474/A(E) XXIV. GP
Eingebracht am 26.02.2009
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Pirklhuber, Glawischnig-Piesczek, Freundinnen und Freunde
betreffend Beibehaltung der österreichischen Gentechnik-Anbauverbote
Die Europäische Kommission wird im Umweltministerrat am 2. März erneut zur Aufhebung der österreichischen Anbauverbote für die Gentechnik-Maislinien MON 810 (Monsanto) und T25 (Bayer) drängen. Sollte keine qualifizierte Mehrheit der EU-Mitgliedsländer gegen diesen Vorschlag stimmen, ist davon auszugehen, dass die Kommission die Anbauverbote im Alleingang aufheben wird. Es wurde bereits mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen, dass MON 810 negative Auswirkungen auf Nichtziel-Organismen und die Bodengesundheit hat sowie die Ausbildung von Resistenzen gegen das Bt-Toxin bei Insekten fördert.
Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die überfällige Sicherheitsprüfung im Verfahren zur Erneuerung der Zulassung von MON 810 und T 25 noch nicht einmal abgeschlossen ist. Die EFSA weist bisher alle wissenschaftlichen Argumente der Mitgliedsländer zurück, ohne eine unabhängige Risikobewertung zu etablieren oder zuzulassen. Dies, obwohl der Rat der Umweltminister am 4. Dezember 2008 einstimmig beschlossen hat, dass die gegenwärtige Praxis der Risikobewertung verbessert werden muss. Die Minister stellten insbesondere fest, dass die Langzeitfolgen von gentechnisch veränderten Pflanzen sowie ihre Auswirkungen auf sogenannte Nichtziel-Organismen besser abgeschätzt werden müssen (Art.3) und dies eine grundlegende Überprüfung der Leitlinien der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erforderlich macht (Art. 2 und 3). Ferner wird in den Schlussfolgerungen festgehalten, dass den spezifischen regionalen und lokalen Besonderheiten bezüglich ihrer Ökosysteme, ihrer biologischen Vielfalt und verschiedener Anbausysteme Rechnung zu tragen ist. Ebenso wird die Berücksichtigung sozio-ökonomischer Auswirkungen hervorgehoben.
Wohl kaum eine andere EU-Institution ist umstrittener als die EFSA. Sie
lässt mögliche langfristige Umweltauswirkungen außer Acht und
bescheinigt selbst Produkten Unbedenklichkeit, die im Tierversuch negative
Effekte gezeigt haben. Sie orientiert sich nahezu ausschließlich an von
den Unternehmen vorgelegten Daten, führt keine eigenen Untersuchungen
durch und lässt auch wissenschaftliche Erkenntnisse der Mitgliedstaaten
nicht gelten. Dadurch wird das Vorsorgeprinzip grob verletzt und die
Entscheidungen, ob Gentechnik-Produkte zugelassen werden, fallen ausschließlich
zugunsten der zulassungswerbenden Firmen aus.
Die derzeitige EU-Gentechnikregulierung ist durch die vollständige
rechtliche und wissenschaftliche Kontrolle der EU-Gentechnikbehörden
sowie durch eine exzessive Wahrnehmung dieser Macht gekennzeichnet. Die
industrienahen Behörden EFSA und EU-Kommission dominieren die
Zulassungsverfahren. Unabhängige oder gar kritische Wissenschaft aus den
Mitgliedstaaten bleibt außen vor. Die Entscheidungsprozesse in den
EU-Gentechnikbehörden weisen damit eine strukturelle Schieflage zugunsten
der Interessen internationaler Saatgutkonzerne auf.
Die europäischen und in besonders hohem Ausmaß die
österreichischen Bürgerinnen und Bürger lehnen den Einsatz der
Gentechnik in der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion entschieden ab. Gegen
den Willen einer großen Bevölkerungsmehrheit wäre es bei einer
Aufhebung der Anbauverbote für die beiden Gentechnik-Konstrukte in
Österreich möglich, Gentechnik-Pflanzen anzubauen. Damit würden
nationale Sicherheitsmaßnahmen außer Kraft gesetzt, ohne eine
gründliche und unabhängige Bewertung im Lichte wissenschaftlicher
Erkenntnisse zuzulassen.
Die von der Kommission propagierte sogenannte „Koexistenz“ gentechnischer und gentechnikfreier Produktionsmethoden und Verarbeitungsstränge erweist sich als unlösbares Problem und bürdet der bäuerlichen und biologischen Landwirtschaft unzumutbare Risiken und Kosten auf. Industrielle Monokulturen, in denen die Gentechnik-Landwirtschaft zum Einsatz kommt, schädigen die Umwelt, gefährden die Gesundheit und führen weltweit die bäuerliche Landwirtschaft in den Ruin.
Der österreichische Widerstand gegen die Aufhebung der Anbauverbote darf daher nicht aufgegeben werden und muss gegebenenfalls bis zum Europäischen Gerichtshof führen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert,
- die österreichischen Gentechnik-Anbauverbote vehement zu verteidigen, weiterhin durch wissenschaftliche Argumente zu untermauern und alle Rechtsmittel bis hin zum Europäischen Gerichtshof auszuschöpfen, damit auch in Zukunft kein Gentechnik-Saatgut in Österreich zugelassen wird
- massiv dafür einzutreten, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) das Vorsorgeprinzip konsequent anwendet und Forschungsergebnisse der Mitgliedstaaten gleichwertig berücksichtigt und - sofern dies nicht unverzüglich gewährleistet wird - auch eine Klage gegen die EFSA vor dem EuGH wegen Verletzung europarechtlicher Vorsorgeprinzipien zu prüfen
- weiterhin auf EU-Ebene gegen die Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen zu stimmen
- im Sinne des Schutzes einer gentechnikfreien Landwirtschaft eine unabhängige und dem Vorsorgeprinzip verpflichtete Risikoforschung im Bereich der Agro-Gentechnik in Österreich zu fördern und weitere Forschungsprojekte in Auftrag zu geben
- sowie auf EU-Ebene dafür einzutreten, dass das Selbstbestimmungsrecht der Regionen Europas auf eine gentechnikfreie Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion endlich anerkannt wird.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft vorgeschlagen.