3288/AB XXIV. GP

Eingelangt am 15.12.2009
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

 

Wien, am        15. Dezember 2009

GZ: BMG-11001/0300-I/5/2009

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3247/J der Abgeordneten Dr. Spadiut, Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 und 2:

Im Frühjahr 2008 wurde in einem Schreiben des damaligen Finanzministers Wilhelm Molterer an die damalige Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (19.03.2008) von Seiten des BMF klargestellt, dass zum Zeitpunkt eines seuchenhaften Auftretens der BT-Krankheit in Österreich die entsprechenden Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Das BMG hat nach den Finanzbedarfsberechnungen (siehe unten) entsprechende Forderungen in die Budgetverhandlungen für 2009 und 2010 eingebracht und begründet. Eine Zusage für diese Mittel ist allerdings vom nunmehrigen Finanzminister Josef Pröll nicht erfolgt.

 

RECHTSGRUNDLAGE:

 

Amtlich angeordnete Schutzimpfungen nach Tierseuchengesetz

 

Gemäß § 25a. Abs. 2 hat der Bundesminister für Gesundheit bei Gefahr der Einschleppung einer Tierseuche aus dem Ausland die Schutzimpfung der Tierbestände in den gefährdeten Gebieten anzuordnen, wenn hierdurch der Einschleppung der Tierseuche wirksam begegnet werden kann.

Diese Bestimmung wurde 1974 ins Tierseuchengesetz aufgenommen, damit auch andere Impfungen als gegen Maul- und Klauenseuche (§ 31) angeordnet werden können. Dies betrifft nur die Möglichkeit von Schutzimpfungen gegen die in den §§ 31 bis 46 genannten Tierseuchen.

 

Gemäß Abs. 3 leg. cit kann der Bundesminister auch bei Tierseuchen, für die keine amtliche Schutzimpfung (§§ 31 bis 46) vorgesehen ist, eine Schutzimpfung der für eine bestimmte Seuche empfänglichen Tiere bei Gefahr einer Weiterverbreitung im Inland anordnen.

Damit wurde 1978 klargestellt, dass eine Schutzimpfung bei Gefahr der Verbreitung einer Seuche im Inland bei jeder anzeigepflichtigen Seuche angeordnet werden kann.

 

Kostentragung für amtlich angeordnete Schutzimpfungen

 

Gemäß § 61 Abs. 1 lit. f trägt der Bund die Kosten der von der zuständigen Behörde angeordneten Schutzimpfungen. Hiezu gehören die Kosten des Impfstoffes sowie die Kosten der mit der Impfung allenfalls gemäß § 2a Abs. 3 TSG beauftragten Tierärzte. Die Impfstoffkosten betragen 0,6 Euro pro Dosis (ohne MWSt.). Die Kosten der Tierärzte sind in § 62a. TSG geregelt. Die gemäß § 2a Abs. 3 bestellten Tierärzte haben Anspruch auf eine Vergütung für jede vorgenommene Schutzimpfung. Die Höhe der Vergütung ist vom Bundesminister für Gesundheit unter Bedachtnahme auf den Aufwand, die Art der zu impfenden Tiere und die gegebenen besonderen körperlichen Anstrengungen und sonstige besonders erschwerte Umstände sowie die damit verbundenen besonderen Gefahren für Gesundheit und Leben nach Anhören der Bundeskammer der Tierärzte festzusetzen. Dazu gebührt den Tierärzten eine Vergütung der mit ihrer Tätigkeit verbundenen Reisekosten nach Maßgabe der Bestimmungen des Abs. 2 lit. c (mit der Tätigkeit verbundene Reisekosten, wie sie einem Bundesbeamten der Verwendungsgruppe A in der Gehaltsstufe 1 der Dienstklasse VII gebühren). Im entsprechenden Impferlass wurde diesbezüglich festgelegt: 30 Euro pro Anfahrt zu einem Betrieb (Vorbereitung, Biosicherheits-maßnahmen, Fahrtkosten, Tierkennzeichnung und Dokumentation sind hiermit abgedeckt), 10 Euro Mutterkuhzuschlag (Gefahren- und Erschwerniszulage) sowie ein Honorar von 2 Euro pro Injektion.


Daher stellte sich der berechnete Finanzbedarf wie folgt dar:

 

2008 wurde Impfstoff für eine flächendeckende Impfung angeschafft (3,24 Mio. Euro) und für vorgelegte Tierärzteabrechnungen für die Durchführung in Tirol und Vorarlberg 1,74 Mio. Euro ausbezahlt (gesamt: 4,98 Mio. Euro).

 

2009:

bis Ende November 2008                                1,5 Mio. Euro

Für die Impfung Dez 08 bis April 09:           13,0 Mio. Euro

Für die Impfung Okt 09 bis Dez 09:                3,5 Mio. Euro

Gesamt:                                                           18,0 Mio. Euro

2010 und 2011:

Da nur bei der Erstvakzinierung eine 2-fache Injektion erforderlich ist, reduzieren sich Impfstoff- und Injektionskosten in den Folgejahren. Ausgehend von einer 30% Remontierungsrate sinken die jährlichen Gesamtkosten auf 14,3 Mio. Euro.

 

2012:

Nach veterinärmedizinischem Standard wäre eine dreimalige Wiederholungsimpfung wünschenswert. Die dritte Wiederholung wäre mit April 2012 beendet. Daher ist im Jahre 2012 von einem reduzierten Finanzbedarf auszugehen. Unter der Annahme, dass ¼ der Tiere im Herbst und ¾ der Tiere im Winter und Frühjahr geimpft werden, wurden für das Jahr 2012 Kosten in der Höhe von 11,0 Mio. Euro angesetzt.

 

In den Budgetverhandlungen 2009/2010 wurde seitens des Finanzministeriums die Durchführung der angeordneten Schutzimpfung mit dem Hinweis in Frage gestellt, dass keine Tierseuche vorliegen würde, da keine klinischen Erkrankungen bisher aufgetreten sind. Als Folge wurden dem BMG keine zusätzlichen Mittel für die Weiterführung der flächendeckenden Schutzimpfung aller empfänglichen Tiere gegen die Blauzungenkrankheit zur Verfügung gestellt.

 

Es konnte lediglich erreicht werden, dass dem BMG pro Jahr (2009, 2010, 2011 und 2012) ein Betrag von 5,0 Mio. Euro für Maßnahmen zur Bekämpfung der Blauzungenkrankheit zugestanden wurde. Mit diesen Mitteln kann keine Übernahme der gesamten Kosten durch das BMG erfolgen. Ein Vorschlag des BMG zur Änderung des Tierseuchenrechtes im Rahmen der Vorgespräche zum BBG, wodurch es dem BMG ermöglicht worden wäre, weiterhin die Kosten für den Impfstoff zu übernehmen, konnte aufgrund von Widerständen im Vorfeld einer parlamentarischen Behandlung nicht realisiert werden.

 

Frage 3:

Das BMG hat mehrere Möglichkeiten für eine geteilte Finanzierung der Schutzimpfung aufgezeigt und vorgelegt. Bei den verantwortlichen Vertretern auf Landesebene konnte keine Zustimmung erreicht werden. Leider konnte auch im Zuge der Budgetverhandlungen auf parlamentarischer Ebene keine Mehrheit für flankierende gesetzliche Maßnahmen gefunden werden. Aus heutiger Sicht und unter Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten und der gescheiterten Versuche seitens meines Ressorts, eine Weiterführung unter einer entsprechenden Kostenbeteiligung der Länder bzw. der Tierhalter zu erreichen, ist die Aufrechterhaltung einer Empfehlung für die Durchführung der Impfung zu begrüßen.

 

Frage 4:

Die beste Variante zur Verhinderung der Einschleppung der Tierseuche wäre eine flächendeckende Impfung und damit Aufrechterhaltung des Durchimpfungsgrades von 80% des empfänglichen Tierbestandes über einen Zeitraum von drei Jahren.

Wenn man von dem ursprünglichen Ziel der Eradikation des Erregers absieht und den Schutz des Einzeltieres in den Vordergrund stellt, ist ein Nebeneinander von geimpften und ungeimpften Tieren vertretbar. Gerade die Epidemiologie der Blauzungenerkrankung erlaubt es, diese Betrachtungsweise auch zuzulassen. Die gesamthafte europäische Betrachtungsweise der BT-Situation ist hierfür ein wichtiges Kriterium. Die europäische Kommission hat bereits in einschlägigen Arbeitsgruppen dieses Thema aufgegriffen und erarbeitet einen Fahrplan zur Weiterentwicklung der Europäischen BT-Strategie für 2010 und folgende Jahre unter Berücksichtigung des Krankheitsverlaufes in diesem Jahr.

 

Frage 5:

Bereits im Frühjahr 2009 wurde wiederholt von meinem Ressort auf allfällige Probleme im Tierhandel hingewiesen, jedoch haben sich auch andere Mitgliedstaaten, wie z.B. Deutschland, entschlossen, die verpflichtende, flächendeckende Schutzimpfung gegen die Blauzungenkrankheit 2009 auszusetzen.

 

Frage 6:

Mein Ressort hat wiederholt entsprechende Vorschläge für eine Finanzierung zu geteilten Händen zwischen Bund, Land und Tierhalter vorgelegt. Es wurde jedoch keine Einigung erzielt.

 

Frage 7:

Vertreter des BMLFUW wurden laufend zu Sitzungen meines Ressorts zum Thema BT eingeladen. Im April und Mai 2009 habe ich schriftlich HBM DI Berlakovich über die Überlegungen meines Ressorts zu den notwendigen Maßnahmen informiert. Leider konnte keine gemeinsame Vorgehensweise gefunden werden.

 

Frage 8:

Die allgemeine Vorgehensweise im Bezug auf Impfzwischenfälle und betreffend Entschädigungen ist Folgende: Tierhalter, die einen „Impfschaden“ vermuten, müssen diesen raschest möglich der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde melden. Von den jeweiligen Amtstierärzten erfolgt, nötigenfalls durch Probennahme und Veranlassung weiterer Untersuchungen durch die AGES, die fachliche Beurteilung. Wenn dabei ein kausaler Zusammenhang zwischen den festgestellten Komplikationen und der Impfung nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, wird beim BMG ein Antrag auf Entschädigung gestellt und vom BMG die Entschädigungszahlung gem. § 48 (1) lit. d des Tierseuchengesetz (TSG) geleistet.

 

Die Bundesländer berichteten dem BMG wie folgt:

 

Burgenland:

Im Burgenland gibt es 8 gemeldete Impfzwischenfälle: 6 Rinder, 2 Schafe aus 8 Betrieben. Symptome: Verwerfen, 1 Todesfall

Kärnten:

Bei 231 Tieren wurden Impfzwischenfälle gemeldet. In 10 Fällen erfolgte ein Entschädigungsantrag an das BMG. 68 Fälle wurden vom do. Amt negativ bewertet und abgelehnt. 153 Fälle wurden über den Tierseuchenfond Kärnten abgegolten.

 

Niederösterreich:

24 Anträge wurden beim Land vorgelegt, davon wurden 15 positiv bewertet und dem BMG übermittelt.

 

Oberösterreich:

Es wurden beim Land 452 Anträge gestellt. Nach fachlicher Beurteilung wurden 15 dem BMG zur Entschädigungsleistung übermittelt. In 73 Fällen wurden vom Land Oberösterreich Unterstützungszahlungen an die Tierhalter geleistet (meist Abortusfälle in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung). 364 Fälle wurden als nicht mit der Impfung im Zusammenhang stehend beurteilt.

 

Salzburg:

Es sind 7 Impfzwischenfälle im Rahmen des Impfprogrammes aufgetreten, die auch dem BMG vorgelegt wurden.

 

Steiermark:

Das Land Steiermark stellt fest, dass die in der Frage getätigte Aussage über 70 Impfschäden nicht bestätigt werden kann. Insgesamt haben 296 Landwirte bei den Amtstierärzten der Bezirksverwaltungsbehörden Meldungen über vermutete Nebenwirkungen abgegeben. Dabei handelte es sich um 80 Todesfälle, 185 Abortusfälle und 202 Fälle sonstiger Krankheitserscheinungen. Für 20 Todesfälle, wurde den Tierbesitzern eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Tiere zuerkannt. Weiters wurde Rinderhaltern für 40 Abortusfälle, die innerhalb von 4 Tagen nach der BT-Schutzimpfung aufgetreten sind, eine außerordentliche Beihilfe der Tierseuchenkasse des Landes Steiermark in der Höhe von € 75,- gewährt.

 

Tirol:

Beim Land Tirol wurden insgesamt 192 Anträge auf Entschädigung gestellt. Davon wurden 9 an das BMG weitergeleitet. in 72 Fällen erfolgte eine Beihilfe an die Tierhalter aus dem Tierseuchenfond des Landes Tirol.


Vorarlberg:

Mit Ausnahme einer Kulanzzahlung durch das Land Vorarlberg sind keine Impfnebenwirkungen ausgezahlt worden.

 

Wien:

Es ist ein Entschädigungsantrag beim Land Wien gestellt worden, bei diesem wurde ein Zusammenhang mit der Impfung eindeutig ausgeschlossen.

Die Gesamtsituation stellt sich somit wie folgt dar:

Wenngleich die exakte Aufarbeitung der Impfdaten noch nicht endgültig abgeschlossen ist, kann bereits jetzt anhand der Länderberichte die Aussage getroffen werden, dass sowohl die Anzahl der Anträge auf Entschädigung, als auch die tatsächlich als Impfschäden zu bewertenden Fälle im Promille – Bereich liegen. Insgesamt wurden in Österreich ~ 3,6 Millionen Vakzinationen durchgeführt.

 

Frage 9:

Es handelt sich hier um gänzlich verschiedene Töpfe. Der Katastrophenfonds basierend auf dem Katastrophenfondsgesetz 1996 nach § 38 Absatz 1 BHG, BGBl. Nr. 213/1986 hat nichts mit dem sogenannten „Katastrophenfonds“ (§ 447a Abs. 5 ASVG) der Gebietskrankenkassen zu tun. § 447a Abs. 5 ASVG sah die Bildung einer Rücklage im Ausgleichsfonds der Gebietskrankenkassen vor, die zur Deckung von außerordentlichen Aufwendungen herangezogen werden durfte.

 

Allfällige Impfschäden, die den Anforderungen des Tierseuchengesetzes entsprechen, werden durch Mittel meines Ressorts aus dem Ansatz 24317 „Epizootie“ bedeckt.

 

Frage 10:

Nach Vorliegen der entsprechenden Bescheide durch die Bundesländer erfolgt die Auszahlung an die betroffenen Tierhalter. Aus diesem Grund ist es nicht im Ermessen des Bundesministeriums, den Zeitpunkt der Auszahlungen festzulegen. Eingehende Akte der Landesbehörden werden umgehend bearbeitet.

 

Frage 11:

70% der Honorare wurden bereits im August und September an die Bundesländer überwiesen. Die restlichen 30% werden ausbezahlt, sobald die Rechnungsprüfungen in den Bundesländern abgeschlossen sind. Dieser Vorgang sollte bis Jahresende abgeschlossen sein und daher steht einer Anweisung noch in den Monaten Dezember und Jänner an die Bundesländer nichts entgegen.