11822/AB XXIV. GP

Eingelangt am 14.08.2012
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

GZ: BMI-LR2220/0979-II/2012

 

Wien, am         . August 2012

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben am 15. Juni 2012  unter der Zahl 12049/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „falscher Beantwortung der Anfrage ‚Ermittlungen gegen einen Unschuldigen in Zusammenhang mit AnonAustria nach dem Verbotsgesetz‘“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Von dem als Person unbekannten User „The_Dude“ erfolgten im Internet verbotsgesetzwidrige Postings. Polizeiliche Ermittlungen gegen einen unbekannten Täter wurden in weiterer Folge aufgenommen. Im Zuge dieser Ermittlungen ergab sich eine Verdachtslage aufgrund Vorliegens mehrerer belastender Indizien gegen die Person des Michael R., es könnte sich bei ihm um den User „The_Dude“ handeln. Die in diesem Zusammenhang bei Michael R. durchgeführte Hausdurchsuchung förderte zahlreiche Indizien zu Tage, welche die Verdachtslage gegen Michael R. wieder entkräftete. Der unverzüglich an die Staatsanwaltschaft übermittelte Anlassbericht führte zur Einstellung des Verfahrens gegen Michael R. In diesem Zusammenhang und über die Einstellung des Verfahrens gegen Michael R. hinaus wurden jedoch weiterhin Ermittlungen gegen eine unbekannte Person geführt. Aus diesem Grunde wurde auch auf ein anhängiges Ermittlungsverfahren hingewiesen.

 

Zu Frage 2:

Die Beantwortung der Anfrage hat sich nicht nur auf eine Person, sondern auf das strafrechtlich relevante Verfahren bezogen. Der Verfahrensstand betreffend die Person des Michael R. war bekannt.

 

Zu den Fragen 3 bis 5 :

Entfällt aufgrund der Beantwortung zu Fragen 1 und 2.

 

Zu Frage 6:

Unter Überwachungsmaßnahmen wird im polizeilichen Sinne ein umfassender Einblick in die Lebensverhältnisse des Betroffenen verstanden. Die gegenständliche polizeiliche Maß-nahme aus Eigenem ohne die Verwendung technischer Hilfsmittel erstreckte sich nicht auf die Abklärung der umfassenden Lebensverhältnisse der Person, sondern diente der Lokalisierung des Fahrzeuges des Betroffenen zum Abgleich für ein zeitlich mögliches Chat-Verhalten mit dem unbekannten strafrechtsrelevanten User „The_Dude“ und war somit auf eine Be- oder Entlastung des Betroffenen ausgerichtet.

 

Zu Frage 7:

Diese Maßnahme erfolgte auf Grundlage des § 130 Abs. 1 in Verbindung mit § 133 Abs. 1  Strafprozessordnung.

 

Zu Frage 8:

Diese Maßnahme darf die Kriminalpolizei auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen von sich aus durchführen.

 

Zu den Fragen 9 und 10:

Entfällt aufgrund der Beantwortung zu Fragen 7 und 8.

 

Zu Frage 11:

Vorausgeschickt wird, dass Ergebnisse von Datenabfragen, wie Zentrales Melderegister, Waffenregister und dergleichen in die Berichtslage an die Staatsanwaltschaft eingearbeitet und daher nicht gesondert als Beilage angeführt werden. Die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht haben jederzeit die Möglichkeit, diese Unterlagen einzufordern. Die beschriebene Vorgehensweise wurde auch in diesem Falle gewählt.

 

Strafrechtsrelevante Sachverhalte wurden mit den relevanten Fundstellen dezidiert im Anlassbericht angeführt.

Die „OSINT (Open Source INTelligence) -Recherche“ erfolgte unter Zuhilfenahme der zur Verfügung stehenden Standardwerkzeuge.

 

Die Waffenregisteranfrage ist als Standardvorgang für die operative Umsetzung einer Hausdurchsuchung anzusehen, um die Wahl der Mittel und Form der Durchsuchung zu bestimmen und hatte keinen unmittelbaren Bezug zu den Vorwürfen. Daher erschien die Übermittlung an die Staatsanwaltschaft nicht erforderlich.

 

Eine „whois-Anfrage“ in Verbindung mit nicknames wurde als nicht zielführend erachtet, daher liegen auch keine Anfragen dazu vor.

 

Der angefragte Begriff „Computertechnische Observation“ kann nicht zugeordnet werden. Jedenfalls wurden keine Aufzeichnungsprogramme oder -geräte verwendet.

 

Zu Frage 12:

Sämtliche Ergebnisse sind direkt in den Anlassbericht eingeflossen. Ergänzende Unterlagen konnten jederzeit durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht  angefordert werden.

 

Zu Frage 13:

Sämtliche Ergebnisse sind in den Anlassbericht direkt eingeflossen. Es erging weder durch die Staatsanwaltschaft noch durch das Gericht eine nachträgliche Anforderung der Unterlagen.

 

Rückwirkend betrachtet hätte durch den Anschluss der Beilagen die Verwechslung der beiden Bezugsörtlichkeiten vermieden  werden können.

 

Zu Frage 14:

Zum Zeitpunkt der Berichtslegung lagen keine entlastenden Indizien vor, sondern nur eine belastende Indizienkette. Wären zum damaligen Zeitpunkt entlastende Indizien vorgelegen, wären diese unter Wahrung der gebotenen Objektivität jedenfalls in die Berichtslegung eingeflossen. Die Beweiswürdigung selbst wurde in keinem Stadium der Ermittlungen durch die Kriminalpolizei vorgenommen, diese obliegt allein den Gerichten.

 


Zu Frage 15:

Gemäß § 53 Abs. 1 Strafprozessordnung ist nach Erstattung des Abschlussberichtes eine  Akteneinsicht nur mehr bei der Staatsanwaltschaft möglich.

 

Zu Frage 16:

Keine.

 

Zu Frage 17:

Die fachliche Verantwortung trägt grundsätzlich der jeweilige Fachvorgesetzte.

 

Zu Frage 18:

Die inhaltliche Verantwortung tragen die Unterzeichnenden.

 

Zu Frage 19:

Aus datenschutzrechtlichen Gründen muss von einer Beantwortung der Frage Abstand genommen werden.

 

Zu Frage 20:

Die damit befassten Bediensteten weisen die erforderlichen Kenntnisse auf.

 

Zu Frage 21:

Es wurden mehrwöchige Schulungen bei  in- und ausländischen Sicherheitsbehörden und

-dienststellen absolviert.

 

Zu Frage 22:

Entfällt auf Grund der Beantwortung zu Frage 21.

 

Zu Frage 23:

„IRC (Internet Relay Chat) -Ausbildungen“ werden – soweit überhaupt gegeben – als nicht notwendig erachtet.

 

Zu Frage 24:

Entfällt aufgrund Beantwortung zu Frage 23.

 

Zu Frage 25:

Nein, es gab diesbezüglich mehrere Indizien.

 

Zu Frage 26:

Aus datenschutzrechtlichen Gründen muss von einer Beantwortung der Frage Abstand genommen werden.

 

Zu Frage 27:

Mangels Referenzfoto aus dem vermutlich lange zurückliegenden Zeitpunkt des Entstehens des angeführten Fotos konnte ein Vergleich nicht vorgenommen werden.

 

Zu Frage 28:

Entfällt aufgrund Beantwortung zu Frage 27.

 

Zu Frage 29:

Vom User „The_Dude“ wurde auf „Twitter.com/AnonAustria“ ein Link zu einer Seite mit veröffentlichten Testdaten des Zentralen Melderegisters aus dem Jahr 2008 angelegt. Zu diesem Zeitpunkt war Michael R. Mitarbeiter eines Unternehmens, das als Referenz auf seiner Homepage das  „Zentrale  Melderegister – ZMR“ angeführt hat.

 

Zu Frage 30:

Nein, dieses Indiz ist nur in Zusammenhang mit weiteren Indizien zu sehen.

 

Zu den Fragen 31 und 32:

Den Ermittlungen folgend administriert der User „The_Dude“ den twitter account von           AnonAustria. Nach den ersten Zeugeneinvernahmen im November 2011 wurde auf dem  youtube account http://www.youtube.com/user/xen0nymous?feature=watch eine Audio-botschaft an die österreichische Polizei veröffentlicht, welche wiederum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang auf dem twitter account von AnonAustria veröffentlicht wurde. Aufgrund der diesbezüglichen zeitlichen Komponente lag der begründete Verdacht vor, dass der Betreiber des youtube accounts ident mit dem Betreiber des twitter accounts ist. Der Betreiber des betreffenden youtube accounts führte in seinem Profil an, dass er zum besagten Zeitpunkt 27 Jahre alt und in Wien wohnhaft sei.

 

Zu Frage 33:

Die Ermittler sind von der Annahme ausgegangen, dass einem qualifizierten Computerfachmann der Gebrauch von „SQL-Injections“ geläufig ist.

 


Zu Frage 34:

Die theoretischen Fähigkeiten des Michael R. zur Umsetzung von SQL-Injections wurden nur gemeinsam mit den anderen Teilen der Indizienkette als Indiz gewertet.

 

Zu Frage 35:

Nein, diese Buchstabenkombination wurde nicht als Abkürzung des Netzjargons erkannt.

 

Zu den Fragen 36 und 37:

Entfallen aufgrund Beantwortung zu Frage 35.

 

Zu Frage 38:

Die Nennung altgermanischer Namen wurde als Indiz zur Persönlichkeit des Verwenders des nicknames „The_Dude“, aber nicht als strafrechtsrelevant gewertet.

 

Zu Frage 39:

Auch bei diesem Umstand handelt es sich nur um einen weiteren Teil der Indizienkette, da „The_Dude“ über einen Link von Twitter.com/AnonAustria das Abbild einer Intranetseite des Bundesministeriums für Inneres eingestellt hatte und sich wiederholt mit guten Kontakten zum Bundesministerium für Inneres rühmte.

 

Zu Frage 40:

Den Ermittlern war bekannt, dass es sich bei der  Bezeichnung „Robe@IRCnet“ um keine    Emailadresse handelte, diese wurde nur irrtümlich als solche bezeichnet. Für die Ermittlungen war nicht die Funktion der Bezeichnung „Robe@IRCnet“ relevant, sondern der Bezug zu „IRC“.

 

Zu den Fragen 41 und 42:

Entfällt aufgrund Beantwortung zu Frage 40.

 

Zu Frage 43:

Diese Behauptung wurde von Michael R. selbst in mindestens zwei Fällen im Internet     (quora.com und xing.com) aufgestellt und  daher als glaubwürdig eingestuft.

 

Zu Frage 44:

Entfällt aufgrund Beantwortung zu Frage 43.

 


Zu Frage 45:

In beiden Fällen war die Unterhaltung EDV-spezifisch und ist nicht für sich allein, sondern nur in Verbindung mit weiteren Indizien zu betrachten. Darüber hinaus besteht hier tatsächlich auch eine persönliche Bekanntschaft.

 

Zu Frage 46:

Ja.

 

Zu Frage 47:

Der thematische Zusammenhang zwischen der Veröffentlichung der Kennwörter durch      AnonAustria und einem weiteren von Michael R. unter dem nickname „@terrorobe“ geführten Dialog zum Thema „SilverServer“ wurde als ein ergänzendes Indiz angesehen.

 

Zu Frage 48:

Nein.

 

Zu den Fragen 49 und 50:

Aufgrund der voran angeführten Ausführungen ergeben sich keine relevanten Anhalts-punkte, die die Veranlassung weiterer Maßnahmen notwendig erscheinen lassen.