12368/AB XXIV. GP

Eingelangt am 16.11.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 12580 /J des Abgeordneten Venier und weiterer Abgeordneter wie folgt:

 

 

Zur Frage 1:

 

Laut mittelfristiger Prognose des Instituts für Höhere Studien vom Juli 2012 wird die Nachfrage nach Arbeitskräften in Österreich bei einem moderaten Anstieg der Wirtschaftsleistung von durchschnittlich jährlich real 1,7% bis zum Jahr 2016 um rund 143.000 ansteigen. Es ist davon auszugehen dass sich die Zunahme der unselbständig Beschäftigten von durchschnittlich knapp 29.000 pro Jahr auch in den Folgejahren weiter fortsetzten wird. In Summe bedeutet das einen zusätzlichen Bedarf von beinahe 260.000 zusätzlichen Arbeitskräften bis zum Jahr 2020. Laut Prognose des Österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts wird bis zum Jahr 2016 die Nachfrage nach Fachkräften mit zumindest Maturaniveau um 120.000 ansteigen und die Beschäftigung mittlerer Ausbildungsstufen wird um rund 80.000 zunehmen. Die Nachfrage nach angelernten bzw. ungelernten Hilfskräften wird dagegen tendenziell rückläufig sein. Alle nennenswerten Arbeitsmarktexpertinnen und –experten gehen davon aus, dass sich dieser Trend in den darauffolgenden Jahren noch weiter verstärken wird. Daraus folgt der Schluss, dass zur Aufrechterhaltung eines Wirtschaftswachstums von jährlich 1,7% bis 2020 zumindest 260.000 Fachkräfte erforderlich sein werden.

Dieser Nachfrage nach Arbeitskräften steht eine deutlich rückläufige Zahl an Personen im Haupterwerbsalter entgegen. Nach den Bevölkerungsprognosen der Statistik Austria wird bis 2020 in Österreich die Zahl der Jugendlichen um mehr als 90.000 und die Zahl der 25- bis 49-Jährigen um beinahe 170.000 zurückgehen (dieser Rückgang würde ohne die bereits in den Prognosen enthaltene Zuwanderung entsprechend stärker ausfallen). Lediglich die Zahl der 50- bis 64-Jährigen wird in diesem Zeitraum noch ansteigen. Insgesamt schafft diese Entwicklung neue Chancen vor allem für bislang arbeitslos vorgemerkte Personen, ältere Arbeitskräfte und für Frauen. Dennoch - trotz steigender Erwerbsquote von Frauen und trotz des längeren Verbleibs von älteren Arbeitskräften - werden zur Aufrechterhaltung der Konkurrenzfähigkeit der österreichischen Betriebe und damit zur Aufrechterhaltung des Wirtschaftswachstums zusätzliche Fachkräfte benötigt werden.


Zur Frage 2:

Als Grundlage für die Prognose der Entwicklung der einzelnen Berufsgruppen dient die mittelfristige Prognose der Beschäftigungsentwicklung nach Berufsgruppen des österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung: „Mittelfristige Beschäftigungsprognose für Österreich und die Bundesländer 2010 bis 2016“. Die nachstehende Tabelle zeigt die Entwicklung bis 2016. Für die Trendabschätzung bis 2020 wurde die Gesamtentwicklung des Fachkräftebedarfs entsprechend fortgeschrieben, für den Zeitraum ab 2016 liegen jedoch noch keine detaillierten Prognosen nach den jeweiligen Berufsgruppen vor.

 

 

 

Zur Frage 3:

Die Datenbasis für die Fachkräfteverordnung 2012 ist das administrative Register des Arbeitsmarktservice. In der AMS-Datenbank werden sowohl die gemeldeten offenen Stellen der Unternehmen als auch die vorgemerkten arbeitslosen Personen registriert.

Für die statistische Auswertung von Stellenandrangsziffern werden im konkreten Verwendungszusammenhang die sofort verfügbaren offenen Stellen mit Mindestanforderung Lehrabschluss und die vorgemerkten Arbeitslosen ohne Einstellzusage mit mindestens Lehrausbildung auf der Ebene von Berufen (Gliederungstiefe 4-Steller) über einen Durchrechnungszeitraum von einem Jahr in Beziehung gesetzt.

 

 

Zur Frage 4:

Die Abschätzung der Berufsgruppen nach Bundesländern beruht auf der Prognose der Beschäftigungsentwicklung nach Berufsgruppen des österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung: „Mittelfristige Beschäftigungsprognose für Österreich und die Bundesländer 2010 bis 2016“. Die nachstehende Tabelle zeigt die Entwicklung bis 2016. Für den Zeitraum ab 2016 liegen noch keine detaillierten Prognosen nach Bundeländern und Berufsgruppen vor.



Zur Frage 5:

Grundsätzlich kann dazu festgehalten werden, dass das AMS laufend und in hohem Ausmaß Arbeitslose und SchulabgängerInnen aus- und weiterbildet. Die Ausgaben für Qualifizierungsmaßnahmen des AMS sind von 2007 auf 2011 um 18% auf € 666,7 Mio. gestiegen. Im Jahr 2011 betrug der Anteil der Personen in Qualifizierungsmaßnahmen an den gesamten geförderten Personen (Beschäftigung, Qualifizierung, Unterstützung) 82%. Die angebotenen Aus- und Weiterbildungen werden ständig ausgebaut und den steigenden Anforderungen des Arbeitsmarkts entsprechend weiterentwickelt. Einen besonderen Schwerpunkt setzt das AMS bei der Fachkräfteausbildung.

Im Rahmen so genannter Implacementstiftungen oder des Modells der arbeitsplatznahen Qualifizierung erfolgt eine auf einen konkret vorhandenen Personalbedarf ausgerichtete Form der Aus- und Weiterbildung von geeigneten Arbeitslosen. Im laufenden Jahr wurden allein in Implacementstiftungen bislang rund 5.300 Personen bedarfsgerecht ausgebildet.

Gemeinsam mit Branchenfachleuten innovativer Leitbetriebe sowie Arbeitsmarkt- und BildungsexpertInnen wurden im AMS-Programm „Standing Committee on New Skills“ Mustercurricula in ausgewählten Berufsbereichen entwickelt, die eine praxis- und bedarfsgerechte Qualifizierung von arbeitslosen Personen gewährleisten sollen. Bis Ende August 2012 nahmen im heurigen Jahr bereits 6.544 Personen an diesen zukunftsorientierten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im Rahmen des „New Skills-Programms“ teil.

Im Pflegebereich werden vom AMS 2012 rund 4.000 Personen in den verschiedensten Maßnahmen aus- und weitergebildet.

Mit dem mehrjährigen Qualifizierungsprogramm FiT (Frauen in Handwerk und Technik) werden Frauen zu Ausbildungen in nichttraditionellen Berufen motiviert. Neben einer Lehrausbildung kann auch der Besuch von Fachschulen, HTLs oder Fachhochschulen vom AMS gefördert werden. Im Vorfeld werden sowohl „vorbereitende“ Perspektivenerweiterung als auch „handwerklich-technisch“ vorbereitende Qualifizierungen angeboten. Im Jahr 2011 nahmen insgesamt über 6.000 Frauen am FiT-Programm teil, 1.110 Frauen haben im vergangenen Jahr eine nichttraditionelle Ausbildung mit mindestens Lehrabschluss begonnen. 2012 können bis Ende August rund 4.600 FiT-Teilnehmerinnen verzeichnet werden, knapp 500 Frauen haben bereits eine Ausbildung mit mindestens Lehrabschluss begonnen.

Ein zusätzlicher Pfeiler, um die Dynamik der Wirtschaft und die zunehmende Differenzierung und Globalisierung der Wirtschaft zu unterstützen ist die „Strategie zum lebensbegleitenden Lernen in Österreich“ (LLL:2020). Zielsetzung ist u. a. die Steigerung des Anteils an Lehrlingen und LehrabsolventInnen, die Erhöhung des Anteils an HochschulabsolventInnen und eine vermehrte Weiterbildungsbeteiligung der Bevölkerung.

In der Aktionslinie 5 „Maßnahmen zur besseren Neuorientierung in Bildung und Beruf und Berücksichtigung von Work-Life-Balance“ ist explizit festgehalten, dass attraktive Förderprogramme für Qualifizierungen in besonders nachgefragten Bereichen und Qualifikationssegmenten, wie z.B. den Gesundheits- und Krankenpflegeberufen, Sozialberufen oder MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) entwickelt und ausgebaut werden. Die Strategie LLL:2020 wird vom BMASK unterstützt.


Die Fachkräfteausbildung wird insbesondere bei den Mangelberufen weiter intensiviert. Die Bundesregierung hat beschlossen, im nächsten Jahr mit Initiativen wie dem Fachkräftestipendium, der Bildungsteilzeit, besserem Zugang zur Berufsschule, höherer Förderung bei Lehre für Erwachsene und verstärkten AMS Programmen Erwachsene bei der Erlangung eines Lehrabschlusses oder Fachabschlusses insbesondere in Mangelberufen noch stärker zu unterstützen. Möglichst alle Jugendlichen sollen durch Unterstützungen wie dem Jugendcoching, AusbildungsFit und Lehrlingschoaching zu einem FacharbeiterInnenabschluss kommen. Damit wird Österreich weiterhin eine EU-Spitzenposition in der Arbeitsmarktpolitik einnehmen.