1348/AB XXIV. GP

Eingelangt am 12.05.2009
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BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

Frau                                                  (5-fach)

Präsidentin des Nationalrates

Parlament

1010 Wien                                                                        

 

 

RUDOLF HUNDSTORFER

Bundesminister

 

Stubenring 1, 1010 Wien

Tel: +43 1 711 00 - 0

Fax:   +43 1 711 00 - 2156

rudolf.hundstorfer@bmask.gv.at

www.bmask.gv.at

DVR: 001 7001

 


 

 

GZ: BMASK-10001/0161-I/A/4/2009                               Wien,

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1412/J der Abgeordneten Ing. Christian Höbart und weiterer Abgeordneter wie folgt:

Fragen 1 bis 5:

Jährlich werden im Rahmen der Befragung „EU-SILC“ im Auftrag meines Ressorts die Einkommens- und Lebensbedingungen der österreichischen Privathaushalte erhoben. Diese Erhebung inkludiert alle Haushaltsmitglieder, also auch Jugendliche. Es erscheint dazu auch jährlich eine Publikation unter dem Titel Einkommen, Armut und Lebensbedingungen. Ergebnisse aus EU-SILCder Statistik Austria.

Von manifester Armut sind laut SILC im Jahr 2007 jeweils 5% der männlichen und weiblichen Kinder und Jugendlichen bis 19 Jahre betroffen. Rund 250.000 Kinder und Jugendliche sind armutsgefährdet.

 

In der Publikation „Einkommen, Armut und Lebensbedingungen. Ergebnisse aus EU-SILC 2007“ in der Tabelle 8.3 (Seite 140) erfolgt die Aufschlüsselung der Armutsgefährdung von Kindern und Jugendlich nach den Merkmalen „Einwohnerzahl in der Region“ und nach „Bundesland“. Dabei ist jedoch zu beachten, dass aufgrund der Stichprobengröße für die Untergliederung auf Landesebene auf die statistischen Unsicherheiten (Konfidenzintervalle) zu achten ist. Die Studie steht auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zur Verfügung:

http://www.bmask.gv.at/cms/site/liste.html?channel=CH0104

Weiters erstellt die Statistik Austria im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz alljährlich einen Überblick über die Sozialhilfeleistungen der Länder, dem u.a. auch die Anzahl der Mitunterstützten mit Familienbeihilfe entnommen werden kann.

Im Jahr 2007 lag der Anteil der Mitunterstützten mit Anspruch auf Familienbeihilfe an der bundesweiten Gesamtzahl der Sozialhilfebezieher/innen bei rund 28,6%.

Dem Anstieg bei der Gesamtanzahl der Sozialhilfebezieher/innen seit dem Jahr 2004 steht eine vergleichsweise geringere Erhöhung des Anteiles der Mitunterstützten mit Anspruch auf Familienbeihilfe an dieser Summe gegenüber (+ 1,3%).

Bezieher/innen in der offenen Sozialhilfe

2004

2005

2006

2007

Summe der Allein-, Haupt- und Mitunterstützten

119.383

125.670

142.278

152.479

davon Mitunterstützte mit Familienbeihilfe

32.604

35.048

39.627

43.648

%-Anteil an der Gesamtzahl*

27,30%

27,90%

27,90%

28,60%

* Angaben ohne Burgenland

Überdurchschnittlich hohe Anteile an Mitunterstützten mit Anspruch auf Familienbeihilfe an der Gesamtzahl der Sozialhilfeempfänger/innen im Zeitraum 2004 bis 2007 weisen insbesondere die Statistiken der Bundesländer Niederösterreich und Vorarlberg aus. Sie liegen in Niederösterreich bei durchschnittlich 34,9% und in Vorarlberg bei durchschnittlich 34,7%.

Frage 6:

Die Armutsgefährdungsquote der Kinder und Jugendlichen war in den letzten Jahren relativ konstant, Verschiebungen gab es regional. In der Regel ist Kinder- und Jugendarmut auf die prekären Einkommensverhältnisse der Eltern zurückzuführen, weshalb auch Maßnahmen zur Armutsvermeidung in diesem Bereich schon bei den Eltern ansetzen sollten.

Statistisch gesehen sind vor allem Alleinerziehende einem besonders hohen Armutsrisiko ausgesetzt. Mit der geplanten Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung und den damit verbundenen Leistungserhöhungen für Alleinerziehende soll der Armutsgefährdung dieser Personengruppe nachhaltig entgegengewirkt werden.

Alleinerziehende werden bis dato in den meisten Sozialhilfegesetzen der Länder als Haushaltsvorstände betrachtet, deren Richtsätze unter jenen von alleinstehenden Personen liegen.

Nach dem Konzept der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sollen Alleinerziehende künftig dieselbe Leistungshöhe wie Alleinstehende erhalten. Dieser Mindeststandard würde sich an der Höhe der Ausgleichzulage orientieren und im Jahr 2009 733 € netto (14 x jährlich) betragen.

Fragen 7 bis 9:

Zu dieser Frage liegen meinem Ressort keine Daten vor.

Frage 10:

Die Reduktion von Kinder- und Jugendarmut geht immer mit der Armutsreduktion der Eltern bzw. erwachsenen Bezugspersonen einher. Bereits umgesetzt wurde ein umfassendes Familienpaket mit steuerlichen Entlastungen und höheren Direktzahlungen. Die Verbesserung und Ausweitung der Kinderbetreuungseinrichtungen soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern. Eine frühere Rückkehr in den Arbeitsmarkt fördert die Reintegration von Frauen mit Betreuungspflichten; zudem sind höhere Erwerbseinkommen ein sicheres Mittel zur Armutsreduktion.

Neben den monetären Aspekten ist die Armutsprävention im Bildungsbereich von großer Wichtigkeit. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Gratiskindergarten und einer Verbesserung der Bildungschancen für Kinder aus benachteiligten Haushalten zu. Besonders Kinder mit Migrationshintergrund sollen dadurch bessere Chancen für ihren weiteren (Aus)Bildungsweg bekommen. Es ist ein wichtiges Ziel zu verhindern, dass Armut vererbt wird.

Im Hinblick auf die zunehmenden Schwierigkeiten am Jugendarbeitsmarkt wurde die aktive Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche in den letzten Jahren stark forciert und wird gerade unter den Bedingungen der aktuellen krisenhaften Entwicklungen weiter ausgebaut. Im Jahr 2009 sollen allein im Bereich der Lehrstellenförderung, die hinsichtlich der Jugendbeschäftigung einen zentralen Stellenwert einnimmt, rund 357 Mio. € aufgewendet werden. Im Sinne der im Regierungsprogramm verankerten Ausbildungsgarantie für Jugendliche bis 18 Jahre wird dabei unter anderem die Zahl der im Rahmen der überbetrieblichen Lehrausbildung zur Verfügung gestellten Ersatzausbildungsplätze für nicht unmittelbar vermittelbare Lehrstellensuchende im Ausbildungsjahr 2009/10 auf rund 12.000 erhöht. Darüber hinaus setzt die Bundesregierung etwa mit dem Programm „Aktion Zukunft Jugend“ gezielt Maßnahmen gegen die insbesondere in der Altersgruppe der 19 bis 24-Jährigen stark ansteigende Arbeitslosigkeit. Im Rahmen von „Aktion Zukunft Jugend“ erhalten Jugendliche, die nicht direkt auf einem Arbeitsplatz vermittelt werden können, eine individuell abgestimmte Qualifizierungsförderung oder werden über eine spezielle Beschäftigungsförderung wieder in Arbeit gebracht. Die für dieses Maßnahmenprogramm im Jahr 2009 zur Verfügung stehenden Mittel wurden von der Bundesregierung auf 120 Mio. € erhöht.

Fragen 11 bis 13:

Generell ist anzumerken, dass bei den Schuldenberatungen kaum Personen unter 18 Jahren in Beratung sind (unter 0,5%). Die Dachorganisation der österreichischen Schuldenberatungsstellen weist für die Gruppe der Beratenen bis 25 Jahren einen österreichweiten Anteil von 12,6 % nach.

Sowohl den staatlich anerkannten Schuldenberatungsstellen in den Bundesländern als auch der Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen der ASB Schuldnerberatungen GmbH liegen detaillierte Statistiken bezogen auf das Klientel der Schuldenberatungen vor. Daten zu Aspekten der Jugendverschuldung ergeben sich aus dem jährlich von der Dachorganisation herausgegebenen Schuldenreport sowie aus den Auswertungen in den Jahresberichten der Schuldenberatungen.

Weiters sind folgende Studien zu nennen:

-       SBOÖ-Jugendstudie aus 2007 sowie die Studie der Fachhochschule Campus Linz aus 2007 - "Jugendverschuldung - Analyse und Präventionsansätze" erstellt in Zusammenarbeit mit der Schuldnerberatung OÖ (diese ist kostenlos bestellbar bei der Fachhochschule Linz, Dr. Lehner Markus, Tel: 0732 20 08/24 10 ),  

-       Fragebogenstudie „Jugendliche und ihr Umgang mit Geld“ aus 2001 (kostenlos bestellbar bei der NÖ Schuldnerberatung, Dr. Mikusch Roswitha, 3100 St. Pölten, Herrengasse 1).

Auch im kürzlich erschienenen – nicht von Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz in Auftrag gegebenen – Bericht „In Armut aufwachsen - Empirische Befunde zu Armutslagen von Kindern und Jugendlichen in Österreich“ (Institut für Soziologie d. Universität Wien, siehe

http://www.soz.univie.ac.at/fileadmin/files/forschungaktuell/kinderarmutsbericht.pdf)

wird an zwei Stellen auf Verschuldung Bezug genommen: So wird betont, dass es ein wichtiger Schwerpunkt ist, Kinder und Jugendliche präventiv vor kommerzieller Manipulation bzw. Verschuldung zu schützen und dass Schuldenregulierungsverfahren jeweils auch den Kindern der betroffenen Haushalte und Familien zugute kommen.

Frage 14:

Ich bin der Auffassung, dass Jugendliche in Österreich in konsumentenschutzrechtlicher Sicht im Großen und Ganzen gut geschützt sind. Klarerweise heißt das nicht, dass es – wie in allen anderen Bereichen auch – keine Probleme gibt.

Gerade in der Telekommunikation wurden der Schutz und die Information Jugendlicher in den letzten Jahren stark verbessert. So bietet z.B. die Kommunikationsparameter-, Entgelt- und Mehrwertdiensteverordnung (KEM-V) im Bereich der Mehrwert- und Abodienste (auch Votingdienste wie Starmania) durch breite Informationsverpflichtungen erhöhten Schutz.

Zahlreiche Aktionen unterschiedlicher Stellen zur Informationsverbesserung führten dazu, dass sowohl von Jugendlichen als auch von deren Eltern Kostenfallen eher erkannt werden.  Der Beitrag meines Hauses dazu sind Informationen auf der Website sowie Folder. Die Plattformen www.saferinternet.at oder www.handywissen.at liefern ebenfalls viel Wissenswertes zu diesem Thema.

Im Falle rechtswidriger Geschäftspraktiken - von denen auch Jugendliche betroffen sind - leistet mein Ressort einen wichtigen Beitrag zur Rechtsdurchsetzung im Wege der Beauftragung des Vereins für Konsumenteninformation mit der Erhebung von Unterlassungsklagen.

Positiv zu vermerken ist auch, dass die Telekombetreiber heute auch Kostenkontrollmöglichkeiten zur Eingrenzung der Telefoniekosten anbieten, was als Maßnahme gegen die Verschuldung von Jugendlichen besonders wichtig ist.

Probleme, die auch Jugendliche treffen können, sehe ich derzeit beim Inlandsroaming und im Zusammenhang mit der Überschreitung von  Downloadvolumina, die zu überraschend hohen Rechnungen führen können.

Was die Finanzierung von Konsumgütern betrifft, greift neben den allgemeinen zivilrechtlichen Schutzbestimmungen für Minderjährige und den Bestimmungen zu den Ratenkäufen im Konsumentenschutzgesetz auch § 36 Bankwesengesetz.

Frage 15:

Unbestritten ist, dass Jugendliche und junge Erwachsene eine Zielgruppe für Werbestrategien von Unternehmen sind (z.B. Mobilfunkbetreiber, Finanzdienstleister).

Aus meiner Sicht ist es daher im Sinne der Schuldenprävention wesentlich und zielführend, junge Menschen frühzeitig über den zweckmäßigen Umgang mit Geld, Konsum und Verschuldungsmöglichkeiten zu informieren und sie für dieses Thema zu sensibilisieren.

Zur Verbesserung und Forcierung der Verbraucherbildung an den Schulen wurden unter Kostentragung meines Hauses Verbraucherbildungsmaterialien mit dem Schwerpunkt „finanzielle Allgemeinbildung“ erstellt. Diese Materialien sind für die 8. Schulstufe konzipiert. Die Auslieferung an die Schulen steht kurz bevor.

Darüber hinaus wird für ältere Jugendliche auf der Startseite meiner Website das interaktive Instrument Finanzbildung - eine extra für KonsumentInnen erarbeitete Version des Finanzportals - angeboten.

Bereits im Jahr 2006 wurde im Auftrag meines Ressorts das Unterrichtspaket „Erst denken, dann klicken“ zum Thema Konsumentenrechte im Internet erstellt. Dieses wurde und wird von den Schulen äußerst gut angenommen.

Die Zusammenarbeit meines Hauses mit dem Internet-Ombudsmann wird weitergeführt. Sie bringt Jugendlichen eine Anlaufstelle bei Problemen sowie spezifische VerbraucherInnen -Informationsangebote im Zusammenhang mit der Nutzung der neuen Technologien.

Mein Ministerium bemüht sich auch auf vielen Ebenen, nicht zuletzt im Zusammenhang mit der EU-Richtlinie über Verbraucherrechte, um eine Eindämmung des Problems der 'Internet-Abzocke', für die gerade Jugendliche oft Zielgruppe sind.

Schuldenberatungen wirken der Jugendarmut und Jugendverschuldung ebenfalls durch diverse präventive Angebote entgegen, die seitens des Konsumentenschutzressorts finanziell ermöglicht wurden.

Beispiele der Schuldenberatungen sind:

·         Finanzführerschein (Tirol/Oberösterreich), evaluiert vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (Schuldnerhilfe Linz; Schuldenberatung Vbg.)

·         DVD „The Cash“ – DVD für die Überschuldungsprävention in der Jugendarbeit (zur Verfügung gestellt und koordiniert von der ASB Schuldnerberatungen GmbH)

Ein wesentliches Anliegen ist es mir, den Zugang zum Privatkonkurs zu verbessern. Die zunehmende Verschuldung privater Haushalte betrifft auch junge Menschen, die noch im Familienverband leben.

Nach den Erfahrungen der Schuldenberatungen ist der Privatkonkurs – und damit die Möglichkeit einer Entschuldung - angesichts der hohen Zugangsvoraussetzungen manchen Personengruppen verwehrt. Insbesondere können finanzschwache Personen bzw. Personen mit hohen Schulden die erforderliche Mindestquote von 10 % der Forderungen im Abschöpfungsverfahren nicht erbringen. Folge davon ist eine sinnlose Zinsen- und Kostenexplosion.

Das Regierungsprogramm formuliert im Kapitel Armutsbekämpfung: „Die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und die Bekämpfung der Armut sind in allen relevanten Politikbereichen zentrale Zielsetzungen.“

Daran anknüpfend trete ich für eine Novelle des Privatkonkurses ein. Zielführende Maßnahmen wurden bereits in der Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Justiz erörtert. Ich schlage in diesem Zusammenhang einen Entfall bzw. eine Senkung der Mindestquote im Abschöpfungsverfahren bzw. eine Erweiterung der Billigkeitsgründe für den Fall vor, dass die Quote nicht erreicht werden kann. Des weiteren wäre bei erkennbarer Zahlungsunfähigkeit die Etablierung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens notwendig, mit welchem ein Zinsenstopp verbunden wäre.

Fragen 16 und 17:

Eine speziell auf die Personengruppe der Jugendlichen zugeschnittene Überarbeitung der Exekutionsordnung wurde bislang im legistisch zuständigen Bundesministerium für Justiz nicht erörtert und wäre in dieser Allgemeinheit wohl auch nicht systemimmanent.

Sehr wohl wird aber in der Exekutionsordnung auf Sondersituationen Bedacht genommen, die auch Jugendliche betreffen können: Mit der Exekutionsordnungs-Novelle 1995 wurde § 225 EO etabliert, demzufolge Lernbehelfe nicht pfändbar sind. Die Lehrlingsentschädigung unterliegt in Anbetracht der geringen Höhe ohnedies nicht der Pfändung.

 

Mit freundlichen Grüßen