14831/AB XXIV. GP

Eingelangt am 13.08.2013
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BM für Wissenschaft und Forschung

Anfragebeantwortung

 

Beschreibung: BM                            

 

 

                                                     BMWF-10.000/0229-III/4a/2013

                               
                                                               

 

 

 

 

               

 

Frau                                                                                                                              

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

Wien, 13. August 2013

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 15142/J-NR/2013 betreffend Schließung der
Universitätsklinik für Medizinische Psychologie und Psychotherapie, die die Abgeordneten
Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher, Kolleginnen und Kollegen am 14. Juni 2013 an mich richteten und die in die grundsätzliche Zuständigkeit der Medizinischen Universität Graz in Abstimmung mit dem Krankenanstaltenträger fällt, wird nach Einholung einer Stellungnahme von der
Medizinischen Universität Graz wie folgt beantwortet:

 

Zu Frage 1:

„Als Ziel steht keineswegs eine Einsparung im Vordergrund, sondern die Bündelung der Kräfte zur Verbesserung der Patient/innenversorgung sowie von Lehre und Forschung.“

 

Zu Frage 2:

„Die Psy-Versorgung in Österreich ist durch eine starke Heterogenität der beteiligten Berufsgruppen gekennzeichnet. Konkret geht es um folgende Berufsfelder:

- Fachärzt/innen für Medizinische Psychologie und Psychotherapeutische Medizin

- Ärzt/innen anderer Fachrichtungen mit Psy-Ausbildung

- Klinische Psycholog/innen

- Gesundheitspsycholog/innen

- Psycholog/innen mit Psychotherapie-Ausbildung

- Psychotherapeut/innen aus anderen Berufsfeldern

- Psychosomatiker/innen

 

Die Ausbildung in Psychosomatik ist derzeit in Österreich nicht formalisiert, somit lässt sich
diese Berufsgruppe auch noch nicht eindeutig definieren, wiewohl es ein inhaltliches, allerdings von Expert/innen immer wieder hinterfragtes, Verständnis dafür gibt. „Medizinische
Psycholog/innen“ gibt es nicht. Die Medizinische Psychologie ist auch kein ärztliches Sonderfach. Allerdings ist die Medizinische Psychologie eine Grundlagenwissenschaft in der
medizinischen Ausbildung.

 

Eine wesentliche Änderung der letzten Jahre liegt darin, dass die Psychiatrie in Richtung
Psychotherapie sowohl in der Bezeichnung als auch in der Facharztausbildung erweitert wurde. Es erscheint sinnvoll, dass diese verschiedenen Berufsgruppen mit teils differentiellen, teils überlappenden Aufgaben Seite an Seite, auf Augenhöhe, arbeiten, und dass dieses
Zusammenarbeiten auch organisatorisch erleichtert wird.“

 

Zu Frage 3:

„Die Medizinische Universität Graz wird den angesprochenen Bereich keinesfalls verlieren.
So ist etwa weiterhin im Entwicklungsplan eine Professur für Medizinische Psychologie
vorgesehen, die nach Klärung der künftigen Struktur umgehend ausgeschrieben werden wird.

 

Bemerkenswert in dieser – und ähnlichen Diskussionen – ist eine stark spürbare Tendenz der wechselseitigen Abgrenzung, wenn nicht gar Ausgrenzung, zwischen den Berufsgruppen, was den wichtigen und immer wieder reklamierten Anspruch auf ganzheitliche Betrachtungsweisen konterkariert. Die jüngste Diskussion zur Novelle des Psychologengesetzes ist dafür ein
beredtes Beispiel. So bedauerlich das Auseinanderdriften von „Leib“ und „Seele“ in der Medizin in der Vergangenheit war, so fragwürdig erscheint es, dass ausgerechnet die „Seele“ nochmals zweigeteilt und in zwei separierten Organisationseinheiten betreut werden soll.

 

Durch das Zusammenwirken aller beteiligten Berufsgruppen wird dagegen eine positive Entwicklung in allen Bereichen erwartet, wobei jede der Berufsgruppen von den anderen wechselweise profitieren wird.“

 

Zu Frage 4:

„Wie zuvor erwähnt, geht es nicht um Einsparung, sondern um Bündelung und Stärkung des
Bereichs. Eine gemeinsame Perspektive zum Wohl der Patient/innen ist zukunftsweisend im Gegensatz zu einer unflexiblen organisatorischen Abgrenzung.“

 

Zu Frage 5:

„Beispiel für den Sinn von Synergien ist die gemeinsame Planung des Konsiliardienstes, die
gewährleistet, dass sich je nach Fragestellung die richtige Berufsgruppe vor Ort der
Patient/innen annimmt, und die gemeinsame Abwicklung der Lehre, die den Studierenden einen ganzheitlichen Blick ermöglichen soll.“


Zu Frage 6:

„Die Zusammenlegung setzt Synergien frei, baut organisatorische Schranken ab und fördert den angesprochenen Bereich.“

 

Zu Frage 7:

„Das derzeitige Konzept wurde in einer berufsgruppenübergreifenden Arbeitsgruppe mit namhaften Vertreter/innen der einschlägigen Organisationseinheiten im Konsens erarbeitet. Ausgangspunkt war eine Erhebung des Ist-Standes sowie der künftigen Synergiepotentiale.“

 

Zu Frage 8:

„Im Zuge der angesprochenen Maßnahmen ist die Implementierung eines über die derzeitigen Einrichtungen hinausgehenden Zentrums für Biopsychosoziale Medizin vorgesehen, das u.a. die Sozialmedizin, die Allgemeinmedizin und den klinisch-psychologischen Dienst, über die
Medizinische Universität Graz hinaus die Psychologie und die Ethik umfasst. In diesem Sinn konzipieren die Karl-Franzens-Universität Graz und die Medizinische Universität Graz einen gemeinsamen Universitätslehrgang zur Ausbildung von Klinischen und Gesundheits-Psycholog/innen entsprechend der Novelle des Psychologen-Gesetzes.

 

 

Die Medizinische Universität Graz bekennt sich zum biopsychosozialen Verständnis von
Gesundheit und Krankheit, wie es in ihrem Leitbild ausgewiesen ist. Mehr als in den meisten  anderen Standorten ist dieses Thema auch in ihrem Curriculum Humanmedizin abgebildet, an dessen Entstehung der derzeitige Rektor seinerzeit in der Studienkommission federführend
mitwirkte. Die angesprochenen zukunftsweisenden Weichenstellungen sollen unabhängig von tradierten Partikularinteressen oder gar persönlichen Interessen erfolgen.“

 

 

Der Bundesminister:

 

o.Univ.-Prof. Dr. Karlheinz Töchterle e.h.