1704/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 19.10.2011
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Helene Jarmer, Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person

 

 

BEGRÜNDUNG

 

§ 205 StGB lautet:

 

(1) Wer eine wehrlose Person oder eine Person, die wegen einer Geisteskrankheit, wegen einer geistigen Behinderung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig ist, die Bedeutung des Vorgangs einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er an ihr eine geschlechtliche Handlung vornimmt oder von ihr an sich vornehmen lässt oder sie zu einer geschlechtlichen Handlung mit einer anderen Person oder, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an sich selbst vorzunehmen, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(2) Hat die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) oder eine Schwangerschaft zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren zu bestrafen. Hat die Tat jedoch den Tod der missbrauchten Person zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.

 

Da in § 205 Abs 1 StGB nicht zwischen Beischlaf oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung und (sonstiger) geschlechtlichen Handlung differenziert wird, steht man vor dem Ergebnis, dass eine Vergewaltigung unter Ausnützung der besonderen Wehrlosigkeit einer behinderten Person mit maximal 5 Jahren bestraft werden kann, während der Strafrahmen bei der Vergewaltigung nach § 201 StGB 10 Jahre beträgt.

 


Der deutsche Gesetzgeber hat deshalb im § 177 Abs 1 StGB die unterschiedlichen Tatmitteln der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung, Gewalt/Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben/Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist, gleichrangig nebeneinander gestellt und insofern einem einheitlichen Strafrahmen unterstellt. Siehe auch Beschluss des deutschen Bundesgerichtshofes 1 StR 580/10 vom 12.1.2011.

 

Auch der unabhängige Monitoringausschuss zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung meint in einer Stellungnahme vom 24. Februar 2011: „Ausnahmeregelungen auf Grund von Beeinträchtigung bzw. Behinderung, so auch im Strafrecht, zB werden Sexualdelikte gegen Menschen mit Behinderung vielfach unter § 205 StGB (Sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person, vormals Schändung) abgehandelt, erschweren nach erlittenem Unrecht den Zugang zu Gerechtigkeit. Aus dem Kriterium der „Wehrlosigkeit“ wird eine mildere Bestrafung abgeleitet, entgegen der Schieflage, die gerade durch die „Wehrlosigkeit“ entsteht und deren Ausnutzung so besonders verwerflich ist.“

 

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf  zur Novellierung des StGB vorzulegen, der für die Tat der Vergewaltigung einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person unter Ausnützung ihrer mangelnden Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit die gleichen Strafrahmen vorsieht, wie diese auch für die Tatbestände der Vergewaltigung § 201 Abs 1 StGB und qualifizierten Vergewaltigung § 201 Abs 2 StGB gelten.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss  vorgeschlagen.