3899/J XXIII. GP

Eingelangt am 14.03.2008
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend Umgang mit Umsetzungsdefiziten beim Energieausweis für Gebäude

 

 

 

 

 

Das EAVG (Energieausweis-Vorlage-Gesetz, „Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten“, BGBl I Nr. 137/2006) setzt die EU-Gebäuderichtlinie (Richtlinie 2002/91/EG) auf Bundesebene um.

 

Dieses Gesetz ist seit 1.1.2008 für ab 2006 entstandene Neubauten bundesweit in Kraft getreten. Für Bauten, die vor 2006 baubewilligt wurden, ist das Inkrafttretensdatum der 1.1.2009.

 

Im Dezember 2002 hatten das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union mit der zugrundeliegenden Richtlinie die Mitgliedsstaaten mit dem Umsetzungsdatum 2006 verpflichtet, einen „Energieausweis“ einzuführen. Die Richtlinie legt fest, dass beim Bau, beim Verkauf oder bei der Vermietung von Gebäuden der Baubehörde bzw. dem potenziellen Käufer oder Mieter vom Eigentümer ein Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz vorgelegt wird. Dieser Ausweis muss Vergleichskennwerte enthalten, um den Verbrauchern einen Vergleich und eine Beurteilung der Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes zu ermöglichen.

Der Sinn dieses Energieausweises ist, Auskunft über den Energieverbrauch eines Hauses oder einer Wohnung zu geben. Ähnlich der Kennzeichnung von Elektrogeräten soll mit dem Ausweis der energietechnische Stand eines Gebäudes auf einen Blick erkennbar werden. Die Kategorisierung von „A“ bis „G“ erfolgt über eine Energiekennzahl. Damit verfügen BauherrInnen, KäuferInnen oder MieterInnen von Objekten über eine objektive Kennzahl, die einen einfachen Vergleich der Energiestandards unterschiedlicher Gebäude ermöglicht.

 

Zusätzlich zur Bundes-Umsetzung im Wege des EAVG bedarf es entsprechender Regelungen der Länder (Baurecht) bedürfen, die jedoch weitgehend mit großer Verspätung erfolgten bzw. erfolgen. Es wurde deshalb seitens der EU auch ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich eingeleitet.

 

Dass Österreich (mit Ausnahme des Landes Salzburg) die EU-Gebäuderichtlinie (2002/91/EG) nicht termingerecht mit Anfang des Jahres 2006 erfüllt hat, wird wesentlich zum bekanntlich für Österreich und seine BürgerInnen teuren, mit Kosten im Miliarden-Euro-Bereich verbundenen Nichterreichen des Kioto-Ziels beitragen.

 

Im einzelnen hat diese verspätete Umsetzung mehrere weitreichende nachteilige Folgen:

* Weitere zwei Jahre lang wurde eine erhebliche Anzahl von Bauten mit unzureichender Energieeffizienz bewilligt und errichtet,

* die nötige große Sanierungswelle für den Bestand samt positivem Arbeitsmarkteffekt kann erst mit mehr als 2 Jahren Verspätung anlaufen,

* auch die nötige Intensivierung zB der Dämmstoffproduktion setzt verspätet ein.

 

Die Vollziehung des EAVG führt somit zu gravierenden Problemen:

Die Vorgabe, dass ab 1.1.2009 bei Verkauf, Verpachtung und Vermietung von Wohngebäuden und Wohnungen ein Energieausweis vorzulegen ist (für Bauten, deren Baubewilligung nach dem 1.1.2006 erfolgt ist, bereits ab 1.1.2008) setzt voraus, dass die Länder in ihren Baugesetzen/Bauordnungen Bestimmungen aufnehmen, wie dieser Energieausweis zu erstellen ist. Basis hierfür ist die Richtlinie 6 „Energieeinsparung und Wärmeschutz“ des Österr. Instituts für Bautechnik (OIB).

 

Von den Vertretern der Bundesländer wurde ungewöhnlich und unnötig lang über den Inhalt dieser Richtlinie diskutiert. Seit April 2007 liegt die OIB-Richtlinie 6 aber vor.

 

Es wäre ein Leichtes gewesen, die Baugesetze der Länder wenigstens bis zum 1.1.2008 zu novellieren. Einige Länder haben dies dennoch nicht zuwege gebracht, mit der Konsequenz, dass die nötige „punktgenaue“ Information bzw. Einschulung der für die Erstellung von Energieausweisen Befugten (Architekten, Ziviltechniker, Baumeister, Zimmermeister, Heizungs- und Sanitärplaner usw.) erst viel zu spät erfolgen konnte bzw. kann.

 

Die Konsequenz: Für Bauten, deren Baubewilligung nach dem 1.1.2006 erfolgt ist (dies können z.B. Geschosswohnungsbauten mit Eigentumswohnungen oder Mietwohnungen, Ein- oder Zweifamilienhäuser in Siedlungen etc. sein), konnten die laut EAVG vorgeschriebenen Energieausweise bis zum 1.1.2008 teilweise nicht vorgelegt werden. Dadurch steht Verkauf, Vermietung oder Verpachtung solcher Objekte ein Hindernis im Weg.

 

Noch gravierender ist, dass bis 1.1.2009 die dazu Befugten wegen des „Spätstarts“ nur in der Lage sein werden, Energieausweise für einen (wahrscheinlich geringen) Anteil der bestehenden Altbauten zu erstellen. Diese müssten jedoch an sich für all jene Altbauten bereits vorliegen, welche verkauft, vermietet oder verpachtet werden könnten.

Sollte dies nicht der Fall sein, so müssten Immobilienvermittler ihre Tätigkeit weitgehend reduzieren, ebenso könnten gemeinnützige ebenso wie private oder institutionelle Eigentümer weder vermieten noch gegebenenfalls verkaufen.

 

Wenn nicht in allen säumigen Bundesländern die rasche Fertigstellung und Umsetzung ihrer Energieausweis-Bauordnungsnovellen gelingt, würde sich für den Bundesgesetzgeber eine andere Möglichkeit über eine Novellierung des EAVG anbieten: Das EAVG könnte dahingehend ergänzt werden, dass in jenen Bundesländern, deren Baugesetze vorläufig keine Bestimmungen über die Erstellung der Energieausweise enthalten, die OIB-Richtlinie 6 „Energieeinsparung und Wärmeschutz“ als Stand der Technik anzuwenden ist.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.        Mit welchem Datum wurden bzw. werden die Baugesetze der einzelnen Länder im Hinblick auf den Energieausweis (Umsetzung der EU-Richtlinie 2002/91/EG) novelliert?

 

2.        Warum ist die Umsetzung derart spät erfolgt?

 

3.        Was haben Sie wann im Einzelnen unternommen, um die Umsetzung seitens der Länder zu beschleunigen?

 

4.        Wie wurde und wird nach Ihren Informationen mit dem Problem umgegangen, dass laut Bundesgesetz für Neubauten der letzten beiden Jahre seit Jahresbeginn 2008 der Energieausweis vorliegen muss, die nötigen Landes-Bestimmungen jedoch teilweise nicht zeitgerecht vorlagen?

 

5.        Wie sollen angesichts der späten Umsetzung die terminlichen Vorgaben der EU-Richtlinie und des EAVG eingehalten werden, wonach für alle vor 2006 baubewilligten bzw. errichteten Gebäude ab 1.1.2009 ein Energieausweis als Voraussetzung für Verkauf, Vermietung oder Verpachtung erstellt sein muss?

 

6.        Was haben Sie im Hinblick auf die Tatsache unternommen, dass wegen der verspäteten Umsetzung der EU-Vorgaben in Sachen Energieausweis die nötige „punktgenaue“ Information bzw. Einschulung der für die Erstellung von Energieausweisen Befugten (Architekten, Ziviltechniker, Baumeister, Zimmermeister, Heizungs- und Sanitärplaner usw.) erst viel zu spät erfolgen konnte?

 

7.        Wieviele Befugte zur Erstellung von Energieausweisen im Sinne des EAVG gab es a) zum 1.1.2007, b) zum 1.7.2007, c) zum 1.1.2008, d) zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage?

 

8.        Wie stehen Sie zur Tatsache, dass wegen der verspäteten Umsetzung der EU-Vorgaben in Sachen Energieausweis die nötige große Sanierungswelle für den Bestand samt positivem Arbeitsmarkteffekt erst mit mehr als 2 Jahren Verspätung anlaufen kann, und was haben Sie in diesem Zusammenhang wann im einzelnen unternommen bzw. bei Ihren RegierungskollegInnen und den Ländern angeregt, um dies zu entschärfen?

 

9.        Wie stehen Sie zu einer Ergänzung des EAVG dahingehend, dass in jenen Bundesländern, deren Baugesetze keine bzw. keine rechtzeitig eingebauten Bestimmungen über die Erstellung der Energieausweise enthalten, die OIB-Richtlinie 6 „Energieeinsparung und Wärmeschutz“ als Stand der Technik direkt anzuwenden ist?

 

10.    Wie ist der Beitrag der verspäteten Umsetzung der EU-Vorgaben in Sachen Energieausweis mit ihren Folgewirkungen im Hinblick auf dadurch nicht oder später vermiedene CO2-Emissionen und deshalb anstehende Strafzahlungen zu quantifizieren?

 

11.    Wie stehen Sie zu Forderungen, die Kostentragung für die Erstellung des Energieausweises zulasten der MieterInnen/PächterInnen neu zu regeln?