1336/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 17.11.2010
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

betreffend umgehende Einführung eines LKW-Mautzuschlags im Unterinntal zur Nutzung des bisher brachliegenden Spielraums für Querfinanzierung Straße -> Schiene

 

 

In der seit über vier Jahren in Kraft befindlichen EU-Wegekostenrichtlinie („Richtlinie 2006/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge“) ist in Art. 7 Abs. 11 normiert:

 

Unbeschadet des Artikels 9 ... kann in Ausnahmefällen bei Verkehrswegen in Bergregionen ... ein Mautaufschlag für bestimmte Straßenabschnitte erhoben werden,

a)    die von einer akuten, den ungehinderten Fahrzeugverkehr beeinträchtigenden Verkehrsüberlastung betroffen sind oder

b)    deren Benutzung durch Fahrzeuge erhebliche Umweltschäden verursacht, sofern

·         die durch den Mautaufschlag erzielten Einnahmen in vorrangige Vorhaben von europäischem Interesse nach Anhang III der Entscheidung Nr. 884/2004/EG investiert werden, die unmittelbar zur Verringerung der betreffenden Verkehrsüberlastung bzw. der betreffenden Umweltschäden beitragen und die auf derselben Verkehrsachse liegen wie der Straßenabschnitt, für den der Mautaufschlag gilt;

·         der Mautaufschlage, der auf gemäß Absatz 10 differenzierte Mautgebühren angewandt werden darf, 15 % ... nicht überschreitet, außer wenn die erzielten Einnahmen in grenzüberschreitende Abschnitte vorrangiger Vorhaben von europäischem Interesse ... investiert werden; in letzterem Fall darf der Aufschlag 25 % nicht überschreiten.

 

Diese EU-Norm ist die Grundlage für LKW-Mautzuschläge in Tirol. Während für die A 13 Brennerautobahn der 25%-LKW-Mautzuschlag bereits eingehoben und für das Projekt Brennerbasistunnel zur Verfügung gestellt wird, liegt die Möglichkeit eines LKW-Mautzuschlages auf der A12 Inntalautobahn im Unterinntal zum Zweck der Querfinanzierung noch immer brach.

 

Dabei stand bereits im SPÖ-ÖVP-Koalitionsabkommen der vorigen (XXIII.) Gesetzgebungsperiode auf S. 63 zu lesen:

Die Möglichkeiten zur Querfinanzierung aufgrund der bestehenden WegekostenRL werden voll ausgeschöpft.“


Im SPÖ-ÖVP-Koalitionsabkommen der aktuellen (XXIV.) Gesetzgebungsperiode ist in ähnlich unmissverständlicher Weise festgehalten:

„Gültige WegekostenRL (Querfinanzierung, jährliche Valorisierung):

Die Möglichkeiten der derzeitigen (…) Wegekostenrichtlinie, beispielsweise zur Querfinanzierung alternativer umweltfreundlicherer Infrastrukturen wie des Brennerbasistunnels (…) werden insbesondere im sensiblen Alpenraum ausgeschöpft.“

 

Österreich sollte diese mühsam erkämpfte Regelung zur Querfinanzierung der Schiene umgehend nützen. Das Unterinntal mit der als Zulaufstrecke zum geplanten Brennerbasistunnel argumentierten Unterinntaltrasse liegt – wie das gesamte Bundesland Tirol – innerhalb des sensiblen Alpenraums in der völkerrechtlich vereinbarten Abgrenzung gemäß Alpenkonvention. Wenn vorhandene, europarechtlich abgesicherte Möglichkeiten der Querfinanzierung jahrelang ungenutzt bleiben, drohen der Glaubwürdigkeit Österreichs bei den europäischen Partnern (und erst recht Gegnern!) bei den zB im Hinblick auf die nächste Novelle der EU-Wegekostenrichtlinie vorgebrachten Forderungen nach mehr Kostenwahrheit und Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Schiene irreparable Schäden.

 

Bei der Budgetklausur der Bundesregierung am 22./23.10.2010 in Loipersdorf, aber auch etwa im EU-Unterausschuss des Hauptausschusses des Nationalrats am 9.11.2010 hat Ministerin Bures – wie von den Grünen seit Jahren gefordert - für die Diskussion um den Bau des Brennerbasistunnels inhaltliche Bedingungen formuliert. Sie hat u.a. die Erhöhung der Unterinntalmaut auf jenes Niveau verlangt, welches die EU-Wegekostenrichtlinie ermöglicht.

Es geht hier um jährliche Einnahmen von 10-15 Mio. €, die zu zwei Drittel von den transitierenden LKW bezahlt würden.

Hebt man diesen Mautzuschlag weiterhin nicht ein, lässt man viel Geld für die in ihren Kosten ohnedies weit über dem seinerzeitigen Plan liegende Unterinntaltrasse der Bahn buchstäblich „auf der Straße liegen“.

Zugleich würde mit diesem Mautzuschlag für die Strecke Innsbruck-Kufstein eine Tonne auf der Straße transportierter Stahl 60 Cent mehr kosten, ein Kilogramm Brot gerade 0,06 Cent mehr. Das sind geradezu lächerliche, beim Produktpreis für die Endabnehmer nicht wahrnehmbare Summen. Der Widerstand einiger lokaler Wirtschaftsfunktionäre – der offenbar bisher die Umsetzung der in zwei SPÖ-ÖVP-Regierungsübereinkommen enthaltenen Festlegung verhindert hat – entbehrt also jeder sachlichen Grundlage.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, die seit vier Jahren in Bundes-Regierungsübereinkommen enthaltene Festlegung auf Ausnutzung aller EU-rechtlich gegebener Spielräume für Mautzuschläge im sensiblen Alpenraum umzusetzen.

 

In diesem Sinn ist vorrangig insbesondere die Einhebung des laut Wegekosten-Richtlinie 2006/38/EG seit Jahren zulässigen, wirtschaftlich völlig unbedenklichen LKW-Mautzuschlags im Tiroler Unterinntal ohne weiteren Aufschub zu veranlassen.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verkehrsausschuss vorgeschlagen.