1393/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 20.01.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Grünewald, Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Kinder psychisch kranker Eltern

 

 

Psychische Störungen betreffen und belasten nicht nur die erkrankten Menschen selbst, sondern auch ihre Familien, Kinder befinden sich dabei in einer besonders schwierigen Situation. Die psychische Erkrankung eines Elternteils ist eine große Herausforderung für die ganze Familie, gerade Kindern und Jugendlichen fehlen häufig altersgemäße Informationen und Strategien, die ihnen den Umgang mit der Situation erleichtern.

Dazu ist, neben der Unterstützung und Beratung weiterer Familienangehöriger und mit der Erziehung betrauter Personen, eine Schulung von Berufsgruppen und Menschen, die täglich mit betroffenen Kindern und Jugendlichen arbeiten – wie LehrerInnen, KindergärtnerInnen, ÄrztInnen und PsychotherapeutInnen - notwendig.

 

Kinder haben immer häufiger unter psychischen Erkrankungen
ihrer Eltern zu leiden. Geholfen wird ihnen oftmals erst dann, wenn sie
selbst alt genug sind, um sich an eine Hilfsorganisation zu wenden oder sie
eine psychische Auffälligkeit entwickelt haben. Eine Studie[1] am Wiener AKH zum Thema "Minderjährige Angehörige von Schizophrenie-Kranken" hatte ergeben, dass das größte Problem für die Kinder sei "woanders bleiben zu müssen" (42,9 Prozent).

Nämlich dann, wenn der kranke Elternteil nicht in der Lange sei, sich selbst um das Kind zu kümmern. 28,6 Prozent der Kinder würden sich für den Vater oder die Mutter
schämen, genauso viele hatten sogar Angst vor dem betroffenen Elternteil
oder konnten nachts nicht schlafen[2].

 

Trotzdem werden sie vielfach nicht wahrgenommen und auch nicht angemessen unterstützt. Dies ist wahrscheinlich auch ein Grund, warum in diesem Zusammenhang auch von den „vergessenen Kindern[3]“ gesprochen wird. Eine zweite Ursache für diese Begriffswahl könnte sein, dass lange Zeit ein „blinder Fleck“ sowohl in der Erwachsenenpsychiatrie wie auch in der Kinder- und Jugendhilfe in Bezug auf die Kinder psychisch kranker Menschen vorhanden war. Dabei belegen aktuelle Daten[4], dass das Risiko für eine affektive, also Gemütsstörung wie Depression und/oder Manie ist etwa 3- bis 6-mal höher als bei unauffälligen Eltern. Sind beide Elternteile depressiv erkrankt, liegt die Erkrankungswahrscheinlichkeit bei rund 70%. Noch problematischer wird es offenbar bei Eltern mit einer Persönlichkeitsstörung, bei Angststörungen liegt das Risiko um das 7-fache über dem Durchschnitt.

Unsere Verantwortung ist es, besonderes Augenmerk auf die jüngsten Angehörigen zu legen, es gilt, neben dem Wohl der Eltern vor allem das Wohl der Kinder zu sichern, weil diese mit besonderen Belastungen konfrontiert sind. In der fälschlichen Annahme, Kinder würden ohnehin nichts merken oder sie seien noch zu klein, um zu verstehen, wird mit Ihnen oft nicht über die Erkrankung des Elternteils gesprochen.

 

Glücklicherweise gibt es Hilfe für Kinder psychisch erkrankter Eltern, wie etwa die HPE (Hilfe für Angehörige psychisch Erkrankter)[5], an die sich Betroffene in ganz Österreich wenden können. Die Beratungen sind für die Betroffenen kostenlos, es muss allerdings um Spenden sowie freiwillige Kostenbeiträge gebeten werden.  Die ersten HPE Gruppen wurden bereits vor 33 Jahren gegründet, österreichweit gibt es ca. 86 Selbsthilfegruppen für Angehörige psychisch Erkrankter,  HPE verschickt jährlich rund 12.000  KONTAKT Zeitschriften, 8.000 Broschüren und 4.000 Einladungen.

Weitere Angebote sind z.B. das Salzburger Präventionsprojekt des Vereins AhA! -Angehörige helfen Angehörigen, das sich „JOJO-Kindheit im Schatten“ nennt, in Tirol gibt es das Caritas Projekt TAKA TUKA, das Projekt KIESEL der Sozialpsychiatrischen Dienste des aks in Vorarlberg bietet ebenfalls Hilfe und Unterstützung für Kinder, deren Eltern unter einer psychischen Erkrankung leiden.

„Für Eltern steht meist die Bewältigung des Alltags im Mittelpunkt. Die Kinder und Jugendlichen haben jedoch eigene Bedürfnisse und Fragen, die dann oft zu wenig berücksichtigt werden“, erklärt Thomas Struber, Leiter der Sozialpsychiatrischen Dienste.

Gemeinsam darüber reden hilft Kindern und Jugendlichen oft schon stark weiter, durch die Möglichkeit,

Die Dunkelziffer an Betroffenen ist sehr hoch, nach einer Umfrage des Vereins Aha!  wurden allein in Salzburg an einem Stichtag 2002 insgesamt 504 Kinder mit psychisch kranken Eltern eruiert (bei Patienten, die in Betreuung/Therapie sind). Martin Pachinger, Leiter der Pro Mente Jugend in Oberösterreich, hat in einer Publikation aus dem Jahr 2000 festgehalten, dass ein Viertel der Kinder und Jugendlichen, die stationär jugendpsychiatrisch behandelt werden, Eltern, die psychisch krank sind, haben. Das müsste nicht sein: „Besser früh betreuen als später behandeln“.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Der   Bundesminister   für   Gesundheit   wird   aufgefordert,  die Versorgung von Kindern und Jugendlichen psychisch kranker Eltern zu evaluieren und diesen Bericht dem Nationalrat bis Juni 2011 zuzuleiten. In Folge dessen ist ein  flächendeckendes    Angebot zur Versorgung dieser Kinder und Jugendlichen in Ergänzung und Erweiterung des bestehenden Angebotes sicherzustellen. Auch ist zu gewährleisten, dass die bereits bestehenden Institutionen finanziell ausreichend unterstützt werden.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuss vorgeschlagen.

 

 

 

 

 



[1] Krautgartner M., Unger A., Gössler R., Rittmannsberger H., Simhandl Ch., Grill W., Stelzig-Schöler R., Doby D., Wancata J.(2007): Minderjährige Angehörige von Schizophrenie-Kranken: Belastungen und Unterstützungsbedarf. Neuropsychiatrie 21:4, 267-275

[2] APA0281 5 CI 0540 Siehe APA0032/20.10 Mi, 20.Okt 2010

http://derstandard.at/1287099585532/Angehoerige-Kinder-psychisch-erkrankter-Eltern-oft-damit-allein

[3] http://www.kipsy.net

[4] http://www.kipsy.net/24.0.html Zahlen und Fakten

[5] http://www.hpe.at/index.html KONTAKT - Zeitschrift der HPE (Hilfe für Angehörige Psychisch Erkrankter) Österreich, Ausgabe 2/2009.