11386/AB XXIV. GP
Eingelangt am 11.07.2012
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Wirtschaft, Familie und Jugend
Anfragebeantwortung
Präsidentin des Nationalrates
Mag. Barbara PRAMMER
Parlament
1017 Wien
Wien, am 11. Juli 2012
Geschäftszahl:
BMWFJ-10.101/0202-IM/a/2012
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 11563/J betreffend „Fracking in Österreich“, welche die Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen am 15. Mai 2012 an mich richteten, stelle ich eingangs fest, dass am 12. Juni 2012 eine Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 und das Luftfahrtgesetz geändert werden, beschlossen wurde. Diese Regierungsvorlage sieht für ein "Hydromechanisches Aufbrechen ("Frac-Behandlung") von Gesteinsschichten bei unkonventionellen Erdöl- und Erdgasvorkommen" zwingend die Durchführung einer UVP im sogenannten "großen" Verfahren vor. Diese UVP-Novelle steht noch im Juli zur Beschlussfassung im Plenum des Nationalrates an.
Weiters ist klarzustellen, dass der Montanbehörde im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend bis jetzt kein auf Schiefergas gerichtetes Ansuchen um Erteilung der Genehmigung eines Arbeitsprogrammes oder einer Bergbauanlagenbewilligung vorliegt, sodass auch keine bezügliche Entscheidung heransteht sowie naturgemäß auch keine einschlägigen Informationen vorliegen.
Vielmehr beabsichtigt die OMV Medienberichten zufolge vor Antragstellung umfassende Umwelt- und Sozialstudien des Umweltbundesamtes und des TÜV Austria abzuwarten.
Bei den bisher in Österreich durchgeführten Kohlenwasserstoffbergbauaktivitäten stellen Frac-Behandlungen die Ausnahme und nicht die Regel dar. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich die bis jetzt in Österreich durchgeführten Kohlenwasserstoffbergbauaktivitäten nur auf "konventionelle" Erdöl- und Erdgasvorkommen und nicht auf "unkonventionelle" Vorkommen dieser mineralischen Rohstoffe, die dadurch gekennzeichnet sind, dass ein wirtschaftlicher Abbau des Vorkommens wegen der Dichtheit der Gesteinsschichten, in denen sich das Erdöl oder Erdgas befindet, nur unter Anwendung von Frac-Behandlungen möglich ist, bezogen haben. Frac-Behandlungen bei "konventionellen" Erdöl- und Erdgasvorkommen kommen in ganz Europa zum Einsatz und sind vom Umfang nicht vergleichbar mit Frac-Behandlungen bei "unkonventionellen" Vorkommen.
Von den zahlreichen Änderungen der Gesetzeslage zwischen 1964 und 2012 sind im vorliegenden Zusammenhang insbesondere das am 1. Oktober 1975 in Kraft getretene Berggesetz 1975, mit dem u. a. das Rechtsinstitut eines (genehmigungspflichtigen) Arbeitsprogrammes für Aufsuchungstätigkeiten geschaffen und damit klargestellt wurde, dass sowohl für Bohrungen als auch für Sonden Bergbauanlagenverfahren durchzuführen sind, und das per 1. Jänner 1999 an die Stelle des Berggesetzes 1975 getretene Mineralrohstoffgesetz - MinroG zu nennen, das u.a. zu einem Zuständigkeitsübergang für den Kohlenwasserstoffbergbau von den (in der Folge aufgelösten) Berghauptmannschaften auf den (damaligen) Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, führte. Ferner wurde sowohl das materielle Arbeitnehmerschutzrecht aus dem Bergrecht herausgelöst, sodass seither das Arbeitnehmerschutzgesetz samt Verordnungen gilt, als auch eine behördenmäßige Trennung vorgenommen, sodass seither die Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzes der Arbeitsinspektion obliegt.
Von den Bergrechtsänderungen auf Verordnungsebene ist im vorliegenden Zusammenhang insbesondere die am 11. November 2005 in Kraft getretene Bohrlochbergbau-Verordnung, BGBl. II Nr. 367/2005, die an die Stelle der vorher in Geltung gestandenen Erdöl-Bergpolizeiverordnung getreten ist, anzuführen.
Die Bohrlochbergbau-Verordnung sieht erstmals auch nähere Bestimmungen über die Voraussetzungen und Bedingungen einer Einleitung von Medien (also auch von Frackflüssigkeiten) in Sonden und die Verpflichtung u. a. Aufzeichnungen über die Art der in Sonden eingeleiteten Medien zu führen, vor (siehe §§ 47 und 49 der Verordnung).
Gegenstand einer bergrechtlichen Bewilligungspflicht waren und sind Frac-Behandlungen dann, wenn sie Gegenstand eines Arbeitsprogrammes (§ 71 MinroG) zu sein haben. Dies ist dann der Fall, wenn sie im Zuge einer Aufsuchungstätigkeit zum Feststellen der Abbauwürdigkeit einer "unkonventionellen" Kohlenwasserstofflagerstätte, etwa im Zuge einer sogenannten "Testförderung", erfolgen sollten. Darüber hinaus wären Frac-Behandlungen Gegenstand eines Bergbauanlagen-(Sonden)Bewilligungsverfahrens, wenn ein Sachverhalt vorliegen sollte, bei dem ein wirtschaftlicher Betrieb ohne Frac-Behandlung nicht möglich wäre. Dies trifft - wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt - beim Abbau "unkonventioneller" Kohlenwasserstoffvorkommen immer zu.
Diese Voraussetzungen einer Bewilligungspflicht für Frac-Behandlungen trafen auf die in Österreich bisher stattgefundenen Frac-Behandlungen nicht zu, da sie nicht im Zuge von Aufsuchungstätigkeiten erfolgten und mangels Vorliegens der vorangeführten Voraussetzungen auch nicht Gegenstand einer Bergbauanlagenbewilligung waren.
Weiters bestand auch keine Anzeigepflicht, sodass der Behörde auch aus einem solchen Titel keine Projektunterlagen vorzulegen waren.
Für die nach dem 10. November 2005 durchgeführten Frac-Behandlungen galten jedoch die Bestimmungen der Bohrlochbergbau-Verordnung.
Antwort zu den Punkten 1 und 2 der Anfrage:
Aufgrund der im Laufe der Zeit angepassten Rechtsvorschriften standen für die Beantwortung der Fragen im Wesentlichen die seit Ende 2005 zu führenden Sondenbücher sowie die von den beiden in Österreich tätigen Erdöl- und Erdgasunternehmen, OMV und Rohöl-Aufsuchungs Aktiengesellschaft (RAG), diesbezüglich erteilten Auskünfte zur Verfügung. Aus diesen Informationsquellen ergibt sich, dass vor dem Inkrafttreten der Bohrlochbergbau-Verordnung 45 Frac-Behandlungen bei Sonden in Niederösterreich, die erste 1964 und die letzte 2002, durchgeführt wurden.
Nach Inkrafttreten der Bohrlochbergbau-Verordnung erfolgten fünf Frac-Behandlungen, drei davon bei Sonden in Oberösterreich und zwei bei Sonden in Niederösterreich.
Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:
Eine Unterscheidung in "konventionelle" und "unkonventionelle Bohrungen" ist nicht bekannt. Es wird davon ausgegangen, dass Frac-Behandlungen bei "konventionellen Kohlenwasserstoffvorkommen" bzw. bei "unkonventionellen Kohlenwasserstoffvorkommen" gemeint sind.
Keines der Bohrlöcher für Sonden, bei denen bis jetzt vereinzelt Frac-Behandlungen erfolgten, liegt im Bereich unkonventioneller Kohlenwasserstoffvorkommen.
Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:
Die nach Inkrafttreten der Bohrlochbergbau-Verordnung durchgeführten Frac-Behandlungen erfolgten bei Ölsonden. Vorher durchgeführte Frac-Behandlungen erfolgten zu 90 % bei der Erdölgewinnung und demgemäß zu 10 % bei der Erdgasgewinnung.
Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:
Es wurden Frac-Flüssigkeiten, i.e. Wasser vermischt mit Substanzen, die als Chemikalien gelten, somit "Zubereitungen" bzw. nunmehr "Gemische" im Sinne des Chemikaliengesetzes 1996, eingebracht. Ferner wurden Stützmittel (Sand, Sand mit keramischem Überzug und/oder Bauxit) verpumpt, um die Stabilität der Mischung zu gewährleisten.
Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:
Die durchgeführten Frac-Behandlungen waren, wie bereits festgehalten, nicht bewilligungs- oder anzeigepflichtig. Demgemäß liegen meinem Ressort dazu keine Projektunterlagen vor.
Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:
Nach Auskunft der Unternehmen wurden die Arbeitnehmer entsprechend den arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen informiert und unterwiesen. Bergrechtliche Informationspflichten bestanden nicht.
Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:
In der Fachliteratur und auch in solchen Studien, die sich kritisch über die Schiefergasgewinnung in den USA äußern, wie etwa die Studie des deutschen Umweltbundesamtes vom Dezember 2011 betreffend "Einschätzung der Schiefergasförderung in Deutschland", oder die im Juni 2011 vom EP veröffentliche Studie "Auswirkungen der Gewinnung von Schiefergas und Schieferöl auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit", findet sich dieser Begriff nicht. Im Übrigen kommen die angeführten Studien zum Ergebnis, dass eine direkte Übertragung der amerikanischen Gegebenheiten bei der Schiefergasgewinnung auf Grund unterschiedlicher gesetzlicher Rahmenbedingungen und ungleicher geologischer Verhältnisse nicht möglich ist.