10489/AB XXIV. GP

Eingelangt am 18.04.2012
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0039-I/A/15/2012

Wien, am 17. April 2012

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 10708/J des Abgeordneten Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

In Beantwortung der gegenständlichen Anfrage darf ich zunächst vorausschicken, dass nach den einschlägigen Bestimmungen der Sozialversicherungsgesetze eine Krankenbehandlung auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung, welche unter anderem auch die Verordnung von Heilmitteln umfasst, ausreichend und zweckmäßig zu sein hat, das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf. Es ist daher unter Beachtung der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger herausgegebenen Richtlinien für die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen jeweils das diesem Maßstab entsprechende Medikament zu verordnen. Maßgeblich ist somit die angemessene Wirkung des Medikaments. Der Preis desselben kann nur in jenen Fällen eine Rolle spielen, in denen bei gleicher zu erwartender Wirkung auf ein kostengünstigeres Produkt zurückgegriffen werden kann.

 

Die Ebene der klinischen Interaktion ist durch ein hohes Maß an Unsicherheit charakterisiert, da die Momentaufnahme des Gesundheitszustandes nur anhand der Erfahrung der Behandlerin/des Behandlers sinnvoll interpretiert werden kann. Dies und die Einmaligkeit des therapeutischen Kontakts führen dazu, dass unterschiedliche Behandler/innen auf vergleichbare Zustände unterschiedlich reagieren oder auch dieselbe/derselbe Behandler/in vordergründig vergleichbare Zustände unterschiedlich behandelt. Dieser Spielraum gehört zur medizinischen Entscheidungsfreiheit der verantwortlichen Behandler/innen.

 

Die Aufnahme in den Erstattungskodex ist hingegen das Ergebnis von Überlegungen, die auf abstrakter Ebene - losgelöst vom Einzelfall - angestellt werden.

Der Erstattungskodex basiert auf einem öffentlich verfügbaren, nachvollziehbaren Regelwerk (Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex, VO-EKO, www.avsv.at, Nr. 47/2004 i.d.g.F.) für die Beurteilung von vorgelegten Unterlagen nicht nur bezüglich des medizinischen Wertes, sondern auch der Angemessenheit des Preises eines Produktes.

 

Die Aussage in der Einleitung zur gegenständlichen Anfrage „Im Regelfall verschreiben Ärzte …. auch wenn es im Einzelfall bessere Medikamente gäbe“ kann ich nicht nachvollziehen. Auch der Oberste Gerichtshof (OGH) hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass der Erstattungskodex das Recht der Versicherten auf die für eine ausreichende und zweckmäßige Krankenbehandlung notwendigen Heilmittel nicht einschränke.

 

Zu den einzelnen Fragen führe ich Folgendes aus:

 

Fragen 1 und 2:

Zunächst weise ich darauf hin, dass in der Fragestellung irrtümlich von einer „meritorischen“ Entscheidungsbefugnis gesprochen wird, richtigerweise müsste es „kassatorisch“ heißen.  Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat sich mehrfach mit dieser Thematik auseinandergesetzt und keine verfassungsrechtlichen Bedenken geäußert.

 

Die Unabhängige Heilmittelkommission (UHK) prüft die Entscheidungen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger durchaus inhaltlich, also tatsächlich „meritorisch“; nach Aufhebung und Neubewertung einer Erledigung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger durch die UHK ist der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger bei seiner Neuentscheidung an die Ansicht der UHK gebunden (§ 351i Abs. 4 letzter Satz ASVG). Sollte die UHK nun auch das komplette Verfahren nochmals durchführen müssen, wäre dies mit einem nicht unbeträchtlichen zusätzlichen administrativen Aufwand verbunden (Studien sind zu untersuchen, pharmazeutische und pharmakologische Details zu beachten, etc.), weshalb sich der Gesetzgeber aus Kostengründen für das vorliegende Modell entschieden hat. Aus Sicht der Verfahrensökonomie erscheint die derzeitige Verfahrensgestaltung nach wie vor sachgerecht.

 

Frage 3:

Gemäß Art. 133 Z 4 B-VG sind Angelegenheiten, über die in oberster Instanz die Entscheidung einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag zusteht, von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ausgeschlossen, wenn nicht die Anrufung des VwGH ausdrücklich für zulässig erklärt ist. Der Instanzenzug nach der Entscheidung der UKH wurde daher nicht „ausgeschlossen“, sondern eben nicht ausdrücklich für zulässig erklärt, sodass der von der Bundesverfassung vorgesehene Regelfall zur Anwendung gelangt. Diese Vorgangsweise erscheint auch im Hinblick auf die Gewährleistung eines effizienten Verfahrens sinnvoll.

 

Frage 4(a – c):

§ 351h Abs. 3 ASVG sieht neben Vertreter/inne/n des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger Vertreter/innen einer Reihe weiterer Institutionen (etwa der Österreichischen Pharmakologischen Gesellschaft oder der Apothekerkammer oder der Bundesarbeitskammer) als Beisitzer/innen der UHK vor. Durch die unterschiedliche berufliche Ausrichtung der Mitglieder der UHK ist ein breit gefächertes Expertenwissen sichergestellt, wie dies auch bei anderen Rechtsbereichen zugehörigen Untersuchungs- und Entscheidungsgremien praktiziert wird. Es besteht keine Veranlassung, an der Effizienz des Rechtsschutzes durch die UHK zu zweifeln. Dies tut auch der VfGH nicht, sodass keine rechtlichen „Sanierungsmaßnahmen“ getroffen werden müssen.

 

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger teilt darüber hinaus zur konkreten Situation noch Folgendes mit:

 

„Der Beisitzer des Hauptverbandes in der UHK leitet im Hauptverband die Organisationseinheit „Evidence Based Health Care und Health Technology Assessment“. Die Organisationseinheit ist Teil der Abteilung „Gesundheitsökonomie“, welche im Geschäftsbereich 3 angesiedelt ist. Die Zuständigkeit für die Evaluierung von Arzneispezialitäten im Rahmen der Verfahren den EKO betreffend liegt ausschließlich bei der Abteilung „Vertragspartner Medikamente“, die im Geschäftsbereich 2 angesiedelt ist. Die Verfahren rund um den EKO werden ausschließlich mit Personal der Abteilung „Vertragspartner Medikamente“ durchgeführt. Die jeweiligen Abteilungen und Geschäftsbereiche sind voneinander getrennt. Der vom Hauptverband nominierte Beisitzer kommt in seiner Tätigkeit im Hauptverband in keiner Weise mit den Verfahren rund um den EKO in Berührung.“