3430/AB XXIV. GP
Eingelangt am 21.12.2009
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung
Frau Präsidentin des Nationalrates Maga. Barbara Prammer Parlament 1017 Wien |
Alois Stöger diplômé Bundesminister
|
Wien, am 18. Dezember 2009
GZ: BMG-11001/0310-I/5/2009
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3412/J/J der Abgeordneten Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Frage 1:
Ein strukturiertes Betreuungsprogramm für Menschen mit Diabetes Typ II wurde
unter dem Namen „Therapie Aktiv“ von der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse
für die Österreichische Sozialversicherung entwickelt. Ausgehend von diesem
Programm wurden in einer vom BMG geleiteten Arbeitsgruppe unter Einbeziehung
aller beteiligten Akteure (natürlich auch der ÖDG) und Berufsgruppen ein Disease
Management Programm ausgearbeitet, das bundesweit anwendbar ist.
Unser Ziel war es, durch diese Empfehlung die unterschiedliche Qualität der
Versorgung im niedergelassenen Bereich in den einzelnen Bundesländern auf ein
hohes Niveau zu heben und dadurch dazu beizutragen, die Gesundheit und
Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Die erwähnte Arbeitsgruppe berücksichtigte verschiedenste Aspekte wie
internationale Erfahrungen, Patientensicherheit etc. Die Arbeiten bezogen sich
vorerst allerdings fast ausschließlich auf den niedergelassenen Bereich.
Als Ergebnis wurde im Frühsommer 2009 die 1. Bundesqualitätsleitlinie (das
bedeutet eine Empfehlung des Gesundheitsministers) zu DMP Diabetes Typ2 nach
dem Bundesqualitätsgesetz veröffentlicht.
An der Ausweitung der Leitlinie auf die zweite Versorgungsebene wird derzeit vom
Bundesinstitut für Qualität im Auftrag meines Hauses gearbeitet. Sie wird dazu
beitragen, die Kontinuität und Durchgängigkeit der Versorgung weiter zu
verbessern.
Frage 2:
Unbestritten ist die Zunahme der an Diabetes Betroffenen auch eine Folge von
Übergewicht und Adipositas, die durch die geänderten Lebensstilfaktoren in den
Industrieländern begünstigt werden.
Nicht zuletzt deswegen habe ich die Erstellung eines Ernährungsberichtes in Auftrag
gegeben, welcher Anfang dieses Jahres präsentiert wurde. Basierend auf die darin
veröffentlichten Zahlen und Fakten initiierte mein Ministerium eine Kampagne, die
die Menschen in unserem Land zu einem gesundheitsbewussten Verhalten und
gesunder Ernährung motivieren soll. Aktuell wird an der Erstellung eines Nationalen
Aktionsplanes Ernährung gearbeitet.
Weiters wird – ebenfalls auf Initiative des BMG – vom Fond Gesundes Österreich
das Projekt „Zielgerichtete Bewegung als integraler Bestandteil einer ganzheitlichen
Behandlung von Diabetes“ unterstützt. Natürlich können im Bereich der Prävention Erfolge nur langfristig verzeichnet werden.
Frage 3:
Eine flächendeckende Umsetzung von „Therapie Aktiv“ konnte bisher noch nicht erreicht werden. Zwischen den Landesgesundheitsplattformen NÖ, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien, den österreichischen Sozialversicherungsträgern und den jeweiligen Landes-Ärztekammern kam es zu entsprechenden Vertragsabschlüssen (in Tirol derzeit nur als Pilotprojekt). In Oberösterreich und im Burgenland gibt es eine strukturierte Betreuung außerhalb von „Therapie Aktiv“, mit Kärnten laufen Gespräche zur weiteren Vorgangsweise. In NÖ läuft das Programm wobei noch Gesprächen mit der NÖ Ärztekammer geführt werden um eine sichere Weiterführung im Sinne der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten.
Frage 4:
Zur Beantwortung dieser Frage ist grundsätzlich zwischen Typ 1 und Typ 2 Diabetes zu unterscheiden. Diabetiker vom Typ 1 nehmen unseres Wissens ärztliche Versorgung in adäquatem Maß in Anspruch.
Beim Typ 2 ist die entscheidende Maßnahme die Vermeidung bzw. Beseitigung von Übergewicht/Adipositas durch Veränderung des Lebensstils (Ernährung, Bewegung etc.), die bloße Erhöhung der Zahl der Arztbesuche ist keine wirksame Verbesserung. Auch Werbe- und Informationskampagnen scheinen nur bedingt Wirkung zu zeigen, trotz vielfältiger Initiativen in den letzten Jahren steigt die Zahl der Diabetiker kontinuierlich an. Gerade weil die nachhaltige Veränderung des Alltagsverhaltens eine so komplexe Herausforderung darstellt, halten wir es für wichtig, ein umfassendes Disease Management Programm wie „Therapie Aktiv“ flächendeckend in Österreich anzubieten. Nur so können bestehende Versorgungslücken und qualitative Ungleichheiten ausgeglichen werden.
Verbesserungen (auch zur Motivation der PatientInnen) können erst nach der Evaluation des bestehenden Programms gesetzt werden, welche von der steiermärkischen Gebietskrankenkasse durchgeführt werden wird. Erste Ergebnisse aus einer randomisiert kontrollierten Studie aus Salzburg lassen darauf schließen, dass die Versorgung durch Disease Managment Programme prinzipiell eine Herangehensweise darstellt, die die Gesundheit und Lebensqualität der Betroffenen verbessert. Hier werden wir versuchen, insbesondere zur Frage der Nachhaltigkeit der Veränderungen klare Antworten zu erhalten.
Frage 5.
Derzeit wird daran gearbeitet, das DMP Diabetes flächendeckend umzusetzen, zu etablieren und die Erarbeitung der Ausbaustufe 2 (Versorgung im stationären Bereich) weiter zu entwickeln.
Fragen 6 bis 8:
Eine Studie ausschließlich zu den volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Diabetes für Österreich ist meinem Ressort nicht bekannt.
Die umfassendste Studie für Österreich zu Diabetes ist nach wie vor der österreichische Diabetesbericht 2004, der auch einige Aussagen zu volkswirtschaftlichen Auswirkungen enthält. Im Vorfeld der Arbeiten zu Therapie Aktiv wurden von der steirischen Gebietskrankenkasse Daten zu den Behandlungskosten erhoben.
Ein internationaler Überblick über die Verteilung der Kosten in acht Ländern liegt in der CODE-2-Studie aus 1998 vor, welche 2009 allerdings nur mehr bedingt aussagekräftig ist.
Aus Sicht des Gesundheitsministeriums ist es derzeit nicht notwendig, weitere Studien dieser Art in Auftrag zu geben. Die vorhandenen Daten sprechen bereits eine klare Sprache: Diabetes Typ 2 ist eine Krankheit, die eine große Belastung für die Patientinnen und Patienten darstellt, die volkswirtschaftlich immense Kosten verursacht und die durch Prävention eindämmbar ist. Durch ein flächendeckendes Angebot von qualitätsgesicherten Disease Management Programmen sollen so viele Diabetiker/innen wie möglich erreicht werden. Diese Programme müssen entsprechend kommuniziert, beworben und nicht verhindert werden. Natürlich müssen sie auch evaluiert und bei Bedarf angepasst werden. Es kann daher keine Alternative zu unseren Bemühungen geben, gemeinsam mit allen betroffenen Akteuren (Sozialversicherung, Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten) gezielt vorzugehen und Lösungen anzubieten, die von den Betroffenen angenommen werden.
Studien und weiterführende Informationen
· Österreichischer Diabetesbericht 2004
- Homepage Österreichische Diabetes Gesellschaft
· Österreichischer Diabetesplan und
Bundesqualitätsleitlinie
- Homepage BMG
· Diabetes mellitus als gesundheitspolitische Herausforderung
- Homepage Gesundheit Österreich GmbH
·
CODE-2 Studie: Liebl A
et al.: Costs of type 2 diabetes in Germany. Results of the CODE-2 study
Dtsch Med Wochenschr 18;126(20) 2001:585-9.
der Abstract dazu:
http://www.diabetes-world.net/Portal-fuer-Fachleute-Mediziner-und-Therapeuten/Literatur-und-Studien/Journal-Club-Aktuelle-Literatur.htm?ID=5409
· Genaue Informationen zu Therapie Aktiv, z.B. zu teilnehmenden Ärzten, findet man unter: www.diabetes.therapie-aktiv.at/portal