11394/AB XXIV. GP

Eingelangt am 11.07.2012
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0146-I/A/15/2012

Wien, am 11. Juli 2012

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 11683/J des Abgeordneten Doppler und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Übergewicht bei Kindern ist ein durch den Lebensstil bedingtes Problem, das seit einigen Jahren zunimmt, wie auch durch die Ergebnisse des Kindergesundheits­dialoges belegt wird. In der Kindergesundheitsstrategie sind daher zwei Ziele diesem Thema gewidmet (Ziel 7: Bewegung von Kindern und Jugendlichen ermöglichen und fördern; Ziel 8: Gesunde Ernährung von Kindern und Jugendlichen fördern).


Um die Förderung körperlicher Aktivitäten soll sich der Nationale Aktionsplan Bewegung (NAP.b) kümmern, dessen Entwurf jüngst von den beiden federführenden Ressorts ‑ Bundesministerium für Gesundheit und Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport - der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Auch dort bildet die Zielgruppe Kinder und Jugendliche einen Schwerpunkt.

 

Auch die Rahmen-Gesundheitsziele beschäftigen sich mit der Verbesserung der Gesundheit aller in Österreich lebenden Menschen, unabhängig von Alter, Bildungsstatus, Einkommenssituation oder Lebensumständen. Ein Ziel beschäftigt sich intensiv mit dem Thema (Ziel 6: Gesundes Aufwachsen für alle Kinder und Jugendlichen bestmöglich gestalten und unterstützen). In die Erarbeitung der Rahmen-Gesundheitsziele waren alle relevanten politischen und gesellschaftlichen Bereiche eingebunden: verschiedene Ressorts des Bundes (BMG, BMASK, BMF, BMLFUW, BMLVS, BMUKK, BMWFJ), Länder, Sozialversicherung, Sozialpartner, gesundheitsrelevante Berufsgruppen, Expertinnen und Experten aus dem Gesundheitswesen und aus Gesundheits- und Sozialeinrichtungen, Patientenvertreter/innen, Vertreter/innen von Kindern, Jugendlichen und Senioren sowie die Armutskonferenz. Darüber hinaus gab es für alle am Thema Interessierte die Möglichkeit, im Internet ihre Meinung abzugeben

 

Um den steigenden Prävalenzzahlen bei Übergewicht und Adipositas entgegenzuwirken, habe ich im vergangenen Jahr den Nationalen Aktionsplan Ernährung, kurz NAP.e, initiiert. Unter besonderer Berücksichtigung der „High-Risk“-

Group Kinder und Jugendliche sollen die obersten Ziele des NAP.e - eine

Verminderung von Fehl-, Über- und Mangelernährung sowie eine Trendumkehr von Übergewicht und Adipositas bis 2020 - durch praxisnahe, koordinierte und kongruente Maßnahmensetzung und durch die Schaffung von Rahmenbedingungen auf verschiedenen Ebenen erreicht werden. Dafür ist eine Vielzahl von Maßnahmen nötig, die sich von gesetzlichen Regelungen über freiwillige Vereinbarungen und „Privat-Public-Partnerships“ bis hin zu Informations- und Schulungsprogrammen erstrecken.

 

Auf meine Initiative hat die Bundesgesundheitskommission beschlossen, für Maß­nahmen zur Umsetzung des NAP.e in den Jahren 2011 bis 2013 insgesamt zehn Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Die geförderten Maßnahmen haben insbesondere die gesunde Ernährung in Kindergärten und Schulen zum Ziel, um ernährungsbedingte Krankheiten zu reduzieren.

 

Als eine der ersten Initialmaßnahmen in diesem Bereich ist das Kooperationsprojekt des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) mit der AGES „Richtig essen von Anfang an“ zu erwähnen, bei dem erstmals in Österreich einheitliche Beikost-Guidelines erarbeitet wurden, wodurch Säuglingen bereits von Anfang an ein gesunder und optimaler Start ermöglicht wird.


Zudem setzt das Ressort verstärkt auf Initiativen für eine Optimierung der  Verpflegungssituation im (vor)schulischen Bereich, da davon auch speziell Kinder aus sozial benachteiligten Gesellschaftsgruppen profitieren können. Aus diesem Grund habe ich mit Hilfe zahlreicher Expert/inn/en namhafter Organisationen bzw. Institutionen wissenschaftlich fundierte und akkordierte Standards in Form der „Leitlinie Schulbuffet“ erstellt. Somit sind seit Sommer 2011 erstmalig national präzisierte Empfehlungen für ein gesundheitsförderliches Speisen- und Getränkeangebot an Schulbuffets vorhanden. Mit der Initiative „Unser Schulbuffet“ soll die „Leitlinie Schulbuffet“ nun österreichweit in die Praxis umgesetzt werden. Der Startschuss der Initiative, die bis Ende 2013 läuft und vom BMG in Kooperation mit der AGES durchgeführt wird, erfolgte im Jänner 2012. Buffetbetriebe an Schulen werden kostenlos beim Umstellen auf ein gesundheitsförderliches Angebot unterstützt, z.B. durch ein mobiles Beratungsteam vor Ort, eine Hotline, Öffentlichkeitsarbeit und zahlreiche praxistaugliche Unterstützungsmaterialien.

 

Frage 2:

Die nachstehenden Studien können hier beispielhaft angeführt werden:

 

·        BMG (2012) Gesundheit und Gesundheitsverhalten von österreichischen Schülern und Schülerinnen, Ergebnisse des WHO-HBSC-Survey 2010.  Die
Maßzahlen zur Errechnung des Body Mass Index (BMI) sind seit 1998 Bestandteil des HBSC-Fragebogens. Es zeigte sich, dass der Anteil der Kinder
und Jugendlichen (11-, 13- und 15-jährige), die übergewichtig oder adipös sind, bis 2006 relativ konstant geblieben und danach angestiegen ist, wobei allerdings geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen. Bei den Burschen  stieg der Anteil an Übergewichtigen seit 1998 von 14,1 auf 18,6 %, bei den Mädchen nur von 10,9 auf 11,9 %. Allerdings sind diese Daten selbstberichtet und daher nur begrenzt aussagekräftig.

·        Zwiauer Karl, Burger Petra, Hammer Johann, Hauer Almuth, Lehner Andrea, Lehner Petra, Mutz Ingomar, Rust Petra: Österreichweite Feldstudie zur Erhebung der Prävalenz von Übergewicht bei 6- bis 14-jährigen Schülerinnen und Schülern. Österreichisches Grünes Kreuz, Wien 2007

·        Erkennen - Bewerten - Handeln: Zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Berlin und Köln 2008; Robert Koch-Institut (KIGGS)

·        Elmadfa I, Freisling H, Nowak V, Hofstädter D, et al. Österreichischer Ernährungsbericht 2008. 1. Auflage, Wien, März 2009. Mit den österreichischen Ernährungsberichten werden in regelmäßigen Zeitabständen die Parameter zur Berechnung des Body Mass Index (BMI) für alle Altersgruppen erhoben. Die kontinuierliche Ernährungsberichterstattung ermöglicht die Dokumentation von Trendentwicklungen.


Frage 3:

Übergewicht und Adipositas sind direkte Folgen eines Ungleichgewichts zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch. Sie gelten als Hauptrisikofaktoren für die Entstehung von ernährungsassoziierten Erkrankungen wie Diabetes mellitus-Typ 2, Hypertonie, Kardiovaskuläre Erkrankungen, Schlaganfall und verschiedene Stoffwechselerkrankungen.

 

Allerdings ist das Vorhandensein von Übergewicht und die Entwicklung von verschiedenen, damit assoziierten Erkrankungen ein längerdauernder Prozess, diese Krankheiten treten daher in der Regel erst im Erwachsenenalter zutage. Über die Häufigkeit gibt es keine statistischen Untersuchungen.

 

Frage 4:

Die Daten des Ernährungsberichtes 2008 zeigen deutlich, dass ein ausgeprägtes Ost-West-Gefälle vorliegt. So sind in Ostösterreich 12 % der Schulkinder übergewichtig

und 10 % adipös - im Westen hingegen sind 6 % übergewichtig und 4 % adipös.  Anhand dieser Datensätze können jedoch keine Rückschlüsse auf ein vermehrtes Auftreten von Übergewicht und Adipositas  in urbanen Gegenden gezogen werden.

 

Frage 5:

Laut den Daten des Ernährungsberichtes 2008 gibt es hier zwischen Buben und Mädchen nur geringfügige Unterschiede, wobei Buben eher übergewichtig bzw. adipös waren, während Mädchen eher zu Untergewicht neigten.

 

Frage 6:

Für Österreich gibt es dazu keine direkten Untersuchungen, ausländische Untersuchungen legen einen solchen Zusammenhang nahe. So war etwa in der Kieler Adipositas Präventionsstudie (Plachta-Danielzik S, Pust S, Asbeck I et al.: Four-year follow-up of school-based intervention on overweight children - The KOPS Study. Obesity 2007) die Häufigkeit von Übergewicht bei 5- bis 15-jährigen Kindern umso höher, je niedriger der sozioökonomische Status war. Zum gleichen Ergebnis kam 2008 die KIGGS Studie des Robert Koch-Instituts.

 

Indirekt lässt sich dies auch aus den in Österreich vorhandenen Untersuchungen ableiten. So war etwa in der Österreichweiten Feldstudie zur Erhebung der Prävalenz von Übergewicht bei 6- bis 14-jährigen Schülerinnen und Schülern (2007) der Anteil Übergewichtiger bei den Hauptschüler/inne/n signifikant höher als bei den AHS-Schüler/inne/n.

 

Mein Ressort setzt grundsätzlich vermehrt auf Maßnahmen wie z.B. die Schulbuffet-Initiative, von denen insbesondere Kinder aus sozial benachteiligten Gesellschaftsgruppen profitieren können.


Fragen 7 bis 9:

Ich darf grundsätzlich - wie auch bereits zu Frage 1 ausgeführt - auf die ressortübergreifende Entwicklung der Nationalen Aktionspläne für Ernährung und Bewegung sowie der Kindergesundheitsstrategie und der Rahmen-Gesundheitsziele hinweisen, die eine Basis bilden, in der auch die Prävention von Übergewicht einen Schwerpunkt hat.

 

Weiters ist in diesem Zusammenhang die Nationale Ernährungskommission (NEK) zu nennen, die als Beratungsorgan für den Bundesminister für Gesundheit in allen Angelegenheiten der gesundheitsbezogenen Ernährungspolitik fungiert und in der Expert/inn/en des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport, des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur sowie des Bundesministeriums für Umwelt- und Wasserwirtschaft, Land- und Forstwirtschaft vertreten sind. Aufgabe der NEK ist es, unter Berücksichtigung internationaler Vorgaben und nationaler Bedarfs- und Risikoanalysen Handlungsempfehlungen zu erarbeiten und zu verabschieden.

 

Im Rahmen der Plenarversammlungen werden in den Arbeitsgruppen und Task Forces erarbeitete Vorschläge (z.B. die Leitlinie Schulbuffet und die österreichische Ernährungspyramide für Schwangere) diskutiert und abgestimmt. Durch die breite Beschickung der NEK ist ein hohes Maß an Interdisziplinarität und Partizipation gegeben.