5251/AB XXIV. GP

Eingelangt am 12.07.2010
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0138-Pr 1/2010

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 5325/J-NR/2010

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Aufklärung von Fällen sexueller Gewalt in kirchlichen Einrichtungen“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 4:

Das in den Fragen 1 bis 4 angesprochene Kriterium von Strafverfahren, die aufgrund von Tathandlungen, die im Rahmen von kirchlichen Einrichtungen gesetzt wurden, eingeleitet wurden, lässt sich mit den Mitteln der Verfahrensautomation Justiz statistisch nicht auswerten. Informationen über einzelne anhängige Strafverfahren in diesem Zusammenhang stehen mir aber aufgrund der Berichte der Staatsanwaltschaften zur Verfügung. Nach den mir entsprechend den einschlägigen Regelungen des Staatsanwaltschaftsgesetzes (vgl. Antwort zu Fragen 5 und 6) vorgelegten Berichten der Staatsanwaltschaften Graz, Feldkirch und Steyr sind mir im Zusammenhang mit sexueller und körperlicher Gewalt in kirchlichen Einrichtungen zum Stichtag 13. April 2010 drei Ermittlungsverfahren bekannt.

Den mir vorliegenden Berichten der Staatsanwaltschaften zufolge waren im Zusammenhang mit sexueller und/oder körperlicher Gewalt in kirchlichen Einrichtungen zum Stichtag 15. Mai 2010 34 Ermittlungsverfahren bei den Staatsanwaltschaften anhängig.

Zu 5 und 6:

Eine allfällige Berichtspflicht der Staatsanwaltschaften richtet sich nach § 8 Abs. 1 StAG. Demnach ist der jeweils übergeordneten Oberstaatsanwaltschaft über Fälle zu berichten, an denen wegen der Bedeutung der aufzuklärenden Straftat oder der Person des Tatverdächtigen ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Soweit nicht bloß Strafsachen mit räumlich begrenzter Bedeutung betroffen sind, werden mir diese Berichte von den Oberstaatsanwaltschaften gemäß § 8a Abs. 2 StAG vorgelegt.

Zu 7:

Ja. Mehrere Staatsanwaltschaften hatten Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit sexueller und/oder körperlicher Gewalt in kirchlichen Einrichtungen aufgrund von Verjährung einzustellen.

Zu 8:

Das Gespräch diente in erster Linie der wechselseitigen Information; so haben die anwesenden Vertreter der römisch-katholischen Kirche über innerkirchliche Handlungsvorschriften im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch und Misshandlung berichtet und erklärt, dass die von der Kirche bestellte Opferschutzanwältin Waltraud Klasnic sowohl in ihrer Handlungsweise als auch in der Auswahl ihrer Kommissionsmitglieder freie Hand habe.

Ich habe von dem von Staatssekretärin Christine Marek und mir initiierten „Runden Tisch“ berichtet und darauf hingewiesen, dass dieser andere Ziele verfolgt als die Opferschutzkommission der römisch-katholischen Kirche. Bei Letzterem geht es um eine Anlaufstelle für Missbrauchsopfer, während der „Runde Tisch“ in der Hauptsache Strategien zur besseren Vernetzung der betroffenen Institutionen zum Inhalt hatte.

Zu 9 bis 15:

Ich habe darauf hingewiesen, dass eine Zusammenarbeit der kirchlichen Institutionen mit der Justiz unabdingbar ist. Diese Ansicht wurde von Kardinal Schönborn geteilt.

Den mir vorliegenden Berichten der Staatsanwaltschaften zufolge haben die Staatsanwaltschaften Graz, Innsbruck und Wels jeweils von kirchlicher Seite Unterlagen erhalten. Die von Waltraud Klasnic geleitete Kommission zur Klärung von Missbrauchsfällen in Kirchenkreisen hat der Staatsanwaltschaft Wien Unterlagen übermittelt. Für die Annahme, dass diese Fälle vorher „vertuscht“ worden wären, liegen allerdings keine Anhaltspunkte vor. In dem erwähnten Gespräch vermittelte Kardinal Schönborn den Eindruck, dass die römisch-katholische Kirche der Aufklärung der vorgenannten Fälle große Bedeutung beimisst und daran interessiert ist, die Staatsanwaltschaften bei ihrer Arbeit zu unterstützen.

Zu 16:

Abgesehen von sämtlichen den Staatsanwaltschaften im Rahmen der Strafprozessordnung zur Verfügung stehenden Mittel wurden Kontaktstellen für Missbrauchsopfer eingerichtet, Besprechungen mit Rechtsvertretern der römisch-katholischen Kirche durchgeführt und Ansprechpartner – zum Teil durch Presseaussendungen – namhaft gemacht.

 

. Juli 2010

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)