4164/AB XXIV. GP

Eingelangt am 12.03.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN

           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0002-Pr 1/2010

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 4190/J-NR/2010

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Schönheitsoperationen“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Sachverhaltselemente, wie „Schönheitsoperationen“ sind kein relevantes Kriterium in der Verfahrensautomation Justiz und werden daher nicht erfasst, sodass ich über kein datenbankbasiertes Zahlenmaterial zur Beantwortung dieser Frage verfüge. Die Frage wäre nur über eine bundesweite händische Auswertung von Gerichtsakten zu beantworten, was nur im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie bewältigt werden könnte. Im Rahmen des Interpellationsrechts muss ich jedoch auf den damit verbundenen unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand hinweisen und um Verständnis ersuchen, wenn ich von der Beantwortung der Frage Abstand nehme.

Zu 2:

Im Justizrecht sind derzeit keinerlei gesetzliche Verbote von Schönheitsoperationen geplant. Soweit jugendschutzrechtliche Angelegenheiten berührt sind, verweise ich auf die Zuständigkeit der Landesgesetzgebung.

Zu 3:

Die Frage nach allfälligen Werbeverboten fällt nicht in den Vollziehungsbereich der Bundesministerin für Justiz.

Zu 4:

Ärzte sind bereits nach der bestehenden Rechtslage vor einer Heilbehandlung zu einer umfassenden Diagnose-, Behandlungs- und Risikoaufklärung verpflichtet. Diese ist Voraussetzung dafür, dass ein Patient eine wirksame Einwilligung zu einer Behandlung geben kann. Wird keine gültige Zustimmung gegeben, bleibt der Eingriff rechtswidrig. Besonders strenge Anforderungen sind an die Aufklärungspflichten zu stellen, je größer die Risiken des Eingriffs sind und je weniger dringlich er ist. Im Besonderen gilt das für Risiken, die speziell dem geplanten Eingriff anhaften und auch bei Anwendung allergrößter Sorgfalt und fehlerfreier Durchführung nicht sicher zu vermeiden sind und den nicht informierten Patienten überraschen, weil er mit dieser Folge nicht rechnet (OGH 23.2.1999, 4 Ob 335/98p). Zu den Aufklärungspflichten bei kosmetischen Operationen führte der OGH in seiner Entscheidung vom 4.7.1991, 6 Ob 558/91, aus, dass „gerade bei einer kosmetischen Operation, zu welcher keine unmittelbare Notwendigkeit zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit besteht und die nur ein ganz bestimmtes Ziel der optischen Verbesserung des Aussehens hat, ohne jeden Zweifel die ausdrückliche Aufklärung erforderlich ist, dass dieses Ziel aus vom Arzt nicht beeinflussbaren physiologischen oder psychologischen Gründen ganz oder teilweise nicht erreicht werden könnte.“ Verwirklicht sich ein Operationsrisiko, über das der Patient nicht aufgeklärt wurde, und verschlechtert eine somit ohne wirksame Einwilligung, aber lege artis durchgeführte Behandlung den Gesundheitszustand, so ist der Patient zum Schadenersatz berechtigt. Die Beweislast für die durchgeführte Aufklärung trifft den Arzt. Gelingt dieser Beweis nicht, so besteht für den Arzt nur die Möglichkeit des nach strengem Maßstab zu erbringenden Beweises, dass der Patient auch im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung seine Einwilligung zur Behandlung gegeben hätte.

Da also bereits nach heute geltender Rechtslage über Risiken und mögliche Komplikationen eines Eingriffs aufgeklärt werden muss, widrigenfalls sich die oben angeführten Konsequenzen ergeben, ist kein rechtspolitischer Bedarf zu erkennen, neue gesetzliche Regelungen über verpflichtende ärztliche oder psychologische Beratungsgespräche vor kosmetischen Operationen zu schaffen.

Zu 5 und 6:

Fragen zu einer allfälligen verpflichtenden Haftpflichtversicherung für Ärzte und Ärztinnen und den rechtlichen Schutz des Begriffes „SchönheitschirurgIn“ fallen nicht in den Vollziehungsbereich der Bundesministerin für Justiz.

Zu 7:

Aus strafrechtlicher Sicht sind kosmetische Eingriffe – das sind Eingriffe in die körperliche Integrität, deren objektiver Zweck zumindest primär in der Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des Betroffenen liegt – grundsätzlich rechtlich unterschiedlich zu behandeln.

Soweit ein derartiger Eingriff als Heilbehandlung einzustufen ist, wozu alle Eingriffe und sonstigen Behandlungen zu zählen sind, die aufgrund einer anerkannten medizinischen Indikation mit dem Ziel vorgenommen werden, beim Behandelten „Krankheiten, Leiden, Körperschäden, körperliche Beschwerden oder seelische Störungen zu verhüten, zu erkennen, zu heilen oder zu lindern“ und dem anzuwendenden medizinischen Standard gemäß durchgeführt werden, verwirklicht dies grundsätzlich bei wirksamer Einwilligung des Betroffenen kein tatbestandsmäßiges Unrecht im Sinne der Körperverletzungsdelikte nach §§ 83ff StGB oder einer eigenmächtigen Heilbehandlung iSd § 110 StGB.

Auf eine Veränderung der äußeren Erscheinung abzielende Eingriffe, die nicht als Heilbehandlung aufzufassen sind, bedürfen als sogenannte „rein“ kosmetische Eingriffe einer Rechtfertigung durch Einwilligung gemäß § 90 StGB. Danach ist eine Körperverletzung oder Gefährdung der körperlichen Sicherheit nicht rechtswidrig, wenn der Verletzte oder Gefährdete in sie einwilligt und die Verletzung oder Gefährdung als solche nicht gegen die guten Sitten verstößt. Insofern also eine im Einzelfall zu überprüfende wirksame Einwilligung eines Minderjährigen oder gegebenenfalls seines gesetzlichen Vertreters gegeben ist und eine Sittenwidrigkeit iSd § 90 StGB, wie allenfalls bei einem konkret lebensgefährlichen Eingriff, nicht vorliegt, ist eine strafrechtliche Ahndung derartiger Eingriffe nicht indiziert.

Zu 8:

Ich darf hiezu auf die primäre Zuständigkeit des Herrn Bundesministers für Gesundheit und des Herrn Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz verweisen.

 

. März 2010

 

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)