4550/J XXIII. GP
Eingelangt am 06.06.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des
Abgeordneten Kickl, Neubauer, Ing. Hofer
und weiterer
Abgeordneter
an den
Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz
betreffend Mindestsicherung für „subsidiär
Schutzberechtigte"
Der Entwurf für eine Vereinbarung zwischen dem Bund und
den Ländern gemäß
Art.
15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung
regelt in
seinem Artikel 4 Absatz 1, dass die entsprechenden Leistungen für alle
Personen,
die nicht in der Lage
sind, die in Artikel 3 genannten Bedarfsbereiche zu decken,
vorgesehen sind, solange sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich
haben.
Ein
Rechtsanspruch auf diese Leistungen besteht gemäß Absatz 3
jedoch lediglich
für alle Personen, die zu einem dauernden
Aufenthalt im Inland berechtigt sind,
wobei in beispielhafter Aufzählung
u. a. auch Asylberechtigte genannt werden.
Keinesfalls dauerhaft aufenthaltsberechtigt
sind hingegen Asylsuchende, wobei auf
die diesbezüglichen Verpflichtungen des Bundes
und der Länder aus der
Grundversorgungsvereinbarung ausdrücklich
verwiesen wird (Absatz 4).
Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass
Asylberechtigten ein
Rechtsanspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung
eingeräumt werden soll, während Asylsuchende in der Regel auch in
Zukunft auf
Basis der Grundversorgungsvereinbarung
sowie der daraufhin ergangenen Gesetze
versorgt werden sollen.
Keine explizite Regelung besteht
hingegen für Personen mit subsidiärem
Schutzstatus in Österreich. Bezüglich dieser Personengruppe können die Länder
gemäß Artikel 4
Absatz 1 des Entwurfs Leistungen ohne Rechtsanspruch und/oder in
eingeschränktem Ausmaß vorsehen. Eine entsprechende
Verpflichtung besteht
jedoch nicht.
Sowohl das Bundesministeriums für Inneres, als auch
das Bundesministeriums für
Wirtschaft und Arbeit regt in einer Stellungnahme die Gleichstellung von
subsidiär
Schutzberechtigten
Personen mit Asylberechtigten an.
Auch nach
Auffassung des UNHCR wirft die unterschiedliche Behandlung von
subsidiär Schutzberechtigten einerseits und Asylberechtigten
andererseits
verschiedene Fragen auf - sowohl völkerrechtlicher
als auch europarechtlicher
Natur:
So ist etwa der Grundsatz der
Nichtdiskriminierung zu beachten, der in einer Reihe
von Menschenrechtsinstrumenten verankert
ist, wie z. B. in Artikel 2 der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte, Artikel 2
und 26 des Internationalen Paktes über
bürgerliche und politische Rechte,
Artikel 14 der Europäischen Konvention zum
Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Artikel 2 des Internationalen
Paktes über wirtschaftliche, soziale und
kulturelle Rechte, Artikel 2 der Konvention
über die
Rechte des Kindes.
Der Menschenrechtsausschuss der
Vereinten Nationen (Allgemeine Stellungnahme
Nr. 18: Nichtdiskriminierung, Absatz 13)
brachte einen allgemeinen Grundsatz der
menschenrechtlichen Regelungen zum Ausdruck, dem zufolge Unterschiede in
der
Behandlung nur dann zulässig sind, „wenn die Kriterien für diese Unterschiede
vernünftig und
objektiv sind und einem Zweck dienen, der im Sinne des Paktes
gerechtfertigt
ist".
Dieser
Standpunkt wird im Wesentlichen auch vom Europäischen
Gerichtshof für
Menschenrechte
vertreten, der festgestellt hat, dass bei der Ausübung eines in der
Konvention verankerten Rechts „der
Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt wird,
wenn
die unterschiedliche Behandlung keine objektive und vernünftige
Rechtfertigung
hat" (siehe Belgian Linguistic case, Urteil vom 23. Juli 1968,
Serie A,
Nr. 6, Absatz 10). In
Abdulaziz, Cabales und Balkandali v. Vereinigtes Königreich,
befand der Gerichtshof, dass „eine
unterschiedliche Behandlung diskriminierend ist,
wenn sie .keine objektive und vernünftige Rechtfertigung hat', d. h.
wenn damit kein
.legitimes Ziel' verfolgt wird oder wenn keine ,verhältnismäßige
Beziehung zwischen
den eingesetzten
Mitteln und dem angestrebten Ziel besteht'" (Urteil vom 28. Mai
1985, Series A, Nr. 94, Absatz 72).
Eine
Ungleichbehandlung zwischen Asylberechtigten und subsidiär
Schutzberechtigten
verstößt aus Sicht von UNHCR außerdem gegen EU-Asylrecht.
So sieht die im April 2004 verabschiedete
so genannte „Statusrichtlinie"4, die bis 10.
Oktober 2006 in innerstaatliches Recht umzusetzen war, in Artikel 28 die Gewährung
von
Sozialhilfeleistungen an Flüchtlinge
und subsidiär Schutzberechtigte vor.
Gemäß Absatz 2 dieses Artikels haben die
Mitgliedstaaten zwar die Möglichkeit,
Sozialhilfe für subsidiär
Schutzberechtigte auf „Kernleistungen" zu beschränken, die
sie im gleichen
Umfang und unter denselben Voraussetzungen wie für eigene
Staatsangehörige gewähren.
Die Möglichkeit einer derartigen Einschränkung ist gemäß Erwägungsgrund Nr. 34
der Präambel dieser
Richtlinie jedoch so zu verstehen, „dass dieser Begriff
zumindest ein
Mindesteinkommen sowie Unterstützung
bei Krankheit, bei
Schwangerschaft und bei Elternschaft umfasst, sofern diese Leistungen nach den
Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats eigenen Staatsangehörigen
gewährt
werden". Erwägungsgrund Nr. 33 ergänzt, dass es
insbesondere zur
Vermeidung sozialer Härtefälle angezeigt ist, „Personen,
denen die
Flüchtlingseigenschaft
oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, ohne
Diskriminierung im Rahmen der Sozialfürsorge angemessene
Unterstützung in Form
von Sozialleistungen
und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu
gewähren".
In diesem
Zusammenhang richten unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister
für Soziales und Konsumentenschutz folgende
Anfrage:
Anfrage:
1.
Erachten Sie die unterschiedliche Behandlung von subsidiär
Schutzberechtigten als objektiv und vernünftig
gerechtfertigt?
2.
Werden Sie der
Forderung nach rechtlicher Gleichstellung von subsidiär
Schutzberechtigten im Rahmen der bedarfsorientierten Mindestsicherung
nachkommen?
3.
Mit welchem
finanziellen Mehraufwand wäre
zu rechnen, wenn diesen
Stellungnahmen inhaltlich Folge geleistet würde (absolut
und in Prozent zum
Gesamtvolumen)?
4. Gibt es bezüglich der finanziellen Auswirkungen Studien?
5. Sind dazu Studien in Auftrag gegeben worden?
6.
Wie wird von Seiten des BMSK der sogenannte „Kernbereich"
der
Sozialleistungen
definiert?
7.
Werden Sie der Forderung nach rechtlicher Einbeziehung von Staatenlosen
nachkommen?