11459/AB XXIV. GP

Eingelangt am 13.07.2012
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMVIT-10.000/0022-I/PR3/2012    

DVR:0000175

 
 


An die

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

1017    W i e n

 

 

Wien, am      . Juli 2012

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr.in  Moser, Freundinnen und Freunde haben am 15. Mai 2012  unter der Nr. 11544/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend mögliche Befangenheit von Sachverständigen und GutachterInnen: Fortsetzung Nr. 2 – Causa UVP-Änderungsverfahren S 10 Mühlviertler Schnellstraße Süd gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 und 4:

Ø  Inwiefern kann ein Facharzt ohne gerichtliche Zertifizierung oder Beeidung als Sachverständiger (und ohne inhaltliche Sachkenntnis im entscheidenden Bereich Umweltmedizin), dem zudem grundlegende rechtliche Eckpunkte des Wirkens von Sachverständigen fremd zu sein scheinen, für das verfassungsgegenständliche Fachgebiet Humanmedizin „bestens qualifiziert“ für ein UVP-Verfahren über ein hochrangiges Straßenbauprojekt sein?

Ø  Von konkret wem in Ihrem Haus wurde im Fall des UVP-Änderungsverfahrens S 10 Süd

a) „größtes Augenmerk auf die Unbefangenheit“ der UVP-Sachverständigen gelegt und

b) entsprechend über deren konkreten Beschäftigung in diesem Verfahren entschieden?


In den gegenständlichen Änderungsverfahren wurden von der zuständigen Fachabteilung meines Ressorts (interner UVP-Koordinator) die zu bestellenden Sachverständigen ausgewählt. In der Auswahlbegründung wurde vom UVP-Koordinator die erforderliche Fachkunde der jeweiligen Sachverständigen für ihren jeweiligen Fachbereich dargelegt. Darüber hinaus hielt der interne UVP-Koordinator aktenmäßig fest, dass ihm keine Ausschließungsgründe oder sonstigen Gründe bekannt waren, welche die Unbefangenheit der Sachverständigen in Zweifel ziehen würden. Wie zu Frage 3 dargelegt, erfolgte eine schriftliche Aufforderung durch die zuständige Abteilung an die Sachverständigen, allfällige Befangenheitsgründe (gemäß § 7 AVG) bekannt zu geben. Die Sachverständigen wurden von der zuständigen Abteilungsleiterin bescheidmäßig bestellt.

 

Ebenso wurde der Sachverständige für die tunnelspezifischen Fachbereiche von der zuständigen Abteilung meines Ressorts (Tunnelverwaltungsbehörde) ausgewählt und nach Überprüfung ihrer Fachkunde und ihrer Unbefangenheit bescheidmäßig bestellt.

 

 

Zu Frage 2:

Ø  Inwiefern können Experten verschiedener Fachgebiete, die durch Jahre laufend bezahlte Aufträge für die ASFINAG, die ASFINAG Baumanagement oder die ASG (deren Rechtnachfolgerin die ASFINAG ist) abwickelten und abwickeln, teilweise in wirtschaftlich existenz- und damit abhängigkeitsbegründendem Umfang, als Sachverständige im Sinne des AVG und der Judikatur (vgl. Verwaltungsgerichtshof, VwSlg 7106 A/1967) unbefangen über Projekte dieser ihrer „Brötchengeber“ befinden?

 

Die zuständige Fachabteilung bestätigt, dass um eine Befangenheit von Sachverständigen aufgrund einer entgeltlichen Tätigkeit für die Projektwerberin ausschließen zu können, keine Personen als Sachverständige bestellt werden, welche beim selben Projekt auf Seite der Projektwerberin entgeltlich tätig sind oder waren.

 

 

Zu Frage 3:

Ø  Inwiefern wurde angesichts dieser Fakten bei der Heranziehung dieser Sachverständigen konkret „größtes Augenmerk auf die Unbefangenheit gelegt“?

 

In den Änderungsverfahren zur S 10 Mühlviertler Schnellstraße, Abschnitt Unterweitersdorf – Freistadt Nord, wurden großteils die Sachverständigen des Genehmigungsverfahrens erneut herangezogen. Das Bestellungsverfahren mit der Prüfung, ob Ausschlussgründe gemäß § 7 Abs. 1 Z 1, 2 und 4 AVG vorliegen und ob sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, die Unbefangenheit des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen, wurde erneut durchgeführt. Unter anderem wurde dabei aktuell auch die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Sachverständigen bzw. gegebenenfalls ihrer Arbeitgeber von der Projektwerberin durch die Behörde überprüft. Ich darf auf die Beantwortung zum Fragepunkt 2 verweisen. 


Zu Frage 5:

Ø  Welche Bediensteten Ihres Hauses wurden im Rahmen der in der Begründung erwähnten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum Thema „befangene Gutachter“ bereits einvernommen?

 

Im Bereich der Gruppe Straße sind keine derartigen Fälle bekannt.

 

 

Zu den Fragen 6 bis 10:

Ø  Teilen Sie bzw. Ihr Ressort die von BMVIT-Auftragnehmern in Sachverständigenrolle in Straßen-UVP-Verfahren vertretene Position, dass neue hochrangige Straßen nichts (!) zur Emission von Klimagasen wie CO2 beitragen? Wenn ja, bitte um nähere Erläuterung. Wenn nein: Warum werden Vertreter derart origineller Fachmeinungen vom BMVIT als Serien-Sachverständige beschäftigt?

Ø  Teilen Sie bzw. Ihr Ressort die von BMVIT-Auftragnehmern in Sachverständigenrolle in Straßen-UVP-Verfahren vertretene Position, dass lokale Emissionen die Luftqualität (!) und das Klima nicht verändern? Wenn ja, bitte um nähere Erläuterung. Wenn nein: Warum werden Vertreter derart origineller Fachmeinungen vom BMVIT als Serien-Sachverständige beschäftigt?

Ø  Teilen Sie bzw. Ihr Ressort die von BMVIT-Auftragnehmern in Sachverständigenrolle in Straßen-UVP-Verfahren vertretene Position, dass Lärmschutzwände (!) die Schadstoffsituation verbessern? Wenn ja, bitte um nähere Erläuterung. Wenn nein: Warum werden Vertreter derart origineller Fachmeinungen vom BMVIT als Serien-Sachverständige beschäftigt?

Ø  Teilen Sie bzw. Ihr Ressort die von BMVIT-Auftragnehmern in Sachverständigenrolle in Straßen-UVP-Verfahren vertretene Position, dass Schadstoffemissionen den Sauerstoffgehalt der Luft nicht verändern? Wenn ja, bitte um nähere Erläuterung. Wenn nein: Warum werden Vertreter derart origineller Fachmeinungen vom BMVIT als Serien-Sachverständige beschäftigt?

Ø  Teilen Sie bzw. Ihr Ressort die von BMVIT-Auftragnehmern in Sachverständigenrolle in Straßen-UVP-Verfahren vertretene Position, dass eine durch die Verlagerung großräumiger Verkehrsströme ausgelöste Verdoppelung des Verkehrsaufkommens samt verdoppeltem Schwerverkehrsanteil (d.h. Vervierfachung des Schwer-LKW-Aufkommens) dennoch keine Zusatzbelastung im unmittelbar benachbarten Sanierungsgebiet gemäß IG-L bringen werde, durch das dieser Verkehr zu- bzw. abgeführt werden muss? Wenn ja, bitte um nähere Erläuterung. Wenn nein: Warum werden Vertreter derart origineller Fachmeinungen vom BMVIT als Serien-Sachverständige beschäftigt?

 

Die Beurteilung der projektbedingten Auswirkungen auf die Luftqualität erfolgt in den vom bmvit geführten UVP-Verfahren stets auf Basis von wissenschaftlich fundierten Emissionsanalysen und Immissionsausbreitungsrechnungen. Inwieweit benachbarte Sanierungsgebiete durch ein Straßenprojekt relevant oder nicht relevant beeinflusst werden, hängt von der absoluten Stärke des durch das Vorhaben induzierten Verkehrs und von der tatsächlichen Entfernung der exponiertesten Wohngebiete von den Emissionsquellen ab. Die in der Anfrage angeführten relativen Verkehrszahlen alleine (Verdoppelung, Vervierfachung) sind nicht geeignet, daraus Schlussfolgerungen auf die Beeinflussung benachbarter Sanierungsgebiete zu ziehen.