11693/AB XXIV. GP

Eingelangt am 13.08.2012
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

           

 

GZ: BMI-LR2220/0913-II/2012

 

Wien, am        . August 2012

 

Die Abgeordnete zum Nationalrat Dr.in Winter und weitere Abgeordnete haben am                   13. Juni 2012 unter der Zahl 11871/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „unzureichende Beantwortung der Anfrage 10820/J – internationale Kalifats-Konferenz der Hizb ut-Tahrir in Vösendorf bei Wien“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Polizeiarbeit ist neben dem Erfordernis des polizeitaktisch Richtigen von der rechtlichen Beurteilung doppelfunktionaler (Gefahrenabwehr sowie Strafverfolgung) Aufgaben-bewältigung unter besonderer Berücksichtigung der Grundrechtsposition des Bürgers geprägt. Die beiden Aspekte des polizeitaktisch Sinnvollen und des rechtlich Richtigen schließen einander nicht aus, sondern bedingen einander.

 

Es existiert keine Legaldefinition für den Terminus „polizeitaktische Gründe“. Insbesondere liegen polizeitaktische Gründe vor, wenn ein öffentliches Bekanntwerden von polizeilichen Maßnahmen das Leben und die Gesundheit von Menschen bedrohen oder die innere und äußere Sicherheit des Staates gefährden könnte bzw. einen Erfolg bei der Aufklärung eines strafrechtsrelevanten Sachverhaltes zu verhindern in der Lage ist.

 

Zu den Fragen 2 und 3:

Eine ausdrückliche Formulierung „polizeitaktischer Gründe“ findet sich in den Gesetzen nicht.  Der Sinngehalt der Formulierung ergibt sich jedoch aus den für die Polizeiarbeit maßgeblichen Gesetzesmaterien des Sicherheitspolizeigesetzes und der Strafprozess-ordnung.

 

Zu Frage 4 :

Das parlamentarische Interpellationsrecht wird durch die gesetzlichen Bestimmungen dann eingeschränkt, wenn durch die Veröffentlichung der Beantwortung eine Gefährdung der nationalen Sicherheit des Staates oder die Sicherheit von Menschen wahrscheinlich ist.

 

Zu den Fragen 5 und 6:

Eine Untersagung der Veranstaltung erfolgte durch die Marktgemeinde Vösendorf auf Grundlage des Niederösterreichischen Veranstaltungsgesetzes

 

Zu den Fragen 7 bis 10 und 12 bis 14:

Der staatlich unbehelligten Religionsausübung wird vom Verfassungsrecht ein hoher grundrechtlicher Stellenwert beigemessen. Allein durch das Bestehen von glaubens- und weltanschauungsbezogenen Gemeinschaften wird grundsätzlich keine Zuständigkeit der Sicherheitsbehörden begründet und es werden von diesen daher auch keine Statistiken oder Aufzeichnungen bezüglich einer religiösen Grundeinstellung geführt. Nur bei entsprechender Verdachtslage wegen eines strafbaren Verhaltens werden die Sicherheitsbehörden im Rahmen des Sicherheitspolizeigesetzes bzw. der Strafprozessordnung tätig.

 

Die bloße Verbreitung islamistischer Ideologie stellt für sich alleine keine allgemeine Gefahr im Sinne des Sicherheitspolizeigesetzes dar, weshalb eine generelle Beobachtung und Ermittlung gegen islamistische Gruppierungen mangels Rechtsgrundlage nicht möglich ist. Zur Führung einer Datei zur Erfassung aller islamistischen Gruppierungen besteht keine Rechtsgrundlage.

 

Zu Frage 11:

Von der Beantwortung der Frage muss aus datenschutzrechtlichen Gründen abgesehen werden.


Zu den Fragen 15 und 16:

Den Sicherheitsbehörden liegen keine Erkenntnisse vor, dass die internationale Kalifats-Konferenz an einer anderen Örtlichkeit abgehalten wurde.

 

Zu Frage 17:

Die Aktivitäten der angeführten Gruppierungen haben sich seit dem Jahre 2006 nicht wesentlich verändert, weshalb die damalige Beschreibung heute noch zutreffend ist. Erstmals wurden in Österreich im Zusammenhang mit der „Kalifats-Konferenz“ im Jahr 2012 vermehrte Aktivitäten festgestellt. Die Veranstaltung war den Sicherheitsbehörden im Vorfeld bekannt.