431/AB XXIV. GP
Eingelangt am 04.02.2009
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BM für Frauen und öffentlichen Dienst
Anfragebeantwortung
An die Präsidentin des Nationalrats Maga Barbara PRAMMER Parlament 1017 W i e n |
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GZ: BKA-353.290/0014-I/4/2009 |
Wien, am 2009 |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Maier, Kolleginnen und Kollegen haben am 18. Dezember 2008 unter der Nr. 505/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Meldedatenbanken Zwangsverheiratung und Genitalverstümmelung“ gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2, 4 bis 6:
Ø Wie viele Verdachtsfälle von „Zwangsverheiratung“ wurden bis 31.12.2008 gemeldet?
Ø Welche Schlussfolgerungen und Maßnahmen wurden daraufhin jeweils durch das Frauenministerium und das BMJ ergriffen?
Ø Wie viele Fälle von „Genitalverstümmelung“ wurden bis 31.12.2008 gemeldet?
Ø Welche Schlussfolgerungen und Maßnahmen wurden daraufhin jeweils durch das Frauenministerium und BMJ ergriffen?
Ø Wie sehen die Alternativen zu diesen Meldedatenbanken aus, um betroffenen Frauen zu helfen und zu entsprechenden Informationen und Zahlen zu gelangen?
Im Zeitraum von Juni 2006 bis Ende August 2008 wurden 8 Fälle von Zwangsheirat und 5 Fälle von Genitalverstümmelung gemeldet. Da sich diese Meldedatenbanken nicht als wirksames Mittel zur Erhebung von statistischen Grundlagen erwiesen, wurde entschieden, das Projekt einzustellen.
Im Jahr 2008 wurden insbesondere folgende Maßnahmen im Bereich der traditionsbedingten Gewalt gesetzt:
Begleitend zu dieser Studie wurde zur Sensibilisierung und Unterstützung von betroffenen Frauen die Broschüre „Tradition und Gewalt an Frauen“ erstellt.
Im Rahmen der Gender Tage 2008 – „Migration und Gender“ und gleichzeitig im Vorfeld zu den 16 Tagen gegen Gewalt setzte sich die Ausstellung „Tatmotiv Ehre“ mit dem Menschenrecht auf Unversehrtheit und Selbstbestimmung, bzw. dem Themenbereich der frauenverachtenden Traditionen auseinander. Diese Ausstellung zu „Gewalt an Frauen und Mädchen im Namen der Ehre“ war der Öffentlichkeit vom 5. bis 25. November 2008 im Palais Dietrichstein zugänglich und wurde von zahlreichen Schulklassen (insgesamt 869 Schülerinnen und Schüler) und Einzelpersonen besucht.
Aus den Fördermitteln für Frauenprojekte wurde im Vorjahr speziell für den Bereich Zwangsheirat und Genitalverstümmelung ein Betrag in Höhe von € 22.000,-- zur Verfügung gestellt.
Zu Frage 3:
Ø Wie viele betreute Notwohnungen wurden im Jahr 2008 für Betroffene von Zwangsheirat in Österreich eingerichtet?
Im Hinblick auf die Errichtung einer Notwohnung für Betroffene von Zwangsheirat wurden im Vorjahr - unter Einbindung einschlägiger Einrichtungen, bzw. ExpertInnen - notwendige Vorarbeiten geleistet, ressortübergreifende Gespräche geführt und ein Konzept für dieses Vorhaben erstellt. Die Umsetzung und anteilige Finanzierung durch die beteiligten Ressorts wird anhand der Ergebnisse der bevorstehenden Budgetverhandlungen zu regeln sein.
Zu Frage 7:
Ø Halten Sie weitere gesetzliche Maßnahmen (z.B. StGB) zur Bekämpfung von „Zwangsverheiratung“ und „Genitalverstümmelung“ für notwendig?
Ich schließe mich den in der Präambel angeführten Ausführungen der Bundesministerin für Justiz an und halte die gesetzlichen Regelungen in Österreich für ausreichend. Mein Fokus liegt im Bereich der Bekämpfung von „Zwangsverheiratung“ und „Genitalverstümmelung“ auf Sensibilisierungs- und Informationsmaßnahmen, sowie auf Prävention und Opferschutz.
Zu den Fragen 8 und 9:
Ø Wie viele und welche Anfragen und Beschwerden über Zwangsheirat und Genitalverstümmelung wurden 2008 über die Frauenhelpline bekannt?
Ø Wie viele und welche diesbezüglichen Beschwerden wurden in den Interventionsstellen bekannt (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?
Bei der Frauenhelpline gingen im Vorjahr 20 Anrufe zum Thema Zwangsverheiratung sowie 2 Anrufe zum Thema Genitalverstümmelung ein . Die Anruferinnen und Anrufer waren zum Teil direkt Betroffene, aber auch Dritte, die sich erkundigen wollten, welche Unterstützungsmöglichkeiten für Betroffene bestehen.
Generell ist festzuhalten, dass das Ausmaß von Zwangsverheiratung und Genitalverstümmelung in Österreich über die Statistiken der Interventionsstellen aus mehreren Gründen nur unzureichend erfassbar ist. Die Grenze zwischen arrangierter Ehe und Zwangsehe wird - unter anderem abhängig von kulturellen Prägungen - unterschiedlich gezogen. Eheschließungen, die nach österreichischem Verständnis bereits Zwangscharakter aufweisen, werden von den Betroffenen selbst unter Umständen nicht als solche empfunden/erkannt. Darüber hinaus sind auch jene Betroffenen, die den Zwangscharakter durchaus als solchen empfinden, häufig nicht in der Lage, sich zur Wehr zu setzen und eine Hilfseinrichtung aufzusuchen - insbesondere dann, wenn sie zur Verheiratung außer Landes gebracht werden. Der Druck, der auf den Betroffenen lastet, ist meist enorm. Selbst wenn bei einer Widersetzung keine körperliche Gewalt drohen sollte, ist die zu erwartende Abwendung durch die Familie eine fast unerträgliche Vorstellung. Diese Realität spiegelt sich auch in der Beratungserfahrung der Interventionsstellen wider. Immer wieder stellt sich in der Beratungsarbeit heraus, dass Frauen, die sich wegen akuter häuslicher Gewalt an die Interventionsstellen wenden, in der Vergangenheit auch zwangsverheiratet wurden. Aus diesen Gründen werden Fälle von Zwangsverheiratung statistisch auch nicht flächendeckend getrennt (von anderen Formen familiärer Gewalt) erfasst.
Bezüglich Genitalverstümmelung gab es 2008 keinen einzigen Fall, in dem eine drohende/erfolgte Genitalverstümmelung der Grund war, sich an die Interventionsstelle zu wenden und das Problem Genitalverstümmelung wurde - mit Ausnahme eines Falles in Oberösterreich, in dem von einer FGM-Erfahrung berichtet wurde - von den Klientinnen auch nie thematisiert.
Rückschlüsse auf das tatsächliche Ausmaß der Problematik lassen sich aus diesem Ergebnis jedoch nicht ziehen.