4045/J XXIII. GP

Eingelangt am 09.04.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Maga. Melitta Trunk und GenossInnen

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

betreffend Kritik an der Gebarung der Kärnten Werbung durch den Landesrechnungshof

Am 17. Jänner 2008 stellte der Kärntner Landesrechnungshof (LRH) seinen kritischen Rohbericht zur Gebarung der Kärnten Werbung (KW) im Zeitraum 2003-2005 fertig. Die Überprüfung erfolgte auf Grund eines Beschlusses des Kärntner Landtages vom 16. Dezember 2005, die entsprechenden Prüfmaßnahmen haben von Jänner bis Dezember 2007 stattgefunden. Der Rohbericht des Kärntner Landesrechnungshofes mit der Aktenzahl LRH-77/V/2007 gliedert sich in zwei Teile:

                       „Vorläufiges Ergebnis der  Überprüfung der Kärnten  Werbung Marketing und Innovationsmanagement GmbH (118 Seiten)"

                       „Vorläufiges    Ergebnis    der    Überprüfung    der    Verwendung    der   für    die Fußballeuropameisterschaft 2008 eingesetzten Landesmittel (28 Seiten)"

Bereits am 19. Jänner 2008 — wenige Tage nachdem der Landesrechnungshof den Rohbericht mit dem Geschäftsführer der Kärnten Werbung Werner Bilgram besprochen hatte - analysierten die Kärntner Medien die wesentlichen Ergebnisse und Kritikpunkte des Rohberichtes.

Kleine Zeitung und Neue Kärntner Tageszeitung berichteten folgendermaßen:

•     Aufgedeckt: Chaos unter Freunden ... bei näherer Betrachtung enthält der Bericht reichlich Brisanz:

WEIßBUCH: Zum Beispiel das Weißbuch für den Kärnten Tourismus, das Wolfgang Bachmayer (OGM-Institut) erstellen durfte. Es gibt bis dato keine verbindliche Vorgabe, die Anregnungen und Ideen daraus umzusetzen, dementsprechend wurde es ignoriert. Wenig Output für 480.000 EUR.

WÖRTHERSEE-STUDIE: Auch kein Schnäppchen: die Wörthersee Studie von PriceWaterhouseCoopers, die um 273.000 EUR den Wörthersee Gemeinden engere Zusammenarbeit empfahl und die Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer als Marketing- Strategie nahe legte. PWC bekam den Auftrag ohne Ausschreibung und das Honorar lange vor Fertigstellung der Studie.

EVENTPOLITIK: Schelte gab es auch für die Event-Politik. 'Die meisten Events finden zu Zeiten Hochsaison statt, in der die Auslastung ohnehin passt`. Dafür wurde der vom Ex- Wirtschaftsreferenten Karl Pfeifenberger geschasste Event-Manager mit einer außertourlichen Abfertigung fürstlich verabschiedet. 'Sie war in keinem Vertrag enthalten. Es gab jedoch Meinungsverschiedenheiten mit dem Referenten, daher hat uns Pfeifenberger angewiesen zu zahlen`, gibt Bilgram freimütig zu. Dafür hatte Pfeifenberger immer großzügig Sonder-Budgetaufstockungen gewährt. ...

PRÄMIEN: Auch für Bilgram selbst gibt es großzügige Prämien (37 Prozent vom Bruttolohn). Erfolgskriterien, an die die Gewährung der Prämie geknüpft sind, sind in seinem Vertrag nicht geregelt. ...

SONDERPROJEKTE: Vorwürfe, die Kärnten Werbung hätte Landesveranstaltungen wie den Heimat-Herbst und das "Fest für Kärnten" im Wiener Ronacher finanziert, entkräftet Bilgram. 'Die Veranstaltungen wurden vom Land bezahlt.' Auf die in Orange gehaltenen Einladungen folgte zwei Tage später die Gründung des BZÖ. Insgesamt kritisiert der Rechnungshof, dass bei derlei Sonderprojekten der Kärnten-Werbung jegliche Kontrolle von Seiten des Landes fehlte.


KREDITKARTEN: Ein eigener Bericht wurde den Fußballaktivitäten der Kärnten Werbung gewidmet. Ein umfangreiches Kapitel betrifft den damaligen Euro-Beauftragten Franz Koloini. Der Rechnungshof kritisiert, dass er private Einkäufe in Höhe von 7500 Euro mit der Firmen-Kreditkarte beglich. Diese wurden bis auf 1487 Euro vom Lohn einbehalten, den Rest muss er noch in Raten abstottern. In diesem Zusammenhang ruft die SPÖ nach dem Staatsanwalt.

VERMITTLUNGSPRÄMIEN: Großzügig (240.000 Euro) fielen auch die Vermittlungsprämien für 14 Fußballmanschaften aus. Eine satte Million Euro kostete der Aufenthalt der wackeren Fußballer in Kärnten. ..." (Kleine Zeitung, 19. Jänner 2008, S. 16f)

•  'Die Inkaufnahme von derartig aus dem Rahmen fallenden Vermittlungsgebühren ist nach Ansicht des LRH weder mit dem Gebot der Sparsamkeit noch Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen' schreibt der Landesrechnungshof (LRH). ... Hart ins Gericht geht der LRH auch mit Schretters Vorgänger Franz Koloini. Ihm wird vorgeworfen, 7500 Euro private Ausgaben mit der Firmen-Kreditkarte bezahlt zu haben. ...Im Bericht über das Kerngeschäft stieß sich der RH an der Vorliebe der Kärnten Werbung, Events in der Hauptsaison zu sponsern. Man solle auch die Nebensaison  beachten.   Und:  Bei mehreren   Veranstaltungen fehle die Endabrechnung ..." (Neue Kärntner Tageszeitung, 19. Jänner 2008, S. 9)

In den folgenden Tagen wurden medial weitere Details aus dem (vertraulichen) Rohbericht bekannt:

•    ,,Die Kritik des Landesrechnungshofes (LRH) richtet sich auch gegen die Kärnten Werbung (KW). So wurde Geschäftsführer Werner Bilgram neben seinem Gehalt eine fixe Prämie von 37 Prozent des Normalbezuges zugestanden. Laut LRH fehlt eine Regelung der Anordnung und Genehmigung von Dienstreisen.  ... Dazu liege kein Konzept vor, nach welchen Kriterien Events von der Kärnten Werbung gesponsert werden. ..." (Neue Kärntner Tageszeitung, 20. Jänner 2008, S. 12)

•  ,,Die Bilgram-Card als Symbol der Verschwendung im Tourismus (Leitartikel) ...

So eine Bilgram-Card wünscht sich jeder: eine Kreditkarte von der Firma, mit der man auch privat einkaufen gehen darf. Und sollte man zufällig vergessen, der Firma die Privateinkäufe zurückzuzahlen, schickt sie irgendwann einmal eine Erinnerung auf Ratenzahlung.
Der Erfinder Werner Bilgram hat in der Kärnten Werbung jeden dritten Mitarbeiter mit einer solchen Bilgram-Card auf Einkaufstour geschickt. Bis selbst den hartgesottenen Prüfern des Landesrechnungshofes die Spucke wegblieb — und den Kärntner Steuerzahlern. Denn die Kärnten Werbung ist nicht irgendeine Firma, in der der Chef tun und lassen kann, was er will. Die Bilgram-Card wird von Kärntner Steuergeldern gespeist. Sie ist das Symbol für einen unerträglich lässigen Umgang mit öffentlichem Geld, das von den Tourismusbetrieben über Fremdenverkehrsabgaben mühsam aufgebracht wird und weit darüber hinaus das Kärntner Landesbudget mitverschuldet.

So wie das Budget der Kärnten Werbung in den letzten Jahren explodiert ist, hat sich der Ausgabenfluss in eine schwammige Beliebigkeit zerstreut. Die Kärnten Werbung zahlt heute praktisch überall dazu, wo es im Land nur irgendwo herausraucht: von der Seitenblicke- Sendung bis zum Dubai-Kart-Rennen, vom Almabtrieb bis zur Seebühne, von der Carmen- Nebel-Show bis zum Lehrlingswettbewerb.

Die Zuschüsse und Sondersubventionen des Landes an die Kärnten Werbung sind in den letzten fünf Jahren von rund zwölf Millionen Euro auf 18 Millionen Euro gestiegen. Der Ausweitung des Werbebudgets um 50 Prozent steht nicht annähernd ein adäquater Tourismuserfolg gegenüber. " (Kleine Zeitung, 22. Jänner 2008, S. 8)


•    ,,Kärnten  Werbung pulverte 893.000 Euro  in Schihalle.  Zusammenarbeit mit dem Alpincenter im deutschen Bottrop kostete laut vorläufigem Prüfbericht drei Mal so viel als bisher angenommen. ...Das Alpincenter Bottrop gehört praktisch uns — dank der Kärnten Werbung. Die investierte seit 2005 insgesamt fast 900.000 Euro in die Zusammenarbeit mit dem Alpincenter. ... Die zu erbringenden Leistungen — wie 'Zusatz Kärnten Logo, Branding der    Halle    mit    Kärnten-Schriftzug,    Auflage    von     Werbemitteln    von    Kärnten, Präsentationsflächen'- sind vom Alpincenter Bottrop erfüllt worden, sagt der Rechnungshof. Ob diese Summe Kärnten irgendetwas gebracht hat, konnten die Prüfer nicht feststellen. 'Die unmittelbare    Auswirkung    und   die    Zielerreichung    (Buchungen,    Steigerungen    der Nächtigungen aus dieser Region) sind noch nicht evaluiert' heißt es im Prüfbericht." (Kleine Zeitung, 27. Jänner 2008, S. 26)

•  „... DIENSTWAGEN: Ex-Euro-Koordinator Franz Koloini bekam für seinen Dienstwagen eine Sonderausstattung im Wert von 5000 Euro. ...

GAROFALO: Der Berater Giorgio Garofalo kostete die KW 260.000 Euro. Eine Pressekonferenz mit ihm verschlang über 6200 Euro. ...

JAHRESBUDGET: Das jährliche Budget betrug 2003 und 2004 14 Millionen Euro, 2006 - inklusive der erst 2007 ausbezahlten EM-Mittel — 19,4 Millionen. Zum Vergleich die Tirol- Werber verfügten 2006 über 13,4, jene in Oberösterreich über 10,1 Millionen. ... MYSTERIÖSER GELDFLUSS: Bei Trainingslagern flossen Vermittlungsgebühren in Höhe von 239.200 Euro. Einige Empfänger sind unbekannt.

NÄCHTIGUNGEN: Keine einzige Mannschaft wird während der EURO ihr Quartier in Kärnten aufschlagen ...

XY-UNGELÖST: Wie funktioniert rückwirkendes Marketing, wie es mit der Billig-Fluglinie HLX im Dezember 2004 vereinbart wurde?

ZAHLUNGEN: Geld der KW ist in gleich mehreren Fällen geflossen, ohne dass zuvor schriftlich eine Gegenleistung vereinbart worden ist." (Neue Kärntner Tageszeitung, 29. Jänner 2008, S. 2)

Auf Grund der politischen Verantwortlichkeiten - und wegen weiterer Vorwürfe betreffend Einflussnahme und „politische Instrumentalisierung" durch Landeshauptmann Haider und Tourismusreferent Dörfler (beide BZÖ) - beschloss der Kärntner Landtag am 28. Jänner 2008 in einer Sondersitzung die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Kärnten Werbung, welcher am 6. März 2008 erstmal tagte. Auch Optionen wie die Eingliederung der Kärnten Werbung in die Kärntner Landesholding wurden bereits andiskutiert.


Primär finanziert sich die Kärnten Werbung aus Mitteln des Landes, der Kärntner Gemeinden und der Kärntner Tourismusbetriebe und unterliegt damit der Kontrolle des Kärntner Landesrechnungshofes. Im Zuge der Vorbereitungen zur EURO 2008, aber auch im Rahmen sonstiger Kooperations-Projekte und Aktivitäten ist jedoch nicht auszuschließen, dass auch Bundesmittel zur Kärnten Werbung geflossen sind und die aufgezeigten Vorwürfe daher auch für den (Bundes-)Rechnungshof relevant sind.

Im März 2008 übermittelte der Rechnungshof dem Nationalrat einen Prüfbericht, der Ergebnisse seiner Überprüfung der Österreich Werbung enthält (III-124.d.B., S. 49-81). Darin enthalten sind zahlreiche Kritikpunkte und Empfehlungen des Rechnungshofes an die Österreich Werbung, insbesondere zu Managergehältern, Betriebvereinbarungen, der Einhaltung eines einheitlichen und nachvollziehbaren Gehaltsschemas, Reduktion externer Beratungsleistungen durch klare Richtlinien für deren Vergabe und Abwicklung, Überzahlungen bei ungerechtfertigten Abfertigungen, fehlenden Kriterien für Prämienzahlungen sowie auch zur Handhabung der Firmenkreditkarte.


Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.             Sind Ihrem Ministerium die publizierten Vorwürfe und Kritikpunkte zur Gebarung der „Kärnten Werbung Marketing und Innovationsmanagement GmbH" (KW) auf Basis der Prüfung durch den Kärntner Landesrechnungshof (LRH) bekannt?

2.      a) Ist Ihnen in diesem Zusammenhang bekannt bzw. hat Ihr Ministerium bereits Recherchen angestellt, ob seit dem Jahr 2005 auch Mittel des Bundes an die Kärnten Werbung ausgezahlt wurden, etwa über Tourismusförderungen oder Bundessubventionen für die EM 2008 oder sonstige Projekte in Kärnten?

b) Falls JA: Welche Auszahlungen von Bundesmitteln an die Kärnten Werbung hat es in den Jahren 2005 bis 2007 von Ihrem Ministerium gegeben? (Bitte um detaillierte Auflistung)

3.   Der Rechnungshof formuliert in seinem jüngsten Prüfbericht zur Österreich Werbung (III- 124.d.B., S. 49-81) klare Kritikpunkte und Richtlinien. Sind diese Kriterien des Rechnungshofes für die Österreich Werbung auch auf die entsprechenden Einrichtungen der Länder, also auch auf die Kärnten Werbung, übertragbar und sollten sie daher dort auch bundeseinheitlich angewandt werden?