2222/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 27.02.2013
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Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Josef Bucher, Dr. Wolfgang Spadiut, Sigisbert Dolinschek
Kolleginnen und Kollegen
betreffend Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Lebensmittelskandale

 

Am 20. Februar 2013 fasst die APA die unglaublichen Ereignisse rund um die Funde von nicht deklariertem Pferdefleisch in Lebensmittel in der EU zusammen:

„Der Pferdefleisch-Skandal in Europa - Eine Chronologie

15. Jänner 2013: Die irische Lebensmittelaufsicht FSAI teilt mit, in Supermärkten in Großbritannien und Irland seien Spuren von Pferdefleisch in Hamburgern gefunden worden. Zu den Verkäufern der als Rindfleisch gekennzeichneten Burger gehören unter anderem die Discounter Aldi und Lidl.

8. Februar: Die britische Lebensmittel-Aufsichtsbehörde FSA teilt mit, neuen Untersuchungen zufolge enthielten als Rindfleisch-Lasagne gekennzeichnete Produkte bis zu 100 Prozent Pferdefleisch. Erste Spuren führen laut FSA zu einem französischen Hersteller, der Fleisch unter anderem aus Rumänien bezieht.

10. Februar: Die schwedische Lebensmittelaufsicht ermittelt gegen den Tiefkühlhersteller Findus. In Frankreich nehmen nach Medienberichten sechs Supermarktketten Lasagne und andere Fertiggerichte aus dem Sortiment. Rumänien untersucht Schlachthöfe, von denen Pferdefleisch kommen soll.

12. Februar: Die britische Lebensmittelaufsicht FSA schließt nach einer Razzia zwei Fleischverarbeitungsbetriebe in England und Wales. Dort wurde das Fleisch vermutlich zu Burgern und Kebabs verarbeitet. Bisher sind vor allem Fälle in Großbritannien, Irland, Frankreich, Rumänien, Polen, Luxemburg und Schweden bekannt. Die Agrarminister der beteiligten Staaten kommen zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen.

13. Februar: Auch in Deutschland tauchen Produkte mit falsch deklariertem Fleisch auf. Die Supermarktkette Real ruft eine Tiefkühl-Lasagne mit Anteilen von Pferdefleisch zurück.

14. Februar: In Deutschland entdeckt nach Real auch Edeka Pferdefleisch in Fertiggerichten, die nur Rind enthalten sollten. In London wird bekannt, dass Fleisch von Pferden, die mit dem Rheumamittel Phenylbutazon behandelt wurden, vermutlich in die Nahrungskette gelangt ist.


15. Februar: Der Skandal erreicht Österreich. Im Produkt "Combino Tortelloni" der Liechtensteiner Firma Hilcona, die unter der Handelsmarke Gusto firmiert und über den Diskonter Lidl in Deutschland und Österreich verkauft wurde, wird Pferde-DNA gefunden. Das gibt die AGES, die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, bekannt. Laut AGES enthielt eine Probe 5,2 Prozent Pferdefleisch.

Bei der Fahndung nach falsch deklariertem Pferdefleisch wollen die EU-Staaten nun DNA-Tests von verarbeitetem Rindfleisch machen. Die Untersuchungen sollen bis Ende März abgeschlossen sein. In diesem Zeitraum sind 2.250 Gentests durch nationale Behörden vorgesehen. Außerdem wollen die Staaten bei Pferdefleisch nach Rückständen des Medikaments Phenylbutazon fahnden.

Die französischen Behörden machen in der Firma Spanghero in Südwesten des Landes einen Hauptverantwortlichen des Skandals aus und nennen konkrete Zahlen. Demnach bezog Spanghero über sechs Monate verteilt in 25-Kilogramm-Packungen 750 Tonnen Pferdefleisch aus Rumänien. Das Pferdefleisch war auf Zollpapieren auch als solches ausgezeichnet, wie von dem zyprischen Zwischenhändler ausgestellte Rechnungen zeigen. Von diesen 750 Tonnen Pferdefleisch verkaufte Spanghero rund 200 Tonnen selbst. Rund 550 Tonnen wurden an eine Fabrik des französischen Tiefkühlherstellers Comigel in Luxemburg geliefert - ausgezeichnet als Rindfleisch aus der EU. Aus diesen 550 Tonnen fertigte Comigel schließlich mehr als 4,5 Millionen falsch ausgezeichnete Fertigprodukte. Diese gingen an mindestens 28 Firmen in 13 europäischen Ländern.

18. Februar: In einem weiteren von Lidl in Österreich verkauftem Produkt - "Combino Penne Bolognese 750 Gramm" des Herstellers Copack/Frosta - wird nach einer Eigenuntersuchung des Diskonters Pferdefleisch gefunden. Das Produkt ist erst an diesem Tag als Angebot in die Regale des Marktes gekommen, wird aber gleich wieder aus dem Angebot genommen. Im Nachbarland Schweiz werden insgesamt sieben Produkte der Liechtensteiner Firma Hilcona aus den Regalen genommen.

20. Februar: Der Skandal weitet sich auf Tschechien aus. Hier werden die Behörden in zwei Chargen einer Tiefkühl-Lasagne fündig, teilt die nationale Lebensmittelaufsicht SZPI in Brünn (Brno) mit. Unterdessen wird bekannt, dass in Deutschland bereits 34 amtliche Proben positiv getestet worden sind.“

 

Darüber hinaus wurden die Behörden auch in Kärnten fündig, wo nicht deklariertes Pferdefleisch in Wurstprodukten einer Fleischerei aus St. Georgen im Lavanttal gefunden wurde. Der betroffene Unternehmer ist bereits geständig. Grund des Einschreitens war allerdings nicht angeordnete Kontrollen der zuständigen Behörde, sondern eine anonyme Anzeige.

Es handelt sich allerdings nicht um den ersten Lebensmittelskandal. Im Jahr 2010 gab es sogar Todesopfer durch Listerien in Käsereiprodukten aus Österreich. Vor wenigen Tagen wurde ein Eierproduzent von einem österreichischen Gericht zu einer mehrjährigen Haftstrafe – noch nicht rechtskräftig – verurteilt.

Die Skandale zeigen immer wieder die Mängel der Lebensmittelsicherheit auf: Behördenwildwuchs und Kompetenzaufsplittung, Gütesiegeldschungel, mangelnde Kontrollen bzw. Kontrollen, die erst nach dem Auffliegen von Skandalen überhaupt beginnen und Strafen, die nicht abschrecken. Demgegenüber steht eine weltweit agierende Lebensmittelmafia, die international vernetzt mit den zuständigen Behörden Katz und Maus spielt. Sollte es doch einmal zu einem Verfahren kommen und sind die Täter auch tatsächlich greifbar, so sind die Strafen meist gering und wirken im Zusammenspiel mit der geringen Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, alles andere als abschreckend.

Bezeichnend ist es auch, dass eine einstimmig im Nationalrat beschlossene Entschließung vom 18. November 2009 (58/E) bis zum heutigen Tag nicht einmal in Ansätzen seitens der Bundesregierung umgesetzt worden ist. Die Umsetzung der Entschließung betreffend die Kennzeichnung von Lebensmitteln würde unter anderem den Kennzeichnungs- und Gütesiegeldschungel lichten, klare Herkunftsregelungen schaffen und „Schummelprodukte“ besser als solche erkenntlich machen.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert dem Nationalrat ein umfassendes Paket zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit vorzulegen, das zumindest folgende Punkte umfasst:

·        Verschärfung der Strafen für Vergehen nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz

·        Schaffung einer österreichweiten Behörde mit umfassender Kontrollkompetenz

·        Stopp dem Gütesiegeldschungel – Wiederbelebung von Made in Austria

·        sofortige Umsetzung der Entschließung 58/E vom 18. November 2009“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft verlangt.