1694/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 12.10.2011
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde

 

betreffend „Wir wollen keinen grauen Strom“ – Atomstromimporte verbieten

 

 

BEGRÜNDUNG

 

 

BK Faymann in NR Sondersitzung nach Fukushima (22.03.2011):


Die besondere Aufgabe des atomfreien Österreichs bestehe darin, seine Glaubwürdigkeit, die es seit der Volksabstimmung gegen die Kernenergie im Jahr 1978 besitzt, in Europa einzusetzen.“

 

Österreich importiert Atomstrom. Nach Angaben der E-Control beträgt der österreichische Atomstromanteil 6%, nach Angaben von Umweltschutz-organisationen sogar bis zu 15%. Unternehmen in österreichischem Staatsbesitz handeln mit Atomstrom, österreichische Firmen, die auch öffentliche Aufträge bekommen, sind beim Bau von AKWs beteiligt.

 

Nach dem dreifachen Super-GAU von Fukushima, Japan am 11. März 2011 gab es medial eine erhöhte Aufmerksamkeit für die Notwendigkeit eines europaweiten Atomausstiegs. In diesem Zusammenhang wurde von der Bundesregierung erkannt, dass die Atomstromimporte aus dem Ausland nach Österreich ein erhebliches Glaubwürdigkeitsproblem darstellen.

 

BK Faymann (5. Juni 2011):

 

"Wir wollen als Regierung garantieren, dass es ab 2015 keinen Atomstrom mehr in unseren Netzen gibt."

 

Als Ergebnis eines gemeinsamen „Atomstrom-Gipfels“ der am 1. Juli 2011 zwischen den Umweltschutzorganisationen GLOBAL 2000 und Greenpeace und der Regierung sowie Vertretern der E-Wirtschaft stattfand, bekannte sich der Bundeskanzler eindeutig für ein Verbot der Abgabe von "Strom unbekannter Herkunft" (sogenannter „Graustrom“) an EndverbraucherInnen in Österreich.


BK Faymann in einer Aussendung nach dem Atomstrom-Gipfel (1.7.2011):

 

 „Wir brauchen einen nationalen Schulterschluss für eine Zukunft ohne Atomkraft“

 

"Wir sind uns einig, dass wir in Österreich überhaupt keinen Atomstrom haben wollen. Daher müssen wir gemeinsam klären, wie man auf mittlere Sicht Importe von Atomstrom verhindern kann. […] Die notwendigen Maßnahmen dazu wollen wir bis Herbst zusammen erarbeiten."

 
"Uns ist sehr an dieser Klarheit gelegen, denn wir wollen keinen 'grauen Strom', von dem wir nicht wissen, woher er kommt.“

 

Die Umweltorganisationen ermittelten daraufhin zunächst, wie viel Atomstrom noch immer von österreichischen Energieunternehmen an die BürgerInnen verkauft wird. Das Ergebnis: In Summe handelt es sich bei 6% (oder ca. 4 TWh) des Endstromverbrauchs in Österreich um Atomstrom. Diese Menge entspricht der Jahresproduktion von zwei Atomreaktoren. Noch schlechter sieht die Bilanz für einige ausgewählte Energieversorger aus. So befinden sich, nach Berechnung der Umweltorganisationen im Portfolio der KELAG 23%, des Verbunds 16% und der TIWAG 12% Atomstrom (Global 2000, 27.9.2011).

 

Inzwischen haben die Umweltorganisationen auch konkrete Lösungsvorschläge vorgelegt, wie sich der Import von Atomstrom nach Österreich verhindern lässt.

Hierfür bedarf es lediglich einer Novellierung des Elektrizitätswirtschafts- und-organisationsgesetzes (ElWOG).

 

 Zwei Änderungen müssen vorgenommen werden:

 

1.    Verbot der Abgabe von Strom unbekannter Herkunft („Graustrom“). Dies kann durch die Streichung des letzten Satzes von §79, 3, der die Abgabe von Graustrom regelt und explizit erlaubt, geschehen. Dies hätte zur Folge, dass zukünftig nur noch Strom mit Herkunftsnachweis in Österreich abgegeben werden kann.

2.    Verbot der Abgabe von Atomstrom an Endkunden im ElWOG.

 

Damit wäre das Schlupfloch für Atomstrom in unseren Netzen einfach und nachhaltig geschlossen.

 

Die Umweltschutz-Organisationen legten außerdem eine Berechnungen für die finanziellen Auswirkungen dieses Schritt vor: Die Kosten des österreichischen Atomstromausstiegs durch den Zukauf von Grünstrom-Nachweisen würde insgesamt Kosten in Höhe von maximal € 33 Mio. pro Jahr nach sich ziehen.

 

Von der Regierung kam unterdessen: kein nationaler Schulterschluss, sondern die kalte Schulter:

 

Nachdem die Rechtsexpertisen der deutschen Umweltrechts-Juristin Dr. Michéle John und des österreichischen Energierechts-Spezialisten Dr. Reinhard Schanda die rechtliche Umsetzbarkeit eines Atomstromimports belegten, verlautbarte Wirtschaftsminister Mitterlehner in einer Aussendung prompt, gegen "vorschnelle Handlungen" zu sein und spielte den Ball der (nicht zuständigen) EU-Kommission zu. (Aussendung vom 11.10.2011)


Drei Monate nach dem Atomstrom-Gipfel muss die Bundesregierung endlich eigene Schritte unternehmen, um das angekündigte Atomstromimportverbot umzusetzen. Die Vorleistung hierzu wurde ohnehin schon von der Zivilgesellschaft erbracht.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend werden aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Novelle des Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetzes (ElWOG) mit dem Ziel des Verbots der Abgabe von „Strom unbekannter Herkunft“ und der Abgabe von zertifiziertem Atomstrom vorzulegen.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie  vorgeschlagen.