12602/AB XXIV. GP

Eingelangt am 14.12.2012
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

BMJ-Pr7000/0258-Pr 1/2012


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

Tel.: +43 1 52152 0

E-Mail: team.pr@bmj.gv.at

 

 

Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

 

Zur Zahl 12813/J-NR/2012

Der Abgeordnete zum Nationalrat Rupert Doppler und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Übergriffe auf Gerichtsvollzieher“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Ich habe aus Anlass dieser Anfrage Berichte der Präsidenten der Oberlandesgerichte einholen lassen. Die dokumentierten Übergriffe auf Gerichtsvollzieher in den letzten fünf Jahren lassen sich der Tabelle entnehmen:


Jahr

OLG Wien

OLG Graz

OLG Linz

OLG Innsbruck

Wien

Burgenland

Steiermark

Kärnten

Salzburg

Tirol

Vorarlberg

2008

3

0

0

1

0

3

1

0

0

2009

1

2

0

5

3

1

2010

1

0

7

10

 

2011

8

2

3

1

15

9

1

2012

3

0

2

1

7

9

1

 

An Übergriffen wurden dabei insbesondere berichtet über Raufhändel in unterschiedlichster Intensität, Fußtritte, Würgen, an den Haaren ziehen, Einschließen in der Wohnung, aus der Wohnung drängen, Faustschläge, Kopfstöße, Hundebiss, eine versuchte Messerattacke, Abdrängen mit dem PKW und andere Angriffe.

Im Sprengel des Oberlandesgerichtes Wien kommt es – über die hier berichteten und in der Tabelle erfassten Fälle hinaus - nahezu täglich zu verbalen Drohungen und Beschimpfungen und laufend zu kleineren Rempeleien, Stößen, etc. ohne Verletzungsfolge.

Die auffallend hohe Anzahl im Sprengel des Oberlandesgerichtes Linz ist darauf zurückzuführen, dass dort auch massive verbale Attacken miterfasst werden, die sich nicht oder nur mit unvertretbar hohem Verwaltungsaufwand herausrechnen ließen, während in den anderen Sprengeln ausschließlich körperliche Übergriffe dokumentiert sind.

Zu 2:

Die Tabelle enthält alle dokumentierten Übergriffe der letzten fünf Jahre, bei denen Gerichtsvollzieher im Zuge ihrer Amtshandlung am Körper verletzt wurden:

Jahr

OLG Wien

OLG Graz

OLG Linz

OLG Innsbruck

Wien

Burgenland

Steiermark

Kärnten

Salzburg

Tirol

Vorarlberg

2008

1

0

0

0

0

0

0

0

0

2009

1

2010

1

1

3

2011

5

1

0

2012

1

1

 


Laut den eingeholten Berichten sind als Folge der Übergriffe dokumentiert: Würgespuren, Nacken- und Rückenschmerzen, eine ausgerenkte Schulter, Abschürfungen, Kratz- und Schnittverletzungen, eine Schädelprellung,  ein verletztes Daumengelenk, Blutergüsse und dergleichen.

Zu 3:

Die Anzahl der daraus resultierenden Krankenstände aufgegliedert nach Oberlandesgerichtssprengeln:

Jahr

OLG Wien

OLG Graz

OLG Linz1

OLG Innsbruck

Wien

Burgenland

Steiermark

Kärnten

Salzburg

Tirol

Vorarlberg

2008

1 Woche

 

 

1 Woche

0

0

0

0

2009

2 Wochen und anhaltende psychische Probleme

 

 

0

0

2010

 

 

 

2011

2 Tage

 

 

2012

 

 

 

 

Zu 4:

Im Sprengel des Oberlandesgerichtes Graz werden über die Beiziehung von Polizeibeamtinnen bzw. -beamten keine Aufzeichnungen geführt. Die Zahlen der drei anderen Sprengel ergeben sich aus der Tabelle:

Jahr

OLG Wien

OLG Linz

OLG Innsbruck

Wien

Burgenland

Salzburg

Tirol

Vorarlberg

2008

4

2

0

66

3

36

13

2009

3

1

87

12

35

15

2010

5

3

112

21

33

13

2011

15

6

135

28

54

25

2012

9

4

119

34

60

26

 


Zu 5:

Den Gerichtsvollziehern werden bereits im Rahmen der Grundausbildung die Grundlagen wirksamer Selbstverteidigung vermittelt, wozu etwa auch Befreiungsübungen oder die Schulung zur Erkennung persönlicher Distanzschwellen gehören.

Anlässlich des außerordentlichen Sicherheitsbeirats im Bundesministerium für Justiz am 12. Dezember 2007 wurde der Beschluss gefasst, Gerichtsvollzieher (auf ihren Wunsch) mit Pfeffersprays auszustatten, wobei die Gerichtsvollzieher grundsätzlich bereits im Rahmen der Grundausbildung in der richtigen Handhabung trainiert und mit den rechtlichen Grundlagen vertraut gemacht werden.

Weiters erhalten alle Gerichtsvollzieher stichfeste Handschuhe, im Sprengel des Oberlandesgerichtes Linz darüber hinaus – auf Wunsch – auch Stichschutzwesten.

Alle vier Oberlandesgerichte bieten laufend Schulungen für Gerichtsvollzieher zu Themen wie Krisenintervention und Stressbewältigung, Umgang mit Krisensituationen, Gefahrenabwehr (Eigensicherung) und Verhalten in Gefahrensituationen an. Ergänzend dazu veranstaltet das Bundesministerium für Justiz bundesweit die Seminarreihe „Durch Planung zum Erfolg – Verhaltensmaßnahmen für einen erfolgreichen Vollzug“, die auch das Ziel verfolgt, durch eine entsprechende Vorbereitung und die Beachtung gewisser Grundregeln beim Vollzug das Risiko allfälliger Eskalationen zu verringern.

Zu 6:

Mit der Exekutions-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 31/2003, wurden an den Oberlandesgerichten die FEX-Planungs- und Leitungseinheiten eingerichtet, denen nicht zuletzt die Unterstützung und Begleitung der Gerichtsvollzieher zukommt. Den dafür zuständigen Regionalverantwortlichen obliegt die unmittelbare Fach- und Dienstaufsicht über die Gerichtsvollzieher in den ihnen jeweils zugewiesenen Vollzugsgebieten. Diese dem gehobenen Dienst zugeordneten Justizbediensteten, die jeweils über eine langjährige praktische Erfahrung als Gerichtvollzieher oder Exekutionsrechtspfleger verfügen und damit die Besonderheiten des Vollzugswesens eingehend kennen, betreuen und unterstützen die Gerichtsvollzieher persönlich, direkt und unmittelbar und stehen ihnen insbesondere bei sensiblen Verzügen auch vor Ort zur Verfügung.

In akuten Fällen bieten die Dienstbehörden den Gerichtsvollziehern die Möglichkeit von Krisenintervention sowie notfallpsychologischer bzw. (anonymer) psychologischer Betreuung.


Darüber hinaus fördert und unterstützt das Bundesministerium für Justiz auf Grundlage des Erlasses vom 5. Juli 2011, BMJ-V109.00/0021-III 3/2011, Supervision und Coaching für sämtliche Bedienstete als Maßnahme der Berufsbegleitung, der Fortbildung und der Organisationsentwicklung.

 

Wien,        . Dezember 2012

 

 

 

Dr. Beatrix Karl