3445/J XXIII. GP

Eingelangt am 30.01.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend „Nahrungsergänzungsmittel / Gefälschte Arzneimittel - Doping &

Gesundheitsgefährdung - Polizeiliche Ermittlungen im Jahre 2007"

Mit der AB 672/XXIII.GP vom 18.06.2007 wurden die Fragen des Fragenstellers zur
gleichlautenden Anfrage beantwortet. An den Problemstellungen hat sich allerdings international
wie national nichts geändert. Bekannt wurden allerdings auf internationaler Ebene polizeiliche
Ermittlungen gegen die organisierte Dopingszene, allerdings ohne österreichische Beteiligung:

Bei einer internationalen Großrazzia in 10 deutschen Städten (z.B. Köln, Hamburg) gegen den
illegalen Handel mit Anabolika und gefälschten Medikamenten hat die Polizei im September
2007 in Deutschland rund 50 Liter Dopingsubstanzen sowie zehntausende Kapseln und Tabletten
sichergestellt. Fünf Untergrundlabors wurden ausgehoben, die zur Herstellung von Anabolika
und weiteren Dopingmitteln sowie gefälschten Arzneimittel dienten sowie Wohnungen und
Geschäftsräume durchsucht.

Gleichzeitig gab es auch in den USA, Kanada, Mexiko, Schweden, Polen, Spanien, Israel und
Australien Hausdurchsuchungen. Dem deutschen BKA zufolge waren die Anabolika nicht für
den Spitzensport, sondern vor allem für den nicht-professionellen Breitensport gedacht. Für den
illegalen Vertrieb haben sich in einigen europäischen Ländern eigene Handelsstrukturen
entwickelt. Dabei sind weltweit in mehr als 100 Ermittlungen illegale Untergrundlabore zur
Herstellung von Anabolika, sonstigen Dopingmitteln und gefälschten Arzneimitteln ausgehoben
worden.

In diesem Fall wurden allein in Deutschland insgesamt elf Strafverfahren anhängig gemacht.
Nach Angaben des deutschen Bundeskriminalamts war die Großrazzia Teil internationaler
Ermittlungen, die unter dem Titel „Raw Deal" von US-amerikanischen Strafverfolgungsbehörden
initiiert wurden.


Im Umfeld des Wiener Instituts Humanplasma sollen über 30 SportlerInnen illegales Blutdoping
betrieben haben. Radfahrer, Biathleten, Skilangläufer, Fußballer und Schwimmer aus Österreich
und Deutschland sollen zu den Kunden dieses Wiener Blutlabors gezählt, sie alle sollen dort
Bluttransfusionen erhalten haben. Darunter auch der ehemalige österreichischen Radprofi Georg
Totschnig, die alle nachdrücklich jegliche Zusammenarbeit mit diesem Labor bestritten.
Totschnig hat daher eine Klage gegenüber dem ARD angekündigt, Humanplasma wiederum
rechtliche Schritte gegen Dr. Riebenbauer, allerdings nach einer Ehrenerklärung von Dr.
Riebenbauer darauf verzichtet. Auch die betroffenen Verbände - in Deutschland wie Österreich -
wiesen die Vorwürfe zurück und erwarteten sich im Sinne einer raschen Aufklärung die Vorlage
von Beweisen und die Nennung von Namen. Der DSV hat ebenfalls eine Klage gegen den ARD
angekündigt. Nach einem Rechtshilfeersuchen Italiens, ermittelte auch das Innenministerium in
dieser Angelegenheit

Aus systematischen Gründen werden einerseits dieselben Fragen wieder gestellt, um die
aktuellen Zahlen für das Jahr 2007 zu erhalten, anderseits wurde der Fragenkatalog natürlich
ergänzt.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres nachstehende

Anfrage:

1.    Welche Maßnahmen wurden 2007 gegen in- bzw. ausländische Internetseiten (Online-
Anbieter) durch das BMI ergriffen, die verbotene Stoffe (d.s. Dopingmittel, verunreinigten
NEM etc.) i.S. von § 5a AMG oder nicht zugelassene Arzneimittel angeboten haben?
Wie wird das strafrechtlich beurteilt?

2.                               Wie wurden die aufgezeigten (offenen) Fälle aus dem Jahr 2006 erledigt?
Wie viele Ermittlungen mussten eingestellt werden?

3.                               Wurden im Jahr 2007 NEM im Auftrag der Polizei bzw. der Sicherheitsbehörden derartige
Produkte (z.B. NEM) auf Anabolika, Prohormone etc. untersucht?


4.        Welche Produkte und wie viele Chargen der einzelnen Produkte wurden dabei jeweils
untersucht?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welche Produkte mit welcher Chargennummer wurden untersucht?

5.                                Welche Ergebnisse erbrachten diese Untersuchungen (Aufschlüsselung auf Produkte und
Chargennummer)?

6.                                In wie vielen Untersuchungen von Produkte wurden Dopingstoffe und sonstige verbotene
Stoffe festgestellten bzw. nachgewiesen?

Welche Stoffe bzw. welche Überschreitungen wurden nachgewiesen?

7.                                Welche Produkte betraf dies (Ersuche um namentliche Bekanntgabe der Produkte und
Chargennummer)?

8.                                Welche konkreten Maßnahmen wurden durch die dafür jeweils zuständigen
Sicherheitsbehörden, das Bundeskriminalamt oder die Polizei vorgenommen?

9.                                Wurden diese Produkte im Anti-Doping Labor im Austrian Research Center untersucht?
Wenn nein, wo dann?

10.                         Wurden im Jahr 2007 aufgrund des Verdachts einer (oder mehrerer) gerichtlich strafbarer
Handlung durch die Polizei bzw. Sicherheitsbehörden Web-Seiten (Online-Anbieter)
beobachtet und kontrolliert, in denen Dopingmittel, Arzneimittel, Tierarzneimittel,
Anabolika oder (verunreinigte) Nahrungsergänzungsmittel angeboten und in weiterer
Folge eingeführt bzw. in Österreich in Verkehr gebracht wurden?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja welche?

Zu welchen konkreten Ergebnissen und Schlussfolgerungen führten diese Beobachtungen

und Kontrollen?

11.      Wurden aufgrund des Verdachts einer (oder mehrerer) gerichtlich strafbaren Handlung im
Jahr 2007 auch Probennahmen (d.s. Testkäufe) bei Online-Anbietern durch
Sicherheitsbehörden zum Schutz der SportlerInnen vor Gesundheitsgefährdung (siehe z.B.
§ 176 StGB) durchgeführt?

Wenn nein, warum nicht?


12.       Gibt es eine Rechtsgrundlage, die derartige Probennahmen im Rahmen derartiger
sicherheitsbehördlicher bzw. polizeilicher Ermittlungen ausschließt?

Wenn ja, welche Internetseiten, Anbieter und Produkte betraf dies konkret und welche
Ergebnisse wurden bei Untersuchungen bzw. Analysen erzielt (ersuche um Bekanntgabe
der Websites, Anbieter, der Produkte mit Chargennummer, sowie Herkunftsland)?

13.   Welche konkreten polizeilichen bzw. sicherheitsbehördlichen Maßnahmen wurden 2007
aufgrund von Untersuchungsergebnissen und/oder Anzeigen gegenüber Betreibern von
Internetseiten bzw. Webshops (Online-Anbieter) ergriffen, die über das Internet
Dopingmittel, verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel, illegale Stoffe oder gefälschte
Arzneimittel angeboten und abgegeben haben?

14.   Wie viele und welche diesbezügliche Vollanzeigen bzw. Sachverhaltsdarstellungen wurden
durch die Polizei, Behörden oder Private 2007 bei den StA erstattet (Aufschlüsselung auf
zuständige Gerichte bzw. Staatsanwaltschaften)?

15.   Welche konkreten polizeilichen oder sicherheitsbehördlichen Maßnahmen wurden 2007
aufgrund von Untersuchungsergebnissen und/oder Anzeigen gegenüber Herstellern und
Unternehmen oder Händlern ergriffen, die über das Internet Dopingmittel, verunreinigte
Nahrungsergänzungsmittel, illegale Stoffe oder gefälschte Arzneimittel angeboten und
abgegeben haben?

16.   Wie viele und welche diesbezügliche Vollanzeigen bzw. Sachverhaltsdarstellungen wurden
durch die Polizei, Behörden oder Private 2007 bei den StA erstattet (Aufschlüsselung auf
zuständige Gerichte bzw. Staatsanwaltschaften)?

17.   Welche konkreten sicherheitspolizeilichen oder sicherheitsbehördlichen Maßnahmen
wurden 2007 aufgrund von Untersuchungsergebnissen und/oder Anzeigen gegenüber
Inhabern oder Pächtern von so genannte Fitnessstudios ergriffen, die Dopingmittel,
verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel, illegale Stoffe oder gefälschte Arzneimittel
angeboten und abgegeben haben?

18.   Wie viele und welche diesbezügliche Vollanzeigen bzw. Sachverhaltsdarstellungen wurden
durch die Polizei, Behörden oder Private 2007 bei der StA erstattet (Aufschlüsselung auf
zuständige Gerichte bzw. Staatsanwaltschaften)?


19.       In welcher Form wurde mit dem BMF (Zoll), BKA, BMJ und dem BMGFJ bei Verdacht
einer (oder mehrerer) gerichtlicher strafbarer Handlung zusammengearbeitet?

Welche Projekte bzw. Maßnahmen wurden 2007 durchgeführt?

Wie wird in Zukunft mit diesen Bundesministerien zusammen gearbeitet?

20.                         Wie viele gerichtliche Anzeigen nach § 6a Rezeptpflichtgesetz wurden von den
zuständigen Behörden, Polizei, Sachverständigen (Organe) oder Private 2007 erstattet
(Aufschlüsselung auf zuständige Gerichte bzw. Staatsanwaltschaften)?

21.                         Welche Produkte (z.B. NEM) betrafen diese Anzeigen (Ersuche um namentliche
Bekanntgabe der Produkte und Chargennummer, sowie Herkunftsland)?

22.                         Wie viele gerichtliche Anzeigen nach § 84 a Arzneimittelgesetz (AMG) wurden von den
zuständigen Behörden, Polizei, Sachverständigen (Organe) oder Private 2007 erstattet
(Aufschlüsselung auf zuständige Gerichte bzw. StA)?

23.                         Welche Produkte (z.B. NEM) betrafen diese Anzeigen (Ersuche um namentliche
Bekanntgabe der Produkte und Chargennummer, sowie Herkunftsland)?

24.                         Wurden in diesem Zusammenhang auch Strafanzeigen nach dem StGB (z.B. wegen
Körperverletzung, Gemeingefährdung) erstattet?

Wenn ja, wie viele?

Welche Delikte wurden dabei jeweils zur Anzeige gebracht?

25.                         Wie viele Verwaltungsstrafanzeigen wurden von den zuständigen Behörden, Polizei,
Sachverständigen oder anderen 2007 nach § 84 b Arzneimittelgesetz (AMG) erstattet
(Aufschlüsselung auf BH)?

26.                         Wie sah 2007 die internationale Zusammenarbeit der Polizei bzw. der Sicherheitsbehörden
- gerade in Anbetracht von gerichtlich strafbaren Handlungen sowie der gesundheitlichen
Risiken und der Dopingrelevanz von verunreinigten Nahrungsergänzungsmitteln und
sonstigen Dopingmitteln (Anabolika) - aus?

Ist diese Zusammenarbeit institutionalisiert?


27.      Welche konkreten Maßnahmen wurden seitens des Ressorts bzw. der Sicherheitsbehörden
2007 (gemeinsam mit dem BKA, BMJ, BMGF und dem BMF) ergriffen, um den kriminell
organisierten Schwarzmarkt für Dopingmitteln (Anabolika, Steroide etc) verunreinigten
NEM in Österreich zu bekämpfen (z.B. Spam-mails)?

Wie sieht die interne Kooperation zwischen den damit befassten Bundesministerien aus?
Welche diesbezüglichen Maßnahmen sind 2008 insgesamt geplant?

28.           In wie vielen Fällen ergab sich 2007 gegenüber Fitnessinstituten bzw. deren Betreiber der
Verdacht einer (oder mehrerer) gerichtlich strafbarer Handlungen (z.B. §§ 5 a, 84a AMG oder §
176 StGB)?

29.           Wie viele Ermittlungen wegen des Verdachts von gerichtlich strafbaren Handlungen -
insbesondere wegen § 176 StGB und § 84a AMG - wurden im Jahr 2007 gegen so
genannte Fitnessstudios bzw. gegen deren Betreiber in Österreich geführt
(Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

30.           Zu wie vielen Hausdurchsuchungen in Fitnessstudios oder in anderen Räumlichkeiten über
die deren Betreiber verfügt, kam es im Jahr 2007?

Welche Ergebnisse wurden dabei erzielt?

Wie viele und welche Produkte wurden dabei beschlagnahmt (Aufschlüsselung der Anzahl

auf Bundesländer)?

31.           Wie viele gerichtliche Anzeigen wegen des Verdachts von gerichtlich strafbaren
Handlungen insbesondere wegen § 176 StGB und § 84a AMG - wurden im Jahr 2007 von
Privaten oder Behörden gegen so genannte Fitnessstudios bzw. gegen deren Betreiber in
Österreich erstattet (Aufschlüsselung auf zuständige Gerichte bzw. Staatsanwaltschaften)?

32.                         Wie viele Todesfälle von SportlerInnen, BodybuilderInnen bzw. BesucherInnen von
Fitnessstudios sind Ihnen aufgrund der Einnahme von Dopingmitteln wie Anabolika,
Steroide etc. im Jahr 2007 bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

33.     Wie stehen Sie zum Kommissionsvorschlag im Weißbuch Sport auf internationaler Ebene
Partnerschaften zwischen den Strafverfolgungsbehörden (Grenzschutz, nationale und
lokale Polizei, Zoll usw.) zu entwickeln?


34.      Unterstützen Sie den Vorschlag der EU-Kommission den Handel mit verbotenen
Dopingsubstanzen in der gesamten EU genauso zu verfolgen, wie den illegalen
Dopinghandel?

Wenn nein, warum nicht?

35.      Halten Sie es für sinnvoll zur effektiven Dopingbekämpfung die Strafbestimmungen im
Arzneimittelgesetz zu verschärfen bzw. zu ergänzen?

Wenn ja, in welchem Umfang?

36.           Soll aus Sicht des Ressorts „Blutdoping" unter eine gerichtliche Strafsanktion gestellt
werden?

37.           Warum war Österreich im September 2007 bei der im Einleitungstext geschilderten
internationalen Großrazzia gegen Untergrundlabors und gegen den illegalen Handel mit
Anabolika und gefälschten Arzneimitteln nicht beteiligt?

38.           Welche Ergebnisse von dieser Razzia sind dem Ressort bislang bekannt geworden?
Gab es Verbindungen dieser Dopingszene nach Österreich?

39.           Gab es vor oder nach dieser internationalen Polizeirazzia Amts- bzw. Rechtshilfeersuchen
an Österreich?

Wenn ja, wie lautete das Ersuchen?

40.      Gibt es aus Sicht des Ressorts auch in Österreich illegale Handelsstrukturen für den
Vertrieb von Dopingmitteln wie beispielsweise Anabolika, Steroide etc.?

Wenn ja, wie können diese illegalen Strukturen und Netzwerke effektiv bekämpft werden?

41.      Aufgrund welcher Rechtsgrundlage wurde dem Rechtshilfeansuchen der Italienischen
Staatsanwaltschaft in der sog. „Blutdopingaffäre" (Turin) entsprochen?

Wann wurde das Rechtshilfeansuchen Österreich übermittelt?
Welche Ermittlungsergebnisse wurden Italien übermittelt?

42.      Aufgrund welcher Rechtsgrundlage wurde vom Innenressort (Bundeskriminalamt) gegen
das Institut Humanplasma in Wien ermittelt?

Welche strafrechtlichen Delikte wurden Humanplasma vorgeworfen?
Welche Ermittlungsergebnisse wurden der Staatsanwaltschaft übermittelt?


43.      Haben Sie bzw. Ihr Ressort in diesem Zusammenhang eine Liste verdächtiger Sportler
erhalten?

Wenn ja, wie viele Sportler stehen auf dieser Liste?
Welchen Sportverbänden gehören sie an?

44.      Unter welchen Voraussetzungen kann ein Informationsaustausch über Dopingfälle und
Dopingverfahren zwischen den Sportverbänden, den Mitgliedsstaaten, den
Dopingkontrollbehörden und den Strafverfolgungsbehörden erfolgen?

Welche datenschutzrechtlichen Gründe sprechen dagegen?

45.      Treten Sie wie die Slowenische EU-Präsidentschaft dafür ein, die Anti-Doping-Gesetze zu
verschärfen und auf EU-Ebene zu vereinheitlichen?

Wenn nein, warum nicht?