14603/AB XXIV. GP
Eingelangt am 23.07.2013
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung
Frau Präsidentin des Nationalrates Mag.a Barbara Prammer Parlament 1017 Wien |
Alois Stöger Bundesminister
|
GZ: BMG-11001/0152-I/A/15/2013
Wien, am 18. Juli 2013
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 14833/J des Abgeordneten Mag. Roman Haider und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Fragen 1 bis 3:
Auf meine Initiative sind Bund, Länder und Sozialversicherung in der im Jahr 2012 abgeschlossenen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit übereingekommen, eine partnerschaftliche Zielsteuerung-Gesundheit zu implementieren (Gesundheitsreform 2012/2013). Die Reduzierung der „Spitalslastigkeit“ und der gleichzeitige Aufbau von Primärversorgungsstrukturen in Österreich zählt zu den zentralen Zielen dieser Gesundheitsreform.
Kern der Reform ist die Einrichtung eines partnerschaftlichen Zielsteuerungssystems, das eine bessere Abstimmung zwischen dem niedergelassenen Versorgungsbereich und den Krankenanstalten garantieren wird. Zu den Grundprinzipien der Reform zählen u.a.:
• Versorgung der Patientinnen und Patienten zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort mit optimaler medizinischer und pflegerischer Qualität,
• transparente, patient/inn/enorientierte Qualität im Gesundheitswesen,
• Verbesserung
der Behandlungsprozesse insbesondere durch die Optimierung
von Organisationsabläufen und Kommunikation,
• Forcierung der Einrichtung von multiprofessionellen und integrativen Versorgungs-formen auf allen Versorgungsebenen.
In
der genannten Vereinbarung sind u.a. die folgenden Prinzipien im Interesse
der Patientinnen und Patienten vereinbart, die den stationären Bereich der
Spitäler entlasten und gleichzeitig die Versorgung verbessern werden:
• Die
bedarfsorientierte Versorgungs- und Leistungsdichte im akutstationären
und ambulanten (intra- und extramuralen) Bereich wird neu festgelegt.
• Der
Anteil der tagesklinischen bzw. der ambulanten Leistungserbringung
für festgelegte ausgewählte Leistungen wird erhöht.
• Durch
die medizinisch und gesamtwirtschaftlich begründete Verlagerung von
Leistungen in den tagesklinischen bzw. in den ambulanten Bereich (Spitalsambulanzen,
selbstständige Ambulatorien sowie niedergelassener Bereich) wird der
vollstationäre Bereich in den Spitälern entlastet.
• Der
Anteil der ambulanten Versorgungsstruktur mit Öffnungszeiten zu Tagesrand-
und Wochenendzeiten und der Anteil interdisziplinärer Versorgungsmodelle
in
der ambulanten Versorgungsstruktur werden ausgebaut.
• Die Primärversorgung bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten wird gestärkt.
Die detaillierte Ausgestaltung der Zielsteuerung-Gesundheit auf Bundesebene erfolgt zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung im bereits abgeschlossenen ersten Bundes-Zielsteuerungsvertrag, der konkrete wirkungsorientierte Ziele (samt Zielwerten) und Maßnahmen für die Periode 2013 bis 2016 enthält. Auf dieser Basis ist in der Folge in den zwischen dem jeweiligen Land und der Sozialversicherung abzuschließenden Landes-Zielsteuerungsverträgen die detaillierte Ausgestaltung der Zielsteuerung-Gesundheit auf Landesebene zu vereinbaren.
Auf Grund der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit sind in den Landes-Zielsteuerungsverträgen u.a. insbesondere folgende Maßnahmen hinsichtlich Versorgungsstrukturen zu berücksichtigen:
• Kapazitätsanpassungen in Akutkrankenanstalten, insbesondere durch Festlegen struktureller Maßnahmen wie Umwandlung in (dislozierte) Wochen- bzw. Tageskliniken und Basis-Krankenanstalten oder Schaffung von Krankenanstaltennetzwerken und Krankenanstalten mit mehreren Standorten (einschließlich Festlegungen zum gemeinsamen Betrieb ausgewählter Funktionsbereiche),
• Kapazitätsanpassungen von extramuraler Leistungserbringung (insbesondere interdisziplinäre Versorgungsmodelle wie z.B. selbstständige Ambulatorien, Gruppenpraxen oder neu zu etablierende innovative Versorgungsformen; erweiterte Öffnungszeiten) unter Berücksichtigung der festzulegenden regionalen Versorgungsaufträge (vor allem bei neuen Vertragsabschlüssen),
• Festlegung von „Best Points of Service“ mittels regionaler Versorgungsaufträge differenziert nach Versorgungsebenen und Einführung von integrierten Versorgungsmodellen.
Diese Maßnahmen werden dazu beitragen, dass sich die Zahl der Spitalsaufenthalte an das medizinisch notwendige Ausmaß anpassen wird.
Weiters werden auch die Festlegungen zur Ergebnisorientierung einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass die Gesundheitsversorgung u.a. einer Evidenzbasierung von Diagnose- und Behandlungsmethoden (health technology assessment) sowie einer Kosten-Nutzenbewertung unterzogen wird. Auch dies wird zu einer Reduktion unnötiger Spitalsaufenthalte sowie medizinisch nicht induzierter Behandlungen führen.
Die Gesundheitsreform 2012/2013 wird damit das bisher umfassendste, zielgerichtete und ergebnisorientierte Maßnahmenpaket zur Folge haben, das eine bessere Ausgewogenheit der Gesundheitsversorgung auf den verschiedenen Versorgungsebenen und eine Annäherung der derzeit noch hohen Krankenhaushäufigkeit an internationale Benchmarks bewirkt.
Fragen 4 und 5:
Das
in Österreich seit 15 Jahren für die Verrechnung von stationären
Leistungen
in Spitälern in Verwendung stehende System der
„Leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung “ (LKF)
hat, wie auch eine wissenschaftliche Evaluierung der ersten zehn Jahre ergeben
hat, eine Reihe von Verbesserungen mit sich gebracht.
So konnte u.a. die Transparenz des Leistungsgeschehens wesentlich verbessert,
eine leistungsgerechte Allokation der Finanzmittel und auch eine
Verkürzung der durchschnittlichen Verweildauer erreicht werden. Als
verbesserungswürdig wurden die unterschiedliche Anwendung des LKF in den
Ländern, die nach Versorgungssektoren getrennten Finanzierungssysteme und
Organisationsstrukturen und die mangelnde Abstimmung zwischen stationären
und ambulanten Versorgungsangeboten gesehen. Entsprechende Maßnahmen zur
Verbesserung dieser Situation werden nunmehr im Rahmen der
Zielsteuerung-Gesundheit getroffen (siehe dazu die Beantwortung der Fragen 1
bis 3).
Jedes
Finanzierungs- bzw. Abrechnungssystem setzt Anreize. Auch um negative Anreize
hintanzuhalten wird das LKF-Modell im Jahresrhythmus gewartet und darüber
hinaus in größeren Zeitabständen umfassenden Revisionen
unterzogen. Kommende Anpassungen des LKF-Systems werden sich auch an den
Maßnahmen
der Zielsteuerung-Gesundheit zu orientieren haben.
So besteht zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung bereits Einvernehmen darüber, dass die bestehenden Finanzierungs- und Honorierungssysteme (einschließlich des LKF-Systems) am „Best Point of Service“ auszurichten sind. So soll beispielsweise bei ausgewählten Krankheitsgruppen durch Sicherstellung einer bundesweit einheitlichen Dokumentation und Abrechnung von Eintagspflegen und spitalsambulanten Fällen eine Beseitigung der Fehlanreize zu vorrangig stationärer Versorgung in der derzeitigen Finanzierung erreicht werden. Des Weiteren ist u.a. auch vorgesehen, entsprechende Anreizsysteme zur Forcierung tagesklinischer Leistungserbringung in adäquaten Versorgungsstrukturen zu schaffen.
Mit der partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit hat man sich auch auf die Lösung eines grundlegenden Problems im Gesundheitssystem verständigt, nämlich die getrennten Zuständigkeiten und die getrennte Finanzierung von intramuralem (Spitäler) und extramuralem Bereich (Arztpraxen, Ambulatorien). Mit dem Ziel der besseren Abstimmung zwischen den verschiedenen Sektoren des Gesundheitswesens, vor allem zwischen dem niedergelassenen Versorgungsbereich und den Krankenanstalten, werden auch Anreize, die sich aus den unterschiedlichen Abrechnungssystemen ergeben, in Angriff genommen. Durch die auf dem Prinzip Kooperation und Koordination basierenden Zielsteuerungsverträge sollen organisatorische und finanzielle Partikularinteressen der Systempartner überwunden werden.
Frage 6:
Es wird davon ausgegangen, dass die ärztliche Entscheidung zur Durchführung einer Therapie/Operation ausschließlich nach medizinisch-wissenschaftlichen Grundlagen erfolgt. Im Zuge der verpflichtenden medizinischen Dokumentation und darauf basierend im Rahmen der Qualitätssicherung der Ergebnisse wird auf die Thematik der Indikationsstellung nach „state of the art“ ein hoher Stellenwert gelegt. Sollten medizinische Entscheidungen nicht nachvollziehbar, wissenschaftlich nicht belegbar und nicht transparent dargestellt werden, ist es in der Kompetenz der Rechtsträger der Krankenanstalten sowie der Österreichischen Ärztekammer (Disziplinarrecht), hier geeignete Maßnahmen zu setzen.