3622/AB XXIV. GP

Eingelangt am 11.01.2010
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

 

GZ. BMVIT-10.000/0053-I/PR3/2009    

DVR:0000175

 
 


An die

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

1017    W i e n

 


Wien, am     . Jänner 2010

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Moser, Freundinnen und Freunde haben am 11. November 2009 unter der Nr. 3601/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Belastung der Anschlussbahnen durch Untätigkeit der Eisenbahnaufsicht gerichtet.

 

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zum Motiventeil der Anfrage ist anzumerken, dass mit Artikel 2 des Deregulierungsgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 151/2001, im Eisenbahngesetz 1957 einerseits die bis dahin zwischen dem Verkehrsminister und den Landeshauptleuten geteilt gewesene Zuständigkeit für Anschlussbahnen an die Bezirksverwaltungsbehörden übertragen wurde, und andererseits alle Eisenbahnunternehmen verpflichtet wurden, ihre Eisenbahnen extern überprüfen zu lassen.

Die Erlassung des Deregulierungsgesetzes 2001 erfolgte nicht über eine Gesetzesinitiative der Bundesregierung, sondern über einen gemäß § 27 Abs. 1 Geschäftsordnungsgesetz vorgelegten selbständigen Antrag des Verfassungsausschusses des Parlaments (886 d.B. zu den stenographischen Protokollen des NR XXI. GP).

Dieses Bundesgesetz wurde am 21. Dezember 2001 kundgemacht. Der Zuständigkeitsübergang für Anschlussbahnen trat mit einer dreimonatigen Übergangsfrist am 1. April 2002, u.a. zur Vorbereitung für die Behörden, in Kraft. Für die erste Wahrnehmung der Pflicht zur periodischen Überprüfung durch externe Stellen wurde den Unternehmen ein Fünf-Jahres-Zeitraum bis zum 1. April 2007 eingeräumt.

Die gesetzliche Regelung zur Überprüfungspflicht wurde mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 125/2006 im Jahr 2006 adaptiert und die Modalitäten, so weit vertretbar, flexibilisiert. Damit erfolgte eine Fristverlängerung zur Durchführung der ersten Überprüfungen bis 31. Dezember 2008, der Kreis der zur Überprüfung heranzuziehenden externen Stellen wurde erweitert, die Anerkennung gewisser Unterlagen durch die externen Stellen vorgeschrieben und als Alternative zur Überprüfung durch externe Stellen den Eisenbahnunternehmen die Möglichkeit eröffnet, ein zu zertifizierendes Sicherheitsmanagementsystem einzurichten.

Der diesem Bundesgesetz im Jahr 2006 zugrundeliegende Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie war zudem einer sechswöchigen Begutachtung unterzogen worden und gerade auch im Hinblick auf die Überprüfungspflicht der Eisenbahnunternehmen Gegenstand mehrerer Besprechungen mit Expert/innen der Interessenvertretungen.

 

Zu Frage 1:

Ø      Wie viele Anschlussbahnen gibt es derzeit in Österreich (aktive Anschlussbahnen mit Güterumschlag), aufgeschlüsselt nach Bundesländern?

 

Mit Stand vom 26.11.2009 war in Österreich die folgende Anzahl von Anschlussbahnen (Hauptanschließer) in Betrieb:

 

Wien                                            57

Niederösterreich                         263

Burgenland                                  24

Steiermark                                  137

Oberösterreich                            174

Salzburg                                      43

Kärnten                                       77

Tirol                                             62

Vorarlberg                                   32

 

 


Zu den Fragen 2 und 3:

Ø      Teilen Sie die Auffassung, dass die österreichischen Anschlussbahnen eine wichtige Säule für den österreichischen Eisenbahngüterverkehr darstellen oder erachten Sie die österreichischen Anschlussbahnen für nicht so besonders wichtig?

Ø      Teilen Sie die Auffassung, dass die Verlagerung von Gütern auf die Schiene über Anschlussbahnen ein wesentliches Anliegen der österreichischen Verkehrs- und Umweltpolitik darstellen sollte oder erachten Sie das für nicht so besonders wichtig?

 

Über die heimischen Anschlussbahnen wird ein signifikanter Anteil des Gesamtsubstrates des Verkehrsträgers Schiene abgewickelt. Diesen Stellenwert berücksichtigt die Tatsache, dass die Errichtung und die Erweiterung der heimischen Anschlussbahnen durch die Republik Österreich mit einem jährlichen Gesamtbudget in der Größenordnung von etwa 25  Millionen Euro Unterstützung findet. Das seit Jahren erfolgreiche österreichische Anschlussbahnfördermodell  ist auch ein Grund für die Spitzenposition Österreichs im Modal Split von über 30%, wogegen der EU Schnitt nur bei 15% liegt.

 

Zu Frage 4:

Ø      Teilen Sie die Auffassung, dass die plötzliche Verlagerung der Behördenaufsicht und Zuständigkeit für die Anschlussbahnen praktisch über Nacht ohne jede Vorbereitung auf die Bezirkshauptmannschaften keine besonders gute Idee war oder halten Sie diesen Schritt aus heutiger Sicht noch immer für sinnvoll und richtig?

 

Dass die Maßnahme des Zuständigkeitsüberganges im Jahr 2001 die Anschlussbahnen mit erfasste, war nur ein Mosaikstein im Rahmen eines Gesamtkonzeptes des damaligen Bundesgesetzgebers, der vor allem im Verwaltungsreformgesetz 2001 eine Übertragung und Zusammenfassung von erstinstanzlichen Zuständigkeiten bei den Bezirksverwaltungsbehörden vorsah.

 

Zu Frage 5:

Ø      Was können die Bezirkshauptmannschaften besser als Ihre bis dahin zuständigen MitarbeiterInnen?

 

Unabhängig vom konkreten Dienstgeber werden zur Bewältigung öffentlicher Aufgaben öffentlich Bedienstete mit auf rechtlichen Vorschriften beruhenden Aufgaben betraut.

 

Zu Frage 6:

Ø      Weshalb haben die Bezirkshauptmannschaften nach der Aufgabenverschiebung im Eisenbahngesetz gar nicht alle Anschlussbahn-Akten erhalten?

 

Nach dem Bundesarchivgesetz sind Bundesdienststellen verpflichtet, das gesamte Schriftgut, das bei der Erfüllung ihrer Aufgaben oder der ihrer Rechtsvorgänger angefallen ist und zur Erfüllung ihrer laufenden Aufgaben nicht mehr benötigt wird, auszusondern und dem Österreichischen Staatsarchiv zu übermitteln.

Dieser Verpflichtung wurde entsprochen und daher nach dem Zuständigkeitsübergang die entsprechenden Verwaltungsakten an das Staatsarchiv übermittelt, damit diese dort zusammen mit den bereits zuvor übermittelten Altakten archiviert werden.

Darüber hinaus wurden seitens meines Ressorts sämtliche vor Ort aufliegenden Verwaltungsakte bereits im Lauf des Jahres 2007 zuständigkeitshalber an die jeweiligen Bezirkshauptmannschaften abgetreten bzw. wurde zwischenzeitig diese Übermittlung nach Aufarbeitung der vor Ort aufliegenden Verwaltungsakte abgeschlossen.

Soweit von den Bezirksverwaltungsbehörden Akten für spätere Genehmigungsverfahren oder für behördliche Aufsicht angefordert wurden, wurden umgehend die Verwaltungsakten bzw. Abschriften aus den archivierten Akten übermittelt.

 

Zu den Fragen 7, 8 und 10:

Ø      Weshalb wurden die umfangreichen Prüfpflichten (§ 19a) auch auf die Einhaltung von Bescheiden festgelegt, die teilweise noch von der Errichtung der Anschlussbahn stammen und daher Jahrzehnte alt sein können und deren Einhaltung daher teilweise gar nicht mehr möglich sein kann?

Ø      Welchen Sinn macht es, nur die formale Prüfung alter Bescheide und nicht die Einhaltung von Sicherheitsstandards vorzuschreiben?

Ø      Was werden Sie unternehmen, um anstelle einer sündteuren Überprüfung alter Bescheide eine sinnvolle Überprüfung von Sicherheitsstandards vorzusehen?

 

Grundsätzlich ist es nicht ungewöhnlich, dass Genehmigungsbescheide für ältere Anlagen auch älteren Datums sind und eingehalten werden. Das entsprach schon immer der Rechtslage nach dem Eisenbahngesetz 1957. Mit der Einführung der periodischen Überprüfungspflicht ist im Übrigen auch eine Kontrolle verbunden, ob Eisenbahnen und Schienenfahrzeuge den aufrechten Bescheiden entsprechen und ob für allfällige Veränderungen allenfalls nötige Genehmigungen vorliegen.

Für die Umsetzung der Prüfung ist die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig. Grundlage sind jedenfalls die im Eisenbahngesetz 1957 i.d.g.F. enthaltenen Bestimmungen.

 

Zu den Fragen 9 und 11:

Ø      a) Welche Kosten entstehen den österreichischen Anschlussbahnen durchschnittlich pro Jahr durch die neu geschaffenen Überprüfungen nach dem Eisenbahngesetz (§ 19a)?

b) Wie hoch sind die Durchschnittskosten pro Anschlussbahn für eine derartige Prüfung?

Ø      Was werden Sie unternehmen, um die Anschlussbahnen von den derzeit vorgeschriebenen hohen Kosten für Überprüfungen zu entlasten?

 

Gesetzlich wird eine Überprüfung in Fünf-Jahres-Perioden verlangt, was aus Sicherheitsgründen angezeigt und vertretbar ist. Die gesetzlichen Vorgaben für die Modalitäten der Überprüfungen wurden so weit wie vertretbar flexibilisiert. Die Höhe der Kosten einer Überprüfung selbst wird aber weder vom Gesetz noch von der Behörde bestimmt, sondern sie ergibt sich jeweils aus der Auswahl und dem Auftragsverhältnis durch den Anschlussbahnunternehmer mit der beauftragten externen Prüfstelle.

 

Zu den Fragen 12 bis 17:

Ø      Weshalb wurde gleichzeitig mit der Verlagerung der Behördenaufsicht und Zuständigkeit für die Anschlussbahnen nicht auch gleich eine Anschlussbahnverordnung erlassen?

Ø      Weshalb wurde seit der Verlagerung der Behördenaufsicht und Zuständigkeit für die Anschlussbahnen und daher seit mehreren Jahren noch immer keine Anschlussbahnverordnung erlassen?

Ø      Halten Sie es für richtig, dass sich die betroffenen Anschlussbahnunternehmen ihre Regelung praktisch selbst schreiben müssen, weil die Eisenbahnaufsicht im Verkehrsministerium eine derartige Regelung immer wieder nur versprochen und immer weiter verschoben hat?

Ø      Gibt es noch andere Bereiche bei der Eisenbahn, wo sich die Unternehmen die Regelungen selber schreiben müssen?

Ø      Halten Sie es für vertretbar, dass nicht einmal die von den Anschlussbahnunternehmen selbst geschriebene Verordnung wenigstens weiterbehandelt wird?

Ø      Wann ist endlich mit der Fertigstellung und Vorlage einer Anschlussbahnverordnung zu rechen?

 

Dazu ist anzumerken, dass nach Erarbeitung von Vorentwürfen in einer Arbeitsgruppe nun ein zur Vorlage tauglicher Entwurf einer EisBBV (Eisenbahnbau- und –betriebsverordnung) für Anschlussbahnen existiert. Diese Anschlussbahnverordnung ist Teil eines Gesamtkonzeptes, das von der Verordnung über den Bau und Betrieb von Eisenbahnen (Eisenbahnbau- und –betriebsverordnung – EisBBV) bis zu einer vorgesehenen Verordnung für nicht vernetzte Nebenbahnen reicht.

Die Fertigstellung der Anschlussbahnverordnung ist nach Erlassung der Novelle der EisBBV vorgesehen. 

 

Zu Frage 18:

Ø      Was werden Sie unternehmen, dass die österreichischen Anschlussbahnen durch die Eisenbahnaufsicht künftig besser behandelt werden als bisher?

 

Dabei handelt es sich um eine Aufgabe der für die Aufsicht zuständigen Bezirksverwaltungs-behörde.

 


Zu Frage 19:

Ø      Was werden Sie unternehmen, dass anstelle der Straßen- und Frächterlobby und anstelle der Gutachterlobby von der Eisenbahnaufsicht nun auch endlich die für die oft und gerne beschworene Verlagerung auf die Schiene wichtigen Akteure selbst wie insbesondere die Anschlussbahnen unterstützt werden?

 

Österreich tätigt bereits gegenwärtig umfangreiche Anstrengungen zu Erhaltung und Ausbau des über die Anschlussbahnen abgewickelten Transportsubstrates. Die umfangreichen Unterstützungsmechanismen des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie für die Bereitstellung und den Betrieb der Anschlussbahninfrastruktur, welche sich in Einklang mit den Vorgaben der Europäischen Union befinden, zeigen dies in klarer Weise.