „Haszard"-Spiel darstellt,
das gegen das Glückspielmonopolgesetz verstößt?

4.) Weshalb wurde es vom BMF bisher unterlassen, ähnlich wie in der BRD und in anderen
europäischen Ländern, strenge technische Vorschriften zur Einschränkung, Kontrolle und
Überwachung des „Kleinen Glückspiels" einzuführen?

5.) Weshalb wurde kein unabhängiges „Gaming-Board", ähnlich wie in der BRD und in
anderen europäischen Ländern, zur Typisierung, sowie zur gesetzlichen und fiskalischen
Kontrolle institutionalisiert?

6.) Auf der Homepage des BMF (Glückspielmonopol) wird in aller Deutlichkeit festgehalten,
daß „Online-Casinos", Hundewetten etc. verboten und illegal sind. Weshalb nutzt das
BMF die vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten des Glückspielgesetzes zur
Beschlagnahme und zur Unterbindung des Online-Anschlußes illegaler Betreiber nicht?

7.) Weshalb unterläßt das BMF die Abschöpfung illegaler Gewinne, so wie im Gesetz
vorgesehen bei den verantwortlichen Geschäftsführern bzw. bei den de facto Betreibern
und Eigentümern?

8.) Weshalb wird Betreibern illegaler „Online-Casinos" (z.B. „Cash-Point", „betandhome",
„Interwetten", u.a.) nicht die Konzession mangels Zuverlässigkeit für (legale) Sportwetten
entzogen, dort wo diese Konzessionen von den Betreibern technisch und fiskalisch dazu
mißbraucht werden, illegale Casino-Angebote flächendeckend österreichweit anzubieten?

9.) Weshalb läßt das BMF es zu, daß z.B. alleine in OÖ mehr als 3.000, als „Online-Wett-
Terminals" oder „Geschicklichkeitsautomaten" angemeldete Online-Geräte für Online-
Casinos mißbraucht werden und beschlagnahmt diese Geräte nicht bzw. erläßt keine
Steuer-Haftungsbescheide an die Betreiber?

10.)     Welche konkreten Schritte unternahm das BMF zumindest nach Ausstrahlung der
Sendung „Am Schauplatz" vom 10.10.2006, um dem ganz offenkundigen Verstoß der
Admiral-Novomatic-Gruppe gegen das Glückspielmonopolgesetz des Bundes
entgegenzutreten?

11.) Wie gewährleisten Sie derzeit, daß die von den Automatenbetreibern zur Abführung
der MwSt. angegebenen Umsätze, den tatsächlichen Umsätzen entsprechen und welche
konkreten Kontrollmechanismen werden dazu seitens der Finanzbehörden eingesetzt?

12.) Befürchten Sie Amtshaftungsklagen geschädigter Spieler und geschädigter Unternehmen
gegen die Republik Österreich wegen unterlassenen Aufsicht und Kontrollpflicht?

Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, in welchem Ausmaß?