4764/J XXIII. GP

Eingelangt am 09.07.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Maga Gisela Wurm und

GenossInnen,

an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend

betreffend weitere Fragen zum Thema Stammzellenforschung

Universitätsklinik für Urologie Innsbruck"

In der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage vom 10.4.2008, 4075/J der
XXIII. GP.-NR durch die Frau Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend
durch 4041/AB sind einige Fragen offen geblieben, teils unter Hinweis auf die noch
nicht vorliegenden Ergebnisse der Inspektion durch die AGES PharmMed, teils aus
anderen Gr
ünden. Die Thematik hat an der Medizinuniversität Innsbruck in der
Zwischenzeit zu weiteren Diskussionen geführt und weitere Themenkreise eröffnet.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für
Gesundheit, Familie und Jugend die nachstehende

Anfrage:

1.   Die folgenden Fragen 1 und 2 wurden als Fragen 6 und 10 bereits in der
eingangs erw
ähnten Anfrage gestellt und mit Hinweis auf die AGES
PharmMed-lnspektion noch nicht beantwortet. Welche Erkenntnisse hat diese
Inspektion zu den folgenden Fragen 2 und 3 erbracht?

Wie erklärt sich, dass die Studie Transurethrale ultraschallgezielte Injektion
von autologen Myoblasten, Fibroblasten und Kollagen" bei der
Ethikkommission zun
ächst als klinische Prüfung einer neuen medizinischen
Methode" und ein Jahr sp
äter als klinische Prüfung eines nicht registrierten
Arzneimittels" nach dem Arzneimittelgesetz und als
klinische Prüfung eines
Medizinproduktes" nach dem Medizinproduktegesetz eingebracht wurde - gab
es seitens des Ministeriums zwischenzeitlich eine diesbez
ügliche Aufklärung
des Antragstellers?

2.             Wenn es von 2003 bis 2007 keine weiteren Anträge zu klinischen Studien
über die Behandlung der Harninkontinenz mit Myo- und Fibroblasten gab, wie
erkl
ärt sich der Umstand, dass in dem LANCET-Artikel von Strasser und
anderen bis Bartsch vom 30.6.2006 berichtet wird, dass von 42 mit
Myoblasten und Fibroblasten in dieser laut den Autoren Phase-Ill-Studie
behandelten Frauen ein bestimmter Prozentsatz geheilt wurde, obwohl von
der Ethikkommission insgesamt nur 25 Prüfungsteilnehmer für die Teilnahme
an den zwei Phase-I-Studien AN 1604 und AN 1826 genehmigt worden sind?

3.             Sind dem Bundesministerium für Gesundheit, Familie, und Jugend bzw. dem
Bundesamt f
ür Sicherheit im Gesundheitswesen bezüglich zB der Lancet-Studie von Strasser und anderen bis Bartsch Meldungen über die
bevorstehende Durchführung der klinischen Prüfung sowie deren Beendigung
gemacht worden, so wie das § 32 Abs. 1 Z 5 AMG in der Fassung vor bzw.
nach der AMG Novelle 2004 verlangt?"

4.      Wenn nein, welche rechtlichen Schritte hat das BMGFJ deswegen
unternommen?

5.             Wie den Anfragestellern bekannt ist, hat der Vorsitzende der Ehtikkommission,
Prof. Lukas, den Generaldirektor f
ür Öffentliche Gesundheit, Prof. Hrabcik,
nachweislich mit Brief vom 16.7.2007 dar
über informiert, dass die in Lancet
ver
öffentlichte Studie von Strasser und anderen bis Bartsch der
Ethikkommission nicht zur Stellungnahme vorgelegt worden ist. Was konkret
haben der Generaldirektor für Öffentliche Gesundheit und das BMGFJ
daraufhin wann im Sinne der Einhaltung geltender österr. Gesetze
unternommen?

6.             Sie antworten in 4075/J XXIII. GP unter Frage 12 wörtlich: ´Verschwiegen
wurde sohin seitens der Ethikkommission, die es an sich aus der Aktenlage
h
ätten wissen müssen, dass man sich im Jahr 2002 zu einem Antrag der
Universit
ätsklinik für Urologie für nicht zuständig erklärte. Daraufhin wandten
sich die Antragsteller an den Arzneimittelbeirat´". Bei diesen Ausf
ührungen
muss es sich um einen Irrtum handeln: Den Antrag von Prof. Bartsch, den er
im Jahr 2002 gestellt hat (AN 1604), hat die Ethikkommission nach Vorliegen
des erg
änzenden Gutachtens des Arzneimittelbeirats Nr 778a in der Sache
behandelt und bef
ürwortet - von der Erklärung der Unzuständigkeit durch die
Ethikkommission kann daher keine Rede sein. Vielleicht beziehen Sie sich in
der Antwort auf den Brief der Ethikkommission vom 4. April 2001, in dem Prof.
Bartsch mitgeteilt wird:
Auf Grund der Rechtslage und der Neuheit der
Therapieverfahren m
üssen entsprechende Gutachten eingeholt werden, da
die Ethikkommission für die Genehmigung der beiden Projekte nicht zuständig
ist".

Auf Grund welcher Umstände nehmen Sie an, dass sich die Ethikkommission
f
ür eine Stellungnahme zu einer klinischen Prüfung mit Myo- und Fibroblasten
in diesem Brief f
ür unzuständig" erklärt hat, wenn

a.   Prof. Bartsch im Mai 2002 seinen zweiten Antrag auf eine Phase-I-Studie mit
Myo- und Fibroblasten (AN 1604) gestellt hat nach der Ank
ündigung, dass das
Gutachten des Arzneimittelbeirats Nr 778a, dessen Einholung nach der
damaligen Rechtslage erforderlich gewesen ist, worauf ihn die f
ür dieses
Gutachten unzust
ändige Ethikkommission anlässlich der Behandlung seines
ersten Antrags aus dem Jahr 2001 (AN 1353) und durch den Brief vom 4. April
2001 aufmerksam gemacht hatte, positiv ausfallen wird, und wenn

b.   die Ethikkommission diesen Antrag nach Vorliegen des Gutachtens des
Arzneimittelbeirats Nr 778a inhaltlich behandelt und positiv beurteilt hat?

7.   Sie bestätigen in 4075/J XXIII. GP unter der Antwort auf Frage 13 die von den
Juristen der Ethikkommission der Medizinischen Universit
ät von jeher; und
vom Rektor der Medizinischen Universit
ät Innsbruck, Prof. Sorg, gegenüber
THE LANCET vertretene Rechtsauffassung, wonach auch im Jahr 2002 die

Ethikkonnmission mit der Lancet-Studie von Strasser und anderen bis Bartsch
zu befassen gewesen wäre, und schreiben wörtlich: Die in dieser Frage
wiedergegebene Auffassung eines Mitarbeiters meines Ministeriums kann nur
auf der Grundlage seines seinerzeitigen Kenntnisstandes gesehen werden".
Der damit wohl gemeinte Mitarbeiter Ihres Ministeriums, der Generaldirektor
f
ür die Öffentliche Gesundheit Prof. Dr. Hrabcik, schreibt in seinem Brief vom
16.10.2007 unter anderem w
örtlich, dass im Jahr 2002 die Befassung der
Ethikkommission nicht verpflichtend war" bzw.
bestand keine Verpflichtung
zur Befassung der Ethikkommission".

Stimmt es, dass der Jurist Ihres Ministeriums, Mag. König, der diese
Rechtsfrage für Prof. Dr. Hrabcik zu prüfen gehabt hat, in seiner kurz vor dem
16. 10. 2007 verfassten Stellungnahme (
Einschaubericht") auch zu der
Rechtsauffassung gekommen ist, dass im Jahr 2002 die Ethikkommission mit
dieser klinischen Studie zu befassen gewesen w
äre?"

8.   Wenn ja, haben Sie Kenntnis, warum Prof. Dr. Hrabcik trotz dieser richtigen
Rechtsauskunft von Mag. K
önig aus der Rechtsabteilung Ihres Ministeriums,
die auch Sie in Ihrer Anfragebeantwortung 4075/J
XXIII. GP vertreten, die
gegenteilige, falsche Rechtsauffassung zu Papier gebracht und diese falsche
Rechtsauffassung der Ethikkommission und auch dem Anwalt von Prof.
Bartsch, Herrn Dr. Czernich, mitgeteilt hat?"

und

welche rechtlichen oder sonstigen Maßnahmen haben Sie gegen Prof. Dr.

Hrabcik wegen der wider besseren Wissens erteilten Rechtsauskunft

ergriffen?

9.            Wenn Sie keine rechtlichen oder sonstigen Maßnahmen deswegen gegen
Prof. Dr. Hrabcik ergriffen haben, warum nicht? Beabsichtigen Sie gegen ihn
solche Ma
ßnahmen zu ergreifen und wenn, nein, warum nicht?"

10. Welche rechtlichen Maßnahmen haben Sie ergriffen gegen die
Verantwortlichen der klinischen Phase-Ill-Pr
üfung, die der Veröffentlichung in
THE LANCET zugrunde liegt, die nach ihren Angaben zwischen 2002 und
2004 durchgef
ührt worden sein soll und die entgegen der Rechtslage auch
w
ährend der Jahre 2002 bis 2004 nicht der Ethikkommission zur
Stellungnahme vorgestellt worden ist und mit der auch nach damaligem Recht
nicht vor Vorliegen der - weil es sich auch um eine Medizinproduktestudie
gehandelt hat
positiven" - Stellungnahme der Ethikkommission begonnen
werden hätte dürfen?


 

11.Verstöße gegen Melde- und Genehmigungsregeln stellen zB nach § 84 Abs 1
Z 18 AMG einen Verwaltungsstraftatbestand dar, der nach
§ 31 Abs 2 VStG
bereits nach 6 Monaten verj
ährt. Alleine zwischen der Einreichung eines
Manuskripts
über eine klinische Prüfung eines Arzneimittels und der
Publikation der Studie vergehen regelmäßig mehr als 6 Monate. Erst durch die
Publikation aber k
önnen Außenstehende wie Mitglieder einer Ethikkommission
Kenntnis erlangen
über die Durchführung einer klinischen Studie, die der
Ethikkommission nicht zur Stellungnahme vorgestellt worden ist. Auf Grund
der mit 6 Monaten relativ kurzen Verj
ährungsfrist können solche
Verwaltungs
übertretungen wegen der späten Entdeckung nicht verfolgt
werden, diese Verwaltungs
übertretungen sind alleine deswegen praktisch

totes Recht". Für die Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von
Landes- und Gemeindeabgaben sieht
§ 31 Abs 2 VStG auch wegen der
regelmäßig späten Entdeckung solcher Taten eine Verjährungsfrist von einem
Jahr vor. Planen Sie, diese l
ängere Verjährungsfrist von einem Jahr auch für
Verst
öße gegen die Melde- und Genehmigungsregeln nach dem AMG und
MPG vorzusehen?