4930/AB XXIV. GP

Eingelangt am 31.05.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

 

 

Wien, am 27. Mai 2010

GZ: BMG-11001/0099-I/5/2010

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5046/J der Abgeordneten Schwentner, Freundinnen und Freunde  nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Nach Information des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen hat der Hersteller der Brustimplantate seinen Sitz in Frankreich und liegt somit im Zuständigkeitsbereich der französischen Marktüberwachungsbehörde. Diese hat dem Hersteller die Inverkehrbringung der Implantate am 29.03.2010 untersagt.

Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen wurde darüber von der französischen Überwachungsbehörde am 31.03.2010 mittels NCAR - National Competent Authority Report - informiert. Am selben Tag (31.03.2010) reagierte das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen und hat in Form einer Sicherheitswarnung per Anschreiben (email / FAX) die potentiell betroffenen Anwender (FachärztInnen für plastische, ästhetische und wiederherstellende Chirurgie)  sowie die Landessanitätsdirektionen informiert und zusätzlich die Warnung über die Internetseite des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen kund gemacht.

Soweit die französische Überwachungsbehörde die Vertriebswege erheben konnte, gab sie diese Information an die Mitgliedsstaaten in Form eines weiteren NCAR weiter (02.04.2010). So wurde das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen darüber informiert, dass eine Anwenderin in Österreich (Fachärztin) insgesamt 10 Implantate erhalten hatte. Diese wurde am nächsten Arbeitstag (06.04.2010) persönlich telefonisch sowie per Fax kontaktiert und über die Sicherheitswarnung informiert.

Am 14.04.2010 wurde eine Ergänzung zu der oben genannten Sicherheitswarnung über die Webseite des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen kund gemacht und zusätzlich auch direkt an die betroffene Anwenderin (Fachärztin) ausgeschickt.

 

Auf Vertreiber oder Zwischenhändler kann durch Untersagungsmaßnahmen nur zugegriffen werden, wenn diese dem BASG bekannt sind. Es ist zu betonen, dass im Binnenmarkt nicht alle Vermarktungskanäle erhoben bzw. in zur Verfügung stehender Zeit festgestellt werden können. Untersagungsmaßnahmen hätten daher mangels Information über die Vertreiberkette keine Wirkung gezeigt.

 

Frage 2:

Dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen wurde eine Anwenderin (FachärztInnen für plastische, ästhetische und wiederherstellende Chirurgie) bekannt gegeben. Diese wurde informiert (siehe auch Antwort zu Frage 1).

 

Frage 3:

Beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen gingen seit 01.01.2006 drei Vorfallsmeldungen ein, die jedoch nicht mit vom Hersteller zu verantwortenden Produktfehlern in Zusammenhang stehen, sondern ihre Ursachen in Fehlern bei der Implantation haben.

Frage 4:

Es ist Aufgabe der zuständigen benannten Stelle, beim Hersteller Qualitätsstichproben der Produkte durchzuführen (dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen ist kein österreichischer Hersteller von Brustimplantaten bekannt).

 

Frage 5:

Gemäß Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBV BGBl. II Nr. 70/2007 i.d.g.F.) müssen Einrichtungen des Gesundheitswesens u.a. Brustimplantate in einem Implantatregister dokumentieren, welches eine rasche Identifikation der Implantatträgerinnen ermöglicht.


Frage 6:

Es wird hinsichtlich einer allfälligen Kostentragung im Fall der notwendigen Entfernung eines Brustimplantats durch die gesetzliche Krankenversicherung grundsätzlich auf die Antwort Nr. 3290/AB vom 15.12.2009 zur Frage 2 der parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten Schwentner, Freundinnen und Freunde, Nr. 3252/J hingewiesen, in der allgemein zum Thema Schönheitsoperationen Folgendes ausgeführt wurde:

 

„Beim Terminus „Schönheitsoperationen“ handelt es um keinen Begriff des Rechts der sozialen Krankenversicherung, er ist auch in medizinischen Kreisen unüblich. Solche Operationen werden im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) als „kosmetische Behandlungen“ (vgl. § 133 Abs. 3 ASVG) bezeichnet.

 

Gem. § 116 Abs. 1 Z 2 ASVG trifft die gesetzliche Krankenversicherung unter anderem Vorsorge für den Versicherungsfall der Krankheit. Gem. § 120 Z 1 ASVG ist Krankheit eine regelwidriger Körper‐ oder Geisteszustand, der die Krankenbehandlung notwendig macht. Aus diesem Versicherungsfall ist somit die Leistung der Krankenbehandlung (§§ 117 Z 2 i.V.m. 133 ff ASVG) — worunter unter bestimmten Voraussetzungen auch kosmetische Behandlungen einzugliedern sind (vgl. § 133 Abs. 3 ASVG) — zu erbringen.

 

Die soziale Krankenversicherung ist zur Kostenübernahme bei kosmetischen Behandlungen nur dann verpflichtet, wenn diese medizinisch indiziert sind, das heißt, wenn sie zur Beseitigung anatomischer oder funktioneller Krankheitszustände dienen. Sie gelten in diesem Fall als Krankenbehandlung (§ 133 Abs. 3 erster Satz ASVG). Gem. § 133 Abs. 2 ASVG muss die Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig sein, darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Darüber hinaus können Leistungen erbracht werden, wenn sie „der vollen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit förderlich oder aus Berufsgründen notwendig“ sind (§ 133 Abs. 3 zweiter Satz ASVG).

 

Dient ein operativer Eingriff der Beseitigung von anatomischen oder funktionellen Krankheitszuständen, so liegt eindeutig eine Krankenbehandlung vor. Der kosmetisch‐ästhetische Aspekt, wie beispielsweise bei der Begradigung einer ausgeprägten Schiefnase zur Verbesserung der Nasenatmung, ist lediglich als Nebeneffekt der primär funktionsverbessernden Operation anzusehen. Bei operativen Eingriffen ohne unmittelbare funktionelle Zielrichtung muss jedoch zunächst zwischen rekonstruktiven und klassisch plastischen Maßnahmen unterschieden werden:

 

Rekonstruktive Maßnahmen dienen zwar nicht unmittelbar einer Funktionsverbesserung, stellen jedoch eine Defektheilung oder einen idealen Heilungs‐ bzw. Behandlungsbedarf (z.B. Brustaufbau nach Brustamputationen wegen Brustkrebs oder Revision einer Narbe bei schlechter Wundheilung) dar und können somit als Krankenbehandlung gelten.


 

Klassisch ästhetische Eingriffe werden hingegen nur in äußerst seltenen Fällen als Krankenbehandlungen angesehen. Lediglich bei massiven nachgewiesenen psych. Beeinträchtigungen und massiven Abweichungen vom breiten, natürlichen Spektrum der Bevölkerung oder bei grundsätzlich unnatürlichen Körpermerkmalen oder Strukturen wird der Eingriff als Krankenbehandlung anerkannt.“

 

Diese Ausführungen gelten dem Grundsatz nach auch für notwendige Nachbehandlungen nach dem Einsatz von Brustimplantaten, zumal - entsprechend dem im Krankenversicherungsrecht geltenden - Finalitätsprinzip die Ursache einer notwendigen Krankenbehandlung auf Kosten des leistungszuständigen Krankenversicherungsträgers unerheblich ist. Die Notwendigkeit bzw. der Umfang der Krankenbehandlung, auch im Sinne der oben erwähnten „rekonstruktiven Maßnahmen“ (bis hin zum Ersatz eines beschädigten Brutimplantats durch ein neues) ist nach dem Maßstab des oben zitierten § 133 Abs.2 ASVG im Einzelfall zu beurteilen.

 

Davon unabhängig ist ein allfälliger zivil(schadenersatz-)rechtlicher Anspruch aus einem Verschulden etwa des Erzeugers des Implantats oder des/der operierenden Arztes/Ärztin anzusehen. Ein derartiger Anspruch geht im Sinne des § 332 ASVG auf den Versicherungsträger über und kann von diesem gegenüber dem/der Schädiger/in geltend gemacht werden.

 

Frage 7:

Fragen der zivilrechtlichen Gewährleistung fallen nicht in meinen Aufgabenbereich.