370/J XXIII. GP
Eingelangt am 26.02.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer
Kolleginnen und Kollegen
an den Bundeskanzler
betreffend die Förderung der europäischen Atomenergie seitens der Republik Österreich
durch den EURATOM-Vertrag.
Vor 50
Jahren, im Jahr 1956, wurde die Österreichische Studiengesellschaft
für Kernenergie
gegründet. Die Aktivitäten dieser
Gesellschaft führten zum Beschluss der Bundesregierung
über einen Energieplan, der drei Kernkraftwerke in Österreich vorsah.
Das erste davon sollte
in Zwentendorf gebaut werden.
Am 25. März 1957 wurde der EURATOM-Vertrag in Rom unterzeichnet.
Der EURATOM-
Vertrag
ist die Grundlage für die Finanzierung von Forschungen auf dem Gebiet der
Atomenergie
und er ist ebenso die Grundlage für die Bewilligung von Milliarden Euro-
Krediten für die
Errichtung von Atomkraftwerken.
Der EURATOM-Vertrag ist seit 1957 im Wesentlichen unreformiert und
bringt im Sinne
einer
atomeuphorischen Stimmung der späten 50er-Jahre des vergangen Jahrhunderts
in
seiner Präambel
klar zum Ausdruck, dass man entschlossen sei, die Voraussetzungen für die
Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie zu schaffen.
Am 5. November 1978 haben sich die Österreicher im
Rahmen einer Volksabstimmung
klar
gegen die Nutzung von Kernkraft ausgesprochen. Zwentendorf wurde nicht in
Betrieb
genommen.
Unabhängig davon fließen beträchtliche finanzielle Mittel aus
dem
österreichischen
Staatshaushalt an Euratom. Damit finanziert Österreich, finanziert der
österreichische
Steuerzahler, die europäische Atomenergie.
Laut der
letzten EUROBAROMETER-Umfrage, die im Jänner 2007 veröffentlicht
wurde,
sprechen sich die Europäer mehrheitlich gegen die Nutzung von Atomenergie
aus. Besonders
hoch liegt die Ablehnung bei den Österreichern mit 80 Prozent.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende
Anfrage:
1. Welche Beträge hat
Österreich jeweils in den Jahren 2002 bis 2006 für das Sechste
Rahmenprogramm für Forschung,
technologische Entwicklung und Demonstration der
Europäischen Union aufgewendet und wie hoch war der Anteil davon
für das
EURATOM-Programm?
2.
Welche Beträge hat Österreich jeweils in den Jahren 2002 bis
2006 für die Projekte
PHARE und TACIS
aufgewendet?
3.
Welche Beträge wird Österreich jährlich für das
Siebente Rahmenprogramm für
Forschung,
technologische Entwicklung und Demonstration der Europäischen Union
aufwenden und wie hoch wird der Anteil davon für das EURATOM-Programm
sein?
4.
Wie beurteilen
Sie die Aufteilung der Mittel im Siebenten Rahmenprogramm und
insbesondere die Mittel für die
Atomindustrie im Vergleich zum Anteil für die
erneuerbaren Energien?
5.
Das aktuelle EURATOM-Programm hat eine Laufzeit von 2007 bis 2011.
Für den
Zeitraum 2011 bis
2013 muss die Mittelzuteilung fortgeschrieben werden. Planen Sie
Initiativen, um den Anteil für die Atomforschung für den Zeitraum
2011 bis 2013
reduzieren zu können?
6. Wenn nein, warum nicht?
7.
Seit November
2002 steht eine Erhöhung des EURATOM-Kreditrahmens von 4
Milliarden auf dann 6 Milliarden Euro im
Raum. Der damalige Finanzminister hat
aufgrund der Wettbewerbsverzerrung der EURATOM-Kredite massive Kritik an
einer
Erhöhung des EURATOM-Kreditrahmens
deponiert. Ist diese Kritik nach wie vor
aufrecht und wird Österreich seine Zustimmung zur Erhöhung des
EURATOM-
Kreditrahmens verweigern?
8. Wenn nein, warum nicht?
9.
Die
Europäische Kommission vertritt trotz der ablehnenden Haltung der
Europäer zur
Nutzung von Atomenergie massiv die
Interessen der Atomindustrie (siehe jüngste
Veröffentlichungen: Eine Energiepolitik für Europa,
Hinweisendes Nuklearprogramm
Jänner 2007). Sie setzt damit auf eine -
vor allem auch aus österreichischer Sicht -
nicht nachhaltige Form der Energieerzeugung. Was kann Österreich
der Europäischen
Kommission entgegenhalten?
10.
Im neuen
Regierungsprogramm ist zu lesen, dass die Bundesregierung ihre
Bemühungen im Hinblick auf eine Reform
des EURATOM-Vertrages fortsetzen wird.
Welche Initiativen plant die Bundesregierung dazu im laufenden Jahr 2007
und
darüber hinaus?
11.
Mit den
Bemühungen um eine EURATOM-Reformkonferenz ist bereits die vorherige
Bundesregierung gescheitert. Auch der
Ratsvorsitz Österreichs im ersten Halbjahr
2006 konnte nicht genutzt werden, um eine Reformkonferenz zu initiieren. Woran
scheiterten die Bemühungen bisher?
12.
Sind Sie der Meinung, dass sich die Voraussetzungen für eine
EURATOM-
Reformkonferenz geändert haben und es nun möglich sein wird, eine
solche
Reformkonferenz
abzuhalten?
13. Wenn ja, wann wird eine solche Reformkonferenz eingeleitet werden können?
14. Welches Ergebnis sollte aus Ihrer Sicht eine solche Reformkonferenz bringen?
15.
Nach einschlägiger Rechtsmeinung ist es möglich, einseitig aus
dem EURATOM-
Vertrag auszusteigen,
und zwar gemäß Art. 56 Wiener Vertragskonvention, da es sich
beim EURATOM-Vertrag
um einen unbefristeten Vertrag handelt. Ein Ausstieg
würde die Mitgliedschaft Österreich in der Europäischen Union in
keinem Fall
berühren. Ist der Ausstieg Österreichs
aus EURATOM, der explizit in seiner Präambel
vorsieht, die Voraussetzungen für eine mächtige Kernindustrie
zu schaffen, für Sie
nicht der logische Schritt, den ein
deklariertes Anti-Atom-Land wie Österreich setzen
kann, um international an Glaubwürdigkeit zu gewinnen und die
Ablehnung der
Österreicher gegenüber der Atomindustrie ernsthaft zu unterstreichen?
16.
Planen Sie einen Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag, wenn es während
des Jahres
2007 keinen
Fortschritt hinsichtlich einer EURATOM-Reformkonferenz kommt?
17. Wenn nein, warum nicht?