11856/AB XXIV. GP

Eingelangt am 20.08.2012
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

BMJ-Pr7000/0191-Pr 1/2012


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

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Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

Zur Zahl 12054/J-NR/2012

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Gerichtliche Strafverfahren nach § 168a Strafgesetzbuch im Jahr 2011“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage – basierend auf den Berichten der Staatsanwaltschaften – wie folgt:

Zu 1:

Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption:

Im Jahr 2011 war keine Anzeige zu verzeichnen.

Ein im Jahr 2011 eingeleitetes Verfahren gegen Verantwortliche des „Systems Lyoness“ (Frage 18) zog die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption am 11. Mai 2012 gemäß § 20b Abs. 1 StPO an sich. Siehe dazu auch die Beantwortung der schriftlichen Anfrage Zl. 11785/J-NR/2012.

Staatsanwaltschaft Wien:

Je eine Anzeige wegen „10 MDC“ und „UNAICO Ltd. bzw. SITETALK Communities Ltd”.

Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt:

Eine Anzeige wegen eines Pyramidenspiels; diese wurde der Staatsanwaltschaft Graz übermittelt.

Staatsanwaltschaft St. Pölten:

Eine Anzeige wegen eines Pyramidenspiels im Zusammenhang mit „Goldankäufen“ und sonstigen Sparplänen.

Staatsanwaltschaft Korneuburg:

Eine Anzeige wegen des Gewinnerwartungssystems „Club Asteria“.

Staatsanwaltschaft Graz:

Je eine Anzeige wegen „Lyoness International AG“, „Euro Success GmbH“, „My Private Trade”, „www.spardichreich.at“ und „UNAICO Ltd”.

Staatsanwaltschaft Leoben:

Je eine Anzeige wegen des Pyramidenspiels “Unternehmerforum CHART” (Abtretung an die Staatsanwaltschaft Salzburg) und des Gewinnerwartungssystems “Forexelement”.

Staatsanwaltschaft Klagenfurt:

Je eine Anzeige wegen „Lyoness International AG“ und hinsichtlich eines namentlich nicht genannten Pyramidenspiels.

Staatsanwaltschaft Linz:

Eine Anzeige wegen eines namentlich nicht genannten Systems wurde an die Staatsanwaltschaft Wels abgetreten.

Staatsanwaltschaft Wels:

Eine Anzeige wegen www.networfercenter.info.

Staatsanwaltschaft Salzburg:

Eine Anzeige wegen „Unternehmerforum CHART“.

Zu 2:

Ich gehe davon aus, dass sich diese Frage auf bei Gerichten durch Anklageerhebung anhängig gewordene Verfahren bezieht.

Im Jahr 2011 ist nur ein Verfahren beim Landesgericht Klagenfurt in das Stadium des Hauptverfahrens gelangt.

Zu 3:

Im Jahr 2011 kam es zu keinen Verurteilungen wegen des Vergehens nach § 168a StGB.

Zu 4 und 5:

Sieht eine Staatsanwaltschaft von der Verfolgung einer bei ihr eingelangten Anzeige ab, wird das Strafverfahren gemäß §§ 190 ff StPO eingestellt. Das Gesetz differenziert dabei nicht zwischen Zurücklegung der Anzeige und Einstellung des Verfahrens, sodass die Fragepunkte 4 und 5 gemeinsam behandelt werden.

Aufgrund von im Jahr 2011 erstatteter Anzeigen wurde bei den Staatsanwaltschaften St. Pölten, Graz, Leoben, Klagenfurt und Salzburg je ein Verfahren gemäß § 190 ff StPO eingestellt.

Zu 6:

In der folgenden Auflistung anhängiger Verfahren wurden jene staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren nicht berücksichtigt, die gemäß § 197 StPO abgebrochen wurden, weil die Person des Täters oder der Aufenthalt des Beschuldigten nicht bekannt sind:

Staatsanwaltschaft Korneuburg: 1

Staatsanwaltschaft Graz: 3

Staatsanwaltschaft Klagenfurt: 1

Staatsanwaltschaft Wels: 1

Zu 7:

Im Jahr 2011 führten die Staatsanwaltschaften im anfragegegenständlichen Bereich keine diversionellen Maßnahmen durch. Das zu Fragepunkt 2 angeführte Verfahren hat das Landesgericht Klagenfurt mit Diversion beendet.

Zu 8:

Ich gehe davon aus, dass sich diese Frage auf bei Gerichten durch Anklageerhebung anhängig gewordene Verfahren bezieht. Aufgrund von im Jahr 2011 erstatteten Anzeigen ist nach den mir vorliegenden Informationen derzeit kein Gerichtsverfahren (mehr) anhängig.

Zu 9:

Nach den mir vorliegenden Berichten der Staatsanwaltschaften waren 2011 keine Strafverfahren gegen Veranstalter mit Sitz in anderen EU-Mitgliedsstaaten oder Drittländern anhängig.

Zu 11 und 12:

Die Staatsanwaltschaften berichteten im Zusammenhang mit „Schenkkreisen“ wie folgt, wobei das Verfahren betreffend den Schenkkreis Lungau gesondert behandelt wird (Fragepunkte 15 und 16):

Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt: eine Anzeige wegen „Schenkkreis Unternehmerforum“; das Verfahren wurde im Jahr 2012 eingestellt;

Staatsanwaltschaft Graz: ein noch nicht abgeschlossenes Ermittlungsverfahren aus dem Jahr 2008 gegen derzeit 188  Beschuldigte;

Staatsanwaltschaft Klagenfurt: es handelt sich um das zu Frage 2. angeführte Verfahren beim Landesgericht Klagenfurt, welches mit Diversion beendet wurde.

Zu 13:

Den mir vorliegenden Berichten zufolge ist der Schweizer Schenkkreis „Spirit of Independence“ den Staatsanwaltschaften bislang nicht bekannt geworden.

Zu 14:

In Deutschland stattfindende Werbeveranstaltungen für Schenkkreise fallen grundsätzlich nicht in meinen Vollziehungsbereich.

Zu 15 und 16:

Die Staatsanwaltschaft Salzburg hat im Frühjahr 2012 beim Landesgericht Salzburg gegen insgesamt zehn Beschuldigte im Zusammenhang mit dem Schenkkreis Lungau Anklage erhoben (davon fünf Anklageschriften und fünf Strafanträge); ein Termin für die Hauptverhandlung steht noch nicht fest. Das Verfahren gegen die übrigen Beschuldigten wurde eingestellt. Die angefragten Details zur Zahl der Beteiligten und zum Schadensausmaß unterliegen mit Anklageerhebung dem Regime der gerichtlichen Akteneinsicht, das auch bei Beantwortung parlamentarischer Anfragen zu beachten ist, insbesondere solange die Anklage noch nicht vorgetragen wurde. Ich ersuche daher um Verständnis, dass mir ein Eingehen auf Frage 15 aus diesem Grund nicht möglich ist.

Zu 17:

Die mit Urteilen des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 29. September, 10. Oktober und 22. November 2011 ergangenen Verurteilungen von zwei Angeklagten und (Teil-) Freisprüche in Bezug auf vier Angeklagte (davon einer zur Gänze) sind in Rechtskraft erwachsen. Hingegen hob das Oberlandesgericht Graz mit Berufungsurteil vom 31. Mai 2012 die Verurteilung von weiteren zwölf Angeklagten durch das Landesgericht für Strafsachen Graz vom 10. Oktober 2011 auf und verwies die Sache zur neuerlichen Verhandlung an das Landesgericht für Strafsachen Graz zurück. Im Übrigen ersuche ich um Verständnis, dass ich im Hinblick auf die Nichtöffentlichkeit des – nach Anklageerhebung in Bezug auf insgesamt 15 Beschuldigte und Einstellung des Verfahrens in Bezug auf sieben Beschuldigte – restlichen Ermittlungsverfahrens zur Wahrung des Ermittlungserfolgs sowie der Rechte der Verfahrensbeteiligten und des Datenschutzes keine Details bekannt geben kann.

Zu 18:

Zu dieser Frage verweise ich auf die Beantwortung der schriftlichen Anfrage Zl. 11785/J-NR/2012.


Zu 10 und 19:

Aus der Praxis der Staatsanwaltschaften wird über Probleme bei der Ausforschung der Verantwortlichen insbesondere bei der Rückverfolgung im Internet berichtet.

Wien,       . August 2012

 

 

Dr. Beatrix Karl