441/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 17.02.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Schatz, Freundinnen und Freunde

 

betreffend betreffend die fehlerhafte Anrechung angeblicher PartnerInneneinkommen in der Notstandshilfe

 

 

Beim Vollzug des Arbeitslosenversicherungsrechtes durch das AMS werden Bestimmungen über die Einbeziehung von Einkommen vermeintlicher oder tatsächlicher LebensgefährtInnen zum Nachteil der AntragstellerInnen ausgelegt.

 

Die Fehlerquelle liegt sowohl in der Beurteilung der jeweiligen Lebenssituation durch das AMS wie auch in der für die AntragstellerInnen nicht eindeutig nachvollziehbare Frage, ob sie in einer Lebensgemeinschaft leben.

 

Bei der Berechnung von Ansprüchen aus der Notstandshilfe senkt ein etwaiges Partnereinkommen die Ansprüche der AntragstellerInnen. Aus diesem Grund werden die Anspruchsberechtigten bei der Antragstellung gefragt, ob sie in einer Lebensgemeinschaft leben. Wird diese Frage bejaht und liegt ein Einkommen der oder des vermeintlichen Partners/Partnerin in der Lebensgemeinschaft vor, reduziert sich der Notstandshilfeanspruch.

 

Diese Vorgangsweise des AMS widerspricht jedoch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Der VwGH hat erkannt, dass Einkommen anderer in der selben Wohnung lebenden Personen nur dann bei der Berechnung von Ansprüchen einbezogen werden können, wenn der oder die AntragstellerIn gegenüber dieser Person entweder

l        einen Unterhaltsanspruch hat oder

l        tatsächlich Unterhaltsleistung (auch ohne Anspruch) erfolgen.

 

AntragstellerInnen ist die rechtliche Bedeutung der Frage bei deren Beantwortung selbstverständlich nicht bewusst. Sie beantworten subjektiv nicht die Frage, ob sie Unterhaltsansprüche gegen den Partner haben oder von dieser/m tatsächlich finanziell unterstützt werden, sondern eine emotional besetzte Frage: Ja, ich lebe mit einem Menschen zusammen, den ich liebe.

 

Auf diese Weise werden die Ansprüche der AntragstellerInnen in rechtlich nicht vertretbarer Weise verkürzt. Ihnen wird ein Einkommen zugerechnet, das sie gar nicht haben.


Es kann nicht vorausgesetzt werden, dass AntragstellerInnen der rechtliche Inhalt einer etwaigen Aussage, sie lebten in einer Lebensgemeinschaft, bewusst ist. Das Wort „Lebensgemeinschaft“ bezeichnet im Verständnis vieler Menschen zuallererst Wohn- und Geschlechtsgemeinschaft, ohne jedoch auf eine Wirtschaftsgemeinschaft abzustellen.

 

Das AMS leistet keinen Beitrag zur Aufklärung der Menschen. In den FAQs des AMS zu Notstandshilfe ist zu lesen: „Ausschlaggebend für die Berücksichtigung des Einkommens Ihres/ Ihrer Lebensgefährten/Lebensgefährtin ist nicht die getrennte Kontenführung, da diese meist auch im Falle einer Ehe vorliegt, sondern es sind vielmehr die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft maßgebend, die zu einer Verringerung der Lebenskosten führen.“

 

Was also eigentlich eine Lebensgemeinschaft genau ist, wird nicht erläutert und bleibt für die Informationssuchenden somit unverständlich.

 

Auch im Antragsformular selbst wird nur nach dem Vorhandensein einer Lebensgemeinschaft gefragt. Was darunter zu verstehen ist, wird nicht erklärt.

 

Es ist für die AntragstellerInnen ohne unzumutbar hohem Aufwand nicht möglich, zu wissen, welche Frage sie also beantworten.

 

Angesichts eines sich glücklicherweise (wenn auch leider zu langsam) ändernden Rollenbildes von Frauen in unserer Gesellschaft ist etwa nicht nur denkbar, sondern auch wahrscheinlich, dass eine Reihe von finanziellen und organisatorischen Notwendigkeiten im Zusammenwohnen und Zusammenleben von Menschen zwar gemeinschaftlich erledigt werden, die anfallenden Kosten jedoch unabhängig von den jeweiligen Einkünften der Einzelpersonen zu gleichen Teilen aufgebracht werden. Aus einer solchen Form des Zusammenlebens mag sich zwar eine Lebensgemeinschaft im Sinne einer Wohn- und Geschlechtsgemeinschaft ergeben, keinesfalls jedoch eine Wirtschaftsgemeinschaft, da von keiner Seite finanzielle Leistungen an die andere erfolgen.

 

Es steht der Behörde nicht zu, willkürliche Annahmen über die Gestaltung der Lebenszusammenhänge von Menschen zu treffen und daraus rechtliche Folgen abzuleiten, die einzig auf die Schaffung oder Verstärkung von Abhängigkeiten abzielen und auf diese Weise ein Bild von Lebensgemeinschaften zur Grundllage ihrer Gesetzesauslegung und ihres Vollzugs zu machen, das nicht nur nicht der Realität entspricht, sondern auch noch eine ganz spezifische – nämlich nicht partnerschaftliche – Form der Lebensgemeinschaft propagiert und erzwingt.

 

Die Lösung des Problems ist höchst einfach: Das AMS muss die allgemeine Frage nach dem Vorliegen einer Lebensgemeinschaft durch zwei Fragen ersetzen bzw. diese ergänzen:

l        Haben Sie gegenüber Ihrem Mitbewohner/Ihrer Mitbewohnerin einen Unterhaltsanspruch?

l        Trägt Ihr Mitbewohner/Ihre Mitbewohnerin regelmäßig zu ihrem Lebensunterhalt bei?

 

Wird eine der beiden Fragen bejaht, liegt ein einzuberechnendes Einkommen vor, ansonsten nicht.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, sicherzustellen, dass der Vollzug des Arbeitslosenversicherungsrechts in Zusammenhang mit Lebensgemeinschaften in einer Art und Weise erfolgt, wie sie der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und der gesellschaftlichen Realität entspricht.

 

Sicherzustellen ist insbesondere...

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.