1988/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 13.06.2012
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Judith Schwentner, Alev Korun, Freundinnen und Freunde

 

betreffend die Beweislast im Gleichbehandlungsgesetz

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

 

Vor allem im Zusammenhang mit Entgeltdiskriminierungen bezog sich der Europäische Gerichtshof (EUGH) wiederholt darauf, dass eine Beweislastumkehr dann geboten ist, wenn der/die KlägerIn dem Anschein nach diskriminiert wird und er oder sie sonst kein wirksames Mittel hätte, ihre/seine Ansprüche geltend zu machen. Dieser Zugang fand Niederschlag in der Beweislastrichtlinie und den Gleichbehandlungs- und Anti-Diskriminierungsrichtlinien. Es geht darum, Tatsachen glaubhaft zu machen, die eine Diskriminierung vermuten lassen. Diese Regelung trägt der Tatsache Rechnung, dass in der Regel Unterlagen bzw. betriebliche Informationen weit eher ArbeitgeberInnen als diskriminierten Personen zur Verfügung stehen und legt damit eine Gewichtung fest, die RichterInnen zu befolgen haben.

 

Der österreichische Gesetzgeber hat in Umsetzung des Gemeinschaftsrechts eine für die klagende Partei ungünstigere Formulierung gewählt: Wer sich auf einen Diskrimierungstatbestand beruft, hat diesen zunächst glaubhaft zu machen. Der beklagten Partei obliegt es dann zu beweisen, dass es wahrscheinlicher ist, dass ein anderes glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war. Das Gericht hat also zunächst zu prüfen, ob jener Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht ist, der es rechtfertigt, die fragliche Tatsache für wahr oder zumindest für überwiegend wahrscheinlich zu halten. Entscheidend ist daher in der Regel welche Partei ihren Standpunkt am überzeugendsten darstellen kann. Beweislastfragen stellen sich erst dann, wenn dies keiner Partei gelingt. Dies bedeutet, dass nach Glaubhaftmachung durch den/die KlägerIn die Klage bereits abgewiesen werden kann, wenn laut Gericht eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein anderes Motiv für die Benachteiligung ausschlaggebend war. Eine korrekte Umsetzung der EU-Regelung würde jedoch nur eine Beweislasterleichterung für den/die KlägerIn vorsehen und der/die Beklagte müsste beweisen, dass das Gleichbehandlungsgebot nicht verletzt wurde. Die Beweisregelungen im österreichischen Gleichbehandlungsgesetz enthalten keine eindeutigen Handlungsrichtlinien für die RichterInnen. Dadurch wird die Möglichkeit der Rechtsdurchsetzung für Betroffene von Diskriminierungen geschwächt. Beweis, Wahrscheinlichkeit und Glaubhaftmachung in einer Beweislastregelung zu vereinen, erscheint juristisch sinnwidrig. Denn wo ein Beweis erbracht werden muss, geht es nicht mehr um Wahrscheinlichkeiten, sondern eben um die volle Überzeugung, bei der keine Zweifel offen bleiben dürfen. Daher handelt es sich hier um keine adäquate Umsetzung der EG-Richtlinien in die nationale Gesetzgebung.

 

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Öffentlichen Dienst wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes vorzulegen, wonach im Einklang mit den gelten Richtlinien der Europäischen Union die Beweislastregelung so geändert wird, dass in jenen Fällen eine Beweislastumkehr vorzusehen ist, in denen die/der KlägerIn Tatsachen glaubhaft machen kann, die eine Diskriminerung vermuten lassen.”

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss  vorgeschlagen.